982. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2019
Der federführende Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und nukleare Sicherheit (U), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV), der Finanzausschuss (Fz), der Verkehrsausschuss (Vk), der Wirtschaftsausschuss (Wi) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
- a) Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung mit dem vorgelegten Gesetzentwurf beabsichtigt, die nationalen Klimaschutzziele im Gesetzesrang zu normieren. Er bedauert, dass die Zuleitung an den Bundesrat mit unverhältnismäßig knapper Frist erfolgt ist, so dass eine der Sache angemessene Befassung mit der Vorlage nicht hinreichend möglich war. Vor dem Hintergrund der Tragweite der vorgeschlagenen gesetzlichen Regelungen wäre nach Auffassung des Bundesrates im Hinblick auf die Notwendigkeit, auf eine breite Akzeptanz des Klimapakets hinzuwirken, eine umfassende Beteiligung von Ländern, Kommunen und zivilgesellschaftlichen Akteuren mit angemessenen zeitlichen Maßgaben geboten gewesen.
- b) Der Bundesrat ist überdies der Auffassung, dass das vorgelegte Gesetz der Zustimmung des Bundesrates bedarf, da erhebliche Auswirkungen auf die Verwaltung und Haushalte der Länder zu erwarten sind. Der Bundesrat merkt in diesem Zusammenhang an, dass weder das gewählte Verfahren noch die Einstufung des Gesetzes als Einspruchsgesetz dem Anspruch gerecht werden, dass Energiewende und Klimaschutz Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern sind.
- c) Die von der Bundesregierung gewählte Konzeption des Klimaschutzgesetzes als Rahmengesetz führt dazu, dass wesentliche Aspekte durch Verordnungsermächtigungen ohne Zustimmung des Bundesrates geregelt werden sollen. Der Bundesrat sieht dies vor dem Hintergrund des auf Ebene der Länder vorhandenen Wissens, der Erkenntnisse sowie der entsprechenden Erfahrungen mit Klimaschutzgesetzen und deren Umsetzung kritisch, da hier bereits seit 2011 Erfahrungen gesammelt werden konnten. Er bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Zustimmungsbedürftigkeit der Verordnungen vorzusehen.*
- d) Die Festlegung von Treibhausgasminderungszielen im Gesetzesrang ist zwar grundsätzlich zu begrüßen. Es fehlen jedoch wesentliche Zwischenziele, die eine kontinuierliche Überwachung des Minderungspfades ermöglichen. Nach Auffassung des Bundesrates bedarf es daher einer Ergänzung von Zielen insbesondere für die Jahre 2025, 2040 und 2050. Die Ziele müssen an der Erreichung des Pariser Klimaziels, das eine Reduktion um mindestens 95 Prozent bis 2050 gegenüber 1990 verlangt, orientiert sein.
- e) Der Bundesrat nimmt die vorgeschlagene Regelung zur Kenntnis, mit der mittels Kabinettentscheidung die Zielverfehlung des einen Sektors durch Anrechnung von Überfüllung eines anderen Sektors im Nicht-ETS-Bereich ausgeglichen werden kann. Er sieht jedoch die Gefahr, dass sich einzelne für die jeweiligen Sektoren zuständigen Bereiche innerhalb der Bundesregierung nicht im angezeigten Maße für die Zielerreichung einsetzen. Er bittet deswegen, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Regelung so zu verändern, dass das Ressort, welches das vorgegebene Ziel verfehlt, dafür verantwortlich ist, entsprechende Ausgleiche aus anderen Ressorts zu organisieren.**
- f) Es ist darüber hinaus ein Mechanismus vorzusehen, der bei Überschreitung der Jahresemissionsmengen eines Sektors vorsieht, dass das Sofortprogramm des für den Sektor verantwortlichen Ressorts nach Ablauf von sechs Monaten auf seine Umsetzung überprüft wird. Im Falle einer nicht erfolgten Umsetzung sollte sich die gesamte Bundesregierung mit der Umsetzungsfrage befassen müssen.
- g) Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die haushälterische Ressortverantwortung für die Verfehlung von Sektorenzielen aus dem Gesetz gegenüber dem Referentenentwurf entfallen ist. Er hält jedoch den ursprünglichen Ansatz für grundsätzlich geeignet, eine sinnvolle Verpflichtung zur tatsächlichen und wirksamen Umsetzung der Maßnahmen in den jeweiligen Sektoren zu erreichen.
- h) Neben der Normierung der Ziele ist es aus Sicht des Bundesrates erforderlich, Maßnahmen zu beschließen, die eindeutig der Zielerreichung verpflichtet sind. Insofern bedarf es der Beschlussfassung über ein verbindliches Maßnahmenpaket zusammen mit dem Klimaschutzgesetz.
- i) Der Bundesrat stellt fest, dass mit dem Klimaschutzprogramm 2030 eine Reihe von Absichtserklärungen verabschiedet wurden. Da diese jedoch nicht hinreichend konkret gefasst sind, kann deren Treibhausgasminderungseffekt weder unabhängig abgeschätzt, noch von der Bundesregierung beziffert werden. Er fordert die Bundesregierung daher auf, schnellstmöglich eine hinreichende Konkretisierung der Maßnahmen und dann eine Folgenabschätzung hinsichtlich des Minderungspotenzials der Maßnahmen vorzulegen.
- j) Die Expertenkommission für Klimafragen soll ein jährliches Gutachten zur Bewertung der Klimapolitik der Bundesregierung unter Berücksichtigung der Entwicklung der Treibhausgasemissionen, der Erreichung der Klimaziele und der Wirksamkeit der geplanten Maßnahmen vorlegen. Der Bundesrat hält es darüber hinaus für angebracht, dass der Kommission ein Vorschlagsrecht auch für Nachsteuerungsmaßnahmen eingeräumt wird. Die Länder sollten zudem das Recht erhalten, eine Stellungnahme der Expertenkommission einzuholen. Der Bundesrat sollte an der Auswahl der Mitglieder der Expertenkommission beteiligt werden. Zudem sollte die Einschätzung der Expertenkommission auch für andere Gesetzentwürfe mit möglicher Klimaauswirkung eingeholt werden können, um die Folgen für den Klimaschutz bewerten zu können. Die entsprechenden Expertisen sollten in die Nachhaltigkeitsprüfung des Gesetzentwurfs aufgenommen werden.
2. Zum Gesetzentwurf allgemein
- a) Der Bundesrat nimmt den Gesetzentwurf für ein Bundes-Klimaschutzgesetz sowie die weiteren bisher vorgelegten Gesetzentwürfe zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 zur Kenntnis. Mit der Regelung zur Bund-Länder-Zusammenarbeit werden die landesgesetzlichen Handlungsspielräume gewahrt.
- b) Es ist unstrittig, dass das Erreichen der Klimaschutzziele Maßnahmen erfordert. Gleichzeitig darf das Bedürfnis nach einer zügigen Umsetzung nicht dazu führen, dass grundlegende Reformen zugunsten zahlreicher Detailregelungen zurückgestellt werden. Effizienter Klimaschutz kann nur dann gelingen, wenn die bestehenden Rahmenbedingungen konsequent an den Anforderungen einer zukunftsfähigen Energieversorgung ausgerichtet werden.
- c) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher um Prüfung, wie das derzeitige System von Steuern, Gebühren, Umlagen und Abgaben im Energiebereich konsolidiert und reformiert werden kann, um optimal zur Zielerreichung im Klimaschutz beizutragen.
Begründung:
Die Bundesregierung hat im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 zahlreiche Maßnahmen vorgesehen. Darunter fallen beispielsweise die Einführung einer CO₂-Bepreisung in den Sektoren Gebäudewärmeversorgung und Verkehr, die Erhöhung der Luftverkehrsteuer sowie einer steuerlichen Förderung der energetischen Wohngebäudesanierung.
Das bisherige System von Steuern und Abgaben im Energiebereich ist äußerst heterogen. Durch die Vielzahl bestehender Fördermechanismen und Regulierungen sind in den verschiedenen Sektoren unterschiedliche, intransparente und sich häufig gegenseitig überlagernde CO₂-Preissignale entstanden. Dieses historisch gewachsene System entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen der Energiewende und des Klimaschutzes. Deshalb bedarf es im Sinne eines zukunftsfähigen und effizienten Systems - und im Zuge der Ergänzung um eine neue Komponente CO₂-Bepreisung - einer Reform des bestehenden Steuern- und Abgabesystems im Energiebereich.
Viele der im Rahmen der Diskussionen um eine CO₂-Bepreisung erstellten Studien haben bereits auf den grundsätzlichen Reformbedarf hingewiesen. Auch die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung empfiehlt in ihrem Abschlussbericht, "das bestehende System der Entgelte, Abgaben und Umlagen im Energiesektor umfassend zu überarbeiten". Auch aus Wirtschaft und Verbänden war für diese Forderung breite Unterstützung zu vernehmen.
Zum Gesetzentwurf allgemein
- [3.] [a) Der Bundesrat begrüßt den Entwurf des Bundes-Klimaschutzgesetzes, da der Grad der Verbindlichkeit durch die gesetzliche Festlegung von Klimaschutzzielen und die Verankerung von Mechanismen zur Umsetzungs- und Wirkungskontrolle steigt.]
- {4.}*** {b) Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass die im Gesetzentwurf formulierten Klimaschutzziele voraussichtlich nicht ausreichen werden, um das im Übereinkommen von Paris vereinbarte Klimaschutzziel zu erreichen, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad, möglichst 1,5 Grad, zu begrenzen.
- c) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, zeitnah die im Entwurf des Bundes-Klimaschutzgesetzes verankerten Ziele zu überprüfen und dort, wo erforderlich, anzupassen. Gleichzeitig fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, sich vor diesem Hintergrund auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, das EU-Klimaschutzziel 2030 von bisher -40 Prozent weniger CO₂-Emissionen gegenüber 1990 auf mindestens -55 Prozent anzuheben.
- d) Darüber hinaus stellt der Bundesrat fest, dass die Erreichung der im Entwurf des Bundes-Klimaschutzgesetzes formulierten Klimaschutzziele vor allem von der konkreten Ausgestaltung der entsprechenden Umsetzungsmaßnahmen abhängt. Deshalb bittet der Bundesrat die Bundesregierung insbesondere um Berücksichtigung folgender Punkte:
- aa) Der Bundesrat stellt mit Bedauern fest, dass die Bundesregierung die wiederholt vom Bundesrat eingeforderte umfassende Reform der staatlich induzierten Energiepreisbestandteile im Rahmen des Klimapakets nicht aufgegriffen hat.
- bb) Der Bundesrat ist der Auffassung, dass der von der Bundesregierung vorgesehene CO₂-Preis in den Sektoren außerhalb des europäischen Emissionshandels unter Beachtung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts und unter Berücksichtigung der besonderen Betroffenheit der ländlichen Räume erhöht werden muss, um die erforderliche klimapolitische Lenkungswirkung zu erzielen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die daraus resultierenden Mehreinnahmen gezielt genutzt werden sollten, um Strompreisbestandteile, wie zum Beispiel die EEG-Umlage, in deutlich höherem Maße als bislang vorgesehen abzusenken.
- cc) Der Bundesrat betont, dass die CO₂-Bepreisung außerhalb des europäischen Emissionshandels rechtssicher und bürokratiearm ausgestaltet werden muss.
- dd) Für die weitere sektorübergreifende Umsetzung der Energiewende wird eine gesetzliche Verankerung des Ausbauziels für erneuerbare Energien (65 Prozent am Bruttostromverbrauch bis 2030) mit konkreten Festlegungen für technologiespezifische Ausbaupfade und Ausschreibungsmengen benötigt. Als verlässliche Richtschnur für alle gesellschaftlichen Akteure bedarf es darüber hinaus einer langfristigen Zielformulierung der Ausbauziele für erneuerbare Energien bis 2050.
- ee) Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Anhebung der Deckelung für den Ausbau der Windenergie auf See auf 20 Gigawatt bis 2030 schnellstmöglich umgesetzt werden muss. Angesichts der umfänglichen Vorlaufzeiten für Windenergie auf See bedarf es zudem einer langfristigen Zielperspektive für den weiteren Ausbau nach 2030.
- ff) Der Bundesrat stellt mit Sorge fest, dass die Raumansprüche der Flugsicherung - in Form von Anlagenschutzbereichen um Drehfunkfeuer - in beträchtlichem Ausmaß Flächen für die Neuerrichtung und das Repowering von Windenergieanlagen blockieren. Er bittet die Bundesregierung, die aktuellen Regelungen und Verfahren der Flugsicherung mit dem Ziel zu überprüfen, künftig sicherheitstechnisch nicht erforderliche Baubeschränkungen für Windenergieanlagen aufzuheben.
- gg) Zur Erreichung einer nachhaltigen Mobilität müssen alle Lenkungswirkungen beim Neuwagenkauf hin zu emissionsärmeren bzw. emissionsfreien Antrieben ausgeschöpft werden. Hierzu ist es nach Auffassung des Bundesrates zwingend erforderlich, dass die Bundesregierung kurzfristig die Anpassung der Kfz-Steuer vornimmt. Mit Hilfe einer differenzierten, an den CO₂-Emissionen ausgerichteten Kfz-Besteuerung lassen sich vergleichsweise zielgenau Größe, Gewicht und Antriebstechnologie künftiger Fahrzeuggenerationen abbilden.
- hh) Der Ansatz, die Umsatzsteuer auf Bahnfahrkarten im Fernverkehr von 19 Prozent auf den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent zu senken, wird vom Bundesrat begrüßt. Maßnahmen zur Stärkung des Schienenverkehrs sollten sich jedoch nicht nur auf die Umsatzsteueränderung beschränken. Über die eingeplanten Mittel zur Erneuerung des Schienennetzes hinaus müssen mehr Mittel für die Elektrifizierung von Bahnstrecken mittels Oberleitung, aber auch mittels Wasserstoff-Brennstoffzellen-Zügen oder batterieelektrischen Zügen zur Verfügung gestellt werden.
- ii) Die Förderung klimafreundlicher Mobilität aller Bevölkerungsgruppen sollte nach Auffassung des Bundesrates über eine weitere und deutliche Steigerung der Attraktivität des ÖPNV und SPNV umgesetzt werden. Hierbei sind auch intermodale Wegeketten zu erleichtern.
- jj) Der Bundesrat ist ferner der Auffassung, dass die mit der Anhebung der Luftverkehrsteuer beabsichtigte Lenkungswirkung durch die Deckelung der in diesem Bereich entstehenden staatlichen Einnahmen auf 1,75 Milliarden Euro pro Jahr beeinträchtigt wird. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, diese Regelung dahingehend zu überarbeiten, dass ein Anstieg des Flugverkehrsaufkommens nicht zu einer Absenkung der Flugverkehrsteuersätze führen kann.
- kk) Der Bundesrat kritisiert zudem, dass die Möglichkeit, durch den verstärkten Einsatz von Recyclingrohstoffen in erheblichem Umfang Treibhausgasemissionen zu reduzieren, bislang nicht Bestandteil der Klimaschutzmaßnahmen der Bundesregierung ist. Dieser Ansatz sollte ebenfalls aufgegriffen und durch solche konkreten Maßnahmen hinterlegt werden, die zu mehr Erfassung von Abfällen zum Recycling (z.B. verordnete Wertstofferfassung) und mehr Verwendung von Sekundärmaterialien führen (z.B. Vorgaben für Verpackungen aus Recycling- statt aus Primärkunststoffen).}
- [5.] [ll) Der beabsichtigte bundesweite Mindestabstand für Windkraftanlagen zur Wohnbebauung von 1 000 Metern stellt ein enormes Hemmnis und falsches Signal für den aktuell ohnehin fast zum Erliegen gekommenen Ausbau der Windenergie an Land dar. Bei bundesweiter Anwendung würde die für Windenergie nutzbare Flächenkulisse erheblich eingeschränkt, was die Erreichung der Energie- und Klimaziele nicht erleichtert, sondern - selbst unter Berücksichtigung der vorgesehenen Ausstiegsregelung - erheblich erschwert. Ein Zubau an Windenergie - in einem für die Umsetzung der Energiewende erforderlichen Maße - wäre nur noch bei weitgehender Nutzung der Ausstiegsregelung durch Länder bzw. Kommunen möglich. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung deshalb auf, auf die 1 000 Meter-Abstandsregelung zu verzichten.]
- {6.} {mm) Nach Auffassung des Bundesrates muss neben dem Ansatz, eine CO₂-Differenzierung der Lkw-Maut zugunsten klimaschonender Antriebe und die notwendige Novelle der Eurovignetten-Richtlinie voranzutreiben, insgesamt zeitnah ein größerer Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrssektor erreicht werden. Hierzu muss u.a. die Entwicklung marktreifer Nutzfahrzeuge mit Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb weiter forciert sowie der Aufbau einer Wasserstoff-Tankstellen-Infrastruktur in Deutschland durch ein Bundesprogramm gefördert werden.}
- [7.] [nn) Der Bundesrat ist der Auffassung, dass als kurzfristige Lösung zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes Biogas eine große Chance zur Erzeugung von Treibstoff bietet. Mit Methangas (CNG, LNG) betriebenen Lkw kommt eine wichtige Stellung im klimafreundlichen Güterverkehr zu, sofern regenerativ hergestellte Biomethankraftstoffe oder synthetisch rein aus erneuerbaren Energien erzeugtes Methan statt fossilem Erdgas verwendet werden.]
8. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der vorliegende Gesetzentwurf ist Bestandteil der Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030. Der Bundesrat weist darauf hin, dass über die finanziellen Auswirkungen der Maßnahmen des Klimapaketes keine Verständigung mit den Ländern und Gemeinden erzielt wurde.
In der Betrachtung aller Maßnahmen werden für den Bund erhebliche Mehreinnahmen prognostiziert, während Länder und Gemeinden ausschließlich finanzielle Mehrbelastungen tragen werden.
Für den Bundesrat stellen die Klimaschutzmaßnahmen ein Paket dar, aus dem nicht einzelne Maßnahmen isoliert betrachtet werden können, zumal Mehrsteuern für den Bund mit geringeren Steuereinnahmen von Ländern und Gemeinden korrespondieren können.
Der Bundesrat erwartet, dass die finanziellen Auswirkungen in einem einheitlichen Verfahren zwischen Bund und Ländern geklärt werden, bevor erste Gesetze verabschiedet werden.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, zeitnah in Gespräche über eine faire, sachgerechte und verhältnismäßige Verteilung der Mehr- und Mindereinnahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, die im Zusammenhang mit dem Klimaschutzprogramm 2030 zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 stehen, zu treten.
9. Zum Gesetzentwurf allgemein
- a) Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung weitreichende Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhaushausgasemissionen ergreift. Der Bundesrat sieht es jedoch als vordringlich an, die Treibhausgasemissionen in den Bereichen zu reduzieren, in denen die Bundesrepublik Deutschland mit der Europäischen Klimaschutzverordnung eine Minderungsverpflichtung von 38 Prozent bis 2030 übernommen hat (Sektoren außerhalb des europäischen Emissionshandels: Verkehr, Gebäude, Teile der Industrie, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft). Damit soll auch ein Ankauf von Emissionszuweisungen gemäß § 7 des Bundes-Klimaschutzgesetzes vermieden werden. Für die in den europäischen Emissionshandel einbezogenen Anlagen bestehen keine nationalen Minderungsverpflichtungen.
- b) Spätestens bei einer Fortschreibung des Bundes-Klimaschutzgesetzes infolge höherer nationaler Klimaschutzziele zur Erfüllung europäischer oder internationaler Klimaschutzziele gemäß § 3 Absatz 3 des Bundes-Klimaschutzgesetzes oder der Erweiterung des Zeithorizonts über 2030 hinaus sollte sich das Bundes-Klimaschutzgesetz auf die Bereiche der Europäischen Klimaschutzverordnung beschränken. Die Verfolgung nationaler Ziele, die sowohl von der Systematik als auch der Höhe nach von den Zielen abweichen, zu denen sich die Bundesrepublik Deutschland auf europäischer Ebene verpflichtet hat, ist nicht zielführend.
Zu den einzelnen Vorschriften
10. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 1 Satz 1a - neu - KSG)
In Artikel 1 § 4 Absatz 1 ist nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:
"Für Anlagen der Energiewirtschaft und Industrie, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. EU (Nr. ) L 275 S. 32) in der jeweils geltenden Fassung fallen, gelten die jährlichen Minderungsziele (Jahresemissionsmengen) nicht."
Begründung:
Der Gesetzentwurf könnte der Energiewirtschaft und den Grundstoffindustrien, soweit deren Anlagen in den Anwendungsbereich der EU-Emissionshandelsrichtlinie fallen, die dringend erforderliche Planungssicherheit entziehen. Vorgesehen sind absinkende nationale Emissionsmengen für alle Sektoren. Jeder Sektor erhielte demnach jährliche Emissionsminderungsbudgets bis 2030. Überschreitungen und Unterschreitungen der Ziele können zwar in die Folgejahre übertragen werden. Diese Flexibilisierung wird jedoch insoweit wieder aufgehoben, als bei Überschreitungen der sektoralen Emissionsbudgets dennoch eine Initiativpflicht der Bundesregierung zum Beschluss eines Sofortprogramms mit neuen Klimaschutzmaßnahmen und gegebenenfalls auch mit Folgegesetzen besteht.
Die jährlichen Emissionsminderungsbudgets und die bei Überschreitungen der Budgets fällig werdenden Sofortmaßnahmen sollen nach dem vorliegenden Gesetzentwurf grundsätzlich auch bei Sektoren, die dem EU-Emissionshandel unterliegen, greifen. Die Bundesregierung hat dabei lediglich zu "berücksichtigen", dass in diesem Rahmen Emissionsminderungen auch im Ausland erbracht werden können. Im Falle der Anlagen der Energiewirtschaft und der Grundstoffindustrien können die jährlichen nationalen Emissionsminderungsbudgets deshalb dazu führen, dass im Sinne eines "Automatismus" permanente Nachsteuerungen des Bundesgesetzgebers durch neue Maßnahmen erfolgen müssen, die den parallel greifenden EU-Emissionshandel konterkarieren, zu Doppelbelastungen führen sowie die Wertschöpfung und Beschäftigung vor Ort gefährden.
Um diese ordnungspolitisch fragwürdige Überreglementierung zu vermeiden, sollten die Anlagen der Energiewirtschaft und der Grundstoffindustrien, soweit sie in den Anwendungsbereich der EU-Emissionshandelsrichtlinie fallen, generell und dauerhaft von der Systematik der nationalen Emissionsminderungsbudgets und Sofortprogramme ausgenommen werden. Damit könnte auch eine bessere Planungssicherheit für Investitionen in wesentlich CO₂-ärmere Energieerzeugungsanlagen oder Produktionsverfahren der Industrie geschaffen werden.
11. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 2, Absatz 5 Satz 1, § 5 Absatz 4 KSG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) § 4 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Absatz 2 sind die Wörter "die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf" durch die Wörter "die der Zustimmung des Bundesrates bedarf" zu ersetzen.
- bb) In Absatz 5 Satz 1 sind die Wörter "ohne Zustimmung des Bundesrates" durch die Wörter ", die der Zustimmung des Bundesrates bedarf" zu ersetzen.
- b) In § 5 Absatz 4 sind die Wörter "die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf" durch die Wörter "die der Zustimmung des Bundesrates bedarf" zu ersetzen.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Durch Änderungen bei der Zuordnung von Emissionsquellen und bei Jahresemissionsmengen der Sektoren werden Länderinteressen berührt. So sind sie zum Beispiel im Rahmen ihrer Zuständigkeit für den Schienenpersonennahverkehr und den allgemeinen Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) direkt betroffen. Es besteht das Risiko, dass die Zielvorgaben innerhalb des Verkehrssektors zu Lasten des ÖPNV und damit der Länder festgelegt werden, ohne dass die Finanzierung für erforderliche Maßnahmen (zum Beispiel Umstellung der Fahrzeugflotten) sichergestellt ist.
Zudem wird das Ziel der zunehmenden Reduzierung von Treibhausgasen zur Verbesserung des Klimaschutzes im Gebäudebereich zu erhöhten baulichen Standards und damit Folgekosten führen. Dies bedeutet insbesondere im geförderten Wohnungsbau der Länder, dass die Bereitschaft der Investoren, sich weiter zu engagieren, sinken wird, obwohl bezahlbarer Wohnraum zu einem immer drängenderen Problem der Bürger in ganz Deutschland wird.
Ziele und Finanzierung sollten daher unter Beteiligung der Länder vereinbart werden. Dies gilt im Falle der Finanzierungsverantwortung der Länder auch für die Änderung der Jahresemissionswerte nach § 4 Absatz 5.
Wegen der Auswirkungen auf die Aufgaben der Länder bedürfen die Rechtsverordnungen nach § 4 Absatz 2 und Absatz 5 deshalb der Zustimmung des Bundesrates.
Zu Buchstabe b:
Auch bei der Festlegung, wer für die Ermittlung von Emissionsdaten verantwortlich ist, wer die Daten mitzuteilen hat und welche Anforderungen dabei einzuhalten sind, werden Länderinteressen berührt, zum Beispiel beim Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft. Deshalb bedarf die Rechtsverordnung der Bundesregierung nach § 5 Absatz 4 der Zustimmung des Bundesrates.
12. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 2 KSG)
In Artikel 1 sind in § 4 Absatz 2 die Wörter "die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf" durch die Wörter "die der Zustimmung des Bundesrates bedarf" zu ersetzen.
Begründung:
In der vorliegenden Fassung sieht § 4 Absatz 2 vor, dass die Bundesregierung ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Veränderungen bei der Zuordnung von Emissionsquellen und zur Abgrenzung der Sektoren zu regeln.
Gemäß § 4 Absatz 3 ist es grundsätzlich möglich, eine Unterschreitung der zulässigen Jahresemissionsmenge ab dem Jahr 2021 auf die verbleibenden Jahresemissionsmengen des Sektors bis zum Zieljahr 2030 gleichmäßig anrechnen zu lassen, so dass die dann noch zu erbringende Jahresemissionsmenge in den Folgejahren sinkt.
Mit der vorgeschlagenen Änderung zu § 4 Absatz 2 bedarf eine Rechtsverordnung der Bundesregierung, die somit regelt, ob Emissionsquellen mit Treibhausgaseinsparungspotenzial zu Gunsten eines Sektors verschoben werden und somit zu Lasten eines anderen Sektors nicht mehr zur Reduzierung der zulässigen Jahresemissionsmenge zur Verfügung stehen, der Zustimmung des Bundesrates und stellt die für diese Entscheidung erforderliche Länderbeteiligung sicher.
13. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 5 Satz 1 KSG)
In Artikel 1 sind in § 4 Absatz 5 Satz 1 die Wörter "ohne Zustimmung des Bundesrates" durch die Wörter "mit Zustimmung des Bundesrates" zu ersetzen.
Begründung:
In der vorliegenden Fassung sieht § 4 Absatz 5 Satz 1 vor, dass die Bundesregierung ermächtigt wird, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die zulässigen Jahresemissionsmengen der Sektoren in Anlage 2 zu ändern.
Da gemäß § 3 Absatz 3 Satz 2 Klimaschutzziele erhöht, aber nicht abgesenkt werden können, ist durch eine solche Rechtsverordnung nur eine Absenkung der zulässigen Jahresemissionsmengen zu erwarten, verbunden mit erheblichen Auswirkungen auf die in Anlage 2 genannten Sektoren.
Daher soll mit der vorgeschlagenen Änderung zu § 4 Absatz 5 Satz 1 sichergestellt werden, dass eine solche Rechtsverordnung der Bundesregierung zur Absenkung zulässiger Jahresemissionsmengen der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
14. Zu Artikel 1 (§ 4 Absatz 5 Satz 2, Absatz 6 Satz 2 KSG)
Artikel 1 § 4 ist wie folgt zu ändern:
- a) Absatz 5 Satz 2 ist wie folgt zu fassen:,Diese Veränderungen müssen im Einklang mit der Erreichung der Klimaschutzziele dieses Gesetzes, mit den unionsrechtlichen Anforderungen und mit den in der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" erzielten Ergebnissen zur Beendigung der Kohleverstromung stehen."
- b) Absatz 6 Satz 2 ist wie folgt zu fassen:,Diese Veränderungen müssen im Einklang mit der Erreichung der Klimaschutzziele dieses Gesetzes, mit den unionsrechtlichen Anforderungen und mit den in der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" erzielten Ergebnissen zur Beendigung der Kohleverstromung stehen."
Begründung:
Die Ergänzungen sollen sicherstellen, dass der in der Kommission "Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung" (KWSB) zur Beendigung der Kohleverstromung gefundene Kompromiss uneingeschränkte Gültigkeit behält. Die jeweils offenen, alle Sektoren umfassenden Formulierungen zu möglichen Veränderungen von Emissionsbudgets tragen diesem Erfordernis nicht ausreichend Rechnung. Die Ergebnisse der KWSB sind das Resultat einer breiten und tiefgründigen gesellschaftlichen Debatte. Der auf dieser Basis erzielte Kompromiss ist eine unverzichtbare Vertrauensgrundlage sowohl für die Energiewirtschaft als auch für die Bevölkerung in den vom Kohleausstieg betroffenen Regionen. Jedwede Relativierung ist zu vermeiden.
15. Zu Artikel 1 (§ 5 Absatz 3 Satz 1 KSG)
In Artikel 1 § 5 Absatz 3 Satz 1 sind die Wörter "diesem Gesetz" durch die Wörter "Absatz 1 und 2" zu ersetzen.
Begründung:
§ 5 Absatz 3 gibt dem Umweltbundesamt weitreichende Befugnisse zur Datenerhebung, insbesondere gegenüber Privatpersonen. Diese sind bußgeldbewehrt. Nach dem Grundsatz der informationellen Selbstbestimmung ist der Zweck der Datenerhebung möglichst genau zu bezeichnen. Der Verweis allein auf den Zweck des vorliegenden Gesetzes genügt diesem Bestimmtheitsgebot nicht. Der Zweck der Datenerfassung wird mit der vorgeschlagenen Änderung konkretisiert.
16. Zu Artikel 1 (§ 5 Absatz 3 Satz 5 - neu - KSG)
In Artikel 1 ist dem § 5 Absatz 3 folgender Satz anzufügen:
"Die weitergehende Verarbeitung von Daten natürlicher Personen außerhalb einer gewerblichen Betätigung erfolgt anonymisiert."
Begründung:
Der Grundsatz der informationellen Selbstbestimmung erfordert eine weitestmögliche Anonymisierung der Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Die vorgeschlagene Ergänzung verfolgt dieses verfassungsrechtliche Gebot im Sinne der Datensparsamkeit. Die der Erfassung nachgelagerten Verarbeitungsschritte, wie etwa die vom technischen Zweck der Erhebung nicht mehr gedeckte Speicherung, bedürfen nicht für alle Daten notwendig einer Zuordenbarkeit zu Personen. Entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist die Einschränkung der Datenverarbeitung nur auf die nichtgewerbliche Betätigung natürlicher Personen bezogen. Die Tätigkeit juristischer Personen und gewerbliche Betätigung natürlicher Personen wird wegen des immanenten Außenbezugs nicht erfasst.
17. Zu Artikel 1 (§ 5 Absatz 4 KSG)
In Artikel 1 ist in § 5 Absatz 4 das Wort "nicht" zu streichen.
Begründung:
Bei der Festlegung, wer für die Ermittlung von Emissionsdaten verantwortlich ist, wer die Daten mitzuteilen hat und welche Anforderungen dabei einzuhalten sind, werden Länderinteressen berührt, zum Beispiel beim Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft. Auch im Rahmen ihrer Zuständigkeit für den Schienenpersonennahverkehr und den allgemeinen Öffentlichen Personennahverkehr sind die Länder betroffen.
Deshalb bedarf die Rechtsverordnung der Bundesregierung nach § 5 Absatz 4 KSG der Zustimmung des Bundesrates.
18. Zu Artikel 1 (§ 8 Absatz 1 KSG)****
In Artikel 1 § 8 Absatz 1 sind die Wörter "für den jeweiligen Sektor" zu streichen.
Begründung:
Mit der derzeitigen Formulierung ist fest vorgegeben, dass die Maßnahmen des Sofortprogramms ausschließlich aus dem betroffenen Sektor stammen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass zum Beispiel aufgrund der zunehmenden Sektorkopplung auch Maßnahmen in anderen Sektoren Auswirkungen auf den betroffenen Sektor haben können. Die Möglichkeit, auch solche Maßnahmen vorzuschlagen und umzusetzen, soll durch die Streichung eröffnet werden. Unbenommen bleibt der Bundesregierung nach Absatz 2 die abschließende Entscheidung über die vorgeschlagenen Maßnahmen wie auch die Option, flexibel und aus Effektivitätsgründen auch Maßnahmen in anderen Sektoren zu beschließen.
19. Zu Artikel 1 (§ 8 Absatz 1 Satz 2 - neu - KSG)
In Artikel 1 ist dem § 8 Absatz 1 folgender Satz anzufügen:
"Hierbei sind die nach den Regelungen des Europäischen Emissionshandels zwischen den betroffenen Sektoren und teilnehmenden Staaten gegebenen Flexibilitäten vorrangig zu berücksichtigen."
Begründung:
Die europäischen Minderungsvorgaben erfassen jeweils getrennt den durch den Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) und den durch die europäische Klimaschutzverordnung geregelten Bereich. Die Vorgaben lassen innerhalb dieser Bereiche umfassende Flexibilitäten zu. Die Flexibilität zwischen den erfassten Sektoren und sogar über die Staatengrenzen hinaus ist sogar Leitgedanke des EU-ETS. Der durch den EU-ETS geschaffene europäische Markt für Emissionen kann ohne entsprechende Flexibilität nicht funktionieren. Um diese Flexibilitäten zu nutzen, sollte gesetzlich vorgegeben werden, dass sie im Falle von Abweichungen von den einschlägigen Sektorzielen vorrangig zu berücksichtigen sind. Nur auf dieser Basis können die mit dem EU-ETS verbundenen Effizienzpotenziale ausreichend genutzt werden. Eine bloße Aussage in der Begründung genügt nicht der Bedeutung der Flexibilität. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Priorität marktwirtschaftlicher Steuerung im EU-ETS und der Unsicherheiten über die zukünftige Entwicklung der Emissionen der verschiedenen Sektoren unter anderem im Zusammenhang mit der zunehmenden Elektrifizierung und Sektorkopplung.
20. Zu Artikel 1 (§ 8 Absatz 1 Satz 2 - neu - KSG)*****
In Artikel 1 ist dem § 8 Absatz 1 folgender Satz anzufügen:
"Bei Anlagen der Energiewirtschaft und Industrie, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. EU (Nr. ) L 275 S. 32) in der jeweils geltenden Fassung fallen, entfällt die Pflicht zur Vorlage eines Sofortprogramms."
Begründung:
Der Gesetzentwurf könnte der Energiewirtschaft und den Grundstoffindustrien, soweit deren Anlagen in den Anwendungsbereich der EU-Emissionshandelsrichtlinie fallen, die dringend erforderliche Planungssicherheit entziehen. Vorgesehen sind absinkende nationale Emissionsmengen für alle Sektoren. Jeder Sektor erhielte demnach jährliche Emissionsminderungsbudgets bis 2030. Überschreitungen und Unterschreitungen der Ziele können zwar in die Folgejahre übertragen werden. Diese Flexibilisierung wird jedoch insoweit wieder aufgehoben, als bei Überschreitungen der sektoralen Emissionsbudgets dennoch eine Initiativpflicht der Bundesregierung zum Beschluss eines Sofortprogramms mit neuen Klimaschutzmaßnahmen und gegebenenfalls auch mit Folgegesetzen besteht.
Die jährlichen Emissionsminderungsbudgets und die bei Überschreitungen der Budgets fällig werdenden Sofortmaßnahmen sollen nach dem vorliegenden Gesetzentwurf grundsätzlich auch bei Sektoren, die dem EU-Emissionshandel unterliegen, greifen. Die Bundesregierung hat dabei lediglich zu "berücksichtigen", dass in diesem Rahmen Emissionsminderungen auch im Ausland erbracht werden können. Im Falle der Anlagen der Energiewirtschaft und der Grundstoffindustrien können die jährlichen nationalen Emissionsminderungsbudgets deshalb dazu führen, dass im Sinne eines "Automatismus" permanente Nachsteuerungen des Bundesgesetzgebers durch neue Maßnahmen erfolgen müssen, die den parallel greifenden EU-Emissionshandel konterkarieren, zu Doppelbelastungen führen sowie die Wertschöpfung und Beschäftigung vor Ort gefährden.
Um diese ordnungspolitisch fragwürdige Überreglementierung zu vermeiden, sollten die Anlagen der Energiewirtschaft und der Grundstoffindustrien, soweit sie in den Anwendungsbereich der EU-Emissionshandelsrichtlinie fallen, generell und dauerhaft von der Systematik der nationalen Emissionsminderungsbudgets und Sofortprogramme ausgenommen werden. Damit könnte auch eine bessere Planungssicherheit für Investitionen in wesentlich CO₂-ärmere Energieerzeugungsanlagen oder Produktionsverfahren der Industrie geschaffen werden.
21. Hauptempfehlung zu Ziffer 22
Zu Artikel 1 (§ 8 Absatz 4 KSG)
Artikel 1 § 8 Absatz 4 ist zu streichen.
Begründung:
Für den Sektor Energiewirtschaft sind auf Basis der Empfehlungen des Abschlussberichtes der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" des Bundes längere Überprüfungszeiträume für die Minderung der Jahresemissionsmengen vorgesehen, so dass eine Bewertung der umgesetzten Maßnahmen nur in den Jahren 2023, 2026 und 2029 erfolgen soll. Damit wird zwar Rücksicht auf die kurz- und mittelfristig einzuleitenden Schritte zur Beendigung der nationalen Kohleverstromung genommen. Es besteht jedoch keine Veranlassung, bei Anlagen der Energiewirtschaft, die in den Anwendungsbereich der EU-Emissionshandelsrichtlinie fallen, bereits heute Pflichten zur Vorlage eines nationalen Sofortprogramms zu normieren - weder in jährlichen Abständen noch im dreijährigen Turnus. Maßnahmen, die den parallel greifenden EU-Emissionshandel konterkarieren, zu Doppelbelastungen führen sowie die Wertschöpfung und Beschäftigung vor Ort gefährden, sind zu vermeiden.
§ 8 Absatz 4 sollte daher ersatzlos gestrichen werden.
22. Hilfsempfehlung zu Ziffer 21
Zu Artikel 1 (§ 8 Absatz 4 Satz 2 - neu - KSG)
In Artikel 1 § 8 ist dem Absatz 4 folgender Satz anzufügen:,Dabei sind die in der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung" erzielten Ergebnisse zur Beendigung der Kohleverstromung maßgebend."
Begründung:
Die Ergänzung soll sicherstellen, dass der in der Kommission "Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung" (KWSB) zur Beendigung der Kohleverstromung gefundene Kompromiss uneingeschränkte Gültigkeit behält. Die Regelung für die Energiewirtschaft mag zwar formal an den dreijährigen Überprüfungsrhythmus im KWSB-Abschlussbericht angelehnt sein. Inhaltlich verweist die Regelung jedoch auf die Bestimmungen zu den Sofortprogrammen, die auch für die übrigen Sektoren gelten. Dies bildet das KWSB-Ergebnis für die Energiewirtschaft nicht ab, das Resultat einer breiten und tiefgründigen gesellschaftlichen Debatte war. Der auf dieser Basis erzielte Kompromiss ist eine unverzichtbare Vertrauensgrundlage sowohl für die Energiewirtschaft als auch für die Bevölkerung in den vom Kohleausstieg betroffenen Regionen. Jedwede Relativierung ist zu vermeiden.
23. Zu Artikel 1 (§ 11 Absatz 1 Satz 1, Satz 3 KSG)
In Artikel 1 ist § 11 Absatz 1 wie folgt zu ändern:
Begründung:
In § 11 Absatz 1 ist vorgesehen, dass ein Expertenrat für Klimafragen aus fünf sachverständigen Personen eingerichtet wird. Davon soll mindestens ein Mitglied den Bereich Klimawissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Umweltwissenschaften oder soziale Fragen abdecken. Somit können die verbleibenden vier Mitglieder des Expertenrates die in § 11 Absatz 1 Satz 3 geforderte übergreifende Expertise zu den Sektoren nach § 4 Absatz 1 nicht vollständig abbilden.
Um die Erarbeitung wissenschaftlich fundierter Sofortprogramme durch den Expertenrat bei drohender Zielverfehlung in den jeweiligen Sektoren nach § 4 Absatz 1 sicherzustellen, sollten die Mitglieder jeweils eine entsprechende fachliche Expertise aus den in § 4 Absatz 1 genannten sechs Sektoren nachweisen. Da darüber hinaus zusätzlich ein Experte aus dem Bereich Klimawissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Umweltwissenschaften oder soziale Fragen vertreten sein soll, muss ein Expertenrat aus mindestens sieben sachverständigen Personen eingerichtet werden.
24. Zu Artikel 1 (§ 11 Absatz 1 Satz 2 KSG)
In Artikel 1 § 11 Absatz 1 Satz 2 sind die Wörter "Klimawissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Umweltwissenschaften sowie soziale Fragen" durch die Wörter "Klima, Umwelt, Wirtschaft, Verkehr und Soziales" zu ersetzen.
Begründung:
Der Verkehrssektor ist bislang einer der größten Emittenten von CO₂ und daher kommt ihm eine große Bedeutung bei der Erreichung der Klimaschutzziele zu. Gleichzeitig bildet er eine elementare Grundlage für die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft, die Mobilität der Menschen und für die gesellschaftliche Teilhabe. Der Verkehrssektor ist durch die im Gesetz in Anlage 2 spezifizierten Emissionsziele und die daraus folgenden Emissionsreduktionsziele stark betroffen. Um eine effektive CO₂-Reduktion zu erreichen, die allen an den Verkehrssektor gestellten Aufgaben Rechnung trägt, ist es wichtig, dass ein Experte aus diesem Bereich als Teil des Expertenrates die Umsetzung des Gesetzes wissenschaftlich begleitet.
25. Zu Artikel 1 (§ 12 Absatz 4 Satz 2 KSG)
In Artikel 1 § 12 Absatz 4 Satz 2 sind nach dem Wort "Dritter" die Wörter "sowie personenbezogener Daten" einzufügen.
Begründung:
Schutzwürdig bei der Weitergabe von Daten sind nicht nur Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter, sondern in besonderem Maße auch personenbezogene Daten, wie auch bereits die Begründung ausführt. Dies sollte auch in den Gesetzestext einfließen.
* vgl. hierzu auch Ziffern 11 bis 13 und 17
** vgl. hierzu auch Ziffer 18
*** Ziffer 4 umfasst die Buchstaben b bis d Doppelbuchstabe aa bis Doppelbuchstabe kk.
**** vgl. hierzu auch Ziffer 1 Buchstabe e
***** ist bei Annahme mit Ziffer 19 redaktionell anzupassen