A. Problem und Ziel
- Die Justizministerinnen und Justizminister haben sich auf ihrer 75. Konferenz am 17./18. Juni 2004 in Bremerhaven vor allem aus dringenden personalwirtschaftlichen Gründen für die Schaffung einer bundesrechtlichen Öffnungsklausel ausgesprochen, die es den Ländern ermöglichen soll, Ihre Gerichte der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit zusammenzuführen. Sie halten es für geboten, hierzu eine Änderung des Grundgesetzes herbeizuführen. Denn es erscheint zumindest zweifelhaft ob Artikel 95 Abs. 1 und Artikel 108 Abs. 6 GG nach geltendem Recht selbst einer auf die Ebene der Länder beschränkten Zusammenlegung von Gerichten der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit entgegenstehen.
- Ziel des Gesetzentwurfs ist es, diese verfassungsrechtlichen Zweifel auszuräumen und eine verfassungsrechtlich gesicherte Grundlage für die Umsetzung der Beschlüsse der Justizministerinnen und Justizminister zu schaffen.
B. Lösung
- Der Gesetzentwurf hat Änderungen von Artikel 92 und Artikel 108 Abs. 6 GG zum Gegenstand.
- Der Text des Artikels 92 GG soll in zwei Absätze unterteilt und inhaltlich um die Feststellung ergänzt werden, dass die Länder bestimmen können, dass Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit durch Fachgerichte einheitlich ausgeübt werden können. In Betracht kommt hier sowohl die Ausübung aller drei Gerichtsbarkeiten, als auch eine Beschränkung auf die Zusammenführung von nur zwei der genannten Gerichtsbarkeiten. Durch die Änderung von Artikel 92 GG wird zugleich klargestellt dass Artikel 95 Abs. 1 GG die Länder nicht dazu zwingt, am bisherigen fünfgliedrigen Gerichtsaufbau festzuhalten. Außerdem wird verdeutlicht, dass eine einheitliche Ausübung der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Arbeitsgerichtsbarkeit ebenso wenig in Betracht kommt wie die Zusammenführung von Gerichten dieser Gerichtsbarkeiten mit Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit. Artikel 108 Abs. 6 GG soll aufgehoben werden. Denn mit der Änderung von Artikel 92 GG wird es den Ländern anheim gestellt, für das Gebiet der Finanzgerichtsbarkeit entweder Finanzgerichte einzurichten oder aber die Finanzgerichtsbarkeit durch einheitliche Fachgerichte auszuüben, denen zugleich die Ausübung der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit obliegt. Mit dieser Regelung stünde eine "einheitliche" bundesgesetzliche Regelung der Finanzgerichtsbarkeit nicht in Einklang.
- Der bisherige Artikel 108 Abs. 7 GG wird zu Artikel 108 Abs. 6 GG.
- Der vorliegende Gesetzentwurf steht in engem sachlichem Zusammenhang mit dem gesonderten Entwurf eines Gesetzes zur Öffnung des Bundesrechts für die Zusammenführung von Gerichten der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit in den Ländern (Zusammenführungsgesetz; BR-Drs. 544/04(B) ). Auf Grund dieses Sachzusammenhangs der beiden Gesetzentwürfe erscheint es angezeigt, über beide Initiativen gemeinsam zu beraten und zu entscheiden.
C. Alternativen
D. Kosten (Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte/Sonstige Kosten)
- Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen des Grundgesetzes sind für sich allein betrachtet kostenneutral. Finanzielle Auswirkungen werden erst durch Landesgesetze erzielt mit denen die Länder von ihrer Befugnis Gebrauch machen, die rechtsprechende Gewalt in den Gebieten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit durch Fachgerichte einheitlich auszuüben. Diese Auswirkungen können in ihrem konkreten Ausmaß nicht präzise vorausgesagt werden.
Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 92 und 108)
Der Bundesrat hat in seiner 803. Sitzung am 24. September 2004 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 92 und 108)
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:
Artikel 1
Änderung des Grundgesetzes
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. Artikel 92 wird wie folgt geändert:
- 2. Artikel 108 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 6 wird aufgehoben.
- b) Der bisherige Absatz 7 wird Absatz 6.
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeines
Die Justizministerinnen und Justizminister haben sich auf ihrer 75. Konferenz am 17. und 18. Juni 2004 in Bremerhaven vor allem aus dringenden personalwirtschaftlichen Gründen für die Schaffung einer bundesrechtlichen Öffnungsklausel ausgesprochen, die es den Ländern ermöglichen soll, ihre Gerichte der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit zusammenzuführen. Unter Berücksichtigung des Abschlussberichts der im Herbst 2003 eingesetzten Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Errichtung einer einheitlichen öffentlichrechtlichen Fachgerichtsbarkeit" halten sie es für geboten, hierzu eine Änderung des Grundgesetzes herbeizuführen.
Dieser Einschätzung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Nach Artikel 95 Abs. 1 GG errichtet der Bund für die Gebiete der ordentlichen, der Verwaltungs-, der Finanz-, der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit als oberste Gerichtshöfe den Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, den Bundesfinanzhof, das Bundesarbeitsgericht und das Bundessozialgericht. Auf Grund dieser Formulierung ist unstreitig, dass das Grundgesetz sowohl die Einrichtung als auch den Fortbestand dieser obersten Bundesgerichtshöfe und außerdem den Fortbestand ihrer wesentlichen Zuständigkeiten garantiert.
Zur Beantwortung der Frage, ob aus Artikel 95 Abs. 1 GG auch verbindliche Vorgaben für den Aufbau der Gerichte der Länder abzuleiten sind, werden hingegen unterschiedliche Auffassungen vertreten. Ein Teil der Fachliteratur leitet insbesondere aus dem Homogenitätsprinzip (Artikel 28 Abs. 1 Satz 1 GG) und dem Begriff "oberste Gerichtshöfe" ab, dass Artikel 95 Abs. 1 GG eine fünfgliedrige Gerichtsbarkeit auch im Bereich der Gerichte der Länder garantiere (vgl. Maurer, Staatsrecht I, 3. Aufl. 2003, § 19 Rnr. 22; Meyer, in: von Münch/Kunig, Grundgesetz, 5. Aufl. 2003, Artikel 95 Rnr. 4; Stüer/Hermanns, ZRP 2002, S. 164 und DÖV 2001, S. 505; Detterbeck, in: Sachs, Grundgesetz, 3. Aufl. 2003, Artikel 95 Rnr. 4; Schulze-Fielitz, in: Dreier, Grundgesetz, 2000, Artikel 95 Rnr. 20; Degenhart, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 2. Aufl. 1996, § 75 Rnr. 5 f). Die Gegenmeinung geht davon aus, dass weder die grammatikalische noch die systematische, historische oder teleologische Auslegung diesen Schluss gebiete (vgl. Raden, in: Umbach/Clemens, Grundgesetz, 2002, Artikel 95 Rnr. 8; Vosskuhle, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 4. Aufl. 2001, Artikel 95 Rnr. 29; Meyer-Teschendorf/Hofmann, ZRP 1998, S. 132, 134; Franke, ZRP 1997, S. 333, 336; Achterberg, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand 1985, Artikel 95 Rnr. 130; Stern, Staatsrecht II, 1980, S. 388; Herzog, in: Maunz/Dürig/Herzog/ Scholz, Grundgesetz, Stand 1973, Artikel 95 Rnr. 42; Kern, DRiZ 1956, S. 214, 218, 224; Hamann, DVBl. 1955, S. 205, 206; Scheuner, DÖV 1953, S. 517, 521). Dabei wird insbesondere darauf abgestellt, dass Artikel 30 GG die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben einschließlich der organisatorischen Ausgestaltung den Ländern zuspricht, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft. Daher wird argumentiert, Artikel 95 Abs. 1 GG hätte ausdrücklich die Ebene der Länder mit einbeziehen müssen, um die Gestaltungsmöglichkeiten der Länder bezüglich ihrer Gerichtsbarkeiten einzuschränken.
Eine verfassungsgerichtliche Entscheidung zur Frage, ob die Gerichtsbarkeiten auf Länderebene denselben Bestandsschutz wie auf Bundesebene genießen, liegt bislang nicht vor. Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich in mehreren Entscheidungen klargestellt dass ein Rechtsmittelzug von Verfassungs wegen nicht geboten ist (vgl. BVerfGE 28, 21 <36>; 42, 243 <248>; 54, 277 <291>; 107, 395 <402>).
Diese Entscheidungen betrafen allerdings nur die Rechtsmittelgerichte der Länder, nicht hingegen die Frage, ob in einem Land auf die Errichtung von Gerichten in einem der in Artikel 95 Abs. 1 GG genannten Gerichtszweige überhaupt verzichtet werden kann. Zuverlässige Anhaltspunkte für die Beantwortung der hier interessierenden Frage ergeben sich auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Juni 1958 - 2 BvF 1/56 - (BVerfGE 8, 174 ). In dieser Entscheidung führt das Bundesverfassungsgericht aus, obere Bundesgerichte seien "grundsätzlich" als Rechtsmittelgerichte innerhalb eines Gerichtszweiges gedacht.
Abgesehen von der Einschränkung der Aussagekraft dieses Satzes durch Verwendung des Wortes "grundsätzlich", handelt es sich um ein obiter dictum. Denn auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Zusammenführung von Ländergerichten unterschiedlicher Gerichtszweige kam es im genannten Verfahren nicht streitentscheidend an.
Eine abschließende Klärung der Frage, ob Artikel 108 Abs. 6 GG eine Zusammenlegung von Gerichtsbarkeiten unter Einbeziehung der Finanzgerichtsbarkeit verhindert, steht bislang ebenfalls aus. Nach dieser Verfassungsnorm wird die Finanzgerichtsbarkeit durch Bundesgesetz einheitlich geregelt. Hieraus wird zum Teil geschlossen, dass es außer dem Bundesfinanzhof auch Finanzgerichte der Länder geben muss (so Siekmann, in: Sachs, a.a.O., Artikel 108 Rnr. 45).
Angesichts der dargelegten divergierenden Auffassungen in der Literatur und des Fehlens einschlägiger Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts trägt die von den Justizministerinnen und Justizministern angestrebte Zusammenlegung von Gerichten der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit ein nicht zu vernachlässigendes verfassungsrechtliches Risiko in sich. Dieses Risiko lässt sich durch klarstellende Änderungen des Grundgesetzes ausschließen. Hierzu besteht aus Gründen der Rechts- und Planungssicherheit auch Anlass.
Dabei kann offen bleiben, ob eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der die einfachgesetzliche Zusammenführung von Gerichten der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit für mit Artikel 95 Abs. 1 oder Artikel 108 Abs. 6 GG nicht vereinbar erklärt wird, den Bestand rechtskräftiger Entscheidungen der Gerichte der neuen Gerichtsbarkeit in Frage stellen würde. Denn immerhin verweisen sowohl die Verwaltungsgerichtsordnung (§ 153 Abs. 1) als auch das Sozialgerichtsgesetz (§ 179 Abs. 1) und die Finanzgerichtsordnung (§ 134) auf den Wiederaufnahmegrund von § 578 und § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Nach diesen Vorschriften kann ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren wieder aufgenommen werden, wenn das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Damit ist das Erfordernis des gesetzlichen Richters (Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 GG) angesprochen. Versteht man diese Verfassungsgarantie nur als Gebot der nicht manipulierbaren Vorausbestimmung des jeweils zuständigen Richters, dürfte ihr auch bei einer etwa gegen Artikel 95 Abs. 1 GG verstoßenden Zusammenführung von Gerichten öffentlichrechtlicher Fachgerichtsbarkeiten Genüge getan sein. Anlass für eine klarstellende Änderung des Grundgesetzes ergibt sich aber aus der Bedeutung und dem organisatorischen Aufwand einer Zusammenführung von Gerichten der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit. Ein Projekt dieser Größenordnung mit weit reichenden Auswirkungen auf die Gerichtsorganisation, die bei den betroffenen Gerichten beschäftigen Personen, die Rechtsschutz suchenden Bürger und die Haushalte der Länder sollte nicht auf verfassungsrechtlich zumindest zweifelhafter Grundlage angegangen werden.
Der vorliegende Entwurf greift die Beschlüsse der Justizministerinnen und Justizminister vom 17. und 18. Juni 2004 auf. Er zielt darauf ab, die den Abschnitt IX. "Die Rechtsprechung" einleitende Grundsatzvorschrift des Artikels 92 GG um die Feststellung zu ergänzen, dass die Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit durch Fachgerichte der Länder einheitlich ausgeübt werden können. Außerdem soll die Bestimmung des Artikels 108 Abs. 6 GG, wonach die Finanzgerichtsbarkeit durch Bundesgesetz einheitlich geregelt wird, aufgehoben werden.
Der vorliegende Gesetzentwurf steht in engem Zusammenhang mit dem Vorhaben, die weiteren Beschlüsse der Justizministerinnen und Justizminister vom 17. und 18. Juni 2004 zum Thema "Errichtung einer einheitlichen öffentlichrechtlichen Fachgerichtsbarkeit" durch Einführung eines Gesetzes zur Öffnung des Bundesrechts für die Zusammenführung von Gerichten der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit in den Ländern (Zusammenführungsgesetz) umzusetzen. Dieses Vorhaben ist Gegenstand eines gesonderten Gesetzentwurfs (BR-Drs. 544/04(B) ).
Auf Grund des engen sachlichen Zusammenhangs der beiden Gesetzentwürfe erscheint es angezeigt, über beide Initiativen gemeinsam zu beraten und zu entscheiden.
Der vorliegende Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes ist mit Artikel 79 Abs. 1 und 3 GG vereinbar.
Das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes bedarf gemäß Artikel 79 Abs. 2 GG der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Deutschen Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.
B. Finanzielle Auswirkungen
Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen des Grundgesetzes sind für sich allein betrachtet kostenneutral. Finanzielle Auswirkungen werden erst durch Landesgesetze erzielt mit denen die Länder von ihrer Befugnis Gebrauch machen, die rechtsprechende Gewalt in den Gebieten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit durch Fachgerichte einheitlich auszuüben. Diese Auswirkungen können in ihrem konkreten Ausmaß zwar nicht präzise vorausgesagt werden. Es lässt sich jedoch bereits jetzt abschätzen, dass mittelfristig dauerhafte Personal- und Sachkostenersparnisse erzielt werden können, die etwaige mit einer tatsächlichräumlichen Zusammenführung von Gerichten verbundene Investitionskosten deutlich übersteigen werden.
C. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 1 (Änderung des Grundgesetzes)
Zu Nummer 1 (Artikel 92)
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung des Gesetzestextes an die durch Buchstabe b herbeigeführte Anfügung eines neuen Absatzes.
Zu Buchstabe b
Artikel 92 GG regelt grundsätzliche Fragen der Organisation der rechtsprechenden Gewalt in Deutschland. Er befasst sich in diesem Zusammenhang auch mit den Kompetenzen von Bund und Ländern und bestimmt, dass die rechtsprechende Gewalt durch das Bundesverfassungsgericht, durch die im Grundgesetz vorgesehenen Bundesgerichte und durch die Gerichte der Länder ausgeübt wird. Der Grundlagencharakter der Bestimmung des Artikels 92 GG legt es nahe, diese um eine Feststellung zu ergänzen, mit der die Frage geklärt wird, ob es den Ländern möglich ist, Gerichte verschiedener Gerichtsbarkeiten durch Fachgerichte einheitlich auszuüben.
Der Gesetzentwurf beantwortet diese Frage dahin gehend, dass die Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit durch Fachgerichte der Länder einheitlich ausgeübt werden kann. Dies umfasst sowohl die Möglichkeit, die Gerichte aller drei Gerichtsbarkeiten zusammenzuführen, als auch die Befugnis, lediglich die Gerichte zweier der genannten drei Gerichtsbarkeiten in die Zusammenführung einzubeziehen.
Im gesondert vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Öffnung des Bundesrechts für die Zusammenführung von Gerichten der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit in den Ländern (Zusammenführungsgesetz) ist vorgesehen (BR-Drs. 544/04(B) ), den Ländern diesbezüglich weit reichende Auswahlmöglichkeiten einzuräumen. So soll den Ländern die Befugnis zustehen, ihre Gerichte der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit zusammenzuführen, oder sich darauf zu beschränken, lediglich ihre Gerichte der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit in die Zusammenführung einzubeziehen. Noch weiter reichende Auswahlmöglichkeiten werden mit den im Gesetzentwurf vorgesehenen Befugnissen zur Kooperation der Länder durch Bildung gemeinsamer Gerichte oder Spruchkörper eröffnet.
Die gewählte Formulierung erlaubt nur den Ländern, in eigener Verantwortung eine Zusammenlegung der Gerichtsbarkeiten zu bestimmen und schließt eine Regelung durch Bundesgesetz aus. Dem Bundesgesetzgeber obliegt es allerdings, auf Grund seiner Kompetenz aus Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 GG die für die zusammengelegten Gerichtsbarkeiten erforderlichen prozessrechtlichen Anpassungen vorzunehmen.
Der Entwurf des Zusammenführungsgesetzes (vgl. BR-Drs. 544/04(B) ) sieht entsprechende Regelungen vor.
Die Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Arbeitsgerichtsbarkeit werden im neuen Absatz 2 des Artikels 92 GG nicht erwähnt. Hieraus ist zu schließen, dass die Zusammenführung von Gerichten dieser Gerichtsbarkeiten mit Gerichten anderer Gerichtsbarkeiten mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren wäre.
Auch die Möglichkeit einer Zusammenführung von obersten Gerichtshöfen des Bundes wird nicht angesprochen. Damit bleibt es dabei, dass der Bestand der in Artikel 95 GG angesprochenen obersten Gerichtshöfe des Bundes verfassungsrechtlich gesichert ist.
Zu Nummer 2 (Artikel 108)
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine Folgeregelung zu Nummer 1, mit der dem Umstand Rechnung getragen wird, dass den Ländern die Befugnis eingeräumt ist, für das Gebiet der Finanzgerichtsbarkeit entweder Finanzgerichte einzurichten oder aber die Finanzgerichtsbarkeit durch einheitliche Fachgerichte auszuüben, denen zugleich die Ausübung der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit obliegt.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung der Vorschrift an die durch Buchstabe a herbeigeführte Änderung von Artikel 108 GG.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Artikel 2 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.