A. Problem und Ziel
Die Förderung der Elektromobilität ist nicht nur ein wichtiges umweltpolitisches Anliegen, sie ist auch für den weiteren wirtschaftlichen Erfolg der Automobilwirtschaft in Deutschland entscheidend. Ein bedeutsamer Baustein zur Förderung der Elektromobilität ist die deutliche Absenkung der rechtlichen Hürden für den Einbau von Ladestellen durch Mieter und Wohnungseigentümer.
Auf ihrer 89. Frühjahrskonferenz im Juni 2018 haben die Justizministerinnen und Justizminister beschlossen, eine länder-offene Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes einzurichten, die auch Vorschläge zur Schaffung von Ladestellen für Elektrofahrzeuge unter erleichterten rechtlichen Bedingungen im Wohnungseigentumsgesetz und im Mietrecht erarbeiten sollte. Die Arbeitsgruppe tagte unter Federführung von Bayern und des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz und hat bis zum 10. Juli 2019 ihren Abschlussbericht abgestimmt.
Grundlage der Beratungen der Arbeitsgruppe waren neben dem von Bayern und Sachsen erarbeiteten und vom Bundesrat in seiner 948. Sitzung am 23. September 2016 beschlossenen "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Förderung der Barrierefreiheit und Elektromobilität", BR-Drucksache 340/16(B) , den der Bundesrat mit Beschluss vom 15. Dezember 2017, BR-Drucksache 730/17(B) erneut in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht hat, zwei weitere Diskussionsentwürfe: Zum einen der von Bayern erarbeitete "Diskussionsentwurf für ein Gesetz für zukunftsfähiges Wohnen im Wohneigentum", der neben Regelungen zum Einbau von Ladestationen eine umfassendere Reform des Wohnungseigentumsrechts vorsieht. Zum anderen der vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Sommer 2018 veröffentlichte "Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Förderung von Barrierefreiheit und Elektromobilität im Miet- und Wohnungseigentumsrecht".
Der unter Berücksichtigung dieser Vorschläge erarbeitete Abschlussbericht der Arbeitsgruppe schlägt für den erleichterten Einbau von Ladestationen für Elektrofahrzeuge im Miet- und Wohnungseigentumsrecht Folgendes vor:
Jeder Mieter soll einen Anspruch darauf haben, dass der Einbau von Ladestationen für Elektrofahrzeuge ausgeführt wird. Im Wohnungseigentumsrecht soll ein Anspruch jedes Wohnungseigentümers geschaffen werden, dass ihm durch Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft der Einbau einer Ladestation ermöglicht wird. Dabei soll die Wohnungseigentümergemeinschaft die Ausführung der Maßnahme dem einzelnen Wohnungseigentümer überlassen können. Ein Beschluss über die Ausführung bzw. Gestattung solcher baulicher Maßnahmen soll einer Veränderungssperre unterliegen. Die Bau- und Folgekosten für die Maßnahme soll der Bauwillige tragen. Der Wohnungseigentümer, der einer baulichen Veränderung nicht zustimmt, soll grundsätzlich weder Bau- noch Folgekosten tragen müssen, noch an Vorteilen partizipieren dürfen.
Für einen zügigen Ausbau einer privaten Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ist es notwendig, diese Reform zeitnah umzusetzen.
B. Lösung
Um den Einbau von Ladestellen für Elektromobilität zu fördern, ist eine dem § 554a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entsprechende Regelung für den Einbau einer Ladestation für Elektrofahrzeuge zugunsten des Mieters einer Wohnung mit Stellplatz zu schaffen.
§ 554a BGB gewährt dem Mieter gegen seinen Vermieter einen Anspruch auf Zustimmung zu baulichen Veränderungen, die eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache ermöglichen.
Um einen Einbau einer Ladestelle für Elektrofahrzeuge auch im vermieteten Wohnungseigentum zu ermöglichen, müssen die Anforderungen des Mietrechts und die des Wohnungseigentumsrechts aufeinander abgestimmt werden. Hierfür ist erforderlich, dass der Vermieter das Recht hat, auch selbst Maßnahmen für den Einbau der Ladestelle zu ergreifen bzw. durch die Wohnungseigentümergemeinschaft ergreifen zu lassen. Hat der Mieter nur eine Garage oder einen Stellplatz vom Vermieter separat gemietet, muss Entsprechendes für den Einbau einer Ladestation gelten.
Im Wohnungseigentumsrecht soll dem Bedürfnis der Wohnungseigentümer nach einer erleichterten Möglichkeit zur Errichtung einer Ladeinfrastruktur in der Wohnungseigentumsanlage Rechnung getragen werden. Daneben soll jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf einen zustimmenden Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Vornahme der für den Einbau der Lademöglichkeit erforderlichen baulichen Veränderung haben, wobei die Wohnungseigentümer den Einbau der Ladestelle auch dem einzelnen Wohnungseigentümer überlassen können. Die Einbaukosten der Ladestation und die Folgekosten sollen abweichend von dem allgemeinen Grundsatz des § 16 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) verteilt werden können, so dass sie auch nur dem Wohnungseigentümer, dem der Einbau nützt, durch Beschluss auferlegt werden können. Vereinbarungen der Wohnungseigentümergemeinschaft, die diesen Anspruch eines Wohnungseigentümers abbedingen, sollen unwirksam sein. Der Wohnungseigentümer, der einer baulichen Veränderung zum Einbau einer Ladestelle nicht zustimmt, soll grundsätzlich weder Bau- noch Folgekosten tragen müssen, aber auch nicht an den Vorteilen der Maßnahme teilhaben dürfen.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Keiner.
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten
Keine.
E.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung
Keiner.
F. Weitere Kosten
Die Kosten für bauliche Maßnahmen zum Einbau einer Ladestation für Elektrofahrzeuge soll der Mieter tragen bzw. sie können dem Wohnungseigentümer auferlegt werden, dem die Maßnahme ausschließlich nützt. Insofern können neue Kosten auf den Mieter oder den Wohnungseigentümer zukommen.
Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Wohnungseigentumsgesetzes zur Förderung der Elektromobilität
Der Bundesrat hat in seiner 981. Sitzung am 11. Oktober 2019 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen
Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Wohnungseigentumsgesetzes zur Förderung der Elektromobilität
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs
Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 554 wie folgt gefasst:
" § 554 Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge"
2. § 554 wird wie folgt gefasst:
" § 554 Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge
(1) Der Mieter kann vom Vermieter die Erlaubnis zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Maßnahmen und die Vornahme von Handlungen verlangen, die erforderlich sind, um eine Lademöglichkeit für elektrisch betriebene Fahrzeuge im Sinne des § 2 Nummer 1 des Elektromobilitätsgesetzes auf einer ausschließlich dem Mieter vermieteten Stellfläche zu schaffen.
(2) Der Vermieter kann die Erlaubnis nach Absatz 1 verweigern, wenn
- 1. er sich gegenüber dem Mieter verpflichtet, unverzüglich Maßnahmen durchzuführen, um dem Mieter eine ihm zugängliche und zumutbare Lademöglichkeit für elektrisch betriebene Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen oder
- 2. sein Interesse an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes das Interesse des Mieters an der Nutzung einer Lademöglichkeit überwiegt. Dabei sind auch die berechtigten Interessen Dritter, insbesondere anderer Mieter, zu berücksichtigen.
(3) Eine von Absatz 1 oder Absatz 2 abweichende Vereinbarung zum Nachteil des Mieters ist unwirksam."
3. In § 578 Absatz 1 wird nach der Angabe " §§ 550," die Angabe "554," eingefügt.
Artikel 2
Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes
Das Wohnungseigentumsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 403-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 16 wird wie folgt geändert:
- a) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz 5 eingefügt:
(5) Für Maßnahmen im Sinne des § 22 Absatz 3 können die Wohnungseigentümer die Kostenverteilung unter den Voraussetzungen des Absatzes 4 Satz 1 abweichend von Absatz 2 durch Stimmenmehrheit beschließen.
Ein Beschluss nach Satz 1 kann sich auch auf die durch die baulichen Maßnahmen künftig entstehenden Kosten, insbesondere der Instandhaltung und Instandsetzung, erstrecken."
- b) Die bisherigen Absätze 5 bis 8 werden die Absätze 6 bis 9.
- c) Der neue Absatz 7 wird wie folgt geändert:
- aa) In Satz 1 wird die Angabe " § 22 Abs. 1" durch die Wörter " § 22 Absatz 1 oder 3" ersetzt.
- bb In Satz 2 wird nach der Angabe "Absatz 4" die Angabe "oder 5" eingefügt.
)
2. § 22 wird wie folgt geändert:
- a) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt:
(3) Maßnahmen gemäß Absatz 1 Satz 1, die zur Herstellung einer Lademöglichkeit für elektrisch betriebene Fahrzeuge im Sinne des § 2 Nummer 1 des Elektromobilitätsgesetzes erforderlich sind, können beschlossen werden, wenn die Maßnahmen nicht zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führen und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen. Jeder Wohnungseigentümer kann unter den Voraussetzungen des Satzes 1 solche Maßnahmen für eine in seinem Sondereigentum stehende oder seinem Sondernutzungsrecht unterfallende Stellfläche verlangen. Die Wohnungseigentümer können beschließen, dass die Durchführung der von einem Wohnungseigentümer verlangten Maßnahme diesem überlassen wird. Die Beschlüsse nach Satz 1 und 3 bedürfen der Stimmenmehrheit. Der Anspruch nach Satz 2 kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden."
- b) Die bisherigen Absätze 3 und 4 werden die Absätze 4 und 5.
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Entscheidend für den flächendeckenden Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität in Deutschland ist, dass der Einbau von Ladestellen auch im privaten Bereich durch Mieter und Wohnungseigentümer rechtlich einfacher ausgestaltet wird. Denn die gegenwärtigen Regelungen des Mietrechts im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) stellen eine rechtliche Hürde dar, die es dem einzelnen Mieter und dem Wohnungseigentümer in der Regel verwehrt, eine Ladestelle für Elektrofahrzeuge auf einer gemieteten Stellfläche oder auf einer Stellfläche, die Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist, einzubauen.
Vorbild für eine solche Regelung im Mietrecht ist § 554a BGB, nach der der Mieter einen Anspruch gegen seinen Vermieter auf Zustimmung zu baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen hat, die für eine behindertengerechte Nutzung der Mietsache erforderlich sind. Ein entsprechend ausgestalteter, ausdrücklicher Anspruch des Mieters auf Einverständnis ist für den Einbau einer Ladestation für Elektromobilität einzuführen. Denn heute ist ein Anspruch des Mieters auf Einbau einer Ladestelle für Elektromobilität auf einer gemieteten Stellfläche rechtlich nur dann gesichert, wenn der Vermieter damit tatsächlich einverstanden ist. Ist der Vermieter jedoch nicht einverstanden, gilt nach den Regelungen des Mietrechts Folgendes: Der Mieter hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, dass der Vermieter ihm gestattet, selbst bauliche Veränderungen vorzunehmen mit dem Ziel des Einbaus einer Lademöglichkeit für Elektromobilität. Die Erteilung einer solchen Erlaubnis steht vielmehr im Ermessen des Vermieters, der sein Ermessen nicht missbräuchlich ausüben darf (vergleiche BGH, Urteil vom 14. September 2011 - VIII ZR 10/11). Bei der Frage, ob die Ermessenausübung missbräuchlich ist, sind das Interesse des Mieters an der beabsichtigten Maßnahme und die Interessen des Vermieters an der Erhaltung der baulichen Substanz, der Wahrung des Gesamteindrucks des Gebäudes und der Vermeidung der Beeinträchtigung der übrigen Mieter und Nutzer gegeneinander abzuwägen (vergleiche BGH, Urteil vom 16. Mai 2007 - VIII ZR 207/04). Das bedeutet jedoch, dass jeder Einzelfall für sich zu betrachten ist. Mietern, die eine Ladestelle für ihr Elektrofahrzeug benötigen, fehlt damit die erforderliche Rechtssicherheit. Rechtssicherheit kann nur durch die Einführung eines ausdrücklichen Anspruchs des Mieters auf Einverständnis mit dem Einbau einer Ladestelle gegenüber seinem Vermieter geschaffen werden.
Um den Einbau von Ladestationen auch im vermieteten Wohnungseigentum zu ermöglichen, sind die Regelungen des Miet- und des Wohnungseigentumsrechts aufeinander abzustimmen. Möglich ist dies nur, wenn der Vermieter das Recht hat, den Einbau der Ladestelle, die sein Mieter verlangt, auch selbst durchzuführen oder durch die Wohnungseigentümergemeinschaft durchführen zu lassen. Denn nur so ist es dem vermietenden Wohnungseigentümer möglich, sich in der Wohnungseigentümergemeinschaft rechtskonform zu verhalten.
Für den Einbau von Leitungen und Anschlüssen für Ladestellen in Garagen und auf Stellplätzen in Wohnungseigentümergemeinschaften, selbst wenn sie im Sondereigentum stehen, ist regelmäßig eine bauliche Veränderung am gemeinschaftlichen Eigentum erforderlich. Denn tragende Wände und Außenwände einer Garage, durch die Kabel gezogen und an denen Steckdosen angebracht werden müssen, sind nicht sondereigentumsfähig, vergleiche § 5 Absatz 2 Weg. Bauliche Veränderungen und Aufwendungen am gemeinschaftlichen Eigentum werden in der Regel als Maßnahmen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, eingeordnet (vergleiche Dötsch, ZfIR 2017, 261, 263). Für diese Maßnahmen ist nach § 22 Absatz 1 Satz 1 Weg die Zustimmung jedes Wohnungseigentümers erforderlich, dessen Rechte durch die Maßnahme über das in § 14 Nummer 1 Weg bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Einer solchen Maßnahme müssen nur die Wohnungseigentümer nicht zustimmen, deren Rechte in völlig belangloser und bagatellartiger Weise beeinträchtigt werden (vergleiche Bärmann/Merle, Weg, 14. Auflage 2018, § 22 Rn. 174 m.w. N.). Dies bedeutet im Ergebnis, dass dem Einbau einer Ladestelle in einer Wohnungseigentümergemeinschaft in der Regel alle Wohnungseigentümer zustimmen müssen. Diese Einstimmigkeit wird jedoch kaum einmal zu erreichen sein.
Selbst wenn der Einbau einer Ladestelle für Elektrofahrzeuge als Maßnahme nach § 22 Absatz 2 Weg angesehen wird, die der Modernisierung oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dient (vergleiche hierzu Dötsch, ZfIR 2017, 261, 263), ist immer noch eine qualifizierte Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümern und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile erforderlich. Allerdings darf die Maßnahme die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen.
Den Einbau einer Ladestelle für Elektromobilität als Maßnahme nach § 21 Absatz 5 Nummer 6 ("Energieversorgungsanschluss") einzuordnen, lehnen Rechtsprechung und Literatur bisher ab (vergleiche Bärmann/Merle, Weg, 14. Auflage 2018, § 21 Rn. 163; LG München I, Urteil vom 21. Januar 2016 - 36 S 2041/15; AG Berlin-Schöneberg, Urteil vom 9. April 2015 - 771 C 87/14; anders noch AG München, Urteil vom 17. Dezember 2014 - 482 C 12592/14 WEG), da die Vorschrift nur einen "Mindeststandard" nach dem Stand der Technik gewährleiste, zu dem der Einbau einer Ladestelle für Elektrofahrzeuge heute noch nicht gehöre.
Soweit Rechtsprechung zum Einbau einer Ladestelle für Elektrofahrzeuge bekannt geworden ist, ist im Ergebnis den bauwilligen Wohnungseigentümern der Einbau versagt geblieben. Die Gerichte haben beim Einbau von Ladestellen für Elektrofahrzeuge Nachteile erkannt, die andere Wohnungseigentümer nicht hinnehmen müssen. Diese Nachteile reichten von der möglicherweise nicht nur unerheblichen Beeinträchtigung des Gesamteindrucks der Anlage (vergleiche AG Berlin-Schöneberg, Urteil vom 9. April 2015 - 771 C 87/14) bis zu mit dem Einbau solcher Leitungen verbundenen Instandhaltungsverpflichtungen und damit verbundenen Risiken (vergleiche LG München I, Urteil vom 21. Januar 2016 - 36 S 2041/15).
Die heutige Rechtslage nach dem Weg stellt daher eine kaum überwindbare Hürde für Wohnungseigentümer dar, den Einbau von Ladestellen für Elektrofahrzeuge in einer Wohnungseigentümergemeinschaft durchzusetzen, wenn nicht alle Wohnungseigentümer damit einverstanden sind.
Um Rechtssicherheit zu schaffen und die rechtlichen Hürden für den Einbau einer Ladestelle abzusenken, muss die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer über den Einbau einer Ladestation für Elektrofahrzeuge erleichtert werden und zudem jedem Wohnungseigentümer ein Anspruch auf den Einbau einer solchen Ladestation für eine Stellfläche, die in seinem Sondereigentum steht oder ihm zur Sondernutzung überlassen ist, eingeräumt werden.
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
Im Mietrecht soll durch § 554 BGB-E eine Regelung eingeführt werden, die dem Mieter einen Anspruch gegen seinen Vermieter auf Erlaubnis des Einbaus einer Ladestelle für Elektrofahrzeuge zuerkennt. Der Vermieter soll das Recht haben, die Maßnahme auch selbst durchzuführen oder - bei vermietetem Wohnungseigentum - durch die Wohnungseigentümergemeinschaft durchführen zu lassen. Der Anspruch auf die Erlaubnis zum Einbau einer Ladestelle soll in einem Mietvertrag nicht abbedungen werden können.
Ein Anspruch auf Einbau einer Ladestelle soll nicht nur dem Mieter zuerkannt werden, der im Rahmen eines Wohnraummietverhältnisses einen Stellplatz angemietet hat, sondern auch dem Mieter, der eine Garage oder einen Stellplatz separat angemietet hat. Deshalb ist in § 578 Absatz 1 BGB ein Verweis auf die neue Regelung des § 554 BGB-E aufzunehmen.
Im Wohnungseigentumsrecht soll dem Bedürfnis der Wohnungseigentümer nach einer erleichterten Möglichkeit zur Errichtung einer Ladeinfrastruktur in der Wohnungseigentumsanlage Rechnung getragen werden. Das bisherige Zustimmungserfordernis jedes Wohnungseigentümers, der durch die Baumaßnahme irgendwie und nicht nur völlig belanglos oder bagatellartig beeinträchtigt wird, soll beseitigt werden. Zudem soll jedem Wohnungseigentümer ein Anspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Herstellung einer Ladestelle für eine Stellfläche, die in seinem Sondereigentum steht oder seinem Sondernutzungsrecht unterfällt, zustehen. In diesem Fall können die Wohnungseigentümer den Einbau der Ladestelle auch dem einzelnen Wohnungseigentümer überlassen. Die Möglichkeit, die Errichtung einer Ladeinfrastruktur zu beschließen, sowie der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers gegen die Wohnungseigentümer sollen nur dann nicht bestehen, wenn die bauliche Veränderung eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage zur Folge hat oder zu einer unbilligen Beeinträchtigung einzelner Wohnungseigentümer gegenüber anderen Wohnungseigentümern führt. Die Kosten für den Einbau einer Ladestelle für Elektrofahrzeuge soll die Wohnungseigentümergemeinschaft abweichend vom Grundsatz des § 16 Absatz 2 Weg verteilen können. Wird kein solcher abweichender Beschluss über die Kostenverteilung gefasst, soll der Wohnungseigentümer, der der baulichen Veränderung nicht zugestimmt hat, weder Kosten tragen müssen noch an den Vorteilen des Einbaus von Ladestellen teilhaben dürfen.
III. Alternativen
Keine.
IV. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes beruht auf Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes (bürgerliches Recht).
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.
VI. Gesetzesfolgen
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Im Mietrecht ergibt sich eine Rechtsvereinfachung, da der Anspruch des Mieters auf Erlaubnis zur Durchführung von Maßnahmen, die mit dem Einbau einer Ladestelle für Elektrofahrzeuge verbunden sind, nun ausdrücklich geregelt werden soll. Dies schafft Rechtssicherheit für Mieter und Vermieter und erleichtert dem Mieter die Durchsetzung einer solchen Maßnahme.
Im Wohnungseigentumsrecht ergibt sich eine Rechtsvereinfachung, indem die Beschlussfassung der Wohnungseigentümer über den Einbau einer Ladestelle für Elektrofahrzeuge erleichtert und der Anspruch des Wohnungseigentümers gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf die baulichen Veränderungen, die mit dem Einbau einer Ladestelle für Elektrofahrzeuge verbunden sind, ausdrücklich im Gesetz verankert werden soll. Dies schafft Rechtsicherheit für den einzelnen Wohnungseigentümer und erleichtert ihm die Durchsetzung einer solchen Maßnahme.
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Der Entwurf steht im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Die Regelungen sind insbesondere unter den Gesichtspunkten wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und sozialer Verantwortung dauerhaft tragfähig. Im Bereich der Änderungen im Miet- und WEG-Recht ist die Entkoppelungsregel (Managementregel 7) der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung betroffen. Danach müssen unter anderem Energie- und Ressourcenverbrauch sowie die Verkehrsleistung vom Wirtschaftswachstum entkoppelt werden. Diesem Ziel dient die Förderung der Elektromobilität durch die Einführung rechtlicher Erleichterungen im Miet- und WEG-Recht für den Einbau von Ladestationen für Elektromobilität.
3. Erfüllungsaufwand
Keiner.
4. Weitere Kosten
Die Kosten für bauliche Maßnahmen zum Einbau einer Ladestation für Elektrofahrzeuge soll der Mieter tragen bzw. sie können dem Wohnungseigentümer auferlegt werden, dem die Maßnahme ausschließlich nutzt. Insofern können neue Kosten auf den Mieter und Wohnungseigentümer zukommen.
5. Weitere Gesetzesfolgen
Keine.
VII. Befristung
Keine.
VIII. Evaluierung
Nach fünf Jahren.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht zu § 554 BGB-E)
Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Neufassung des § 554 BGB.
Zu Nummer 2 (§ 554 BGB-E)
Zu Absatz 1
Mit § 554 Absatz 1 BGB-E wird ein gesetzlicher Anspruch des Mieters auf Erteilung der Erlaubnis des Vermieters zur Einrichtung einer Ladestelle für Elektrofahrzeuge geschaffen. Wegen des Begriffs des "elektrisch betriebenen Fahrzeugs" wird auf die Begriffsbestimmung in § 2 Nummer 1 des Elektromobilitätsgesetzes verwiesen. Die Regelung des § 554 Absatz 1 BGB-E orientiert sich an dem bereits vorhandenen Anspruch des Vermieters auf Ermöglichung einer behindertengerechten Nutzung der Mietsache nach § 554a BGB. Mit dem Begriff der "Erlaubnis" soll klargestellt werden, dass der Mieter mit dem Einbau der Ladestation erst anfangen darf, wenn der Vermieter sich damit einverstanden erklärt hat. Der in § 554a Absatz 1 Satz 1 BGB verwendete Begriff der "Zustimmung" könnte vor dem Hintergrund des § 184 Absatz 1 BGB, wonach die Zustimmung auch die nachträgliche Genehmigung umfasst, missverständlich sein.
Der Begriff der "baulichen Veränderungen" umfasst - wie in § 554a Absatz 1 Satz 1 BGB - alle Veränderungen an der Bausubstanz, die nicht mehr vom üblichen Mietgebrauch gedeckt sind. Der Begriff der "sonstigen Maßnahmen" lehnt sich ebenfalls an die Regelung des § 554a Absatz 1 Satz 1 BGB an und dient als "Auffangtatbestand" (vergleiche Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 13. Auflage 2017, § 554a BGB Rn. 23). Er ermöglicht weitere erforderliche Maßnahmen zur Schaffung einer Ladestelle, die nicht mit einem Eingriff in die Bausubstanz verbunden sind.
Zur Herstellung einer Lademöglichkeit ist der Mieter gegebenenfalls auf Informationen über die Art der Stromversorgung, über die Lage der Leitungen und im vermieteten Wohnungseigentum auf weitere Mitwirkungshandlungen des Vermieters, wie zum Beispiel die Erwirkung eines zustimmenden Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft, angewiesen. Deshalb soll der Mieter nach § 554 Absatz 1 BGB-E außerdem einen Anspruch auf alle weiteren Handlungen des Vermieters haben, die für den Einbau der Lademöglichkeit erforderlich sind.
Der Anspruch des Mieters auf Einbau einer Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge soll auf den Fall beschränkt sein, dass ihm eine Stellfläche zur ausschließlichen Nutzung vermietet wurde. Wenn keine konkrete Stellfläche, sondern zum Beispiel nur ein Hofraum allen Mietern gemeinsam zum Abstellen der Fahrzeuge überlassen wurde, würde es zur Privilegierung eines Mieters führen, wenn ihm die Errichtung einer Lademöglichkeit und damit faktisch die alleinige Nutzung einer Stellfläche erlaubt würde.
Zu Absatz 2
Absatz 2 trägt dem Umstand Rechnung, dass der Vermieter die Möglichkeit haben muss, die baulichen Veränderungen selbst durchzuführen (Nummer 1). Absatz 2 trägt weiter dem Umstand Rechnung, dass im Einzelfall Interessen des Vermieters oder Interessen Dritter am Unterlassen der baulichen Veränderung überwiegen können (Nummer 2).
Zu Nummer 1
Nach § 554 Absatz 2 Nummer 1 BGB-E soll der Vermieter seine Erlaubnis zur Vornahme von baulichen Veränderungen verweigern dürfen, wenn er sich gegenüber dem Mieter verpflichtet, unverzüglich Maßnahmen durchzuführen, um dem Mieter eine ihm zugängliche und zumutbare Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge zur Verfügung zu stellen. Diese Regelung soll dem Vermieter einerseits ermöglichen, dass er die baulichen Maßnahmen selbst vornehmen oder vornehmen lassen kann, um die mit dem Eingriff in die Bausubstanz verbundenen Gefahren für sein vermietetes Objekt selbst zu beherrschen. Ein Erwägungsgrund für den Vermieter, die Maßnahme selbst durchzuführen, kann auch sein, dass er nicht nur eine Ladestation für den bauwilligen Mieter, sondern gleich die gesamten Stellflächen des Mietobjekts mit Lademöglichkeiten ausstatten will. Ein weiterer Erwägungsgrund des Vermieters, die Maßnahme selbst durchzuführen, kann sein, dass er die ausführenden Handwerker selbst aussuchen will, um etwaige Gewährleistungsansprüche gegen sie geltend machen zu können.
Dem Vermieter muss es außerdem möglich sein, den Mieter auf eine andere Lademöglichkeit zu verweisen, die er dem Mieter zur Verfügung stellen kann, wenn dies bauliche Veränderung am vermieteten Objekt vermeidet. Diese Möglichkeit muss dem Mieter allerdings zumutbar sein. Dies soll durch die Wörter "zumutbare Lademöglichkeit" zum Ausdruck kommen.
Um Hinhaltetaktiken zu vermeiden, geht das Interesse des Vermieters aber nur vor, wenn er sich verpflichtet, unverzüglich Maßnahmen zur Herstellung der Lademöglichkeit durchzuführen.
Zu Nummer 2
Entsprechend der Regelung zur Barrierefreiheit nach § 554a Absatz 1 Satz 2 BGB soll der Vermieter nach § 554 Absatz 2 Nummer 2 BGB-E seine Erlaubnis zur Vornahme von baulichen Veränderungen außerdem verweigern können, wenn sein Interesse an der unveränderten Erhaltung der Mietsache oder des Gebäudes das Interesse des Mieters an der Nutzung der Lademöglichkeit überwiegt. Entsprechend der Regelung des § 554a Absatz 1 Satz 3 BGB sind dabei auch die berechtigten Interessen Dritter im Gebäude - das können andere Mieter oder Wohnungseigentümer sein - zu berücksichtigen. Denn der Vermieter verhält sich gegenüber anderen Mietern gegebenenfalls vertragswidrig oder innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft rechtswidrig, wenn er eine bauliche Veränderung mietrechtlich erlauben muss, die die berechtigten Interessen seiner anderen Mieter oder anderer Wohnungseigentümer beeinträchtigt.
Zu Absatz 3
Um zu verhindern, dass in Mietverträgen der Anspruch gegen den Vermieter auf Einbau einer Lademöglichkeit für Elektromobilität nach § 554 Absatz 1 BGB-E von vornherein abbedungen oder über die Grenzen des § 554 Absatz 2 BGB-E eingeschränkt wird, sollen abweichende Vereinbarungen über diese Regelungen zum Nachteil des Mieters unwirksam sein.
Zu Nummer 3 (§ 578 Absatz 1 BGB-E)
Der Anspruch auf Einbau einer Lademöglichkeit soll nicht nur dann bestehen, wenn eine Wohnung mit einer Stellfläche für ein Fahrzeug vermietet wurde, sondern auch, wenn eine separate Garage oder ein separater Stellplatz vermietet wird. Deshalb ist § 554 BGB-E auf Mietverhältnisse über Grundstücke und Räume für entsprechend anwendbar zu erklären.
Zu Artikel 2 (Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes)
Zu Nummer 1 (§ 16 WEG-E)
Zu Buchstabe a (zu Absatz 5)
Maßstab für die Verteilung der Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums und der Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung oder sonstigen Verwaltung sind nach § 16 Absatz 2 Weg grundsätzlich die Miteigentumsanteile der Wohnungseigentümer. Nach § 16 Absatz 4 Weg können die Wohnungseigentümer für bestimmte Maßnahmen durch Beschluss von dieser Kostenverteilung abweichen, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Eine solche abweichende Kostenverteilung soll durch § 16 Absatz 5 WEG-E auch für bauliche Maßnahmen zur Erstellung von Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge möglich sein. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat nach § 16 Absatz 5 WEG-E zugleich auch eine gewisse Flexibilität bei der Kostenverteilung. Denn mit der erstmaligen Errichtung einer Ladestelle können bauliche Maßnahmen erforderlich werden, die nicht nur einem bauwilligen Wohnungseigentümer nutzen, sondern weiteren Wohnungseigentümern, weil sie sich beim späteren Einbau von Ladestellen Kosten sparen. Alle diese etwa nur einmal anfallenden Ertüchtigungskosten der Infrastruktur für den Einbau von Ladestationen automatisch dem Wohnungseigentümer auferlegen zu müssen, der erstmals den Einbau verlangt, wäre nicht gerecht.
Ein Beschluss über die Kosten soll - gleichlaufend mit dem Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer ihr Einverständnis zum Einbau der Lademöglichkeit erteilen - mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst werden können. Nach § 16 Absatz 4 Satz 2 Weg können bisher Beschlüsse über eine abweichende Kostenverteilung nur mit drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile gefasst werden. Würde man jedoch eine solche qualifizierte Mehrheit für die abweichende Verteilung der Kosten für den Einbau von Ladestationen verlangen, würde dies den einzelnen, nicht bauwilligen Wohnungseigentümer von der Erteilung seines Einverständnisses abhalten, da er am Ende Gefahr laufen würde, Kosten für diese Einrichtung tragen zu müssen, die ihm selbst nicht zur Verfügung steht.
In § 16 Absatz 5 Satz 2 WEG-E soll klargestellt werden, dass sich der Beschluss über den von § 16 Absatz 2 Weg abweichenden Verteilungsschlüssel auch auf die künftigen Folgekosten erstrecken kann. Ob die Wohnungseigentümer im Voraus über die Verteilung etwaiger künftiger Folgekosten einer Maßnahme beschließen können, ist bisher streitig (vergleiche Dötsch, ZfIR 2017, 261, 264; Bärmann/Becker, Weg, 14. Auflage 2018, § 16 Rn. 132 m.w. N.).
Zu Buchstabe b (zu Absatz 6 bis 9)
Es handelt sich um Folgeänderungen zur Änderung unter Buchstabe a.
Zu Buchstabe c (zu Absatz 7 Satz 1 und 2)
Wer einer baulichen Veränderung zum Einbau einer Ladestelle nicht zustimmt, soll grundsätzlich weder Bau- noch Folgekosten tragen müssen. Dies soll die Minderheit, die der Maßnahme nicht zustimmen kann, weil sie sich die Maßnahme für ihren Stellplatz zum Beispiel nicht leisten kann, vor Übervorteilung durch die Mehrheit schützen. Um dieses Ziel zu erreichen, soll die Regelung, wonach ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach § 22 Absatz 1 Weg nicht zugestimmt hat, nicht berechtigt sein soll, von den Vorteilen der Maßnahme zu profitieren, aber auch nicht verpflichtet sein soll, Kosten dafür zu tragen, nach § 16 Absatz 7 Satz 1 WEG-E auch für Maßnahmen nach § 22 Absatz 3 WEG-E gelten. Ein abweichender Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Kosten nach § 16 Absatz 5 WEG-E soll nach § 16 Absatz 7 Satz 2 WEG-E - wie in der bisherigen Regelung des § 16 Absatz 6 Satz 2 Weg - jedoch vorgehen.
Zu Nummer 2 (§ 22 WEG-E)
Zu Buchstabe a (zu Absatz 3)
In Wohnanlagen soll die Schaffung von Lademöglichkeiten für elektrisch betriebene Fahrzeuge im Sinne des § 2 Nummer 1 des Elektromobilitätsgesetzes erleichtert werden. Bisher können die Wohnungseigentümer Lademöglichkeiten für elektrisch betriebene Fahrzeuge nur nach Maßgabe von § 22 Absatz 1 Satz 1 Weg beschließen. Erforderlich ist danach neben der Stimmenmehrheit der in einer Versammlung erschienenen Wohnungseigentümer auch die Zustimmung aller durch die baulichen Veränderungen beeinträchtigten Wohnungseigentümer. Dementsprechend hat der einzelne Wohnungseigentümer, der eine Ladestation nutzen will, gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Anspruch auf Herstellung einer solchen Ladestation nur unter diesen hohen Voraussetzungen.
§ 22 Absatz 3 WEG-E soll dem Bedürfnis der Wohnungseigentümer Rechnung tragen und eine erleichterte Möglichkeit zur Errichtung einer Ladeinfrastruktur in der Wohnungseigentumsanlage schaffen. Nach § 22 Absatz 3 Satz 4 WEG-E soll zukünftig die einfache Stimmenmehrheit für entsprechende Beschlüsse genügen. Die Zustimmung aller durch die baulichen Veränderungen beeinträchtigten Wohnungseigentümer soll nicht mehr erforderlich sein.
Zugleich soll der einzelne Wohnungseigentümer die Herstellung einer Ladestation für seinen Stellplatz verlangen können, ohne dass dieser Anspruch durch Vereinbarung eingeschränkt oder ausgeschlossen werden kann. Auch wenn der einzelne Wohnungseigentümer für seinen Stellplatz einen Anspruch auf Herstellung einer Ladestation hat, soll mit dem Einbau der Ladestation jedoch erst begonnen werden dürfen, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft die Maßnahme beschlossen hat. Dies ist gerechtfertigt, da mit dem Einbau einer Ladestation zwingend ein baulicher Eingriff in das gemeinschaftliche Eigentum der Wohnungseigentümer verbunden ist. So soll der Wohnungseigentümergemeinschaft ermöglicht werden, darüber zu entscheiden, ob sie tatsächlich nur dem bauwilligen Wohnungseigentümer den Einbau der Ladestation ermöglichen will oder ob sie nicht im Zuge des notwendigen baulichen Eingriffs in das Gemeinschaftseigentum gleich mehrere oder gar alle in der Wohnanlage vorhandenen Stellplätze mit Ladestellen für Elektrofahrzeuge ausstatten will. Außerdem sollen die Wohnungseigentümer darüber entscheiden können, ob sie die von einem Wohnungseigentümer verlangte bauliche Maßnahme selbst durchführen oder deren Ausführung dem bauwilligen Wohnungseigentümer überlassen wollen. Schließlich können die Wohnungseigentümer in dem Beschluss festlegen, ob sie die Bau- und Folgekosten des Einbaus der Ladestation abweichend von dem Grundsatz des § 16 Absatz 2 Weg nach § 16 Absatz 5 WEG-E verteilen wollen.
Die Möglichkeit, die Errichtung einer Ladeinfrastruktur zu beschließen, soll jedoch nicht unbeschränkt sein: Führt die Maßnahme zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage oder zu einer unbilligen Beeinträchtigung eines Wohnungseigentümers gegenüber anderen, kann sie nur unter den höheren Voraussetzungen des § 22 Absatz 1 Satz 1 Weg beschlossen werden. Auch der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers ist durch diese Veränderungssperre beschränkt. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass mit dem Einbau einer Ladestelle zwingend ein baulicher Eingriff in das gemeinschaftliche Eigentum verbunden ist und daher die Schranken des Artikels 14 des Grundgesetzes zu beachten sind.
Mit der Einführung des Wortes "Umgestaltung" wird bewusst ein anderer Ausdruck als die in § 22 Absatz 2 Weg genannte "Eigenart der Wohnanlage" gewählt. Denn worin die "Eigenart einer Wohnanlage" besteht, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls bestimmt werden und ist nicht genau vorhersehbar (vergleiche Bärmann/Merle, Weg, 14. Auflage 2018, § 22, Rn. 353 ff.). Teilweise wird bereits die Installation von Ladestationen als Änderung der Eigenart der Wohnanlage angesehen (vergleiche Burgmair, ZWE 2018, 237, 240). Der Ausdruck "Eigenart" ist daher mit Unwägbarkeiten verbunden, die die neue Beschlusskompetenz sowie den neuen Anspruch aushöhlen könnten.
§ 22 Absatz 3 Satz 5 WEG-E bestimmt, dass der Anspruch eines bauwilligen Wohnungseigentümers auf Erteilung des Einverständnisses nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer eingeschränkt oder ausgeschlossen werden darf. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass der Anspruch von vornherein abbedungen und damit leerlaufen würde.
Zu Buchstabe b (zu Absatz 4 und 5)
Infolge der Einfügung eines neuen Absatzes 3 werden die bisherigen Absätze 3 und 4 zu den Absätzen 4 und 5.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
Um eine zeitnahe Umsetzung der Reform zu ermöglichen, ist ein Inkrafttreten zum frühestmöglichen Zeitpunkt, nämlich am Tag nach der Verkündung des Gesetzes, vorgesehen.