Punkt 40 der 836. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2007
Der Bundesrat möge anstelle von Ziffer 39 der Empfehlungsdrucksache 544/1/07 wie folgt beschließen:
Art. 3 Nr. 4 Lit. d) wird wie folgt gefasst:
- d) Es wird folgender Absatz 16 angefügt:
(16) § 38 und § 40 in der am ... [einsetzen: Tag vor dem Tag der Verkündung dieses Gesetzes] geltenden Fassung sind weiter anzuwenden, wenn die Körperschaft, Personenvereinigung, Vermögensmasse oder deren Rechtsnachfolger dies beantragt. Der Antrag ist unwiderruflich und kann bis zum 30. September 2008 gestellt werden.".
Begründung
Für eine obligatorische Schlussbesteuerung des EK 02-Bestands unabhängig von dessen Ausschüttung an den Anteilseigner gibt es keine steuerliche Rechtfertigung.
Im EK 02-Bestand befinden sich ausschließlich steuerfreie bzw. nicht der Besteuerung unterliegende Beträge. Die Nichtbesteuerung beruht entweder auf einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift (z.B. Investitionszulage, § 12 InvZulG 2007) oder darauf, dass es sich um stille Reserven handelt, die in Zeiten der Steuerfreiheit wegen Gemeinnützigkeit entstanden und deshalb nach einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers (Ansatz des Teilwerts beim Übergang in die Steuerpflicht) steuerfrei bleiben sollten.
Dass diese steuerfreien Gewinne im Falle der Ausschüttung im Geltungsbereich des Anrechnungsverfahrens mit einer Steuer von 30 % belegt wurden, hatte nicht zum Ziel, die Einkünfte letztendlich doch der Besteuerung zu unterwerfen, sondern allein administrative Gründe. Um beim Anteilseigner einheitlich 30 % Körperschaftsteuer anrechnen zu können ohne nach der Herkunft der ausgeschütteten Gewinne zu unterscheiden (was ein immenses Bescheinigungsverfahren zur Folge gehabt hätte), mussten die Ausschüttungsbeträge hinsichtlich der Vorbelastung gleichnamig gemacht werden. Die 30 %ige Anrechnung setzte schlicht voraus, dass zuvor auch tatsächlich 30 % gezahlt worden sind.
Ob dieser Rechtfertigungsgrund bereits mit Übergang zum Halbeinkünfteverfahren entfallen ist, kann an dieser Stelle offen bleiben. Denn das Halbeinkünfteverfahren ist in seiner materiellen Wirkung immer noch ein typisiertes Anrechnungsverfahren. D. h. der Anteilseigner wird nur deshalb niedriger besteuert, weil bereits eine Vorbelastung auf Ebene der Kapitalgesellschaft gegeben ist. Insofern war es nicht erforderlich, die EK 02-Heraufschleusung im Falle der Ausschüttung mit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens aufzugeben.
Die Fehlwirkungen der geplanten Neuregelung werden besonders deutlich am Beispiel der Investitionszulage. Während die in den Jahren 1977 bis 2000 vereinnahmten - seinerzeit in das EK 02 eingespeisten - Zulagebeträge zwangsweise einer ausschüttungsunabhängigen Nachversteuerung unterworfen werden sollen, bleiben vor 1977 und nach 2000 vereinnahmte Investitionszulagen in Konsequenz der gesetzgeberischen Grundentscheidung steuerfrei.
Es ist bei dieser Sachlage kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen würde, nach ausdrücklicher gesetzlicher Entscheidung steuerfreie Erträge Jahre später - auf der Ebene der Gesellschaft unabhängig von einer Ausschüttung an den Gesellschafter - zwangsweise der Besteuerung zu unterwerfen. Dies bedeutete letztlich eine rückwirkende Aufhebung der Steuerfreiheit z.B. der Investitionszulage. Allerdings bestehen keine Bedenken, den betroffenen Körperschaften ein Wahlrecht einzuräumen, die künftige Besteuerung im Falle der Ausschüttung dadurch zu vermeiden, dass sie die im Gesetzentwurf vorgesehene Ablösezahlung entrichten.
Das nunmehr im Gesetzentwurf auf Wohnungsunternehmen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und steuerbefreite Körperschaften beschränkte Wahlrecht, auf unwiderruflichen Antrag weiterhin die bisherige Regelung anzuwenden, ist deshalb ein Schritt in die richtige Richtung, greift im Ergebnis aber doch zu kurz.
Denn zum einen ist sowohl der sachliche ("... die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen ...") als auch der persönliche Anwendungsbereich ("... an denen unmittelbar oder mittelbar ausschließlich juristische Personen des öffentlichen Rechts beteiligt sind, ...") der Ausnahmeregelung zu eng gefasst. Diese Voraussetzungen würden von nur sehr wenigen Körperschaften erfüllt, so dass das Wahlrecht weitestgehend ins Leere liefe.
Außerdem wird am Beispiel der Investitionszulage (s.o.) deutlich, dass es die Steuersystematik gebietet, nicht nur Wohnungsunternehmen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und steuerbefreiten Körperschaften ein Wahlrecht einzuräumen, sondern jeder über einen EK 02-Bestand verfügenden Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse.