Punkt 41 der 980. Sitzung des Bundesrates am 20. September 2019
Der Bundesrat möge beschließen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zu Artikel 1 Nummer 26a - neu - (§ 42 Absatz 5 Satz 1a - neu - WaffG), Nummer 26b - neu - (§ 42a Absatz 1 Nummer 4 - neu - WaffG), Nummer 32 Buchstabe i Doppelbuchstabe bb - neu - (§ 53 Absatz 1 Nummer 23 WaffG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) Nach Nummer 26 sind folgende Nummern einzufügen:
"26a. § 42 Absatz 5 wird wie folgt geändert:
- a) Nach Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:
"Die Landesregierungen werden weiterhin ermächtigt, durch Rechtsverordnung vorzusehen, dass das Mitführen von Messern in sensiblen Bereichen, zum Beispiel im Umfeld von Kinder-, Jugend- und Bildungseinrichtungen sowie des öffentlichen Personenverkehrs, nach einer Risiko- und Lageeinschätzung durch die örtlichen Polizeibehörden bei Bedarf untersagt werden kann."
- b) Die bisherigen Sätze 2 bis 4 werden Sätze 3 bis 5.
- c) Im neuen Satz 3 werden nach den Wörtern "Satz 1" die Wörter "oder 2" eingefügt.
- d) Im neuen Satz 4 werden die Wörter "Satzes 2" durch die Wörter "Satzes 3" ersetzt.
- e) Im neuen Satz 5 werden die Wörter "nach Satz 1 in Verbindung mit Satz 2" durch die Wörter "nach Satz 1 oder 2 in Verbindung mit Satz 3" ersetzt.
26b. § 42a Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- b) In Nummer 32 ist Buchstabe i wie folgt zu fassen:
"i) Nummer 23 wird wie folgt geändert:
- aa) Die Angabe ...
<weiter wie Vorlage>
- bb) Die Wörter " § 42 Absatz 5 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2" werden durch die Wörter " § 42 Absatz 5 Satz 1 oder 2, auch in Verbindung mit Satz 3" ersetzt."
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Zu § 42 Absatz 5 Satz 1a - neu - WaffG:
Der Bundesgesetzgeber hat mit Änderung des Waffengesetzes durch Gesetz vom 5. November 2007 (BGBl. I S. 2557) in § 42 WaffG eine Regelung angefügt, die es den Ländern ermöglicht, mittels Rechtsverordnung Waffenverbotszonen einzurichten ( § 42 Absatz 5 WaffG). Das Verbot oder die Beschränkung darf nur für bestimmte öffentliche Straßen, Wege und Plätze angeordnet werden. Voraussetzung für die örtliche Anknüpfung ist es bisher, dass es sich um einen bereits und prognostisch kriminalitätsbelasteten Ort in Bezug auf die im Einzelnen aufgezählten Deliktsarten (zum Beispiel Raub-, Körperverletzungsdelikte) handelt.
Das alleinige Anknüpfen an die in der Vergangenheit an diesem Orten stattgefundenen Straftaten bedeutet aber auch, dass zunächst Straftaten stattfinden müssen, ehe den von Waffen ausgehenden Gefahren durch die Ausweisung einer Verbotszone begegnet werden kann. Dies ist für jeden Einzelfall, in dem ein Angriff mit einer Waffe ausgeführt wird, zu spät. Relevanz hat dies gerade für die in Anlage 2 Abschnitt 2 WaffG genannten erlaubnispflichtigen und nicht erlaubnispflichtigen Waffen, die keinem generellen Umgangsverbot unterliegen - wie zum Beispiel Schreckschusswaffen.
An den in § 42 Absatz 5 Satz 1a - neu - WaffG genannten sensiblen Bereichen, halten sich beispielsweise besonders schutzbedürftige Personen auf, wie etwa im Umfeld von Kinder-, Jugend- und Bildungseinrichtungen. Diese Personen sind in ihren Abwehrmöglichkeiten eingeschränkt, daher sollten diese Orte besonders vor Gefahren, die von Waffen ausgehen, geschützt werden können. Der Schutzbedarf an diesen Orten hat daher in der Verhältnismäßigkeitsabwägung ein besonderes Gewicht. Im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs ist zunächst aufgrund der Vielzahl der Menschen, die die öffentlichen Beförderungseinrichtungen nutzen, die Anzahl der potentiell Gefährdeten besonders hoch. Darüber hinaus kann sich durch die räumliche Enge bzw. die baulichen Gegebenheiten im Bereich von Haltestellen des Personennah- und - fernverkehrs sowie in Bussen und Bahnen die Gefahr von Verletzungen durch massenartig unkontrollierbares Verhalten etwa in der Form einer Massenpanik auch ganz besonders vervielfachen.
Um die Eingriffstiefe bereits der Ermächtigungsnorm einzuschränken und eine höhere Bestimmtheit der Norm zu erreichen, wird das Erfordernis einer Risiko- und Lageeinschätzung durch die örtlichen Polizeibehörden eingeführt. Darüber hinaus kann der Vergleich mit den im Entwurf genannten Beispielen für sensible Bereiche die Bestimmung solcher Bereiche erleichtern. Ein abschließender Katalog würde neu auftretenden Gefahrenlagen aufgrund weiterer gesellschaftlicher Entwicklungen hingegen nicht gerecht werden.
Die Ausnahmeregelung für Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse, Anwohner und Gewerbetreibende gemäß § 42 Absatz 5 Satz 3 WaffG-E sowie die Delegationsmöglichkeit der Verordnungsermächtigung auf nachgeordnete Behörden gemäß § 42 Absatz 5 Satz 5 WaffG-E gelten auch für den neuen Satz 1a.
Zu § 42a Absatz 1 Nummer 4 - neu - WaffG:
Um das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen und dem Schutzgedanken nachzukommen, sollte das Führensverbot des § 42a WaffG auch auf Springmesser erweitert werden, deren Klinge seitlich aus dem Griff herausspringt und bei denen der aus dem Griff herausragende Teil der Klinge höchstens 8,5 cm lang und nicht zweiseitig geschliffen ist. Für sonstige Springmesser gilt bereits ein über das Führensverbot hinausgehendes generelles Umgangsverbot gem. Anlage 2 Nummer 1.4.1 Satz 1. Die Springmesser nach Anlage 2 Nummer 1.4.1 Satz 2 sind hiervon allerdings ausgenommen. Für diese gilt bisher auch kein Führensverbot, da sie von § 42a Absatz 1 Nummer 1 WaffG nicht erfasst sind: Sie stellen weder Anscheinswaffen im Sinne des § 42a Absatz 1 Nummer 1 WaffG dar, noch handelt es sich um Hieb- und Stoßwaffen nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1 gemäß § 42a Absatz 1 Nummer 2 WaffG. Hieb- und Stoßwaffen nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1 sind tragbare Gegenstände nach § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a WaffG. Springmesser hingegen fallen nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 2.1.1 unter tragbare Gegenstände im Sinne des § 1 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b WaffG. Im Vergleich zu den bereits jetzt unter das Führensverbot gestellten Messer mit einhändig feststellbarer Klinge (Einhandmesser) (§ 42a Absatz 1 Nummer 3 WaffG) geht von den vom Umgangsverbot ausgenommenen Springmessern eine mindestens gleichgelagerte Gefahr aus, denn auch bei diesen Messern wird die Klinge einhändig, auf Knopf- oder Hebeldruck, aufgestellt und hierdurch oder beim Loslassen der Sperrvorrichtung festgestellt. Eine entsprechende Erweiterung des Führensverbots auf vom Umgangsverbot ausgenommene Springmesser ist daher geboten.
Zu Buchstabe b:
Die Änderung unter Buchstabe a erfordert eine Anpassung der in § 53 WaffG genannten Bußgeldvorschriften. Ein Verstoß gegen die im neuen § 42 Absatz 5 Satz 2 WaffG vorgesehenen Waffenverbotszonen soll ebenfalls als Ordnungswidrigkeit gelten.