aaa) Die Begründung zu Artikel 1 Nummer 3 ist wie folgt zu fassen:
"Zu Nummer 3 (§ 315d StGB)
Zu § 315d Absatz 1 StGB
Die Beteiligung an nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen wird bislang nach §§ 29 Absatz 1, 49 Absatz 2 Nummer 5 StVO als Ordnungswidrigkeit geahndet. Teilnehmende Kraftfahrzeugführer werden im Regelfall mit einer Geldbuße in Höhe von 400 Euro und einem einmonatigen Fahrverbot belegt (Nr. 248 der Anlage zu § 1 Absatz 1 BKatV; TBNR 129618 des Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalogs). Für Verantwortliche, die nicht genehmigte Kraftfahrzeugrennen veranstalten, ist die Verhängung einer Regelbuße von 500 Euro vorgesehen (Nr. 249 der Anlage zu § 1 Absatz 1 BKatV; TBNR 129624 des Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalogs).
Weder die Einstufung als Ordnungswidrigkeit noch die vorgesehenen Rechtsfolgen werden dem Gewicht der durch illegale Rennen bedrohten Rechtsgüter gerecht. Das Gefährdungspotential solcher Rennen ist dem von Trunkenheitsfahrten vergleichbar, die nach § 316 StGB unter Strafe gestellt sind. In beiden Fällen werden durch das nicht verkehrssichere Führen eines Kraftfahrzeugs erhebliche Risiken für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer geschaffen, die sich jederzeit realisieren können. Der Grad der Rechtsgutsgefährdung geht über denjenigen von ordnungswidrigen Geschwindigkeitsübertretungen deutlich hinaus. Rennteilnehmer werden zusätzlich durch den Wettbewerb untereinander bestärkt, Fahr- und Verkehrssicherheit außer Acht zu lassen und für einen Zuwachs an Geschwindigkeit den Verlust der Kontrolle über ihre
Fahrzeuge zumal in unvorhergesehenen Verkehrssituationen in Kauf zu nehmen. Zudem ist ihre Aufmerksamkeit - anders als bei "normalen" Geschwindigkeitsübertretungen - nicht allein auf den Straßenverkehr gerichtet, sondern notwendigerweise auch durch Mitbewerber gebunden.
Der Entwurf schlägt deshalb die Einfügung eines neuen § 315d Absatz 1 StGB in das Strafgesetzbuch vor. Er greift dabei die bereits bestehenden Ordnungswidrigkeitentatbestände auf und gestaltet sie als Straftatbestände aus. Danach ist in einer Nummer 1 die Strafbarkeit des Veranstaltens eines nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennens vorgesehen, in einer Nummer 2 die der Teilnahme als Kraftfahrzeugführer an einem solchen Rennen. Wie bisher soll ausschließlich die Beteiligung an nicht genehmigten Rennen geahndet werden. Damit bleiben Wettbewerbe, für die die zuständigen Stellen auf Antrag nach § 46 Absatz 2 Satz 1 und 3 StVO eine Genehmigung erteilt haben, von der Strafdrohung ausgenommen. Der Entwurf greift zudem auf bereits eingeführte Gesetzesmerkmale zurück. Ein Rennen ist demnach ein Wettbewerb oder Wettbewerbsteil zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten mit Kraftfahrzeugen, bei denen zwischen mindestens zwei Teilnehmern ein Sieger durch Erzielung einer möglichst hohen Geschwindigkeit ermittelt wird, wobei es einer vorherigen Absprache aller Beteiligten nicht bedarf (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 5. März 2013 - III-1 RBs 24/13 -, juris, m. w. N.). Wie sich hieraus ergibt, ist der Begriff der Teilnahme an einem Rennen nicht im Sinne der Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches als Anstiftung oder Beihilfe zu verstehen, sondern als Tätigkeit derjenigen Kraftfahrzeugführer, die untereinander den Geschwindigkeitswettbewerb austragen. Der Veranstalter eines Rennens ist derjenige, der als geistiger und praktischer Urheber, Planer und Veranlasser die Veranstaltung vorbereitet, organisiert oder eigenverantwortlich ins Werk setzt. Tätigkeiten, die ausschließlich im Stadium der Durchführung erbracht werden, genügen nicht, um eine Veranstaltereigenschaft zu begründen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 24. November 2010 - 3 (4) SsBs 559/10 AK 203/10 (PDF) -, BeckRS 2011, 07501). Die Strafbarkeit einer Beteiligung von anderen als den teilnehmenden Kraftfahrzeugführern im Durchführungsstadium und von Hilfspersonen im Vorbereitungsstadium richtet sich nach den allgemeinen Regeln von Täterschaft und Teilnahme.
Um das Gefährdungspotential von verbotenen Kraftfahrzeugrennen in allen denkbaren Ausprägungen vollständig zu erfassen, sieht der Entwurf einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu Freiheitsstrafe von zwei Jahren vor. Die Strafrahmenobergrenze ist oberhalb derjenigen der Trunkenheit im Verkehr angesiedelt. Die abstrakte Gefährlichkeit und der Unrechtsgehalt von illegalen Rennen größeren Ausmaßes mit zahlreichen Teilnehmern können bedeutend höher sein als bei einer durch einen Einzelnen begangenen Trunkenheitsfahrt, namentlich auch mit Blick auf die mit den Rennen verbundenen hohen Geschwindigkeiten und der damit einhergehenden gesteigerten Gefährdungs- und Zerstörungskraft.
Zu § 315d Absatz 2 StGB
Die Verursachung einer konkreten Lebens-, Leibes- oder erheblichen Sachgefahr durch verkehrswidriges Verhalten von Verkehrsteilnehmern wird bislang ausschließlich in § 315c StGB unter Strafe gestellt. Hierfür wird bei fahrtüchtigen Tätern ein abstrakt besonders gefährlicher Verkehrsverstoß vorausgesetzt. Die in Betracht kommenden Verstöße sind in § 315c Absatz 1 Nummer 2 StGB abschließend einzeln benannt. Von Bedeutung für die Strafbarkeit von "Rasern" können etwa das Nichtbeachten der Vorfahrt, falsches Fahren beim Überholen oder an Fußgängerüberwegen sowie Verkehrsverstöße an unübersichtlichen Stellen sein. Die Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugrennen ist dagegen in dem gesetzlichen Katalog nicht aufgeführt. Sie ist für sich genommen auch dann nicht strafbar, wenn eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben anderer eingetreten ist. Gerät etwa ein beteiligtes Fahrzeug auf einer breiten, übersichtlichen Straße außer Kontrolle und verfehlt auf dem Gehweg nur zufällig einen Fußgänger, kommt § 315c StGB daher nicht zur Anwendung und eine verschärfte Strafbarkeit wegen der Herbeiführung der konkreten Gefährdung besteht nicht.
Dies erscheint nicht sachgerecht, zumal die abstrakte Gefährlichkeit illegaler Rennen derjenigen der aktuell in § 315c Absatz 1 Nummer 2 StGB benannten Verkehrsverstöße mindestens vergleichbar ist. Vielmehr noch ist bereits jede Teilnahme an einem nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen per se als grob verkehrswidrig und rücksichtlos einzustufen, sodass es - anders als bei den "Todsünden" des § 315c Absatz 1 Nummer 2 StGB - diesbezüglich einer entsprechenden tatbestandlichen Einschränkung nicht bedarf.
Die aufgezeigte Lücke soll geschlossen werden, indem mit § 315d Absatz 2 StGB-E ein Qualifikationstatbestand geschaffen wird, der die Teilnahme an einem nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen als Kraftfahrzeugführer einer höheren Strafandrohung unterstellt, wenn dadurch (vorsätzlich) eine Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert herbeigeführt wird. Die Verwendung der Begrifflichkeiten des § 315c Absatz 1 StGB hat zur Folge, dass auf deren Auslegung durch Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden kann. Danach muss das Gefährdungsobjekt für die erforderliche konkrete Gefährdung so in den Wirkbereich der schadensträchtigen Tathandlung gelangt sein, dass der Eintritt eines Schadens nicht mehr gezielt abgewendet werden kann und sein Ausbleiben folglich nur noch von bloßen Zufälligkeiten abhängt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. 3. 1969 - 4 StR 375/68, NJW 1969, 939). Hierfür wird häufig die Formel vom erforderlichen "Beinaheunfall" herangezogen, bei dem es rückblickend nur "gerade noch einmal gut gegangen ist" (Fischer, StGB, 63. Auflage 2016, § 315c Rn. 15a). Der Strafrahmen, Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, entspricht dem des § 315c Absatz 1 StGB.
Zu § 315d Absatz 3 StGB
§ 315d Absatz 3 StGB-E sieht einen im Verhältnis zu § 315d Absatz 2 StGB-E niedrigeren Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe für Fälle vor, in denen die Gefahr fahrlässig verursacht wird. Die Vorschrift lehnt sich insofern an die Regelung des § 315c Absatz 3 Nummer 1 StGB an, sieht jedoch eine im Vergleich höhere Strafrahmenobergrenze von drei Jahren Freiheitsstrafe vor. Dies liegt sowohl in der höheren abstrakten Gefährlichkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen als auch darin begründet, dass es der Regelung einer Fahrlässigkeit-FahrlässigkeitsKombination im Sinne des § 315c Absatz 3 Nummer 2 StGB in diesem Zusammenhang nicht bedarf; ein fahrlässiges Handeln ist hier denklogisch nicht möglich.
Zu § 315d Absatz 4 StGB
Durch den neuen Qualifikationstatbestand soll eine dem erhöhten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessene Bestrafung ermöglicht werden. Insbesondere soll sichergestellt werden, dass die Herbeiführung des Todes oder einer Gesundheitsschädigung bei anderen Menschen durch eine der in Absatz 2 oder 3 beschriebenen Handlungen angesichts der gesteigerten Sozialschädlichkeit künftig mit höherer Strafe sanktioniert werden kann als die übrigen Fälle der fahrlässigen Tötung oder fahrlässigen Körperverletzung im Straßenverkehr.
Die Gefährlichkeit im öffentlichen Straßenverkehr durchgeführter, nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen kann sich jederzeit in der Tötung oder in körperlichen Schädigungen weiterer Verkehrsteilnehmer verwirklichen. Werden diese Folgen nicht vorsätzlich verursacht, ist dies nach geltendem Recht als fahrlässige Tötung bzw. fahrlässige Körperverletzung strafbar und mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf bzw. drei Jahren bedroht. Das ist dann nicht mehr angemessen, wenn bei Rennen andere Menschen zu Tode kommen oder Schäden erleiden, die einer schweren Körperverletzung vergleichbar sind. Ebenso liegt es, wenn einer großen Zahl Menschen gesundheitliche Schäden zugefügt werden. Der Unrechtsgehalt der Tat ist in solchen Fällen qualitativ anders und erheblich höher als derjenige, der in § 222 bzw. § 229 StGB vertypt ist. Wesentlich hierfür ist die vorsätzliche Herbeiführung der zugrunde liegenden Gefahr durch die Beteiligung an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen.
Vor diesem Hintergrund schlägt der Entwurf eine Erfolgsqualifikation und eine Strafbarkeit als Verbrechen vor. Die Regelung soll die von § 315 Absatz 3 Nummer 2 StGB erfassten Konstellationen der Verursachung einer schweren Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder einer Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen durch die Tat aufgreifen. Über die dortigen Fälle hinaus soll aber gerade auch die Verursachung des Todes eines anderen Menschen ausdrücklich in den Tatbestand aufgenommen werden. Anderenfalls käme bei fahrlässiger Verursachung der schwerer wiegenden Todesfolge lediglich der Vergehenstatbestand des § 222 StGB, bei fahrlässig verursachten Gesundheitsschädigungen dagegen der Verbrechenstatbestand zur Anwendung (vgl. Fischer, StGB, 63. Auflage 2016, § 315 Rn. 24). Die Verwendung der Begrifflichkeiten des § 315 Absatz 3 Nummer 2 StGB hat zur Folge, dass auf deren Auslegung durch Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden kann. Danach umfasst der Begriff der schweren Gesundheitsschädigung neben der schweren Körperverletzung insbesondere auch langwierige ernsthafte Erkrankungen sowie den Verlust oder eine erhebliche Einschränkung im Gebrauch der Sinne, des Körpers und der Arbeitsfähigkeit. Allerdings darf der Begriff mit Blick auf die hohe Mindeststrafe nicht weit ausgelegt werden (Fischer, StGB, 63. Auflage 2016, § 315 Rn. 23; § 306b Rn. 4).
Vorgesehen ist ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr für den Grundfall, für minder schwere Fälle von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Die differenzierte Regelung trägt einerseits der Vielgestaltigkeit möglicher Taten Rechnung und wirkt andererseits mit einer in jedem Fall erhöhten Mindeststrafe der Verhängung unangemessen niedriger Strafen entgegen. Anders als bei der fahrlässigen Körperverletzung im Straßenverkehr besteht hier kein Bedürfnis, die bloße Verhängung einer Geldstrafe zu ermöglichen.