Der Deutsche Bundestag hat in 73. Sitzung am 4. Dezember 2014 zu dem von ihm verabschiedeten Fünften Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR - Drucksachen 18/3120, 18/3251,18/3445 - die beigefügte Entschließung unter Buchstabe c der Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/3445 angenommen.
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
25 Jahre liegt der Mauerfall zurück. Am 9. November 1989 begann der Anfang vom Ende der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Gemeinsam mit der Wiedervereinigung war der Mauerfall eine der historischen Sternstunden der Bundesrepublik Deutschland. Viele mutige Menschen, die sich dem SED-Regime aktiv widersetzt haben und dafür mit Unterdrückung und Verfolgung bestraft wurden, mussten diesen Einsatz mit ihrem Leben, ihrer Freiheit oder ihrer Gesundheit bezahlen.
Die damaligen Ereignisse wirken bis heute - ein Vierteljahrhundert nach dem Fall der Mauer - fort. Das Schicksal der SED-Opfer ist somit nicht nur ein Teil unserer Geschichte, sondern auch ein Teil unserer Gegenwart.
Aus diesem Grund führte der Gesetzgeber 1992 auf Grundlage von Artikel 17 des Einigungsvertrages die SED-Unrechtsbereinigungsgesetze ein. Mit dem ersten und zweiten Unrechtsbereinigungsgesetz wurden die strafrechtlichen (StrRehaG), verwaltungsrechtlichen (VwRehaG) und beruflichen (BerRehaG) Rehabilitierungsgesetze beschlossen.
II. Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass die Bundesregierung mit dem Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR dem breiten fraktionsübergreifenden Willen des Deutschen Bundestages nachkommt, die Opferrente für die politischen Häftlinge der ehemaligen DDR zu erhöhen und die Erhöhung auch auf eine soziale Ausgleichsleistung für Opfer beruflicher Verfolgung überträgt. Gerade vor dem historischen Hintergrund des 25. Jahrestages des Falls der Berliner Mauer ist es der richtige Zeitpunkt, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das die wirtschaftliche Situation der Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR verbessert und zugleich dazu beiträgt, den Einsatz jener Menschen, die sich als Vorkämpfer für Freiheit, Demokratie und ein vereinigtes Deutschland gegen das System aufgelehnt haben und die deshalb Zwangsmaßnahmen erdulden mussten, stärker zu würdigen.
In diesem Zusammenhang zollt der Deutsche Bundestag aber auch all jenen Respekt und Anerkennung, die im Rahmen von Opferverbänden, von Stiftungen oder als Beauftragte in den Ländern die Opfer der SED-Diktatur über ihre Rechte informieren und sie stark machen, diese Rechte auch vor Behörden und Gerichten durchzusetzen. Diesen vielen Helfern gebührt Dank für ihr Engagement, die oftmals traumatisierten politischen Häftlinge in dieser Weise zu unterstützen.
Der Deutsche Bundestag appelliert an die Bundesregierung, in dem Bemühen um einen einheitlichen Gesetzesvollzug nicht nachzulassen und den intensiven Austausch zwischen Bund und Ländern mit der entsprechenden Öffentlichkeitsarbeit fortzusetzen. Ziel muss es sein, die Mitarbeiter in den Vollzugsbehörden noch stärker für die Schicksale von SED-Opfern zu sensibilisieren. Der Deutsche Bundestag hält es in diesem Zusammenhang für erforderlich, darauf hinzuweisen, dass alle gesetzlichen Möglichkeiten, die die Rehabilitierungsgesetze vorsehen, genutzt werden, um die Betroffenen zu hören und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihren Antrag oder ihr Anliegen, soweit sie es wünschen, auch mündlich vorzutragen.
Der Deutsche Bundestag nimmt die von den Betroffenen und ihren Verbänden geübte Kritik an der Praxis der Begutachtung im Rahmen der Verfahren auf Anerkennung von Haftfolgeschäden durch die Versorgungsverwaltungen der Länder ernst. Er stellt aber auch fest, dass das Verfahren ausschließlich den Ländern obliegt und begrüßt deshalb die Anstrengungen der Bundesregierung, zu einem einheitlichen Verwaltungsvollzug, der die Lebensgeschichte der Opfer kenntnisreich einbezieht, bundesweit beizutragen.
Zu nennen sind hier insbesondere die versorgungsmedizinischen Fortbildungstagungen für die ärztlichen Gutachter der Länder-Versorgungsverwaltungen, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales regelmäßig jedes Jahr durchführt. Auf der Ende Oktober 2014 durchgeführten Veranstaltung standen u.a. Fragen der Begutachtung von Trauma - Folgeschäden auf der Tagesordnung.
Der Deutsche Bundestag erkennt darüber hinaus an, dass vielen Betroffenen die Aufarbeitung ihrer politischen Verfolgung schwer fällt. Es kann mitunter Jahrzehnte dauern, bis sie sich dazu entschließen, ihre Vergangenheit zu bewältigen. Der Antrag auf strafrechtliche Rehabilitierung ist derzeit bis zum 31. Dezember 2019 möglich.
III. Der Deutsche Bundestag beschließt, die Bundesregierung aufzufordern,
- 1. darauf hinzuwirken, dass die Länder im Rahmen der Rehabilitierungsgesetze den Antragstellern auf eigenen Wunsch mündliche Anhörungen einräumen;
- 2. auch zukünftig die Kräfte und Ideen von Bund und Ländern im Interesse von haftgeschädigten SED-Opfern zu bündeln. In diesem Zusammenhang sollte auch der Vorschlag des Landes Thüringen geprüft werden, dass die Länder einen "Gutachterpool" einrichten, in dem besonders geschulte und zertifizierte Gutachter erfasst sind, die die Spezifik der Haftfolgeschäden ehemaliger politischer Häftlinge kennen und sowohl die notwendige Sachkenntnis im Umgang mit traumatisierten SED-Opfern als auch die Kenntnis vom Repressionssystem in der SBZ/DDR haben;
- 3. rechtzeitig in Abstimmung mit den Ländern zu prüfen, ob die Frist nach § 7 Absatz 1 StrRehaG im Interesse der Opfer ganz gestrichen werden kann.