A. Problem und Ziel
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat mit dem Ministerkabinett der Ukraine ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von erheblicher Bedeutung unterzeichnet. Ziel des Abkommens ist es, die Wirksamkeit der deutsch-ukrainischen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von erheblicher Bedeutung zu steigern und dadurch die Innere Sicherheit in den Vertragsstaaten zu erhöhen.
B. Lösung
Durch das Vertragsgesetz sollen die nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes erforderlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten des Abkommens geschaffen werden.
C. Alternativen
Keine.
D. Finanzielle Auswirkungen
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine.
2. Vollzugsaufwand
Kein zusätzlicher Vollzugsaufwand.
E. Sonstige Kosten
Den Wirtschaftsbeteiligten entstehen keine zusätzlichen Kosten.
F. Bürokratiekosten
Es werden keine Informationspflichten für Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger eingeführt, geändert oder abgeschafft.
Das Abkommen, für das durch dieses Gesetz die erforderlichen Voraussetzungen für die innerstaatliche Inkraftsetzung geschaffen werden sollen, enthält zwölf Informationspflichten für die Verwaltung.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 30. August 2010 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von erheblicher Bedeutung
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 23. September 2011
Die Bundeskanzlerin
An die Präsidentin des Bundesrates
Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 30. August 2010 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von erheblicher Bedeutung mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium des Innern.
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 04.11.11
Entwurf
Gesetz zu dem Abkommen vom 30. August 2010 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von erheblicher Bedeutung
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Dem in Berlin am 30. August 2010 unterzeichneten Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von erheblicher Bedeutung wird zugestimmt. Das Abkommen wird nachstehend veröffentlicht.
Artikel 2
- (1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- (2) Der Tag, an dem das Abkommen nach seinem Artikel 13 Absatz 1 in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Begründung zum Vertragsgesetz
Zu Artikel 1
Auf das Abkommen findet Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes Anwendung, da es sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht.
Zu Artikel 2
Die Bestimmung des Artikels 2 Absatz 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
Nach Artikel 2 Absatz 2 ist der Zeitpunkt, zu dem das Abkommen nach seinem Artikel 13 Absatz 1 in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Schlussbemerkungen
Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind von dem Gesetz nicht zu erwarten, da Kosten für die private Wirtschaft und private Verbraucher nicht entstehen.
Es werden zwölf Informationspflichten für die Verwaltung eingeführt. Diese befinden sich in Artikel 2 Absatz 2 und 3, Artikel 3 Buchstabe a, c, f und g, Artikel 7 Absatz 3, Artikel 9 Buchstabe a, d und e Satz 1, Buchstabe g und h des Abkommens.
Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Ministerkabinett der Ukraine über die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von erheblicher Bedeutung
Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und das Ministerkabinett der Ukraine (im Folgenden "die Vertragsparteien") - getragen von dem gemeinsamen Willen, die freundschaftlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Ukraine weiter zu festigen und die beiderseitige Zusammenarbeit auf der Grundlage der gegenseitigen Achtung, der Souveränität, der Gleichberechtigung, des gegenseitigen Verständnisses und zum beiderseitigen Wohle zu verstärken; eingedenk der großen Bedeutung der Zusammenarbeit und der gemeinsamen Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des internationalen Terrorismus und seiner Finanzierung; geleitet von dem Bestreben, die Bürger ihrer Staaten und andere Personen in ihrem Hoheitsgebiet unter Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze wirksam vor terroristischen und sonstigen kriminellen Handlungen zu schützen; eingedenk der Ziele und Prinzipien der völkerrechtlichen Übereinkünfte, deren Unterzeichner die beiden Vertragsparteien sind, der Resolutionen der Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung sowie der Konventionen des Europarates, die in den beiden Vertragsstaaten in Kraft getreten sind - sind wie folgt übereingekommen:
Artikel 1
Gegenstand der Zusammenarbeit
- (1) Die Vertragsparteien arbeiten nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts bei der Verhütung und der Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere in den nachstehenden Bereichen zusammen:
- a) Straftaten gegen das Leben, den Körper, die Gesundheit und die persönliche Freiheit sowie das Eigentum;
- b) Terrorismus und Terrorismusfinanzierung;
- c) Menschenhandel und Schleusungskriminalität;
- d) Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung;
- e) Straftaten unter Nutzung von Computern, rechnergestützten Systemen und Computernetzen;
- f) unerlaubter Anbau, unerlaubte Herstellung, Gewinnung, Verarbeitung, Lagerung, Ein-, Aus- und Durchfuhr von sowie unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln (Suchtstoffe, psychotrope Stoffe) sowie Grundstoffen;
- g) unerlaubte Herstellung, Aufbewahrung, Handel sowie Schmuggel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen, nuklearen und radioaktiven sowie chemischen und biologischen Materialien;
- h) Herstellung und Verbreitung von Falschgeld;
- i) unerlaubter Handel mit Gütern von kultureller und historischer Bedeutung;
- j) Fälschung oder Verfälschung oder Verwendung von ge- oder verfälschten unbaren Zahlungsmitteln, Wertpapieren und Urkunden;
- k) Schmuggel von Waren;
- l) Geldwäsche;
- m) Korruption;
- n) Straftaten im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Verschiebung von Kraftfahrzeugen;
- o) Umweltdelikte;
- p) Straftaten gegen das geistige Eigentum;
- q) Straftaten im Zusammenhang mit Arzneimitteln;
- r) Straftaten im Zusammenhang mit Reise- und Identitätsdokumenten.
- (2) Die Vertragsparteien arbeiten insbesondere in den Fällen zusammen, in denen kriminelle Handlungen oder Vorbereitungen zu solchen Handlungen im Hoheitsgebiet einer der Vertragsparteien begangen werden und es Anzeichen dafür gibt, dass diese Handlungen auch das Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei betreffen oder deren Sicherheit bedrohen können.
- (3) Durch dieses Abkommen werden die innerstaatlichen Bestimmungen über die Auslieferung und die sonstige Rechtshilfe in Strafsachen sowie über die Amts- und Rechtshilfe in Fiskalsachen und sonstige in zweiseitigen oder mehrseitigen Verträgen enthaltene Verpflichtungen der Vertragsparteien nicht berührt. Dieses Abkommen stellt keine Grundlage für Ersuchen zur Übermittlung von Daten oder Informationen zum Zwecke der Verwertung als Beweismittel in einem gerichtlichen Verfahren in strafrechtlichen Angelegenheiten dar. Daten oder Informationen, die auf Grundlage dieses Abkommens übermittelt wurden, dürfen nicht für diese Zwecke ohne vorherige schriftliche Zustimmung der übermittelnden Vertragspartei in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht und sonstigen in zwei- und mehrseitigen Verträgen enthaltenen Verpflichtungen zur Rechtshilfe in Strafsachen verwendet werden.
Artikel 2
Zuständige Stellen
- (1) Zum Zweck der Durchführung dieses Abkommens erfolgt die Zusammenarbeit der Vertragsparteien zwischen den nachfolgend genannten Stellen in deren Zuständigkeitsbereich:
- 1. Auf Seiten der Regierung der Bundesrepublik Deutschland:
- a) Bundesministerium des Innern,
- b) Bundesministerium der Finanzen,
- c) Bundesministerium für Gesundheit,
- d) Bundeskriminalamt,
- e) Bundespolizeipräsidium,
- f) Zollkriminalamt,
- g) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.
- 2. Auf Seiten des Ministerkabinetts der Ukraine:
- a) Innenministerium,
- b) Staatliches Komitee für die Fragen der Drogenkontrolle,
- c) Sicherheitsdienst,
- d) Verwaltung des Staatlichen Grenzschutzdienstes,
- e) Staatszolldienst,
- f) Staatssteuerverwaltungsamt,
- g) Staatliches Komitee des Finanzmonitorings.
- (2) Die Vertragsparteien tauschen nach Inkrafttreten dieses Abkommens Angaben zu Anschriften, Telefon- und Faxnummern der genannten Stellen sowie sonstige für die Durchführung dieses Abkommens erforderliche Angaben aus.
- (3) Die Vertragsparteien zeigen einander auf diplomatischem Weg Änderungen der Zuständigkeiten oder Bezeichnungen der Stellen an, die dieses Abkommen durchführen.
Artikel 3
Formen der Zusammenarbeit
Zum Zwecke der Zusammenarbeit werden die Vertragsparteien nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts sowie im Rahmen ihrer Möglichkeiten insbesondere
- a) Informationen über in Artikel 1 dieses Abkommens bezeichnete begangene oder konkret geplante Straftaten ebenso wie über kriminelle Organisationen, deren Strukturen und Verbindungen sowie die Mittel und die Methoden ihrer Tätigkeit austauschen, soweit dies für die Verhütung oder Aufklärung von Straftaten von erheblicher Bedeutung oder zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist;
- b) auf Ersuchen die nach dem Recht der jeweils ersuchten Vertragspartei zulässigen Maßnahmen zur Verhütung und Aufklärung von Straftaten nach diesem Abkommen durchführen, wobei sie dazu die Anwesenheit von Vertretern der zuständigen Stellen der anderen Vertragspartei als Beobachter bei der Durchführung solcher Maßnahmen gestatten können; eine Mitwirkung der Vertreter an operativen Maßnahmen ist nicht zulässig;
- c) gemeinsame Maßnahmen zur Bekämpfung der in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe f bezeichneten Handlungen durchführen und diesbezügliche Erfahrungen austauschen;
- d) auf Ersuchen einer der Vertragsparteien kontrollierte Lieferungen zur Bekämpfung von Straftaten im Hinblick auf die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe f bezeichneten Handlungen und des Schmuggels von Tabakprodukten durchführen und die andere Vertragspartei durch enge Zusammenarbeit auch bei den damit verbundenen Finanzermittlungen unterstützen;
- e) einander auf Ersuchen einer der Vertragsparteien Muster von Gegenständen, Stoffen sowie von Reise-, Identitäts- und Fahrzeugdokumenten, die aus Straftaten erlangt oder für diese verwendet wurden oder werden können, zur Verfügung stellen;
- f) Forschungsergebnisse, insbesondere in den Bereichen der Kriminologie, Kriminalistik und der Kriminaltechnik, austauschen;
- g) Erfahrungen im Bereich der Nutzung technischer Mittel und moderner Technologien bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von erheblicher Bedeutung austauschen;
- h) bei Bedarf und nach Möglichkeit Verbindungsbeamte entsenden;
- i) bei Bedarf und nach Möglichkeit andere Maßnahmen ergreifen, die den Zielen dieses Abkommens und Verpflichtungen aus anderen für beide Staaten verbindlichen völkerrechtlichen Übereinkommen entsprechen.
Artikel 4
Aus- und Fortbildung
- (1) Die Vertragsparteien unterstützen einander im Bereich Aus-und Fortbildung, im Rahmen ihrer Möglichkeiten insbesondere durch:
- a) Durchführung von gemeinsamen Seminaren, Übungen und Trainingskursen;
- b) Fortbildung von Fachleuten.
- (2) Die Vertragsparteien unterstützen darüber hinaus den Austausch von Erfahrungen und Kenntnissen bezüglich der Bekämpfung organisierter Kriminalität und des Terrorismus.
Artikel 5
Koordination
Die jeweils zuständigen Stellen der Vertragsparteien ergreifen anlassbezogen und lageabhängig unter Beachtung des innerstaatlichen Rechts die erforderlichen Maßnahmen zwecks:
- a) Fahndung nach Personen und Gegenständen, einschließlich die Durchführung von Maßnahmen, die auf die Aufdeckung und Beschlagnahme von Vermögen gerichtet sind;
- b) Gewährleistung des Schutzes von Zeugen, Geschädigten und anderen Personen zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben oder anderer erheblicher Gefahren, die mit dem jeweiligen Ermittlungsverfahren verbunden sind;
- c) Planung und Umsetzung gemeinsamer Programme zur Kriminalitätsprävention.
Artikel 6
Umsetzung der Zusammenarbeit
- (1) Die Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens erfolgt in deutscher oder ukrainischer Sprache, jeweils mit englischer Übersetzung, sofern im Einzelfall nichts anderes vereinbart ist.
- (2) Ersuchen um Auskunft oder um Unterstützung nach diesem Abkommen werden von den in Artikel 2 genannten zuständigen Stellen unmittelbar schriftlich übermittelt. In dringenden Fällen kann das Ersuchen auch mündlich übermittelt werden; es muss aber unverzüglich, spätestens innerhalb von zehn Tagen, schriftlich bestätigt werden.
- (3) Ersuchen um Auskunft oder Unterstützung müssen Folgendes beinhalten:
- a) die Bezeichnung der ersuchenden und der ersuchten Stelle;
- b) den Zweck des Ersuchens sowie die zu dessen Erfüllung erforderlichen Angaben;
- c) die Fragestellungen, deren Beantwortung ersucht wird;
- d) die Frist, innerhalb derer eine Beantwortung der Anfrage erbeten wird.
Artikel 7
Nichterfüllung eines Ersuchens
- (1) Jede Vertragspartei kann die Erfüllung eines Ersuchens nach diesem Abkommen ganz oder teilweise verweigern oder sie von Bedingungen oder Auflagen abhängig machen, wenn die Erfüllung dieses Ersuchens ihre Souveränität, ihre Sicherheit, ihre öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentliche Interessen des Staates beeinträchtigen kann oder wenn es ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften widerspricht.
- (2) Die Unterstützung kann auch verweigert werden, wenn die Handlung, derentwegen das Ersuchen erging, nach dem innerstaatlichen Recht der ersuchten Vertragspartei keine strafbare Handlung ist.
- (3) Die ersuchende Vertragspartei wird über die Weigerung, dem Ersuchen nachzukommen, schriftlich unterrichtet. In der Regel werden die Gründe der Weigerung angegeben.
Artikel 8
Schutz vertraulicher Informationen
- (1) Übermittlung und Schutz vertraulicher Informationen richten sich nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragsparteien. Informationen, die nach Maßgabe dieses Abkommens eingehen, werden auf Bitte der übermittelnden Stelle von der anderen Vertragspartei vertraulich behandelt. Der Grund für eine solche Bitte ist in der Regel anzugeben.
- (2) Übermittlung und Schutz von Verschlusssachen bei der Erfüllung dieses Abkommens erfolgen gemäß dem Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Ministerkabinett der Ukraine über den gegenseitigen Schutz von Verschlusssachen vom 29. Mai 1998.
- (3) Die Weitergabe von Informationen, die im Rahmen dieses Abkommens erlangt wurden, an Dritte ohne schriftliche Zustimmung der übermittelnden Vertragspartei ist untersagt.
Artikel 9
Personenbezogene Daten
Unter Beachtung des innerstaatlichen Rechts jeder Vertragspartei erfolgen Übermittlung und Verwendung personenbezogener Daten, im Weiteren "Daten" genannt, im Rahmen dieses Abkommens durch die in Artikel 2 genannten Stellen der Vertragsparteien nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
- a) Die empfangende Stelle einer Vertragspartei unterrichtet die übermittelnde Stelle der anderen Vertragspartei auf Ersuchen über die Verwendung der übermittelten Daten und über die dadurch erzielten Ergebnisse.
- b) Die Verwendung der Daten durch die empfangende Stelle ist nur zu den in diesem Abkommen bezeichneten Zwecken und zu den durch die übermittelnde Stelle vorgegebenen Bedingungen zulässig. Die Verwendung ist darüber hinaus zur Verhütung und Ermittlung von Straftaten von erheblicher Bedeutung sowie zum Zwecke der Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit zulässig.
- c) Die übermittelnde Stelle ist verpflichtet, auf die Richtigkeit der zu übermittelnden Daten sowie auf die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit in Bezug auf den mit der Übermittlung verfolgten Zweck zu achten. Dabei sind die nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht geltenden Übermittlungsverbote zu beachten. Die Übermittlung der Daten unterbleibt, wenn die übermittelnde Stelle Grund zu der Annahme hat, dass dadurch gegen den Zweck eines innerstaatlichen Gesetzes verstoßen würde oder schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen beeinträchtigt würden.
- d) Erweist sich, dass unrichtige Daten oder Daten, die nicht hätten übermittelt werden dürfen, übermittelt worden sind, so ist dies der empfangenden Stelle unverzüglich mitzuteilen. Sie ist verpflichtet, die Berichtigung oder Löschung unverzüglich vorzunehmen.
- e) Einer betroffenen Person ist auf Antrag über die zu ihr vorhandenen Daten sowie über deren vorgesehenen Verwendungszweck Auskunft zu erteilen. Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht nicht, soweit eine Abwägung im Einzelfall ergibt, dass das öffentliche Interesse, die Auskunft nicht zu erteilen, das Interesse der betroffenen Person an der Auskunftserteilung überwiegt. Im Übrigen richtet sich das Recht der betroffenen Person, über die zu ihrer Person vorhandenen Daten Auskunft zu erhalten, nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Auskunft beantragt wird.
- f) Wird jemand im Zusammenhang mit Datenübermittlungen aufgrund dieses Abkommens rechtswidrig geschädigt, ist die empfangende Stelle nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Sie kann sich gegenüber dem Geschädigten nicht darauf berufen, dass der Schaden durch die übermittelnde Stelle verursacht worden ist. Leistet die empfangende Stelle Schadensersatz wegen eines Schadens, der durch die Verwendung unrichtig oder unzulässigerweise übermittelter Daten verursacht wurde, erstattet die übermittelnde Stelle der empfangenden Stelle den Gesamtbetrag des geleisteten Ersatzes.
- g) Die übermittelnde Stelle weist bei der Übermittlung von Daten auf die nach ihrem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Fristen für die Aufbewahrung dieser Daten hin, nach deren Ablauf sie gelöscht werden müssen. Unabhängig von diesen Fristen sind die übermittelten Daten zu löschen, sobald sie für den Zweck, für den sie übermittelt worden sind, nicht mehr erforderlich sind.
- h) Die übermittelnde und die empfangende Stelle stellen sicher, dass die Übermittlung und der Empfang der Daten aktenkundig gemacht werden.
- i) Die übermittelnde und die empfangende Stelle sind verpflichtet, die übermittelten Daten wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe zu schützen.
Artikel 10
Expertentreffen
Die Vertragsparteien treffen sich bei Bedarf zur Bewertung der Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens, zur Evaluierung der Qualität der Zusammenarbeit und zur Erörterung neuer Strategien und der Weiterentwicklung zukünftiger Zusammenarbeit.
Artikel 11
Kosten
Die mit der Erledigung eines Ersuchens verbundenen Kosten trägt die ersuchte Vertragspartei. Kostenübernahmen, die mit Fortbildung und Entsendung von Experten verbunden sind, erfolgen nach Vereinbarung im Einzelfall.
Artikel 12
Verhältnis zu sonstigen völkerrechtlichen Übereinkünften
- (1) Durch dieses Abkommen werden die in zweiseitigen oder mehrseitigen Übereinkünften enthaltenen Rechte oder Verpflichtungen der Vertragsparteien nicht berührt.
- (2) Mit Inkrafttreten dieses Abkommens tritt das Abkommen vom 13. Juni 1989 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Zusammenarbeit beim Kampf gegen den Missbrauch von Suchtstoffen und psychotropen Stoffen und deren unerlaubten Verkehr im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Ukraine außer Kraft.
- (3) Die Vertragsparteien stellen fest, dass mit Inkrafttreten dieses Abkommens das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Ukraine über die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von erheblicher Bedeutung vom 6. Februar 1995 außer Kraft ist.
Artikel 13
Inkrafttreten und Geltungsdauer
- (1) Dieses Abkommen tritt dreißig Tage nach dem Tag in Kraft, an dem die Vertragsparteien einander auf diplomatischem Wege schriftlich mitgeteilt haben, dass die innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind. Maßgebend ist der Tag des Eingangs der letzten Mitteilung.
- (2) Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Das Abkommen kann von jeder Vertragspartei auf diplomatischem Wege schriftlich gekündigt werden. Die Kündigung wird sechs Monate nach dem Tag wirksam, an dem sie der anderen Vertragspartei zugegangen ist. Durch Vereinbarung der Vertragsparteien kann dieses Abkommen durch Zusatzprotokolle geändert oder ergänzt werden. Die Protokolle werden Bestandteil dieses Abkommens.
Geschehen zu Berlin am 30. August 2010 in zwei Urschriften, jede in deutscher und ukrainischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.
Für die Regierung der Bundesrepublik Deutschland
Martin Biesel
Thomas de Maizière
Für das Ministerkabinett der Ukraine
Denkschrift
Allgemeines
Die internationale Staatengemeinschaft hat der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus hohe Priorität eingeräumt. Die Tätergruppen im Bereich der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus weisen ausgeprägte internationale Verflechtungen auf. Die Tatplanung und -ausführung auf diesen Gebieten erfolgt in zunehmendem Maße grenzübergreifend. Die hiermit verbundenen Gefahren für die Innere Sicherheit machen es erforderlich, dass die zuständigen Behörden international noch intensiver zusammenarbeiten.
Vor diesem Hintergrund hat die Regierung der Bundesrepublik Deutschland am 30. August 2010 mit dem Ministerkabinett der Ukraine ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von erheblicher Bedeutung abgeschlossen. Der Ukraine kommt aufgrund ihrer geografischen Lage strategische Bedeutung für die Bekämpfung der internationalen Kriminalität zu.
Mit diesem Abkommen soll die Grundlage für eine engere und bessere Zusammenarbeit geschaffen werden.
Im Einzelnen
Zu Artikel 1
In Artikel 1 wird zunächst in allgemeiner Form der Gegenstand der durch das Abkommen vorgesehenen Zusammenarbeit festgelegt. Dabei wird klargestellt, dass die Zusammenarbeit nach Maßgabe des jeweiligen innerstaatlichen Rechts erfolgt. Das Abkommen soll die zwischenstaatliche Zusammenarbeit der Vertragsparteien bei der Vorbeugung und Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung erleichtern. Hervorgehoben werden bestimmte Deliktsbereiche als Schwerpunkte der Zusammenarbeit; gleichzeitig wird aber klargestellt, dass diese Aufzählung nicht abschließend ist ("insbesondere").
Absatz 3 Satz 1 stellt klar, dass Fragen der Auslieferung und der sonstigen Rechtshilfe in Strafsachen und der Amts- und Rechtshilfe in Fiskalsachen sowie sonstige in völkerrechtlichen Übereinkünften enthaltene Verpflichtungen der Vertragsparteien unberührt bleiben.
Absatz 3 Satz 2 legt fest, dass das Abkommen keine Grundlage für die Übermittlung von Daten zur Verwendung in einem Strafverfahren ist.
Nach Absatz 3 Satz 3 dürfen Daten oder Informationen, die auf der Grundlage dieses Abkommens bereits übermittelt wurden, ohne vorherige Zustimmung der übermittelnden Vertragspartei nicht als Beweismittel in einem Strafverfahren verwendet werden. Die Zustimmung richtet sich nach den anwendbaren innerstaatlichen Rechtsvorschriften und einseitigen oder mehrseitigen Übereinkünften über die Rechtshilfe in Strafsachen.
Zu Artikel 2
Es erfolgt eine Aufzählung der für die Durchführung des Abkommens zuständigen Stellen der Vertragsparteien. Die Vorgaben des § 3 des Bundeskriminalamtgesetzes sowie des § 3 Absatz 6 des Zollfahndungsdienstgesetzes sind hierbei gewahrt. Änderungen der Zuständigkeiten oder der Bezeichnungen der Behörden können auf diplomatischem Weg angezeigt werden.
Zu Artikel 3
Artikel 3 führt die Formen der Zusammenarbeit zur Durchführung des Abkommens, wie den Austausch von Informationen, Erfahrungen und Forschungsergebnissen und die Durchführung abgestimmter operativer Maßnahmen, auf. Durch die Formulierung "bei Bedarf" wird klargestellt, dass die Entsendung von Verbindungsbeamten nicht zwingend ist, sondern den Vertragsparteien die Möglichkeit offenstehen soll, die konkrete Entscheidung über diese Form der Zusammenarbeit unter anderem von den jeweiligen Kapazitäten sowie einer kriminalistischen Bewertung abhängig zu machen. Die Vertragsparteien können daher bei Bedarf auch andere als die in Artikel 3 aufgeführten Maßnahmen der Zusammenarbeit ergreifen.
Zu Artikel 4
Nach Artikel 4 unterstützen sich die Vertragsparteien bei der Aus- und Fortbildung und durch den Austausch von Erfahrungen und Kenntnissen im Bereich der Organisierten Kriminalität und des Terrorismus.
Zu Artikel 5
Artikel 5 beschreibt Maßnahmen der zuständigen Stellen der Vertragsparteien, die unter Beachtung des jeweiligen innerstaatlichen Rechts anlassbezogen und lageabhängig im Rahmen der Zusammenarbeit ergriffen werden können.
Zu Artikel 6
Absatz 1 sieht vor, dass die Zusammenarbeit in deutscher oder ukrainischer Sprache mit englischer Übersetzung erfolgt. Im Einzelfall kann eine abweichende Vereinbarung getroffen werden.
Absatz 2 legt fest, dass Ersuchen um Auskunft oder Unterstützung grundsätzlich schriftlich ergehen. In dringenden Fällen können sie jedoch auch mündlich gestellt werden, wobei sie aber schriftlich zu bestätigen sind.
Absatz 3 führt den notwendigen Inhalt eines Ersuchens um Auskunft oder Unterstützung auf.
Zu Artikel 7
Artikel 7 gestattet es jeder Vertragspartei, die Erfüllung eines Ersuchens aus den in der Vorschrift genannten Gründen zu unterlassen oder an Bedingungen zu knüpfen. Hierüber muss der ersuchende Vertragsstaat, in der Regel unter Angabe von Gründen, unterrichtet werden. Im Falle der Übermittlung personenbezogener Daten trifft allerdings Artikel 9 eine spezielle und abschließende Regelung.
Zu Artikel 8 Absatz 1 legt fest, dass für die Übermittlung und den Schutz vertraulicher Informationen das innerstaat liche Recht der Vertragsparteien gilt. Auf Wunsch der Vertragsparteien werden die übermittelten Informationen vertraulich behandelt.
Nach Absatz 2 erfolgt der Schutz von Verschlusssachen gemäß dem Abkommen vom 29. Mai 1998 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und dem Ministerkabinett der Ukraine über den gegenseitigen Schutz von Verschlusssachen (BGBl. 1999 II S.956).
Zu Artikel 9
Artikel 9 stellt für die Verwendung personenbezogener Daten, die im Rahmen der vertraglichen Zusammenarbeit dem jeweils anderen Vertragsstaat übermittelt werden, ein eigenständiges Datenschutzregime auf. Eine Verwendung von Daten im Sinne von Artikel 9 liegt - in Übereinstimmung mit der Begrifflichkeit des Bundesdatenschutzgesetzes (§ 3 Absatz 4 und 5 BDSG) - bei jeder Form des Umgangs mit personenbezogenen Daten vor, die nicht Erheben ist. Eingeschlossen sind demnach sowohl die Verarbeitung als auch die Nutzung von Daten.
Buchstabe a sieht einen Unterrichtungsanspruch der übermittelnden Stelle einer Vertragspartei über die Verwendung der übermittelten Daten und die dadurch erzielten Ergebnisse durch die empfangende Stelle der anderen Vertragspartei vor.
Buchstabe b formuliert den Grundsatz, dass personenbezogene Daten, die aufgrund des Vertrages dem anderen Vertragsstaat übermittelt wurden, von diesem nur zu den im Vertrag festgelegten Zwecken und zu den Bedingungen, die die übermittelnde Stelle im Einzelfall stellt, verwendet werden dürfen. Eine Ausnahme ist nur zur Verhütung und Verfolgung von schwerwiegenden Straftaten sowie zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit zulässig.
Buchstabe c unterwirft die Übermittlung und Verwendung der Daten durch die Stellen der Vertragsparteien dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Buchstabe d verpflichtet die empfangende Stelle, unrichtige Daten oder Daten, die nicht hätten übermittelt werden sollen, zu berichtigen oder zu löschen.
Buchstabe e regelt das Recht des Betroffenen auf Auskunft.
Buchstabe f regelt einen Schadensersatz anspruch gegen die empfangende Stelle bei rechtswidriger Schädigung im Zusammenhang mit Datenübermittlungen, der sich grundsätzlich nach dem innerstaatlichen Recht richtet. Die empfangende Stelle kann sich allerdings gegenüber dem Geschädigten nicht darauf berufen, dass der Schaden durch die übermittelnde Stelle verursacht worden ist. Diese Regelung ist von Bedeutung, wenn das innerstaatliche Recht eine verschuldensunabhängige Haftung der empfangenden Stelle vorsieht, es dieser aber an eigenem Verschulden mangelt, da für sie etwa die Unrichtigkeit der empfangenden Daten nicht erkennbar war. Die übermittelnde Vertragspartei ist der empfangenden Vertragspartei zur Erstattung des Gesamtbetrags des geleisteten Ersatzes verpflichtet, wenn diese Schadensersatz wegen eines Schadens durch die Verwendung unrichtiger oder unzulässigerweise übermittelter Daten zu leisten hat.
Die Buchstaben g bis i enthalten Regelungen zur Löschung, zur Protokollierung der Übermittlung und zur Sicherung der Daten.
Zu Artikel 10
Um eine Weiterentwicklung der Zusammenarbeit zu ermöglichen, sieht Artikel 10 bei Bedarf Konsultationen zur Evaluierung der auf der Grundlage des Abkommens erreichten Zusammenarbeit und den Austausch über neue Formen der Kooperation vor.
Zu Artikel 11
Artikel 11 regelt Einzelheiten der Kostentragung durch die Vertragsparteien.
Zu Artikel 12 Absatz 1 stellt fest, dass Verpflichtungen aus zweiseitigen oder mehrseitigen Übereinkünften der Vertragsparteien durch das Abkommen nicht berührt werden.
Absatz 2 regelt das Außerkrafttreten des Abkommens vom 13. Juni 1989 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Zusammenarbeit beim Kampf gegen den Missbrauch von Suchtstoffen und psychotropen Stoffen und deren unerlaubten Verkehr zwischen den Vertragsparteien (BGBl. 1989 II S. 683, 684). Entsprechendes gilt nach Artikel 12 Absatz 3 für das Abkommen vom 6. Februar 1995 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Ukraine über die Zusammenarbeit im Bereich der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, des Terrorismus und anderer Straftaten von erheblicher Bedeutung.
Zu Artikel 13
Artikel 13 enthält Regelungen zum Inkrafttreten, zur Dauer, Kündigung und Änderung des Vertrages.