854. Sitzung des Bundesrates am 13. Februar 2009
A.
Zu Kapitel IV Abschnitt 2.2.4
In der Fragestellung zur Überlagerung des Wettbewerbsrechts durch konkurrierende Normen (Kapitel IV Abschnitt 2.2.4 des Gutachtens) macht sich die Monopolkommission die Rechtsauffassung des Bundeskartellamts zu eigen, nach der auch ein gesetzlich angeordneter Zusammenschluss, zum Beispiel bei einer Gebietsreform, § 37 GWB unterliegt (Tz. 533 - Zusammenschlussverfahren Region Hannover / Klinikum Region Hannover). Es bestehe kein Vorrang öffentlichen Organisationsrechts, da hier nicht die kommunalrechtliche Neuordnung, sondern lediglich der bei den öffentlichen Beteiligungen eingetretene Trägerwechsel für die Zusammenschlusskontrolle von Bedeutung sei.
Hier handelt es sich nach Auffassung des Bundeskartellamts und der Monopolkommission um eine unternehmerische Strukturmaßnahme, die gemäß § 130 Absatz 1 GWB der Fusionskontrolle unterliege. Auch die kommunale Selbstverwaltungsgarantie gemäß Artikel 28 Absatz 2 Satz 2 GG schränkt den Anwendungsbereich des GWB nach dieser Rechtsauffassung nicht ein, da die Vorschriften zur Fusionskontrolle wie bei allen allgemeinen Gesetzen allein den Rahmen vorgeben, in dem das Recht der Selbstverwaltung ausgeübt werden könne.
Gravierende verfassungsrechtliche Gründe sprechen hingegen gegen diese Auffassung. Sie hätte zur Konsequenz, dass die von Verfassungsorganen der Länder, regelmäßig durch den Landesgesetzgeber, beabsichtigten Fusionen von Gemeinden und Landkreisen, die mit einer gewollten Zusammenlegung der von diesen getragenen kommunalwirtschaftlichen Einrichtungen einhergehen, von dem Ergebnis einer vorgängigen Fusionskontrolle durch das Bundeskartellamt abhängig gemacht werden. Gesetzliche Regelungen der für das Kommunalrecht und den Zuschnitt der Kommunen zuständigen Länder unterliegen ausschließlich deren eigener Entscheidungsgewalt und dürfen auf der Exekutivebene keinesfalls einer fremden Überprüfung unterworfen werden. Würde der Rechtsaufassung des Bundeskartellamts und der Monopolkommission gefolgt (Tz. 533), würde die gesetzliche Regelungskompetenz der Länder in einem ihrer Kernbereiche ausgehebelt. Es kann keinesfalls angenommen werden, dass derartige Regelungsvorhaben der Länder von der missbräuchlichen Nutzung wirtschaftlicher Machtstellungen intendiert wären (Artikel 74 Absatz 1 Nummer 16 GG).
Hinzu kommt, dass die im GWB für den Fall einer Untersagung des Zusammenschlusses vorgesehenen Rechtsfolgen (Vollzugsverbot, Entflechtung) den Kommunen nicht umgesetzt werden könnten, insbesondere wenn man den weiten Unternehmensbegriff des BMWi zu Grunde legt, wonach die Kommune insgesamt als Unternehmen zu betrachten ist. Das Fusionskontrollverfahren wäre von vornherein gegenstandslos.
Der Bundesrat weist daher die Auffassung der Monopolkommission zurück, die sich mit der Rechtsauslegung des § 37 GWB bei der Zusammenlegung öffentlicher Einrichtungen auf Grund von Gebietsreformen der Länder beschäftigt.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, insoweit auf die vom Bundeskartellamt ausgeübte Praxis einzuwirken.
B.