2. a) Die Länder sind sich einig, dass Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung wirkungsgleich unter Beachtung der jeweiligen Besonderheiten der verschiedenen Systeme auch in der Beamtenversorgung vorzunehmen sind. Dies ist ein Gebot der sozialen Symmetrie und ein Beitrag der Beamten und Pensionäre zum Erhalt der Finanzierbarkeit der Versorgung in der Zukunft.
Die vorgesehenen Maßnahmen zur Übertragung des Nachhaltigkeitsfaktors auf die Beamtenversorgung führen jedoch zu einer überproportionalen Belastung der Versorgungsempfänger:
- Die Beamtenversorgung kombiniert eine allgemeine Grundsicherung - wie die gesetzliche Rentenversicherung - mit einer Zusatzsicherung, wie sie für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft in Form von Betriebsrenten geleistet werden. Absenkungen des Versorgungsniveaus mindern damit auch den Teil der Versorgung, der bei einem vergleichbaren Arbeitnehmer durch eine betriebliche Alterssicherung gedeckt wäre und der dort von Einschränkungen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht berührt würde. Um der sog. "Bifunktionalität" Rechnung zu tragen, können Absenkungen des Rentenniveaus nicht im Verhältnis "l zu 1" auf die Beamtenversorgung übertragen werden, sondern nur soweit diese dem Anteil der Rente an einer Gesamtversorgung aus gesetzlicher und betrieblicher Altersversorgung gleichkommt.
- Die Bundesregierung ignoriert die seit 1999 getroffenen erheblichen Einschnitte in die Beamtenversorgung, die in der Summe über die vergleichbaren Maßnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung hinausgehen. Die Niveauabsenkung bei der Beamtenversorgung beläuft sich seither auf mindestens 4,31 % (einschließlich der Kürzungen bei der jährlichen Sonderzahlung) und wird auf Grund des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 nach den fünf kommenden allgemeinen Anpassungen auf mindestens 7,02 % ansteigen. Im Vergleich dazu wurde das Niveau in der gesetzlichen Rentenversicherung bis heute um rund 0,61 % abgesenkt und wird - nach den Prognosen der Rürup-Kommission - bis zum Jahr 2011 um weitere 6,06 % (unter Berücksichtigung der im Jahr 2005 erstmals zu Gunsten der Rentenbezieher greifenden Niveausicherungsklausel lediglich um rund 4,95 %) gemindert. Schon nominal (also ohne Berücksichtigung der Bifunktionalität der Beamtenversorgung) wird daraus deutlich, dass in der Beamtenversorgung im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung aktuell kein Nachholbedarf besteht.
b) Der Bundesrat stellt fest, dass der Gesetzentwurf über eine Evaluationsklausel weiteren Absenkungen den Boden bereitet. Nach früheren Äußerungen der Bundesregierung soll der Höchstruhegehaltssatz langfristig auf 66,78 % sinken. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Absenkung bis (voraussichtlich) 2010 ist damit nur ein Zwischenschritt.
c) Überdies begegnet der Gesetzentwurf erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach ständiger Verfassungsrechtsprechung umfasst die Verpflichtung des Dienstherren zur Alimentation die Gewährleistung des angemessenen Lebensunterhalts für den Beamten und seine Familie, die u.a. seine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit sichert. Dies gilt nicht nur für die aktive Dienstzeit, sondern auch für die Versorgung im Ruhestand (BVerwGE 117, 305). Der Umfang der Alimentation ist verfassungsrechtlich weder indifferent noch eine "beliebig variable Größe". Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist auch Art. 3 Abs. 1 GG, der nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 107, 218) eine verfassungsrechtliche Ausprägung des Willkürverbotes und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Übermaßverbot) einschließt. Kürzungen der jährlichen Sonderzahlung müssen in die Gesamtbewertung einbezogen werden.
d) Der Aufbau der Versorgungsrücklage erfolgt nicht nachhaltig. Damit wird den Ländern mittel- und langfristig die Möglichkeit genommen, die steigenden Versorgungslasten im vorgesehenen Umfang über die Versorgungsrücklage zu finanzieren. Im Gegensatz zur Begründung des Gesetzentwurfs kommt es in den nächsten Jahren zu erheblichen Mehrbelastungen der Länder in einer Größenordnung von rund 4 Mrd. Euro, langfristig wird die Versorgungsrücklage dennoch hinter dem ursprünglich geplanten Volumen zurückbleiben.