A
Der federführende Finanzausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten
empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Fz
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Gesetzentwurf wird abgelehnt.
Für den Fall, dass der Deutsche Bundestag das Gesetz gleichwohl beschließt, würde eine Umsatzbesteuerung im Bereich der öffentlichen Spielbanken Forderungen zur Senkung der Spielbankabgabe der Länder nach sich ziehen. Damit würden den Ländern erhebliche Nachteile entstehen. Die Erweiterung der Umsatzsteuerpflicht käme hingegen aufgrund der Systematik Bund und Ländergesamtheit im Verhältnis ihrer jeweiligen Anteile zugute. Wegen der zu erwartenden Ausfälle müssten die Mehreinnahmen allein der Ländergesamtheit zufließen.
Der Bundesrat teilt die Annahmen der Bundesregierung zu den Umsatzsteuermehreinnahmen nicht. Angesichts der von den öffentlichen Spielbanken erzielten Erlöse wäre von jährlichen Umsatzsteuermehreinnahmen in Höhe von rd. 120 Mio. Euro auszugehen. Dieser Vorteil stünde allein der Ländergesamtheit zu.
Begründung
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 17.02.2005 in den verbundenen Rechtssachen Linneweber und Akritidis (C-453/02 und C-462/02) entschieden, dass die Umsatzsteuerbefreiung der Veranstaltung von Glücksspielen bzw. des Betriebs von Glücksspielgeräten nicht von der Identität des Veranstalters oder Betreibers abhängig gemacht werden darf. Da § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG in seiner bisherigen Fassung die durch den Betrieb der zugelassenen öffentlichen Spielbanken bedingten Umsätze aller Art von der Umsatzsteuer befreit, während die Umsätze anderer Veranstalter von Glücksspielen bzw. anderer Betreiber von Glücksspielgeräten umsatzsteuerpflichtig sind, wird hierdurch der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verletzt.
Dieser Grundsatz lässt sich nicht dadurch wiederherstellen, dass die Steuerbefreiung für die zugelassenen öffentlichen Spielbanken aufgehoben wird. Denn es ist zu beachten, dass nach Artikel 13 Teil B Buchstabe f der 6. EG-Richtlinie "sonstiges Glücksspiel mit Geldeinsatz" grundsätzlich von der Mehrwertsteuer zu befreien ist. Durch die in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Änderung des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG verbliebe dagegen in dieser Norm keine Umsatzsteuerbefreiung der "sonstigen Glücksspiele mit Geldeinsatz" mehr. Damit würde das den Mitgliedstaaten durch Artikel 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie zugewiesene Ermessen überschritten, wonach diese lediglich die Bedingungen und Grenzen dieser Befreiung festlegen dürfen.
Hierfür sprechen insbesondere die Ausführungen des Generalanwalts beim EuGH in der Rechtssache Glawe - Rs. C-38/93 - und die inhaltsgleichen Aussagen der Generalanwältin in Randnr. 42 der Schlussanträge in den Rechtssachen Linneweber und Akritidis, wonach den Mitgliedstaaten (lediglich) das Ermessen zugewiesen ist, "bestimmte Formen des Glücksspiels" mit der Umsatzsteuer zu belegen. Als "Formen des Glücksspiels" bezeichnet die Generalanwältin in Randnr. 44 der Schlussanträge in den Rechtssachen Linneweber und Akritidis "etwa Kartenspiele, Roulettespiele und Glücksspielautomaten", (hier) also lediglich Teilmengen der "sonstigen Glücksspiele mit Geldeinsatz". Demzufolge stellt die Gesamtheit der "sonstigen Glücksspiele mit Geldeinsatz" nach Auffassung der Generalanwältin keine "Form des Glücksspiels" dar, die insgesamt der Umsatzsteuer unterworfen werden dürfte.
In Randnr. 44 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Fischer - Rs. C-283/95 - hatte der Generalanwalt hervorgehoben, dass für Glücksspielumsätze andere Formen der Besteuerung als die Umsatzsteuer besser geeignet wären. Die Europäische Kommission hatte bereits in ihrem Vorschlag für die 6. EG-Richtlinie die Ansicht vertreten, dass Glücksspiele und Lotterien besser einer Sondersteuer unterworfen würden. Darin liegt auch der - rein pragmatische - Grund der Befreiung nach Artikel 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie. Diesem Gedanken folgend sollte eine Besteuerung des sonstigen Glücksspiels mit Geldeinsatz durch eine andere Verkehr- oder Verbrauchsteuer erfolgen.
In
Artikel 1 ist wie folgt zu fassen:
Dem § 4 Nr. 9 Buchstabe b Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom ... wird folgender Halbsatz angefügt:
- auch nicht befreit sind die Umsätze zugelassener öffentlicher Spielbanken, die durch die nach § 33c oder § 33d der Gewerbeordnung erlaubnisfähige Veranstaltung von Spielen bedingt sind;"
Begründung
Mit der vorgesehenen Änderung wird die Unterscheidung zwischen gewerbe- und spielbankrechtlich zugelassenen Spielen in das Umsatzsteuerrecht aufgenommen, um zukünftig Spielbankbetreibern keine Steuerbefreiung für Tätigkeiten zu gewähren, die für Wirtschaftsteilnehmer, die nicht Spielbankbetreiber sind, nicht gilt. Damit wird - entsprechend der Rechtsprechung (z.B. BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2003 - 6(B) 33.03 -) - auch umsatzsteuerrechtlich klargestellt, dass es sich bei den in Spielhallen und Spielbanken angebotenen Glücksspielen grundsätzlich nicht um die Ausübung der gleichen Tätigkeit handelt und diese auch nicht im Wettbewerb zueinander stehen.
Mit dieser Klarstellung wird eine gemeinschaftsrechtskonforme umsatzsteuerrechtliche Regelung getroffen, die die bisherigen Grundlagen beibehält.
Der EuGH hat mit Urteil vom 17. Februar 2005 in den verbundenen Rechtssachen C-453/02 und C-462/02 für Recht erkannt, dass Gemeinschaftsrecht nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, wonach die Veranstaltung oder der Betrieb von Glücksspielen und Glücksspielgeräten aller Art in zugelassenen öffentlichen Spielbanken steuerfrei ist, während diese Steuerbefreiung für die Ausübung der gleichen Tätigkeit durch Wirtschaftsteilnehmer, die nicht Spielbankbetreiber sind, nicht gilt. Folglich dürfen die Mitgliedstaaten bei der Ausübung der ihnen durch Artikel 13 Teil B Buchstabe f der Sechsten EG-Richtlinie zuerkannten Befugnisse, die Bedingungen und Beschränkungen der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befreiung der Veranstaltung oder des Betriebes von Glücksspielen und Glücksspielgeräten von der Mehrwertsteuer festzulegen, diese Steuerbefreiung nicht von der Identität des Veranstalters oder Betreibers dieser Spiele oder Geräte abhängig machen. Wie der BFH im Verfahren - V R 7/02 - zur Begründung der Vorlage an den EuGH festgestellt hat, unterscheiden sich die Geldspielautomaten in den öffentlichen Spielbanken tatsächlich regelmäßig erheblich von den in Gaststätten und gewerblichen Spielhallen aufgestellten Geldspielautomaten. So lassen z.B. die Geldspielautomaten in öffentlichen Spielbanken (Slotmaschinen, einarmige Banditen) regelmäßig höhere Einsätze und höhere Gewinne zu als die nach § 33c GewO erlaubten Geldspielautomaten außerhalb der Spielbanken. Zudem werde in den Spielbanken regelmäßig ein höherer Prozentsatz der Spieleinsätze wieder als Gewinn ausgeschüttet. Gemäß §§ 33c ff. GewO bedarf das Aufstellen von Spielgeräten außerhalb der Spielbanken einer behördlichen Erlaubnis. Diese darf nur erteilt werden, wenn die Spielgeräte bestimmte Anforderungen erfüllen; diese betreffen unter anderem den Höchsteinsatz und den Höchstgewinn, das Verhältnis der Anzahl der gewonnenen Spiele zur Anzahl der verlorenen Spiele, und das Verhältnis des Einsatzes zum Gewinn bei einer bestimmten Anzahl von Spielen (§ 33f Abs. 1 Nr. 3 GewO). Auch andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit bedürfen einer gewerberechtlichen Genehmigung (§ 33d GewO).
B
3. Der Wirtschaftsausschuss
empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.