Der Deutsche Bundestag hat in seiner 127. Sitzung am 14. November 2019 aufgrund der Beschlussempfehlung und des Berichtes des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz - Drucksache 19/15167 - den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen, zum Ausbau der Spezialisierung bei den Gerichten sowie zur Änderung weiterer zivilprozessrechtlicher Vorschriften - Drucksache 19/13828 - in beigefügter Fassung angenommen.
Fristablauf: 06.12.19
Erster Durchgang: Drucksache. 366/19 (PDF)
Gesetz zur Regelung der Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen, zum Ausbau der Spezialisierung bei den Gerichten sowie zur Änderung weiterer prozessrechtlicher Vorschriften
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung
§ 26 Nummer 8 des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. Juni 2018 (BGBl. I S. 863) geändert worden ist, wird aufgehoben.
Die Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 26 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Dem § 44 Absatz 4 wird folgender Satz angefügt:
"Das Ablehnungsgesuch ist unverzüglich anzubringen."
2. Dem § 67 wird folgender Satz angefügt:
"Für ihn gelten die §§ 141 und 278 Absatz 3 entsprechend."
3. § 127 Absatz 3 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
"Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat."
4. In § 128 Absatz 3 werden nach dem Wort "Kosten" die Wörter "oder Nebenforderungen" eingefügt.
5. § 130a wird wie folgt geändert:
6. Dem § 139 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
"Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten."
7. § 144 wird wie folgt geändert:
8. In § 169 Absatz 4 Satz 1 werden nach dem Wort "Schriftstück" die Wörter "oder ein elektronisches Dokument" eingefügt.
9. § 174 Absatz 4 Satz 5 wird durch die folgenden Sätze ersetzt:
"Wird vom Gericht hierfür mit der Zustellung ein strukturierter Datensatz zur Verfügung gestellt, ist dieser zu nutzen. Andernfalls ist das elektronische Empfangsbekenntnis abweichend von Satz 4 als elektronisches Dokument (§ 130a) zu übermitteln."
10. § 278 Absatz 6 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
"Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen."
11. § 320 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 3 wird aufgehoben.
- b) Die Absätze 4 und 5 werden die Absätze 3 und 4.
12. § 321 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend."
- b) In Absatz 4 wird das Wort "Die" durch das Wort "Eine" ersetzt.
13. In § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 wird die Angabe " § 72a Satz 1" durch die Wörter " § 72a Absatz 1 und 2" ersetzt.
14. § 544 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 1 wird durch die folgenden Absätze 1 bis 3 ersetzt:
(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).
(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn
- 1. der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
- 2. das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.
(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden."
- b) Die bisherigen Absätze 2 bis 6 werden die Absätze 4 bis 8.
- c) Der bisherige Absatz 7 wird Absatz 9 und die Angabe "Absatz 6" wird durch die Angabe "Absatz 8" ersetzt.
15. In § 549 Absatz 1 Satz 3 wird die Angabe " § 544 Abs. 6 Satz 2" durch die Wörter " § 544 Absatz 8 Satz 2" ersetzt.
16. In § 550 Absatz 1 werden die Wörter " § 544 Absatz 1 Satz 3" durch die Wörter " § 544 Absatz 3 Satz 2" ersetzt.
17. In § 551 Absatz 2 Satz 4 wird die Angabe " § 544 Abs. 6 Satz 3" durch die Wörter " § 544 Absatz 8 Satz 3" ersetzt.
18. Nach § 695 Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:
"Gleichzeitig belehrt es ihn über die Folgen des § 697 Absatz 2 Satz 2."
19. Nach § 697 Absatz 2 Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:
"Soweit der Antrag in der Anspruchsbegründung hinter dem Mahnantrag zurückbleibt, gilt die Klage als zurückgenommen, wenn der Antragsteller zuvor durch das Mahngericht über diese Folge belehrt oder durch das Streitgericht auf diese Folge hingewiesen worden ist."
20. § 718 Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
(1) In der Berufungsinstanz ist über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf Antrag vorab zu entscheiden. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend."
Das Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 8 Absatz 1 des Gesetzes vom 8. Juli 2019 (BGBl. I S. 1002) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 13a wird wie folgt gefasst:
" § 13a
(1) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung einem Gericht für die Bezirke mehrerer Gerichte Sachen aller Art ganz oder teilweise zuzuweisen sowie auswärtige Spruchkörper von Gerichten einzurichten, sofern dies für die sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung von Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Besondere Ermächtigungen der Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen gehen vor.
(2) Mehrere Länder können die Einrichtung eines gemeinsamen Gerichts oder gemeinsamer Spruchkörper eines Gerichts oder die Ausdehnung von Gerichtsbezirken über die Landesgrenzen hinaus, auch für einzelne Sachgebiete, vereinbaren."
2. § 60 wird wie folgt gefasst:
" § 60
(1) Bei jedem Landgericht werden, soweit nichts anders bestimmt ist, sowohl Zivil- als auch Strafkammern gebildet.
(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung bei einem Landgericht mit mindestens 100 Richterstellen ausschließlich Zivil- oder Strafkammern zu bilden und diesem für die Bezirke mehrerer Landgerichte die Zivil- oder Strafsachen zuzuweisen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung nach Satz 1 auf die Landesjustizverwaltungen übertragen."
3. § 72a wird wie folgt gefasst:
" § 72a
(1) Bei den Landgerichten werden eine oder mehrere Zivilkammern für folgende Sachgebiete gebildet:
- 1. Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften,
- 2. Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen sowie aus Ingenieurverträgen, soweit sie im Zusammenhang mit Bauleistungen stehen,
- 3. Streitigkeiten aus Heilbehandlungen,
- 4. Streitigkeiten aus Versicherungsvertragsverhältnissen,
- 5. Streitigkeiten über Ansprüche aus Veröffentlichungen durch Druckerzeugnisse, Bild- und Tonträger jeder Art, insbesondere in Presse, Rundfunk, Film und Fernsehen,
- 6. erbrechtliche Streitigkeiten und
- 7. insolvenzrechtliche Streitigkeiten und Beschwerden sowie Anfechtungssachen nach dem Anfechtungsgesetz.
(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung bei den Landgerichten eine oder mehrere Zivilkammern für weitere Sachgebiete einzurichten. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(3) Den Zivilkammern nach den Absätzen 1 und 2 können auch Streitigkeiten nach den §§ 71 und 72 zugewiesen werden."
4. § 119a wird wie folgt gefasst:
" § 119a
(1) Bei den Oberlandesgerichten werden ein oder mehrere Zivilsenate für folgende Sachgebiete gebildet:
- 1. Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften,
- 2. Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen sowie aus Ingenieurverträgen, soweit sie im Zusammenhang mit Bauleistungen stehen,
- 3. Streitigkeiten aus Heilbehandlungen,
- 4. Streitigkeiten aus Versicherungsvertragsverhältnissen,
- 5. Streitigkeiten über Ansprüche aus Veröffentlichungen durch Druckerzeugnisse, Bild- und Tonträger jeder Art, insbesondere in Presse, Rundfunk, Film und Fernsehen,
- 6. erbrechtliche Streitigkeiten und
- 7. insolvenzrechtliche Streitigkeiten sowie Anfechtungssachen nach dem Anfechtungsgesetz.
(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung bei den Oberlandesgerichten einen oder mehrere Zivilsenate für weitere Sachgebiete einzurichten. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
(3) Den Zivilsenaten nach den Absätzen 1 und 2 können auch Streitigkeiten nach § 119 Absatz 1 zugewiesen werden."
§ 40a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 300-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 1 des Gesetzes vom 8. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3546) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
" § 40a
(1) Die §§ 72a und 119a des Gerichtsverfassungsgesetzes in der bis einschließlich 31. Dezember 2020 geltenden Fassung sind auf Verfahren, die vor dem 1. Januar 2018 anhängig geworden sind, nicht anzuwenden.
(2) Auf Verfahren, die ab dem 1. Januar 2018 bis einschließlich 31. Dezember 2020 anhängig geworden sind, sind die §§ 72a und 119a des Gerichtsverfassungsgesetzes in der bis einschließlich 31. Dezember 2020 geltenden Fassung anzuwenden."
Die Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1294) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 55a wird wie folgt geändert:
2. In § 106 Satz 2 werden nach dem Wort "schriftlich" die Wörter "oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung" eingefügt.
3. Dem § 120 Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:
"Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann abgesehen werden, wenn mit der Ergänzung des Urteils nur über einen Nebenanspruch oder über die Kosten entschieden werden soll und wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert."
Das Sozialgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1975 (BGBl. I S. 2535), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 19 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 65a wird wie folgt geändert:
2. In § 101 Absatz 1 Satz 2 werden nachdem Wort "schriftlich" die Wörter "oder durch Erklärung zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung" eingefügt.
Die Finanzgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. März 2001 (BGBl. I S. 442, 2262; 2002 I S. 679), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 8 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 52a wird wie folgt geändert:
2. Dem § 109 Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:
"Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann abgesehen werden, wenn mit der Ergänzung des Urteils nur über einen Nebenanspruch oder über die Kosten entschieden werden soll und wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert."
§ 46c des Arbeitsgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 1979 (BGBl. I S. 853, 1036), das zuletzt durch Artikel 5 Absatz 1 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 846) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In Absatz 1 werden die Wörter "als elektronisches Dokument" durch die Wörter "als elektronische Dokumente" ersetzt.
2. Dem Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:
"Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind."
Artikel 9
Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
§ 14 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1294) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Dem Absatz 4 wird folgender Satz angefügt:
"Akten in Verfahren gemäß § 151 Nummer 4 und § 271, die in Papierform angelegt wurden, können ab einem in der Rechtsverordnung bestimmten Zeitpunkt in elektronischer Form weitergeführt werden."
2. Absatz 4a Satz 3 wird wie folgt gefasst:
"Die Bundesregierung und die Landesregierungen können jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Akten, die in Papierform angelegt wurden, in Papierform oder in Verfahren gemäß § 151 Nummer 4 und § 271 ab einem bestimmten Stichtag in elektronischer Form weitergeführt werden."
Artikel 10
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am 1. Januar 2020 in Kraft. Die Artikel 3 und 4 treten am 1. Januar 2021 in Kraft.