Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 3509 - vom 10. Juli 2007.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 21. Juni 2007 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission über die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz (KOM (2006) 0744) und das EG-Verbraucherrechtskompendium - Vergleichende Analyse1,
- - unter Hinweis auf die am 24. Januar 2007 im Europäischen Parlament abgehaltene öffentliche Anhörung und die dabei vorgelegten Sachverständigengutachten zum Vertrauen der Verbraucher in das digitale Umfeld,
- - unter Hinweis auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 95 und 153,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 23. März 2006 zum europäischen Vertragsrecht und zur Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands: weiteres Vorgehen2 und seine Entschließung vom 7. September 2006 zum europäischen Vertragsrecht3,
- - unter Hinweis auf das geltende Gemeinschaftsrecht im Bereich des Verbraucherschutzes, des elektronischen Geschäftsverkehrs und der Entwicklung der Informationsgesellschaft,
- - unter Hinweis auf die von der deutschen Präsidentschaft vorgelegte Charta "Verbrauchersouveränität in der digitalen Welt",
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über Bekämpfung von Spam, Späh- und Schadsoftware (KOM (2006) 0688),
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission über die Überprüfung des EU-Rechtsrahmens für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (KOM (2006) 0334),
- - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz sowie der Stellungnahme des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A6-0191/2007),
A. in der Erwägung, dass die digitale Technologie Teil des Alltagslebens ist, die IKT-Industrie bei der Bereitstellung von Plattformen, Geräten, Software, Informationsdiensten, Kommunikation, Unterhaltung und kulturellen Gütern eine wichtige Rolle spielt, die Grenzen zwischen Waren und Dienstleistungen mehr und mehr verwischt werden, unterschiedliche Formen der IKT zusammenfließen, Kaufverfahren immer unterschiedlicher werden und die Verbraucher in zunehmendem Maße Inhalte für Produkte generieren oder diesen einen Mehrwert hinzufügen; ferner in der Erwägung, dass es in dieser neuen komplexen Struktur zunehmend schwieriger wird festzustellen, wer einen spezifischen Teil einer Dienstleistung bereitstellt, und die Auswirkungen einzelner Technologien und neuer Geschäftsmodelle zu verstehen;
B. in der Erwägung, dass das Vertrauen der europäischen Verbraucher und Unternehmen in das digitale Umfeld gering ist und dass Europa in bestimmten Aspekten des elektronischen Geschäftsverkehrs gegenüber den Vereinigten Staaten und Asien ins Hintertreffen geraten ist,
C. in der Erwägung, dass trotz des Potenzials der digitalen Kommunikation nur 6 % der Verbraucher grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr für Waren, Dienstleistungen und Inhalte pflegen, wobei diese Zahl jedoch ansteigt,
D. in der Erwägung, dass trotz des Potenzials der alternativen Streitbeilegung nur 3 % der Einzelhändler regelmäßig die Systeme der alternativen Streitbeilegung in Anspruch nehmen und 41 % der Einzelhändler nichts über die Möglichkeiten wissen, auf solche Verfahren zurückzugreifen,
E. in der Erwägung, dass die Entwicklung des digitalen Marktes in der Europäischen Union die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union im weltweiten Handel erheblich verbessern würde,
F. in der Erwägung, dass die Netzneutralität auf europäischer Ebene eingehend untersucht und genau beobachtet werden sollte, um das Potenzial freizusetzen und uneingeschränkt zur Verbesserung der Auswahlmöglichkeiten der Verbraucher zu nutzen und auch neuen Unternehmen den gleichen Zugang zum Binnenmarkt zu eröffnen;
G. in der Erwägung, dass die teilweise Zersplitterung des elektronischen Marktes in der Europäischen Union die im gemeinschaftlichen Besitzstand verbrieften Rechte antastet,
H. in der Erwägung, dass der digitale Graben ein soziales und geographisches Problem ist und dass diejenigen, die von der digitalen Entwicklung abgehängt werden, häufig aus einem benachteiligten Umfeld oder aus ländlichen Gebieten kommen,
I. in der Erwägung, dass die europäischen Verbraucher und Unternehmen im grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr in der Europäischen Union wenig Rechtssicherheit bei Transaktionen innerhalb der Mitgliedstaaten und auch außerhalb der Europäischen Union haben,
J. in der Erwägung, dass ein und dieselbe elektronische Transaktion einer Vielzahl divergierender Bestimmungen unterliegt, was weder den Unternehmern noch den Verbrauchern klare und umsetzbare Vorschriften vorgibt,
K. in der Erwägung, dass die Zukunft der Informationsgesellschaft in starkem Maße von der Herausforderung abhängt, einen angemessenen Schutz für personenbezogene Daten sowie ein hohes Sicherheitsniveau im elektronischen Umfeld zu gewährleisten,
- 1. fordert die Kommission auf, einen angemessenen Rahmen für die Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs zu fördern, um das derzeit geringe Vertrauen der Verbraucher zu stärken, bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen zu schaffen, die Qualität der Gesetzgebung zu verbessern, die Verbraucherrechte und die Stellung der kleinen Unternehmen auf dem Markt zu stärken und der Zersplitterung des Binnenmarkts im digitalen Umfeld ein Ende zu setzen; begrüßt in diesem Zusammenhang die Mitteilung der Kommission über die verbraucherpolitische Strategie der Europäischen Union (2007-2013) - Stärkung der Verbraucher, Verbesserung des Verbraucherwohls, wirksamer Verbraucherschutz (KOM (2007) 0099);
- 2. fordert die Kommission auf, sich neben ihren Bemühungen um verbesserte Verbraucherschutzvorschriften auch auf die Entwicklung geeigneter Normen für den grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr zu konzentrieren, an die sich die Inhaber des Europäischen Vertrauenssiegels im grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr freiwillig halten würden;
- 3. fordert die Kommission auf, eine Strategie zur Stärkung des Verbrauchervertrauens im gesamten digitalen Umfeld vorzuschlagen und dabei auf den im Rahmen der Initiative E-Confidence4 gewonnenen Erfahrungen aufzubauen;
- 4. bekundet seine Überzeugung, dass die Initiative "E-Inclusion" (digitale Integration) unverzüglich in die Tat umgesetzt werden muss; fordert die Kommission daher auf, die Mitgliedstaaten, die diese gesamteuropäische Initiative unterzeichnet haben, anzuhalten, in diesem Sinne tätig zu werden;
- 5. ist der Auffassung, dass der Begriff "Verbraucher" breiter gefasst werden und der Informationsgesellschaft besser angepasst werden muss;
- 6. ist der Auffassung, dass kleine Unternehmen einen speziellen Schutz verdienen, um ihre Stellung auf den Märkten in der Informationsgesellschaft zu stärken;
- 7. weist darauf hin, dass Faktoren existieren, die das Misstrauen der Verbraucher gegenüber dem digitalen Umfeld hervorrufen, und ist aus diesem Grund der Auffassung, dass eine aktive Politik zu betreiben ist und konkrete Mechanismen zu fördern sind, die zu einer Stärkung des Verbrauchervertrauens dahingehend führen, dass Geschäfte im digitalen Umfeld auf korrekte Weise sicher durchgeführt werden können;
- 8. fordert die Kommission auf, im Hinblick auf eine bessere Durchsetzbarkeit der Verbraucherrechte im digitalen Umfeld gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden (Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz)5 Abkommen mit Drittstaaten (insbesondere mit der OECD angehörenden Staaten) über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz abzuschließen;
- 9. begrüßt die Initiative der Kommission, den Besitzstand im Bereich des Verbraucherschutzes unter besonderer Berücksichtigung des elektronischen Geschäftsverkehrs zu überarbeiten und zu aktualisieren;
Stärkung des Vertrauens der Verbraucher in das digitale Umfeld
- 10. ist der Auffassung, dass eine neue Strategie E-Confidence zu einer Stärkung des Verbrauchervertrauens beitragen würde, und zwar insbesondere durch Fortschritte in den folgenden Bereichen:
- - Auflage eines Finanzhilfeprogramms und Inanspruchnahme bestehender Finanzprogramme für Vorhaben zur Stärkung des Vertrauens der Verbraucher in das digitale Umfeld einschließlich Aufklärungs- und Informationskampagnen und Projekten zur Überprüfung der Qualität von Online-Diensten in der Praxis (z.B. sog. Mystery Shopping),
- - Einrichtung eines unmittelbar auf den Verbraucherschutz und die Rechte von Nutzern im digitalen Umfeld ausgerichteten Moduls zur elektronischen Bildung im Rahmen des Dolceta-Projekts (Development of On Line Consumer Education Tools for Adults), das zugleich den spezifischen Interessen der jungen Verbraucher im digitalen Umfeld Rechnung tragen würde,
- - Unterstützung von Bildungs- und Informationsprojekten für eine bessere Informiertheit der kleinen und mittleren Unternehmen über ihre Pflichten bei der grenzüberschreitenden Bereitstellung von Waren, Dienstleistungen oder Inhalten im digitalen Umfeld,
- - Stärkung der herkömmlichen Verbraucherschutzinstrumente, damit sie auch im digitalen Umfeld wirksam genutzt werden, indem insbesondere die Ausrichtung der europäischen Verbraucherzentralen ausgeweitet wird,
- - Abbau der Hindernisse für im digitalen Umfeld grenzüberschreitend tätige Unternehmer, z.B. durch Standardisierung der europäischen Vorschriften für auf elektronischem Weg übermittelte grenzüberschreitende Rechnungen (sog. E-Invoicing) usw.,
- - Einrichtung eines paneuropäischen Sachverständigenforums zum Austausch bewährter nationaler Praktiken sowie zur Vorlage einer Rechtsetzungsstrategie und einer nichtlegislativen Strategie für die langfristige Stärkung des Vertrauens der Verbraucher in das digitale Umfeld,
- - Durchführung von Folgenabschätzungen bei allen Legislativvorschlägen im Bereich des Binnenmarkts, um gezielt deren Auswirkung auf die Verbraucher im digitalen Umfeld zu untersuchen,
- - Koordinierung und Unterstützung europäischer Selbstregulierungsmaßnahmen, die den Modellen für bewährte Praktiken und den wichtigsten Elementen einer wirksamen Selbstregulierung Rechnung tragen (einschließlich einer Bewertung ihres Einflusses auf eine Verbesserung der Stellung der Verbraucher auf dem Markt im digitalen Umfeld),
- - Einführung einer Pflicht zur Durchführung externer Audits für einige spezifische elektronische Dienste, bei denen ein gesteigertes Interesse an der völligen Sicherheit dieser Dienste und dem Schutz personenbezogener Informationen und Daten besteht (z.B. Internetbanking) usw.,
- - Förderung der obligatorischen Verwendung der sichersten Technologien für Online-Zahlungen,
- - Einrichtung eines europäischen Frühwarnsystems einschließlich einer Datenbank zur Bekämpfung betrügerischer Handlungen im digitalen Umfeld; diese Datenbank sollte es den Verbrauchern u. a. ermöglichen, betrügerische Handlungen durch Verwendung eines einfachen Online-Formulars zu melden.
- - Forderung nach Einleitung einer europäischen Informationskampagne über im Internet verkaufte Arzneimittelfälschungen, wobei auf die großen Gefahren hinzuweisen ist, die sich daraus für die öffentliche Gesundheit ergeben;
- 11. unterstreicht die Bedeutung einer fristgerechten und effektiven Umsetzung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern6 (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) durch alle Mitgliedstaaten, da diese ein wichtiges Instrument zur Gewährleistung des Verbraucherschutzes bei grenzüberschreitenden Transaktionen darstellt;
- 12. ist der Auffassung, dass eine Wiederbelebung der Initiative E-Confidence sich nicht auf den Verbraucherschutz beschränken darf, sondern auch ein koordiniertes Gesamtkonzept für das digitale Umfeld insgesamt einschließlich der Analyse marktexterner Faktoren wie Schutz der Privatsphäre, Zugang der Bürger zu Informationstechnologien ("E-Inclusion"), Sicherheit des Internets usw. schaffen muss;
- 13. weist darauf hin, dass das Recht der europäischen Bürger auf Zugang zum digitalen Umfeld von höchster Bedeutung ist, und hält es in diesem Zusammenhang für wichtig, dass angemessene finanzielle und rechtliche Instrumente eingeführt werden, um den Zugang der Bürger zu den Informationstechnologien ("E-Inclusion") zu fördern, insbesondere durch Durchsetzung und erforderlichenfalls Ausweitung der Universaldienstverpflichtungen im Bereich der elektronischen Kommunikation sowie durch Bereitstellung finanzieller Mittel für Investitionen in die Entwicklung der digitalen Kommunikationsinfrastruktur;
- 14. ist der Auffassung, dass alle Beteiligten (Vertreter der Industrie und der Verbraucherverbände) zu den geplanten Maßnahmen konsultiert werden müssen;
Allgemeine Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr
- 15. fordert die Kommission auf, die Formulierung freiwilliger europäischer Normen zur Förderung eines leichteren grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehrs zu initiieren, d. h. europäischer Normen, durch die die sprachlichen Abweichungen und Unterschiede zwischen den innerstaatlichen Rechtsvorschriften überbrückt werden, die für die Verbraucher sowie für die kleinen und mittleren Unternehmer ein ernstes Hindernis bei der vollen Ausschöpfung des Potenzials des Binnenmarkts im digitalen Umfeld darstellen;
- 16. fordert die Kommission auf, die Einführung fakultativer standardisierter Verträge und freiwilliger standardisierter allgemeiner Geschäftsbedingungen im elektronischen Geschäftsverkehr im Hinblick auf ein ausgewogenes Verhältnis zu unterstützen, weil gewöhnlich weder die Verbraucher noch die Unternehmer Rechts- bzw. Technikexperten sind, wobei den Parteien jedoch die Möglichkeit zu belassen ist, ihre Verträge gemäß dem grundlegenden zivilrechtlichen Grundsatz der Vertragsfreiheit frei zu gestalten;
- 17. fordert die Kommission auf, die Unternehmer, die freiwillig standardisierte Verträge und standardisierte allgemeine Geschäftsbedingungen verwenden, dazu zu verpflichten, abweichende Vertragsbestimmungen hervorzuheben;
- 18. fordert die Kommission auf, Änderungen an den Vorschriften über die elektronische Kommunikation vorzuschlagen, um die Transparenz und die Veröffentlichung von Informationen für die Endnutzer zu verbessern;
Europäisches Vertrauenssiegel für den elektronischen Geschäftsverkehr
Europäische Charta der Nutzerrechte in der Informationsgesellschaft
- 25. fordert die Kommission auf, nach Konsultationen mit Verbraucherorganisationen eine europäische Charta der Nutzerrechte vorzulegen, um die Rechte und Pflichten der Akteure der Informationsgesellschaft einschließlich der Verbraucher festzuschreiben, namentlich die Rechte der Nutzer an digitalen Inhalten (d.h. Rechte und Pflichten der Nutzer bei der Nutzung digitaler Inhalte), das Nutzerrecht auf grundlegende Interoperabilitätstandards und die Rechte besonders schutzbedürftiger Nutzer (d.h. ein besserer Zugang behinderter Menschen zum Internet); fordert die Kommission auf, einen Leitfaden mit den Rechten und Pflichten der Akteure der Informationsgesellschaft im Rahmen des bestehenden Besitzstandes vorzulegen, falls es infolge der dynamischen Entwicklung in diesem Bereich vorübergehend nicht möglich sein sollte, eine Charta vorzulegen;
- 26. fordert die Kommission auf, die grundlegenden Freiheiten und Rechte der Nutzer in der Informationsgesellschaft festzulegen; ist der Auffassung, dass einige dieser Freiheiten und Rechte im Rahmen der in Kürze erwarteten Mitteilung über Online-Inhalte im Binnenmarkt festgelegt werden dürften;
- 27. vertritt die Auffassung, dass das Online-Umfeld und die digitalen Technologien es möglich machen, den Verbrauchern ein breites Spektrum an neuen Produkten und Diensten anzubieten, und dass das geistige Eigentum die eigentliche Grundlage für diese Dienste bildet; ist der Auffassung, dass die Verbraucher, um uneingeschränkt von diesen Diensten profitieren zu können und ihre Erwartungen erfüllt sehen, klare Informationen über die Rechtslage im Zusammenhang mit dem Umgang mit digitalen Inhalten, der Verwaltung digitaler Rechte und technologischen Schutzmaßnahmen benötigen; ist überzeugt, dass die Verbraucher ein Recht auf interoperable Lösungen haben;
- 28. fordert die Kommission auf, die Europäische Charte der Nutzerrechte bekannt zu machen und sie von den Mitgliedstaaten und den betroffenen Organisationen allen Internetnutzern auf breiter Basis bekannt geben zu lassen, damit diese ihre Rechte kennen und über die Mittel verfügen, sie geltend zu machen;
Zersplitterung des Binnenmarkts im digitalen Umfeld
- 29. fordert die Kommission auf, Maßnahmen zur Verhinderung der Zersplitterung des Binnenmarkts im digitalen Umfeld (d.h. der Verweigerung des grenzübergreifenden Zugangs zu Waren, Dienstleistungen und Inhalten) vorzuschlagen, welche die Verbraucher vor allem in den neuen oder kleinen Mitgliedstaaten ausschließlich aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft, ihres Wohnorts oder der Nutzung einer in einem bestimmten Mitgliedstaaten ausgestellten Zahlungskarte erheblich benachteiligt, und das Europäische Parlament über die Fortschritte auf diesem Gebiet auf dem Laufenden zu halten;
- 30. vertritt nachdrücklich die Auffassung, dass es nicht hinnehmbar ist, dass einzelne Unternehmen, die in mehreren Mitgliedstaaten Waren, Dienste oder Inhalte über das Internet anbieten, die Verbraucher am Zugang zu ihren Websites in bestimmten Mitgliedstaaten hindern und dazu zwingen, ihre Websites in dem Staat zu benutzen, in dem sie wohnhaft sind oder dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen;
- 31. fordert die Kommission auf, in Übereinstimmung mit Artikel 20 der Dienstleistungsrichtlinie eine Regelung für den Zugang zu grenzüberschreitend gelieferten Produkten vorzuschlagen;
- 32. fordert die Kommission auf, die Wirksamkeit von Artikel 20 der Dienstleistungsrichtlinie aufmerksam zu überwachen, insbesondere im Hinblick auf objektive Kriterien;
- 33. begrüßt den Umstand, dass die Kommission untersucht, unter welchen Voraussetzungen die Praxis der Gebietslizenzen oder territorialen Exklusivverträge mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist, und bestärkt sie darin und fordert sie gleichzeitig dazu auf, das Parlament umfassend über die Ergebnisse diese Untersuchungen zu unterrichten;
- 34. unterstreicht, dass es wichtig ist, dafür zu sorgen, dass für die europäischen Unternehmer im digitalen Umfeld angemessene Anreize bestehen, Waren, Dienste und Inhalte für den ganzen EU-Binnenmarkt grenzüberschreitend anzubieten;
- 35. stellt fest, dass die Interoperabilität ein zentraler Wirtschaftsfaktor ist, und unterstreicht die Bedeutung von von der Industrie getragenen zugänglichen und interoperablen Standards auf technischer und rechtlicher Ebene, um Skaleneffekte zu ermöglichen, einen nicht diskriminierenden Zugang zu Geräten, Diensten und Inhalten für Verbraucher sicherzustellen, die rasche Entwicklung von Technologien zu fördern und zur Vermeidung der Markaufsplitterung beizutragen; unterstreicht, dass eine echte Interoperabilität von Geräten, Diensten und Inhalten zumindest auf Verbraucher-(Endnutzer-)ebene gefördert werden sollte;
Stärkung des Rechtsschutzes der Verbraucher im digitalen Umfeld
- 36. ist der Auffassung, dass ein klarerer und verbesserter gemeinschaftlicher Besitzstand im Bereich des Verbraucherschutzes, der auf horizontale Rechtsinstrumente und die Harmonisierung bestimmter Aspekte des Verbrauchervertragsrechts ausgerichtet ist, das Vertrauen der Verbraucher in das digitale Umfeld stärken würde; fordert die Kommission auf, dem Parlament und dem Rat einen Bericht über die Umsetzung der Richtlinie über den elektronischen Handel vorzulegen und darin Fragen im Zusammenhang mit dem Vertrauen der Verbraucher herauszuarbeiten;
- 37. begrüßt den von der Kommission im Grünbuch über die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz (KOM (2006) 0744) unterbreiteten Vorschlag, digitale Dateien in den Anwendungsbereich der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 über bestimmte Aspekte des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter9 aufzunehmen;
- 38. ist der Auffassung, dass die Regelung über unfaire Vertragsbedingungen bei Lizenzverträgen mit Endverbrauchern stärker zur Anwendung gelangen und technische Vertragsbedingungen enthalten sollte;
- 39. fordert die Kommission auf vorzuschlagen, dass die Bestimmungen über Distanzverträge auch für das Vertragsverhältnis zwischen Verbrauchern und gewerblichen Unternehmern bei Online-Auktionen und -Verträgen für individuell über das Internet bestellte touristische Dienstleistungsangebote (Flugtickets, Hotelunterkunft, Autovermietung, Freizeitangebote usw.) gelten;
- 40. fordert die Kommission auf, die dem Käufer vom Verkäufer zwingend bereitzustellenden Informationen im elektronischer Geschäftsverkehr zu vereinfachen und zu vereinheitlichen und im Rahmen dieser Informationen eine Prioritätsfestlegung der wesentlichen zwingenden Informationen vorzunehmen;
- 41. fordert die Kommission auf, die Lieferkette im digitalen Umfeld transparenter zu machen, so dass die Verbraucher stets wissen, wer ihr Lieferant ist und ob dieser ein Zwischen- oder ein Endhändler ist;
- 42. hält es für unannehmbar, dass der Verbraucher ohne deutlichen Hinweis von der Website des Verkäufers auf eine andere Website weitergeleitet wird, da dadurch dem Verbraucher die wahre Identität des tatsächlichen Anbieters der Waren, Dienste oder Inhalte verborgen bleibt;
- 43. fordert die Kommission auf, für jene Fälle, in denen der Verbraucher alle vertraglichen Risiken übernimmt, indem er beispielsweise im Voraus bezahlt, insbesondere bei elektronischen Verträgen, den Verbraucherschutz zu verstärken;
- 44. fordert die Kommission auf, ihre Prüfung von Maßnahmen bezüglich Sammelklagen bei grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten zwischen Unternehmen und Verbrauchern im digitalen Umfeld zu beschleunigen;
- 45. verweist auf die positiven Erfahrungen mit SOLVIT und dem Netz der Europäischen Verbraucherzentren; fordert die Einrichtung eines Europäischen E-Consumer-Informationssystems, das allen europäischen E-Consumern detaillierte Leitlinien und Auskünfte über die Rechte und Pflichten der Verbraucher und Unternehmen im digitalen Umfeld zur Verfügung stellen würde und ihnen auf allgemeiner Ebene und gegebenenfalls auch in Einzelfällen praktische Orientierungshilfe in Bezug auf die Möglichkeiten der alternativen Streitbeilegung geben würde;
- 46. fordert die Kommission auf, durch ordnungspolitische und technische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass den Verbrauchern im digitalen Umfeld ein wirksamer Schutz gegen Angriffe auf die Sicherheit und die Privatsphäre geboten wird;
- 47. fordert die Kommission auf, die Entwicklungen des Verbraucherschutzes im Bereich des mobilfunkgestützten elektronischen Geschäftsverkehrs genau zu überwachen und dabei u.a. das Schwergewicht auf das Schutzniveau der jungen Verbraucher zu legen;
- 48. ruft die Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit auf, um das Ziel eines hohen Verbraucherschutzniveaus im digitalen Umfeld im gesamten EU-Binnenmarkt zu verwirklichen;
- 49. fordert die Kommission auf, das Parlament in regelmäßigen Abständen (am besten jährlich) über die Fortschritte auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes im digitalen Umfeld (einschließlich der konkreten Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entschließung) zu informieren;
- 50. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission und den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
- 1 http://ec.europa.eu/Verbraucher/cons_int/safe_shop/acquis/comp_analysis_en.pdf .
- 2 ABl. C 292 E vom 1.12.2006, S. 109.
- 3 ABl. C 305 E vom 14.12.2006, S. 247.
- 4 Siehe Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen "Das Vertrauen der Verbraucher in den elektronischen Geschäftsverkehr: Lehren aus der Initiative E-Confidence".
- 5 ABl. L 364 vom 9.12.2004, S. 1.
- 6 ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22.
- 7 ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1.
- 8 ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36.
- 9 ABl. L 171 vom 7.7.1999, S. 12.