Der Bundesrat hat in seiner 957. Sitzung am 12. Mai 2017 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Gesetzentwurf allgemein
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Ziel des Gesetzentwurfs, die Vorschriften für die Bildungs- und Wissenschaftsschranke neu zu strukturieren. Die neue Systematisierung teilt die komplexen Nutzungswelten in evident abgrenzbare Teilbereiche (Unterricht, Wissenschaft und Institutionen) ein und ist geeignet, den unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten und Bedarfen dieser Teilbereiche Rechnung zu tragen.
- 2. Der Bundesrat weist auf die grundlegende Bedeutung einer freien, unabhängigen Presse und den Wert von verlegerischen Angeboten für Meinungsfreiheit, Meinungspluralismus und Demokratie hin. Die privatwirtschaftliche Finanzierbarkeit von Journalismus muss sichergestellt sein. Der Bundesrat bittet daher, das Vorhaben im weiteren Gesetzgebungsverfahren auf seine die Pressefreiheit betreffende Wirkung noch einmal zu untersuchen.
- 3. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich, dass die Bundesregierung mit dem UrhWissG-E einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der im Ergebnis dem von den Ländern seit 2007 adressierten Reformbedarf teilweise Rechnung trägt. Die für den Bereich der Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie der Gedächtnisinstitutionen weit fortgeschrittene Digitalisierung und Vernetzung von Inhalten, Daten und Informationen sowie die technologischen Möglichkeiten von Systematisierung und Auswertung und deren fundamentale Bedeutung für die Innovationsfähigkeit des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandortes Deutschland werden in beachtlicher Weise in den Blick genommen.
- 4.
- a) Der Bundesrat vertritt auf nationaler wie europäischer Ebene die Auffassung, dass der für Bildung und Wissenschaft sowie kulturelle Einrichtungen notwendige Zugang zu digitalen Werken unter angemessenen und fairen Bedingungen zu gewährleisten sowie die Nutzung der digitalen Potenziale in der Breite zu ermöglichen sind, vergleiche BR-Drucksache 565/16(B) .
- b) In diesem Sinne setzt sich der Bundesrat dafür ein, den Museen eine gesetzliche Erlaubnis einzuräumen, ihre urheberrechtlich geschützten Bestände über das Internet öffentlich zugänglich zu machen, entsprechend BR-Drucksache 565/16(B) .
- c) Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren durch eine geeignete Ergänzung in § 60f UrhG-E Museen eine gesetzliche Erlaubnis einzuräumen, ihre Bestände über das Internet öffentlich zugänglich zu machen, um dadurch einer breiten Öffentlichkeit besseren Zugang zu urheberrechtlich geschützten Kulturgütern im Bestand der Museen zu ermöglichen.
Begründung zu Buchstabe b und c:
Bislang dürfen Museen ihre kulturellen Schätze, die noch dem urheberrechtlichen Schutz unterliegen, nur sehr eingeschränkt im Internet zeigen. Erlaubt ist dies nach Unionsrecht - und ihm folgend nach § 58 Absatz 1 UrhG - bislang nur, soweit und solange dies der Förderung aktueller Ausstellungen dient.
§ 60f Absatz 1 in Verbindung mit § 60e Absatz 1 UrhG-E enthält die grundsätzliche Erlaubnis für Museen, Werke aus ihrem Bestand oder ihrer Ausstellung für Zwecke der Zugänglichmachung zu vervielfältigen. Die anschließende öffentliche Zugänglichmachung kann nach § 60f Absatz 1 in Verbindung mit § 60e Absatz 4 UrhG-E indes weiterhin nur museumsintern erfolgen oder - entsprechend dem fortgeltenden § 58 Absatz 1 UrhG - ausschließlich zur Förderung aktueller Ausstellungen.
§ 60f Absatz 1 in Verbindung mit § 60e Absatz 3 UrhG-E sieht für die Museen vor, dass diese lediglich körperliche Vervielfältigungsstücke in Zusammenhang mit öffentlichen Ausstellungen oder zur Dokumentation ihrer Bestände verbreiten können.
Zu begrüßen ist zwar durchaus, dass ein zeitlicher Zusammenhang mit der Ausstellung anders als in § 58 Absatz 2 UrhG nicht mehr zwingend erforderlich ist.
Diese gesetzliche Erlaubnis muss aber auf die öffentliche Zugänglichmachung der elektronischen Vervielfältigungen der geschützten musealen Ausstellungsund Bestandswerke ausgeweitet werden, damit insbesondere Museen ihren kulturellen Auftrag in zeitgemäßer Weise erfüllen können:
Museen sollten zum einen auch beendete Ausstellungen weiterhin im Rahmen ihres Online-Angebots dokumentieren können. Zum anderen sollten auch Bestände, die nicht Gegenstand einer Ausstellung waren, auf Grundlage einer gesetzlichen Erlaubnis im Internet gezeigt werden dürfen. Eine gesetzliche Erlaubnis würde es gerade auch kleinen Museen erlauben, ohne bürokratischen Aufwand zur Verbreitung kulturellen Wissens beizutragen.
In diesem Zusammenhang müssen die Interessen und Rechte der Künstlerinnen und Künstler entsprechend berücksichtigt werden.
- d) Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung mit dem Entwurf nunmehr in der Zielsetzung mit der Haltung der Länder übereinstimmt, die sich seit 2007 dafür eingesetzt haben, das bisherige kleinteilig und sehr restriktiv gefasste Schrankensystem der §§ 52a, 52b und 53a UrhG durch eine als Generalklausel gefasste dynamische und technologieneutrale Schrankenregelung zugunsten der Belange von Wissenschaft und Forschung, Lehre und Unterricht sowie der Kultureinrichtungen zu ersetzen. Wenngleich die Bundesregierung dem Weg einer von den Ländern präferierten Generalklausel nicht folgt, sieht der Bundesrat in dem Entwurf einen akzeptablen Weg für die dringend notwendige Neujustierung der gemeinsam von Bund und Ländern verfolgten wissenschafts- und kulturpolitischen Zielsetzungen im Bereich des Urheberrechts, die er zuletzt mit seinen Beschlüssen vom 20. September 2013, BR-Drucksache 643/13(B) sowie vom 16. März 2016, BR-Drucksache 015/16(B) und 16. Dezember 2016, BR-Drucksache 565/16(B) adressiert hat.
- e) Er begrüßt die im vorgelegten Gesetzentwurf erfolgte Rezeption der negativen Erfahrungen, die in der Praxis mit den Schrankenregelungen im System der §§ 52a, 52b und 53a UrhG aus unterschiedlichsten Gründen gemacht wurden.
- f) Der Bundesrat bedauert, dass es entgegen entsprechender Anregungen der Länder mit dem vorliegenden Gesetzentwurf noch nicht gelungen ist, ein - unter Einbeziehung von "ob" und "wie" - stringentes Vergütungssystem für die einzelnen Schrankentatbestände zu entwickeln, eine verlässliche Rechtsgrundlage für die Leihe elektronischer Medien (sogenanntes E-Lending) zu schaffen und keine Überprüfung der Schrankenfestigkeit von Regimen der Digitalen Rechteverwaltung erfolgt ist.
- 5.
- a) Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich den mit dem UrhWissG-E verfolgten Ansatz der Bundesregierung, die Vielzahl der unterschiedlichen Schrankenregelungen, die zugunsten von Schule und Forschung eingreifen können, neu zu ordnen, zu konsolidieren und zu vereinfachen. Die vorgeschlagene Systematik in §§ 60a ff. UrhG-E ist dazu geeignet, die Schrankenregelungen des Urhebergesetzes übersichtlicher und damit praxisgerechter auszugestalten.
- b) Der Bundesrat bittet ferner, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob für die nichtkommerzielle Nutzung zu Lehr- und Lernzwecken der Bildungseinrichtungen weitergehende Ausnahmen von der Vergütungspflicht statuiert werden können. Insofern wird die in § 60h UrhG-E vorgesehene Vergütungspflicht hinterfragt. Die Regelung hält zwar hinsichtlich der Vervielfältigungen im Wesentlichen an den bisherigen Vorgaben fest, wonach eine Vergütungspflicht nach den §§ 54 bis 54c UrhG besteht. Allerdings wird die Vergütungspflicht für übrige Nutzungen erweitert: Der bisherige § 52a UrhG normiert ausdrücklich lediglich die Vergütungspflicht für das öffentliche Zugänglichmachen von Werken oder Werkteilen. In § 60a UrhG-E sind hingegen zusätzlich die Verbreitung sowie die sonstigen öffentlichen Wiedergaben genannt. Dies dürfte zu einer massiven Steigerung der Haushaltsausgaben in den Landeshaushalten führen. In diesem Zusammenhang wird ebenfalls kritisch gesehen, dass der Gesetzentwurf eine Vergütungspflicht auch dort vorsieht, wo das Unionsrecht eine Vergütung nicht zwingend verlangt.
- 6. Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob Gemeinschaften, die über Satellit ausgestrahlte und mit einer Gemeinschaftsantenne empfangene Fernseh- oder Hörfunksignale zeitgleich, unverändert und vollständig durch ein Kabelnetz an die angeschlossenen Empfangsgeräte der einzelnen Mitglieder dieser Gemeinschaft weiterleiten (Antennengemeinschaft) von der hierfür bisher bestehenden Vergütungspflicht befreit werden können.
Begründung:
Über Satellit übertragene Fernseh- und Hörfunkprogramme werden nicht nur individuell von einzelnen Wohneinheiten empfangen, sondern regelmäßig auch über Gemeinschaftsantennen, die entweder zu einer Wohnungseigentümergemeinschaft gehören oder von örtlichen Antennengemeinschaften betrieben werden. Gerade in den neuen Ländern sind solche örtlichen Antennengemeinschaften bereits in den 80er Jahren in großer Zahl mit dem Ziel entstanden, westdeutsche Rundfunk- und Fernsehsender zu empfangen. Während der Bundesgerichtshof für Wohnungseigentümergemeinschaften entschieden hat, dass die zeitgleiche, unveränderte und vollständige Weiterleitung von Satellitenprogrammen durch ein Kabelnetz an die angeschlossenen Empfangsgeräte der einzelnen Wohnungseigentümer weder Schadensersatzansprüche oder Wertersatzansprüche noch Vergütungsansprüche der Rechteinhaber begründet (BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 228/14 - Ramses), stellt die Weitersendung durch ein Kabelnetz an die Mitglieder eines in einem örtlichen Verein, dessen Hauptzweck in der Kabelweitersendung besteht, keinen urheberrechtsfreien Empfang dar (OLG Dresden, Urteil vom 22. November 2016 - 14 U 530/16, GRUR 2017, 49ff.). Hintergrund ist, dass die Weitersendung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht als öffentliche Wiedergabe im Sinne des § 15 Absatz 3 des Urheberrechtsgesetzes eingeordnet wird. Bei einer Gemeinschaftsantenennenanlage hingegen bejaht dies die Rechtsprechung, weil die Wiedergabe nicht auf bestimmte ("besondere") Personen beschränkt ist, die Angehörigen einer geschlossenen ("privaten") Gruppe bilden, sondern grundsätzlich jedem offen stehen, der tatsächlich an das Kabelnetz angeschlossen werden kann.
Der Gesetzgeber selbst hat bisher allerdings keine eigenen Kriterien für die öffentliche Wiedergabe von in Kabelnetzwerke durchgeleitete Rundfunksendungen getroffen. Das Europarecht enthält insoweit für die Sendeunternehmen und die Filmhersteller keine Vorgaben. Für die Urheber schreibt Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft lediglich allgemein vor, dass die Mitgliedstaaten vorsehen, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten.
Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe o der Richtlinie 2001/29/EG erlaubt aber für die Nutzung in bestimmten anderen Fällen von geringer Bedeutung unter bestimmten Voraussetzungen zudem die Bestimmung einer Ausnahme.
Angesichts der uneinheitlichen Handhabung des urheberrechtsfreien Empfangs von Rundfunksendungen in Wohnungseigentümergemeinschaften und Antennengemeinschaften, die dann nicht gerechtfertigt erscheint, wenn auch bei Antennengemeinschaften eine örtliche Begrenzung tatsächlich gegeben ist, erscheint eine nähere Bestimmung der Grenzen einer nichtöffentlichen Wiedergabe durch den Gesetzgeber selbst angezeigt. Nach der Rechtsprechung (vgl. OLG Dresden, a. a. O.) wird es zumindest - auch nach den europarechtlichen Vorgaben - für möglich gehalten, dass die Antennengemeinschaften ihre Satzung so gestalten, dass die Mitgliedschaft im Verein auf eine private Gruppe beschränkt wird, um so der Vergütungspflicht zu entgehen. Eine rechtssichere Handhabung dieser Möglichkeit durch die Antennengemeinschaft erfordert aber letztlich auch die Vorgabe konkreter Kriterien durch den Gesetzgeber. Alternativ könnte erwogen werden, dass die Vergütung für die Versendung per Satellit die Kabelweitersendung der so empfangenen Inhalte mit zu umfassen hat. Soweit den näher zu bestimmenden Kriterien dennoch europarechtliche Vorgaben entgegenstehen sollten, sollte sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für eine sachgerechte Ausnahmebestimmung einsetzen.
7. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 23 Satz 3 UrhG)
In Artikel 1 Nummer 2 ist in § 23 Satz 3 das Wort "sowie" durch ein Komma zu ersetzen und sind nach der Angabe " § 60e Absatz 1" die Wörter "und § 60f Absatz 2" einzufügen.
Begründung:
§ 23 Satz 3 UrhG-E sollte auch auf technische Änderungen bei der Aufnahme von geschützten Werken in den Bestand von Archiven gemäß § 60f Absatz 2 UrhG-E verweisen, denn auch hier können - wie in Bibliotheken - bei den dabei vorzunehmenden Vervielfältigungen rein technische Änderungen an den Inhalten nötig sein. Es sollte sichergestellt sein, dass diese Änderungen zulässig sind.
8. Zu Artikel 1 Nummer 14 Buchstabe b - neu - (§ 54c Absatz 1 Satz 2 -neu- UrhG)
Artikel 1 Nummer 14 ist wie folgt zu fassen:
'14. § 54 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
Begründung:
Es bedarf einer technologieneutralen Anpassung des § 54c UrhG-E, um dem Ziel von § 60h UrhG-E gerecht zu werden, einen angemessenen Ausgleich der Interessen von Nutzern und Rechteinhabern herbeizuführen.
Gemäß § 60h Absatz 1 Satz 2 UrhG-E sind Vervielfältigungen nach den §§ 54 bis 54c UrhG zu vergüten, wobei sich der Wortlaut des § 54c UrhG bisher lediglich auf Vervielfältigungen bezieht, die im Wege der Ablichtung oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung erfolgen. Das Bereithalten und der Betrieb digitaler Speichermöglichkeiten werden nicht erfasst; es existiert auch anderweitig keine Regelung. Nicht ausreichend dürfte im Hinblick auf den intensiven Eingriff in das Vervielfältigungsrecht des Urhebers in diesem Zusammenhang ein Verweis auf die Geräteabgabe nach § 54 Absatz 1 UrhG sein. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung ist nicht ersichtlich. Vielmehr gewinnen digitale Speichermöglichkeiten gegenüber Ablichtungen immer mehr an Bedeutung. Anstelle herkömmlicher Kopiergeräte werden zunehmend Scanner zur Verfügung gestellt, die Nutzern die Möglichkeit einräumen, Kopien auf einem USB-Stick abzuspeichern oder sich als Mail selbst zuzusenden.
9. Zu Artikel 1 Nummer 16 Buchstabe b (§ 58 Absatz 1 UrhG)
In Artikel 1 Nummer 16 Buchstabe b ist in § 58 Absatz 1 das Wort "künstlerischen" zu streichen.
Begründung:
Das Wort "künstlerischen" könnte nahelegen, dass von der Erlaubnis nach § 58 Absatz 1 UrhG-E nur noch dann Gebrauch gemacht werden darf, wenn das betroffene Werk aus kunsthistorischer oder kunstwissenschaftlicher Sicht als "Kunst" bewertet wird. Voraussetzung sollte jedoch lediglich sein, dass ein Werk die nach § 2 Absatz 2 UrhG notwendige Schöpfungshöhe erreicht.
10. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§§ 60a, 60b UrhG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob im Rahmen der im Gesetzentwurf vorgesehenen Schrankenregelungen nicht lediglich auf den engen Begriff des "Unterrichts" abgestellt werden sollte, sondern vielmehr auch außerunterrichtliche Angebote der Ganztagsschule vom Anwendungsbereich der Schrankenregelungen erfasst werden können. Die Anknüpfung der Schrankenregelungen an den Begriff des "Unterrichts" dürfte nicht mehr zeitgemäß sein. Denn es wird nicht berücksichtigt, dass mit dem zunehmenden Ausbau der Ganztagsschule auch im Rahmen außerunterrichtlicher Angebote der Ganztagsschule dem Bildungsauftrag nachgekommen wird. Der Zweck der Schrankenregelungen könnte insofern zu eng gefasst sein. Eine entsprechende Klarstellung wäre wünschenswert.
11. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60a Absatz 1, § 60c Absatz 1 und 2, § 60e Absatz 4 und 5 UrhG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass die Quoten in § 60a Absatz 1, § 60c Absatz 1 und 2 sowie § 60e Absatz 4 und 5 UrhG-E eingehalten werden und einem Missbrauch vorgebeugt werden kann.
Begründung:
Die Festsetzung fixer Quoten verbessert die Praktikabilität von Schrankenbestimmungen und führt zu mehr Rechtssicherheit. Die Interessen der Rechteinhaber sind aber nur dann hinreichend gewahrt, wenn die Einhaltung der Quoten auch sichergestellt ist.
12. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60a Absatz 1, § 60c Absatz 1 UrhG)
In Artikel 1 Nummer 17 ist in § 60a Absatz 1 und § 60c Absatz 1 jeweils die Angabe "15 Prozent" durch die Angabe "25 Prozent" zu ersetzen.
Begründung:
Die Limitierung der Teile von Werken in § 60a Absatz 1 und § 60c Absatz 1 UrhG-E auf jeweils 15 Prozent ist sachlich nicht gerechtfertigt. Das Maß der zulässigen Nutzung sollte auf die vorgeschlagenen und ursprünglich vorgesehenen Prozentsätze erhöht werden. Hierdurch sind keine nachteiligen ökonomischen Effekte zu erwarten, da 25 Prozent die Anschaffung eines Werkes nicht ersetzen.
13. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60a Absatz 1 UrhG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob Werke für den Unterrichtsgebrauch an Schulen und graphische Aufzeichnungen von Werken der Musik nicht ebenfalls unter die Schrankenregelung des § 60a Absatz 1 UrhG-E fallen könnten. Musikeditionen und seit 2011 auch die Schulbücher sind in den Gesamtvertrag zu Vervielfältigungen nach § 53 UrhG (Schule) einbezogen, die wie andere im Unterricht verwendete Materialien über eine Pauschale auf Basis von Repräsentativerhebungen vergütet werden.
14. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60a Absatz 2, § 60c Absatz 3 UrhG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Begriffe "derselben" und "vollständig" in § 60a Absatz 2 und § 60c Absatz 3 UrhG-E weiter zu konkretisieren.
Begründung:
§ 60a Absatz 2 und § 60c Absatz 3 UrhG-E bestimmen, dass "einzelne Beiträge aus derselben Zeitung oder Zeitschrift vollständig genutzt werden" können. Eine Einschränkung ist nach dem Wortlaut weder in Bezug auf die Nutzungsart noch auf den Personenkreis vorgesehen. Die "vollständige" Freistellung der Nutzung ist geeignet, die Geschäftsmodelle der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage zu beeinträchtigen. Es ist zum Beispiel kaum mehr möglich, einzelne Artikel zum Verkauf anzubieten, wenn sie künftig bei den Bibliotheken gratis zur Verfügung stehen. In Zeiten, in denen die Frage der Finanzierung von Qualitätsjournalismus immer dringender wird, ist hier besondere Vorsicht geboten. Unklar ist auch, worauf sich das "derselben" bezieht, insbesondere wenn es sich um Periodika handelt.
15. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60a Absatz 2 UrhG)
In Artikel 1 Nummer 17 sind in § 60a Absatz 2 nach dem Wort "Umfangs" die Wörter ", Werke, die innerhalb einer Schulfunksendung gesendet werden," einzufügen.
Begründung:
Die Ergänzung ist wegen der Aufhebung des § 47 UrhG erforderlich: Schulfunksendungen haben auch heute noch Bedeutung für die Versorgung der Schulen mit Medieninhalten, wenngleich sich die konkrete Nutzung dieser bildungsrelevanten Inhalte im Vergleich zum "klassischen" Schulfunk geändert hat. Nach § 47 UrhG dürfen Schulen sowie Einrichtungen der Lehrerbildung und Medienzentren, Schulfunksendungen zur Verwendung im Unterricht innerhalb eines Schuljahres vergütungsfrei aufzeichnen (zum Beispiel auf DVD). Ein Wegfall von § 47 UrhG hätte zur Folge, dass Vervielfältigungen von Schulfernsehsendungen für die Nutzung im Unterricht nur in Teilen hergestellt werden dürften, statt wie bisher in vollem Umfang. Dies ist bei Sendungen, die speziell für den Unterricht konzipiert sind, nicht zweckentsprechend. Zustimmungsfrei erlaubt wäre nach dem UrhG-E nur noch die Vorführung zur Sendezeit, die aber mit der Unterrichtszeit nicht übereinstimmt, oder die Wiedergabe als Stream über das Internet. Allerdings verfügen viele Schulen derzeit noch nicht über die notwendige Ausstattung und Internetanbindung, die eine mit der Offline-Nutzung von Schulfunksendungen vergleichbare Verwendung ermöglichen könnte. Um die Vergütungsfreiheit für Vervielfältigungen von Schulfunksendungen, wie es im derzeitigen § 47 UrhG geregelt ist, zu ermöglichen, ist weiter eine Ergänzung des § 60h Absatz 2 UrhG-E erforderlich.
16. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60d UrhG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren dafür Sorge zu tragen, dass bei der Schranke zum Text und Data Mining in § 60d UrhG-E die berechtigten Personen weiter konkretisiert und Vorkehrungen oder Verfahren zur Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen der Schranke eingeführt werden.
Begründung:
Die Schranke für das Text- und Datamining in § 60d UrhG-E erlaubt die Vervielfältigung zur Erstellung eines Korpus zur automatisierten Auswertung, der einem "bestimmt abgrenzbaren Kreis von Personen" sowie "einzelnen Dritten zur Überprüfung der Qualität wissenschaftlicher Forschung zugänglich" gemacht wird.
Problematisch ist, dass nicht geklärt ist, inwieweit diese Schranke mit erwerbswirtschaftlichen Geschäftsmodellen der Verlage kollidiert. Vor allem für die Presseverlage ist die Verwertung von Archivmaterial eine wichtige Basis zur Querfinanzierung der immer kurzlebiger werdenden aktuellen Berichterstattung. Die Vorschrift spezifiziert darüber hinaus den berechtigten Personenkreis nicht ausreichend. Faktisch kann jedermann einbezogen werden. Im Übrigen ist unklar, wie die Einhaltung der Löschpflicht in Absatz 3, die Eingrenzung des Personenkreises sowie die Beschränkung auf nicht gewerbliche Zwecke sichergestellt werden sollen.
17. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60d UrhG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, auf welche Art und Weise eine praxistaugliche, d.h. unbürokratische und mit geringstmöglichen Aufwand verbundene Be- und Verarbeitung urheberrechtlich geschützter Werke im Sinne des § 60d UrhG-E (d.h. Text- und Datamining, Vervielfältigung und Verwertung i. S. d § 60d UrhG-E etc.) im Rahmen unternehmerischer Zwecke als kommerzielle Forschungstätigkeit möglich ist.
Begründung:
Der Gesetzentwurf regelt in § 60d UrhG-E erstmals das Text- und Datamining, bei dem eine Vielzahl von urheberrechtlich geschützten Texten, Daten, Bildern und sonstigen Materialien ausgewertet werden, um so neue Erkenntnisse zu gewinnen. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs ist das Text- und Datamining von nicht geschützten Texten, Daten, Bildern und sonstigen Materialien grundsätzlich urheberrechtlich zulässig.
§ 60d UrhG-E erlaubt insbesondere die mit dieser Methode einhergehenden Vervielfältigungen, sofern diese in urheberrechtlich relevanter Weise das Vervielfältigungsrecht berühren, sowie die Aufbewahrung der ausgewerteten Materialien, insbesondere zur nachträglichen Überprüfung der Einhaltung wissenschaftlicher Standards. Die Erlaubnis gilt nicht für unternehmerische Forschungstätigkeiten.
In der Praxis ist das Text- und Datamining für viele Unternehmen ein effektives Mittel um Forschung zu betreiben. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen mit begrenzten Forschungsressourcen sind in der Lage mit Hilfe dieses Werkzeugs wertvolle Erkenntnisse und Forschungsergebnisse zu erzielen, die den Innovationsgrad erhöhen und nicht zuletzt dadurch der Allgemeinheit zu Gute kommen können.
Um den Unternehmen auch in Zukunft die Möglichkeit zu geben, Forschung mit Hilfe von Text- und Datamining zu betreiben, muss ein klarer Rechtsrahmen geschaffen werden. Dieser muss einerseits auf praxistaugliche und unbürokratische Weise dem Forschungsbedürfnis der Unternehmen Rechnung tragen. Anderseits sind die berechtigten Interessen der Urheber an einem angemessenen Schutz ihrer Werke und damit verbundene Vergütungsansprüche zu berücksichtigen. Ohne klare Regelungen in diesem Bereich, die einen angemessenen Interessenausgleich und Rechtssicherheit für alle Beteiligten gewährleisten, sind negative Auswirkungen auf die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu befürchten.
18. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60e Absatz 1 UrhG)
In Artikel 1 Nummer 17 sind in § 60e Absatz 1 nach dem Wort "vervielfältigen" die Wörter "oder vervielfältigen lassen" einzufügen.
Begründung:
Bibliotheken und die nach § 60f UrhG-E erfassten Einrichtungen nehmen die ihnen derzeit durch § 53 UrhG gestatteten Vervielfältigungen zum Teil nicht selbst vor, sondern lassen diese durch Dritte vornehmen. Insbesondere greifen sie dabei auf technische Dienstleister zurück, die über Spezialkenntnisse bzw. Spezialgeräte für die Digitalisierung von Inhalten verfügen.
§ 53 Absatz 2 Satz 1 UrhG gestattet es den Einrichtungen bislang ausdrücklich, die Vervielfältigungen durch Dritte herstellen zu lassen. Diese Befugnis sollte auch in den neuen Erlaubnisnormen ausdrücklich klarstellt werden.
19. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60f Absatz 2 UrhG)
In Artikel 1 Nummer 17 ist § 60f Absatz 2 wie folgt zu fassen:
(2) Archive, die auch im öffentlichen Interesse tätig sind, dürfen ein Werk vervielfältigen oder vervielfältigen lassen, um es als Archivgut in ihre Bestände aufzunehmen. Die abgebende Stelle hat unverzüglich die bei ihr vorhandenen Vervielfältigungen zu löschen."
Begründung:
§ 60f Absatz 2 UrhG-E verknüpft bislang die Erlaubnis des die zu archivierenden Inhalte übernehmenden Archivs mit der Löschpflicht der abgebenden Stelle. Das Archiv kann jedoch die Einhaltung der Löschpflicht durch die abgebende Stelle nicht kontrollieren. Indem die Löschpflicht in einen eigenen Satz 2 verschoben wird, knüpft die vorgeschlagene Regelung die Erlaubnis des Archivs nicht länger an die Löschung durch die abgebende Stelle an. Damit erhöht sich für die Archive die Rechtssicherheit. Die im Interesse der Rechtsinhaber stehende Löschpflicht bleibt bestehen.
20. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60e Absatz 4 Satz 2 UrhG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwiefern das Missbrauchspotenzial, das der Regelung des § 60e Absatz 4 Satz 2 UrhG-E zur Erlaubnis digitaler Anschlusskopien bei der Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke an Bibliotheksterminals innewohnt, wirksam begrenzt werden kann.
Begründung:
§ 60e Absatz 4 Satz 2 UrhG-E erlaubt den Nutzern von Terminals in den Räumen von Bibliotheken, je Sitzung bis zu zehn Prozent eines dort zugänglich gemachten Werkes sowohl in analoger als auch in digitaler Weise zu nicht kommerziellen Zwecken zu vervielfältigen. Die Regelung, die keine weitere Begrenzung enthält, würde es damit ermöglichen, in zehn "Sitzungen", die theoretisch auch unmittelbar hintereinander am selben Tag erfolgen könnten, ein komplettes Werk jeglicher Art digital zu vervielfältigen. Denkbar ist auch, dass mehrere gemeinschaftlich handelnde Nutzer, zum Beispiel eine studentische Arbeitsgemeinschaft, die von ihnen jeweils vervielfältigten Teile des Werkes zusammenfügen mit der Folge, dass auch auf diese Weise vollständige Kopien von Büchern und Zeitschriften (deren Anfertigung nach § 53 Absatz 4 Buchstabe b UrhG unzulässig wäre) hergestellt werden und anschließend in unzulässiger Weise in weiterem Umfang öffentlich zugänglich gemacht werden könnten. Es erscheint zum Schutz der Rechteinhaber geboten, diesem Missbrauchspotenzial durch geeignete Maßnahmen, gegebenenfalls auch verpflichtender technischer Art, wirksam entgegenzutreten.
21. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60f Absatz 1 UrhG)
In Artikel 1 Nummer 17 sind in § 60f Absatz 1 nach dem Wort "Museen" die Wörter ", Theater in öffentlicher Trägerschaft" einzufügen.
Begründung:
Aufgrund der an den Theatern in öffentlicher Trägerschaft vorhandenen umfassenden Dokumentationen von Uraufführungen, Premieren und Aufführungen, gerade auch in digitaler Form, sollten diese in den Kanon der Gedächtnisinstitutionen aufgenommen werden.
22. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60g Absatz 2 UrhG)
In Artikel 1 Nummer 17 ist in § 60g Absatz 2 das Wort "Versand" durch die Wörter "elektronischen Versand" zu ersetzen.
Begründung:
Die Beschränkung des Vertragsvorbehalts auf den elektronischen Kopienversand entspricht der geltenden Rechtslage in § 53a Absatz 1 Satz 3 UrhG. Zudem betreffen auch die beiden anderen in § 60g Absatz 2 UrhG-E geregelten Fälle nur digitale Sachverhalte.
23. Zu Artikel 1 Nummer 17 (§ 60h Absatz 2 Nummer 3 - neu - UrhG)
In Artikel 1 Nummer 17 ist § 60h Absatz 2 wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 2 ist der Punkt durch ein Komma zu ersetzen.
- b) Folgende Nummer ist anzufügen:
"3. Vervielfältigungen von Schulfunksendungen für den in § 60a Absatz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Personenkreis und Landesmedienzentren oder vergleichbare Einrichtungen in staatlicher Trägerschaft, wenn die Vervielfältigungen spätestens am Ende des auf die Übertragung der Schulfunksendung folgenden Schuljahres gelöscht werden."
Begründung:
Diese Änderung dient dem Erhalt der im derzeitigen § 47 UrhG geregelten Vergütungsfreiheit von Vervielfältigungen von Schulfunksendungen.