Der Bundesrat hat in seiner 847. Sitzung am 19. September 2008 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu den Gesetzentwürfen allgemein
Der Bundesrat lehnt die in den Gesetzentwürfen vorgesehene Vermischungen von Verwaltungszuständigkeiten ab. Für den Vollzug der Mindestlohngesetze müsste eine einheitliche Zuständigkeit der Zollbehörden geschaffen werden.
Darüber hinaus wären auch die nach den beiden Gesetzentwürfen unterschiedlichen Verfahren zu vereinheitlichen. Unterschiedlich zuständige Stellen und Verfahren führen zu unnötigem Aufbau von Bürokratie und vermeidbaren Kosten. Vielmehr entstehen durch deren Vereinheitlichung Synergieeffekte.
- a) Die bisher für die Kontrolle des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes zuständigen Behörden der Zollverwaltung sollten auch die Zuständigkeit für die Kontrolle des Mindestarbeitsbedingungengesetzes erhalten. Zum einen regeln beide Gesetze dieselbe Materie, zum anderen handelt es sich in beiden Fällen um Bundesgesetze, die - mit Blick auf die Föderalismusreform - auch einheitlich von einer Bundesbehörde vollzogen werden sollten. Der Bundesrat lehnt deshalb die Zuständigkeit der obersten Arbeitsbehörden der Länder für den Vollzug des Mindestarbeitsbedingungengesetzes ab.
- b) Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, insgesamt ein einheitliches Verfahren für den Vollzug der Gesetzentwürfe zu wählen.
Die oberste Arbeitsbehörde soll nach dem Mindestarbeitsbedingungengesetz z.B. den Anspruch eines Arbeitnehmers auf Zahlung des Mindestarbeitsentgelts im eigenen Namen gerichtlich geltend machen können. Dies sieht das Arbeitnehmer-Entsendegesetz nicht vor. Eine unterschiedliche Behandlung derselben Rechtsmaterie ist nicht gerechtfertigt.
Ein weiteres Beispiel ist die unterschiedliche Behandlung von Verstößen nach den beiden Gesetzentwürfen (im Mindestarbeitsbedingungengesetz sind keine Ordnungswidrigkeiten vorgesehen).
Zu dem Gesetzentwurf in Drucksache 541/08 (PDF) :
2. Zur Überschrift,
Zu Artikel 1 Nr. 1 (Überschrift)
Begründung
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Bezeichnung suggeriert, dass hierdurch Mindestarbeitsbedingungen festgesetzt werden sollen. Tatsächlich beschränkt sich das Gesetz inhaltlich auf die Festsetzung von Mindestarbeitsentgelten und behandelt nicht länger Mindestarbeitsbedingungen, wozu neben Entgelten auch sonstige Arbeitsbedingungen zu zählen wären.
Die vorgesehene Bezeichnung (Gesetz über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen) ist irreführend und könnte dahingehend missverstanden werden spätere Erweiterungen des Regelungsgegenstandes auf Mindestarbeitsbedingungen seien geplant. Die Gesetzesbezeichnung ist daher entsprechend zu korrigieren.
3. Zu Artikel 1 Nr. 5 (§ 3 Abs. 1 Satz 1 MiArbG)
In Artikel 1 Nr. 5 § 3 Abs. 1 ist Satz 1 wie folgt zu fassen:
- "Der Hauptausschuss stellt unter umfassender Berücksichtigung der sozialen und ökonomischen Auswirkungen durch Beschluss fest, ob in einem Wirtschaftszweig die Festsetzung, Änderung oder Aufhebung von Mindestarbeitsentgelten zur Befriedigung der notwendigen sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse der Arbeitnehmer erforderlich erscheint."
Begründung
Der Gesetzesentwurf begrenzt die Möglichkeit, Mindestarbeitsentgelte festzusetzen auf Fälle, in denen "unter umfassender Berücksichtigung der sozialen und ökonomischen Auswirkungen in einem Wirtschaftszweig soziale Verwerfungen vorliegen". Diese Festlegung ist grundsätzlich zu begrüßen, da so der Anwendungsbereich auf die Branchen beschränkt wird, bei denen die Festsetzung von Mindestarbeitsentgelten dann auch sozial gerechtfertigt sein kann. Um Auslegungsschwierigkeiten vorzubeugen, sollte der zentrale Begriff "soziale Verwerfungen" jedoch im Gesetz definiert werden. Vorzuziehen ist, wie vorgeschlagen weiterhin auf die Terminologie des Gesetzes von 1952 zurückzugreifen.
4. Zu Artikel 1 Nr. 6 Buchstabe c (§ 4 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 4 MiArbG)
In Artikel 1 Nr. 6 Buchstabe c § 4 Abs. 4 ist Satz 3 wie folgt zu ändern:
Begründung
Zu a:
Es muss Ziel des Gesetzes sein, angemessene Mindestarbeitsentgelte zu schaffen. Dies sollte auch im Wortlaut des Gesetzes unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden.
Zu b:
Es muss ebenso Ziel des Gesetzes sein, die Ordnungs- und Befriedungsfunktion der Tarifautonomie zu wahren. Dieses Ziel sollte entsprechend auch der Fachausschuss im Rahmen seiner Gesamtabwägung für seine Entscheidung berücksichtigen. Dies ist im Falle einer staatlichen Festsetzung von Mindestarbeitsentgelten ohne einen Tarifvertrag, an dem eine Orientierung erfolgen kann umso dringlicher.
5. Zu Artikel 1 Nr. 10 (§ 8 Abs. 2 und 3 MiArbG)
In Artikel 1 Nr. 10 ist Buchstabe b wie folgt zu fassen:
Begründung
Zwar beinhaltet die vorgesehene Stichtagsregelung für die bis zum 16. Juli 2008 abgeschlossene Tarifverträge und deren Nachfolgetarifverträge eine Wahrung des Vorrangs der bereits jetzt abgeschlossenen Tarifverträge vor staatlicher Lohnfestsetzung. Jedoch müssen auch später zustande gekommene repräsentative Tarifverträge weiterhin Vorrang vor einer staatlichen Mindestarbeitsentgeltsetzung haben. Nach seiner Intention sollte das MiArbG von 1952 nur dann zur Anwendung kommen, wenn faktisch der Abschluss von Tarifverträgen in einer Branche nicht möglich war. Kommt es aber zu einem repräsentativen Abschluss, so haben staatliche Lohnfestsetzungen im Hinblick auf die Tarifautonomie der Vertragsschließenden ihre Berechtigung verloren.
Zu dem Gesetzentwurf in Drucksache 542/08 (PDF) :
6. Zu § 3 Satz 2 - neu -Dem § 3 ist folgender Satz anzufügen:
- "Eines bundesweiten Tarifvertrages bedarf es nicht, soweit Gegenstand der Rechtsnormen des Tarifvertrages Arbeitsbedingungen im Sinne von § 5 Nr. 2 oder 3 sind."
Begründung
In seiner derzeitigen Fassung sieht der Gesetzesentwurf das Erfordernis einer bundesweiten Geltung das Tarifvertrags als Voraussetzung für eine Erstreckung nach dem AEntG nicht nur wie bisher für Mindestentgelte - wie auch in der bisherigen Praxis gehandhabt - sondern auch für die Dauer des Erholungsurlaubs, Urlaubsentgelte, Urlaubsgeld und die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen in diesem Zusammenhang durch gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vor. Folge ist, dass die in der Baubranche auf Länderebene bestehenden tarifvertraglichen und historisch gewachsenen Urlaubskassenregelungen nicht länger vom Anwendungsbereich des AEntG erfasst würden, eine Erstreckung wäre damit - anders als nach geltender Rechtslage - nicht mehr möglich.
Hierbei handelt es sich offensichtlich um ein gesetzgeberisches Versehen, da durch die Neufassung des AEntG nicht in das in der Baubranche bestehende Lohn- und Tarifgefüge eingegriffen werden sollte. § 3 AEntG-E ist daher - wie vorgeschlagen - zu ergänzen.
7. Zu § 7 Abs. 5 Satz 1
In § 7 Abs. 5 Satz 1 sind die Wörter "ein aus je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bestehender Ausschuss (Tarifausschuss)" durch die Wörter "der Ausschuss nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Tarifvertragsgesetz (Tarifausschuss)" einzufügen.
Begründung
§ 7 Abs. 5 Satz 1 AEntG-E definiert einen Tarifausschuss legal. Es gibt bereits nach § 5 TVG einen festen Tarifausschuss beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, der auch für diese Tarifverträge eingeschaltet werden sollte; die Schaffung eines (eigenen) Tarifausschusses für diese Fälle ist nicht sinnvoll; das Erfahrungswissen des Tarifausschusses nach § 5 TVG ginge verloren. Es ist damit ausreichend, in § 7 Abs. 5 Satz 1 AEntG-E auf den Tarifausschuss nach § 5 TVG zu verweisen.
8. Zu Abschnitt 5 (Überschrift)
Die Überschrift zu Abschnitt 5 ist wie folgt zu fassen:
- "Kontrolle und Durchsetzung durch staatliche Behörden; Auftragssperren durch öffentliche Auftraggeber"
Begründung
Da ein Teil der öffentlichen Auftraggeber im Sinne des § 98 GWB private Unternehmen sind, verleitet die Überschrift des Abschnitts 5 zur Annahme, dass § 17 AEntG-E für diese nicht gilt.
9. Zu § 17 Abs. 2
In § 17 Abs. 2 sind nach den Wörtern "öffentlichen Auftraggebern" die Wörter "und solchen Stellen, die von öffentlichen Auftraggebern zugelassene Präqualifikationsverzeichnisse oder Unternehmer- und Lieferantenverzeichnisse führen" einzufügen.
Begründung
Zur Zuverlässigkeitskontrolle werden zunehmend Präqualifikationsverzeichnisse und Unternehmer- und Lieferantenverzeichnisse zu Hilfe genommen, die nicht immer vom öffentlichen Auftraggeber selbst geführt werden. Daher besteht aus Gründen der Entbürokratisierung ein Bedürfnis, die Mitteilung auch an die die Verzeichnisse führenden Stellen zuzulassen, sofern deren Verzeichnisse von öffentlichen Auftraggebern zugelassen sind. Die Art der Zulassung kann jedes Land und der Bund regeln.