Europäische Kommission Brüssel, den 9. November 2007
Vizepräsidentin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust
Sehr geehrter Herr Präsident,
Vielen Dank für Ihr Schreiben vom 21. September 2007 mit dem Beschluss des Bundesrates zum Arbeitspapier der Dienststellen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Schulen für das 21. Jahrhundert - Konsultation (SEK(2007) 1009).
In Übereinstimmung mit der Entscheidung der Kommission, welche die nationalen Parlamente auffordert, auf ihre Vorschläge zu reagieren, um die politische Willensbildung und Rechtsetzung auf europäischer Ebene zu verbessern, begrüßen wir diese Gelegenheit, auf Ihre Anmerkungen einzugehen. Ich füge die Stellungnahme der Kommission bei. Ich hoffe, mit dieser Antwort auch einen Beitrag zu Ihren Debatten im Bundesrat zu leisten.
Ich sehe der Fortsetzung unseres politischen Meinungsaustausches erwartungsvoll entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Margot Wallström
Europäische Kommission Brüssel, November 2007
Bemerkungen der Europäischen Kommission zu einem Beschluss des Deutschen Bundesrates SEK(2007)1009 - Entschliessung zu der öffentlichen Konsultation "Schulen für das 21. Jahrhundert"
Die Kommission nimmt die Entschließung des Bundesrats zur öffentlichen Konsultation "Schulen für das 21. Jahrhundert" (SEK(2007) 1009) zur Kenntnis. Zu den verschiedenen darin angesprochenen Fragen möchte sie die nachstehenden Informationen übermitteln:
- 1. Die Kommission bestätigt ihre uneingeschränkte Achtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Inhalte und die Organisation der Bildungssysteme, die in Artikel 149 EGV verankert ist. Aufgrund dieses Artikels hat die Gemeinschaft allerdings auch die Aufgabe "(...) dadurch zur Entwicklung einer qualitativ hoch stehenden Bildung beizutragen, dass sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten ... erforderlichenfalls unterstützt und ergänzt." Zur Erfüllung dieser Aufgabe erstellt die Kommission beispielsweise im Rahmen der vom Rat der Europäischen Union vereinbarten bildungsbezogenen Referenzwerte für 2010 regelmäßig Studien und nimmt vergleichende Bewertungen der Bildungssysteme der Mitgliedstaaten vor.
Die öffentliche Konsultation "Schulen für das 21. Jahrhundert" erfolgt im Rahmen der Ziele der einschlägigen sektoralen offenen Koordinierungsmethode (Arbeitsprogramm 2010 Allgemeine und berufliche Bildung). Sie stellt jedoch keine Bewertung oder Beurteilung der Schulsysteme der Mitgliedstaaten dar. Es handelt sich eher um einen anderen Ansatz, der das Ziel verfolgt, die Meinungen der beteiligten Akteure und der Bürger zu den wichtigsten Fragen einzuholen, mit denen sich die schulischen Bildungssysteme der Mitgliedstaaten konfrontiert sehen.
- 2. Die Kommission möchte betonen, dass sie mit dieser Konsultation keine Erweiterung ihrer Kompetenzen im Bildungsbereich anstrebt.
Das Dokument für die öffentliche Konsultation spiegelt die Arbeit der Kommission in den letzten Jahren wider, wie die Mitteilung über "Effizienz und Gerechtigkeit in den europäischen Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung (KOM (2006) 481 endg.), die im Ausschuss für das Bildungswesen bereits ausführlich erörtert wurde und schließlich im November 2006 in die Diskussion des Rates über die Bildungsfragen mündete. Die öffentliche Konsultation richtet sich allerdings nicht in erster Linie an die Mitgliedstaaten, sondern an alle Beteiligten und die Bürger.
Die neuen Informationen, die sich die Kommission durch diese Konsultation erhofft betreffen insbesondere:
- - Die Meinung der beteiligten Akteure und der Bürger zu den wichtigen Fragen, die in dem Dokument dargelegt werden, und
- - die Ansichten der beteiligten Akteure und der Bürger zu möglichen neuen Bereichen einer Zusammenarbeit auf EU-Ebene im Rahmen der geltenden Verteilung der Zuständigkeitsbereiche.
Um sicherzustellen, dass die Fragen der Konsultation richtig verstanden werden, mussten allerdings die einschlägigen bisherigen Entwicklungen auf europäischer Ebene in dem Dokument erläutert werden, insbesondere als Information für die Teilnehmer der Befragung, die möglicherweise ein starkes Interesse an der Schulbildung haben, aber nicht notwendigerweise den Überblick über die bisherigen Maßnahmen der Europäischen Union sowie deren Kompetenzen.
Eine künftige Zusammenarbeit in diesem Bereich könnte verschiedene Formen aufweisen (bspw. neue Prioritäten .im Rahmen des Programms Lebenslanges Lernen oder Organisation von Peerlearning-Aktivitäten). Die Kommission möchte allerdings hervorheben, dass die Ansichten der beteiligten Akteure und der Bürger die Tatsache nicht berühren werden, dass von der Kommission vorgeschlagene neue Maßnahmen die Zuständigkeitsbereiche der Mitgliedstaaten in jedem Fall uneingeschränkt respektieren werden. In diesem Zusammenhang weist die Kommission den Bundesrat auf den Wortlaut des zweiten Absatzes des Konsultationsdokuments hin, der wie folgt beginnt: "Die Mitgliedstaaten sind für die Organisation ihrer Bildungssysteme und die Bildungsinhalte verantwortlich - die Rolle der Europäischen Union ist es, sie zu unterstützen...".
- 3. Die Kommission teilt die Auffassung des Bundesrats, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen des Arbeitsprogramms "Allgemeine und berufliche Bildung 2010" bereits Informationen über ihre schulischen Systeme liefern. Die Konsultation zielt allerdings auf eine genauere Erforschung der Kernfragen im schulischen Bereich ab als dies mittels eines zusammenfassenden Berichts der Mitgliedstaaten möglich wäre.
- 4. Die Kommission nimmt die Bemerkungen des Bundesrates zum Bereich Mathematik und Naturwissenschaften zur Kenntnis. Sie weist aber darauf hin, das die vom Bundesrat zitierten Ergebnisse der PISA-Studie 2003 keineswegs im Widerspruch zu der Aussage im Kommissionstext stehen, demzufolge der Unterricht in den Naturwissenschaften und in Mathematik eine bedeutende Herausforderung für die Schulen in Europa darstellt und für Europas künftige Wettbewerbsfähigkeit in der wissensgestützten Wirtschaft von großer Bedeutung ist. Die Tatsache, dass eine Minderheit der Mitgliedstaaten in diesen Bereichen keine geschlechtsspezifischen Diskrepanzen feststellt, verstärkt darüber hinaus das potentielle Interesse an einem politischen Austausch über diese Frage.