2. Der Bundesrat bedauert, dass seine Empfehlung zur Aufnahme von Regelungen im Rahmen der Durchführung des Neugeborenenscreenings (vgl. BR-Drucksache 633/08(B) , Ziffer 11) im vorliegenden Gesetzesbeschluss keine Berücksichtigung gefunden hat. Die Bundesregierung wird daher gebeten, auf Grundlage der Erfahrungen der beteiligten Stellen bis Ende 2010 einen Bericht vorzulegen, in dem insbesondere dargelegt wird, welche Folgen die geänderte Rechtslage auf die Durchführung des Neugeborenenscreenings für Hebammen, Kinderärzte und Fachärzte für Humangenetik in der Praxis hat und ob sich die Beteiligung von Neugeborenen am Screening durch die geänderte Rechtslage geändert hat.
Begründung
Das Neugeborenenscreening dient der Früherkennung von bestimmten angeborenen Stoffwechselerkrankungen und endokrinen Störungen bei Neugeborenen, die die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder in erheblichem Maße beeinträchtigen. Durch das Screening soll bei Vorliegen eines positiven Befundes eine unverzügliche Therapieeinleitung mit dem Ziel ermöglicht werden, körperliche und geistige Fehlentwicklung der Kinder zu verhindern oder zu lindern. Hebammen und Entbindungspfleger sind berechtigt, u. a. die Gebärenden in eigener Verantwortung zu betreuen und die Normalgeburt zu leiten. Ärztinnen und Ärzte sind somit nicht zwingend bei einer Geburt anwesend.
Zu den Tätigkeiten einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers zählen auch, Neugeborene im erforderlichen Umfang zu untersuchen und zu überwachen (§§ 4 und 5 HebG). Landesrechtliche Regelungen über die Berufspflichten der Hebammen und Entbindungspfleger bestimmen, dass auch Prophylaxemaßnahmen und Blutentnahmen für Screeninguntersuchungen zu ihren Aufgaben gehören.
Nach den Kinder-Richtlinien liegt die Verantwortung für die Durchführung des Screenings ebenfalls nicht ausschließlich bei einem Arzt oder einer Ärztin, sondern "bei dem Leistungserbringer, der die Geburt des Kindes verantwortlich geleitet hat" (Anlage 2, § 7 Absatz 1 Satz 1); dieser Leistungserbringer bzw. diese Person kann also auch eine Hebamme oder ein Entbindungspfleger sein.
Da auch Hebammen und Entbindungspfleger für die Durchführung des Neugeborenenscreenings mit Ausnahme der genetischen Analyse und der genetischen Beratung verantwortlich sind, werden zur Zeit nahezu alle Neugeborenen vom Screening erfasst. Durch den im Gesetzesbeschluss vorgesehenen Arztvorbehalt würde die hohe Screeningrate ohne Not gesenkt, da Eltern darauf verzichten werden, bei ihrem Neugeborenen am dritten Lebenstag das Neugeborenenscreening durchführen zu lassen, wenn sie hierfür aktiv eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen müssen. Damit würde aber das gesundheitspolitische Ziel einer vollständigen und frühzeitigen Erkennung als auch einer frühzeitigen Therapie aller Neugeborenen nicht erreicht.