Ratsdok. 6290/03
KEP-AE-Nr. 030818
Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 7. März 2003 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).
Die Vorlage ist am 13. Februar 2003 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Das Europäische Parlament wird an den Beratungen beteiligt.
Auf Verlangen des Freistaates Bayern vom 7. Mai 2003 erscheint die Vorlage gemäß § 45a GOBR als Drucksache des Bundesrates.
Initiative der Hellenischen Republik im Hinblick auf die Annahme eines Entwurfs eines Rahmenbeschlusses des Rates zur Verhütung und Bekämpfung des Handels mit menschlichen Organen und Geweben
Der Rat der europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 29, Artikel 31 Buchstabe e und Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe b, auf Vorschlag der Kommission, nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments, in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1) Der Aktionsplan des Rates und der Kommission zur bestmöglichen Umsetzung der Bestimmungen des Amsterdamer Vertrags über den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, der Europäische Rat von Tampere (15./16. Oktober 1999) und der Europäische Rat von Santa Maria da Feira (19./20. Juni 2000) - wie im Fortschrittsanzeiger aufgeführt - nennen oder fordern legislative Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels, einschließlich der Festlegung gemeinsamer Definitionen, Tatbestandsmerkmale und Sanktionen.
- (2) Der Handel mit menschlichen Organen und Geweben ist eine Form des Menschenhandels, die mit schweren Verstößen gegen die grundlegenden Menschenrechte und insbesondere gegen die Würde und die körperliche Unversehrtheit des Menschen einhergeht. Diese Form des Handels bietet ein Betätigungsfeld für Gruppen der organisierten Kriminalität und erfolgt oft in Verbindung mit unzulässigen Praktiken wie Ausbeutung schwächerer Menschen oder Anwendung von Drohungen und Gewalt. Zudem führt sie zu schwerwiegenden Gefahren für die öffentliche Gesundheit und verletzt das Recht der Bürger auf gleichberechtigten Zugang zu den Gesundheitsdiensten. Sie untergräbt schließlich auch das Vertrauen der Bürger in das rechtmäßige Transplantationssystem.
- (3) Die Bekämpfung der kommerziellen Nutzung des menschlichen Körpers oder von Teilen davon war mehrfach schon Gegenstand der Beratungen einer Vielzahl von internationalen Organisationen und ist durch internationale Übereinkünfte geregelt. Bereits im Jahre 1978 erklärte der Europarat in seiner vom Ministerkomitee des Europarates am 11. Mai 1978 verabschiedeten Entschließung (78) 29 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Entnahme und Transplantation menschlicher Körpersubstanzen, dass die Überlassung menschlicher Körpersubstanzen zu Transplantationszwecken keinen gewinnbringenden Zwecken dienen darf. Diese Auffassung wurde von der 3. Tagung der europäischen Gesundheitsminister vom 16.-17. November 1987 in Paris bestätigt, die in ihrer Schlusserklärung betonte, dass es allen Organvermittlungsstellen, Organbanken oder sonstigen Einrichtungen oder privaten Stellen untersagt ist, menschliche Organe gegen Gewinn zu überlassen.
- (4) Einen bedeutenden Schritt bei den Bemühungen zur Bekämpfung des Handels mit menschlichen Organen und Geweben sowie ganz allgemein der kommerziellen Nutzung des menschlichen Körpers stellt das am 4. April 1997 in Oviedo geschlossene und am 1. Dezember 1999 in Kraft getretene Übereinkommen des Europarates über Menschenrechte und Biomedizin dar. Nach Artikel 21 dieses Übereinkommens dürfen der menschliche Körper und Teile davon nicht zur Erzielung eines finanziellen Gewinns verwendet werden. Nach Artikel 25 sind die Unterzeichnerstaaten verpflichtet, Sanktionen - nicht notwendig strafrechtlicher Art - für Verletzungen von Bestimmungen dieses Übereinkommens vorzusehen. Dem Übereinkommen wurde ein Zusatzprotokoll über die Transplantation von Organen und Geweben menschlichen Ursprungs beigefügt, das am 24. Januar 2002 erstellt wurde, aber noch nicht in Kraft getreten ist. Nach Artikel 21 dieses Protokolls dürfen der menschliche Körper und seine Teile nicht zur Erzielung eines finanziellen Gewinns oder vergleichbaren Vorteils verwendet werden. Gleichfalls verboten wird die Werbung hinsichtlich des Bedarfs an Organen oder Geweben oder deren Verfügbarkeit mit dem Ziel, einen finanziellen Gewinn oder vergleichbaren Vorteil anzubieten oder zu erlangen. Artikel 22 des Protokolls enthält die Verpflichtung zum Verbot des Handels mit Organen und Geweben.
- (5) Der Handel mit menschlichen Organen und Geweben wurde mehrfach auch von der Weltgesundheitsorganisation verurteilt. Dies geschah erstmals mit der WHO-Resolution 40.13 vom Mai 1987. Mit der Resolution 42.5 vom Mai 1989 verurteilte die WHO erneut den Kauf und Verkauf von menschlichen Organen, wobei sie zugleich auf das Fehlen wirksamer Verhütungsmaßnahmen verwies und die nationalen Gesetzgeber zu verstärkten Anstrengungen aufrief. Mit der Resolution 44.25 vom Mai 1991 erklärte die WHO die Organentnahme bei Minderjährigen außer in Ausnahmefällen für unzulässig, untersagte jede Werbung für eine Überlassung menschlicher Organe gegen Bezahlung und führte in Bezug auf Organspenden den Grundsatz der Gleichberechtigung ein.
- (6) In dem Protokoll zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, in Ergänzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität umfasst die Definition des als Tatbestandsmerkmal für Menschenhandel geltenden Begriffs "Ausbeutung" auch die Entnahme menschlicher Organe. Das Protokoll stellt für die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Handels mit menschlichen Organen einen entscheidenden Schritt dar.
- (7) Dennoch wurde in die Regelungen des unlängst ergangenen Rahmenbeschlusses des Rates vom 19. Juni 2002 zur Bekämpfung des Menschenhandels der Handel mit menschlichen Organen nicht einbezogen.
- (8) Die bedeutende Arbeit, die durch internationale Organisationen, insbesondere die Vereinten Nationen, die Weltgesundheitsorganisation und den Europarat geleistet wird, bedarf der Ergänzung durch die Europäische Union.
- (9) Es ist erforderlich, dem schweren Straftatbestand des Handels mit menschlichen Organen und Geweben nicht nur mit einzelnen Maßnahmen eines jeden Mitgliedstaats, sondern auch mit einem umfassenden Ansatz entgegenzutreten, der als wesentliche Bestandteile die Bestimmung der für alle Mitgliedstaaten gemeinsamen Tatbestandsmerkmale der Straftat sowie wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen enthalten muss. Entsprechend den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit beschränkt sich dieser Rahmenbeschluss auf das zur Erreichung der genannten Ziele auf europäischer Ebene erforderliche Mindestmaß und geht nicht darüber hinaus.
- (10) Die Straftaten müssen mit ausreichend schweren Sanktionen geahndet werden, so dass der Handel mit menschlichen Organen und Geweben in den bereits bestehenden Rechtsrahmen für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität wie insbesondere die Gemeinsame Maßnahme 98/699/JI des Rates vom 3. Dezember 1998 betreffend Geldwäsche, die Ermittlung, das Einfrieren, die Beschlagnahme und die Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten sowie die Gemeinsame Maßnahme 98/733/JI des Rates vom 21. Dezember 1998 betreffend die Strafbarkeit der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union einbezogen werden kann -
Hat folgenden Rahmenbeschluss erlassen:
Artikel 1
Begriffsbestimmungen
- Im Sinne dieses Rahmenbeschlusses bedeutet der Ausdruck
- 1. "Transplantation" das gesamte Verfahren der Entnahme eines Organs oder Gewebes bei einer Person und der Übertragung dieses Organs oder Gewebes auf eine andere Person, einschließlich der Vorbereitungs-, Konservierungs- und Aufbewahrungsverfahren;
- 2. "Gewebe" auch Zellen, einschließlich der blutbildenden Stammzellen;
- 3. "menschliche Organe und Gewebe" nicht:
- a) Fortpflanzungsorgane und -gewebe,
- b) embryonale Organe und Gewebe,
- c) Blut und Blutderivate;
- 4. "Minderjährige" Personen vor Vollendung des achzehnten Lebensjahres.
Artikel 2
Straftaten im Bereich des Handels mit menschlichen Organen
- Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass folgende Handlungen unter Strafe gestellt werden:
- 1. die Anwerbung, Beförderung, Weitergabe, Beherbergung und spätere Aufnahme einer Person, einschließlich Tausch der Kontrolle oder Weitergabe der Kontrolle über sie, wenn eine der folgenden Voraussetzungen gegeben ist:
- a) Anwendung oder Androhung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, einschließlich Entführung, oder
- b) arglistige Täuschung oder Betrug, oder
- c) Missbrauch einer Machtstellung oder Ausnutzung einer Position der Schwäche, in einer Weise, dass die betroffene Person keine wirkliche und für sie annehmbare andere Möglichkeit hat, als sich dem Missbrauch zu beugen, oder
- d) Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vergünstigungen mit dem Ziel, von einer Person, die die Kontrolle über eine andere Person hat, das Einverständnis zur Entnahme von Organen oder Geweben bei der anderen Person zu erhalten;
- 2.
- a) die unter Anwendung oder Androhung von Gewalt oder im Wege von Täuschung oder Betrug erfolgende Entnahme eines Organs bei einem lebenden Spender;
- b) die Entnahme eines Organs bei einem Spender, der aufgrund der Zahlung oder des Versprechens eines finanziellen Entgelts in die Entnahme eingewilligt hat;
- c) die unmittelbar oder über Dritte an einen Spender erfolgende Zahlung eines finanziellen Entgelts oder das an einen Spender gerichtete Angebot oder Versprechen eines finanziellen Entgelts mit dem Ziel, seine Einwilligung in die Entnahme eines Organs zu erreichen;
- d) die Entgegennahme oder die Forderung eines finanziellen Entgelts seitens eines Spenders oder eines Dritten zwecks Einwilligung des Spenders in die Entnahme eines Organs;
- e) die Ausübung einer Vermittlerrolle bei einer der vorgenannten Handlungen (Buchstaben a bis d);
- f) die Forderung, die Entgegennahme, die Zahlung, das Angebot oder das Versprechen eines finanziellen Entgelts zum Zwecke des Angebots oder des Erwerbs menschlicher Organe und Gewebe oder ganz allgemein zum Zwecke des Handels mit diesen Organen und Geweben.
- 3.
- a) der Kauf, der Besitz, die Aufbewahrung, die Beförderung, die Einfuhr, die Ausfuhr oder die Übertragung des Besitzes menschlicher Organe, die im Wege einer der Handlungen nach den Nummern 1 und 2 entnommen wurden;
- b) die Mitwirkung von Ärzten oder Krankenhauspersonal an einer Organtransplantation, wenn sie in Kenntnis des Umstands erfolgt, dass das betreffende Organ Gegenstand einer der vorgenannten Handlungen war.
Artikel 3
- Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Anstiftung oder Beihilfe zur Begehung einer Straftat sowie die versuchte Begehung einer Straftat nach Artikel 2 unter Strafe gestellt werden.
Artikel 4
Strafen
- Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Straftaten nach den Artikeln 2 und 3 mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Strafen geahndet werden, die zu einer Auslieferung führen können.
- Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Straftaten nach Artikel 2 mit Freiheitsstrafen im Höchstmaß von mindestens zehn Jahren geahndet werden, wenn sie unter einem der folgenden Umstände begangen wurden:
- a) Durch die Straftat wurde das Leben des Opfers vorsätzlich oder leichtfertig gefährdet.
- b) Opfer der Straftat wurde eine minderjährige Person.
- c) Dem Opfer wurde durch die Straftat ein besonders schwerer körperlicher Schaden zugefügt.
- d) Die Straftat wurde im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gemäß der Definition in der Gemeinsamen Maßnahme 98/733/JI begangen, wobei das darin genannte Strafmaß nicht relevant ist.
Artikel 5
Verantwortlichkeit juristischer Personen
- (1) Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person für eine Straftat nach den Artikeln 2 und 3 verantwortlich gemacht werden kann, die zu ihren Gunsten von einer Person begangen wurde, die entweder allein oder als Teil eines Organs der juristischen Person gehandelt hat und die eine Führungsposition innerhalb der juristischen Person innehat aufgrund a) der Befugnis zur Vertretung der juristischen Person oder b) der Befugnis, Entscheidungen im Namen der juristischen Person zu treffen, oder c) einer Kontrollbefugnis innerhalb der juristischen Person.
- (2) Neben den in Absatz 1 bereits vorgesehenen Fällen trifft jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person verantwortlich gemacht werden kann, wenn mangelnde Überwachung oder Kontrolle seitens einer der in Absatz 1 genannten Personen die Begehung einer Straftat nach den Artikeln 2 und 3 zugunsten der juristischen Person durch eine ihr unterstellte Person ermöglicht hat.
- (3) Die Verantwortlichkeit der juristischen Person nach den Absätzen 1 und 2 schließt die strafrechtliche Verfolgung natürlicher Personen als Täter, Anstifter oder Gehilfen bei einer Straftat nach den Artikeln 2 und 3 nicht aus.
- (4) Für die Zwecke dieses Rahmenbeschlusses bezeichnet der Begriff "juristische Person" jedes Rechtssubjekt, das diesen Status nach dem jeweils geltenden Recht besitzt, mit Ausnahme von Staaten oder sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts in der Ausübung ihrer hoheitlichen Rechte und von öffentlichrechtlichen internationalen Organisationen.
Artikel 6
Sanktionen gegen juristische Personen
- Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass gegen eine im Sinne des Artikels 5 verantwortliche juristische Person wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen verhängt werden können, zu denen strafrechtliche oder nichtstrafrechtliche Geldsanktionen gehören und andere Sanktionen gehören können, beispielsweise:
- a) Ausschluss von öffentlichen Zuwendungen oder Hilfen oder
- b) vorübergehendes oder ständiges Verbot der Ausübung einer Handelstätigkeit oder
- c) richterliche Aufsicht oder
- d) richterlich angeordnete Auflösung oder
- e) vorübergehende oder endgültige Schließung von Einrichtungen, die zur Begehung der Straftat genutzt wurden.
Artikel 7
Gerichtsbarkeit und Strafverfolgung
- (1) Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um seine Gerichtsbarkeit in Bezug auf eine Straftat nach den Artikeln 2 und 3 in den Fällen zu begründen, in denen
- a) die Straftat ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet begangen wurde oder
- b) es sich bei dem Täter um einen seiner Staatsangehörigen handelt oder
- c) die Straftat zugunsten einer im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats niedergelassenen juristischen Person begangen wurde.
Artikel 8
Umsetzung
- (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um diesem Rahmenbeschluss bis zum ... nachzukommen.
- (2) Die Mitgliedstaaten übermitteln dem Generalsekretariat des Rates und der Kommission zu dem in Absatz 1 genannten Zeitpunkt den Wortlaut der Vorschriften, mit denen ihre Verpflichtungen aus diesem Rahmenbeschluss in innerstaatliches Recht umgesetzt werden. Der Rat prüft bis spätestens ... anhand eines auf der Grundlage dieser Informationen erstellten Berichts und eines schriftlichen Berichts der Kommission, inwieweit die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen getroffen haben, um diesem Rahmenbeschluss nachzukommen.
Artikel 9
Inkrafttreten
- Dieser Rahmenbeschluss tritt am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.
- Geschehen zu Brüssel am Im Namen des Rates Der Präsident
Anlage
Entwurf eines Rahmenbeschlusses zur Verhütung und Bekämpfung des Handels mit menschlichen Oganen und Geweben
Erläuternder Vermerk
1. Allgemeines
- 1.1. Mit dem vorgeschlagenen Entwurf soll ein Beitrag zur Bekämpfung des Handels mit menschlichen Organen und Geweben als einer Ausprägung des organisierten Verbrechens geleistet werden.
- 1.2. Die Entnahme menschlicher Organe und Gewebe stellt eine Form der Ausbeutung von Personen dar, die als Menschenhandel im Sinne der Definition dieses Begriffs im Zusatzprotokoll des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität zu betrachten ist.
- 1.3. Die Notwendigkeit gemeinsamen Handelns zur Bekämpfung des Menschenhandels und somit auch des Handels mit Organen und Geweben wurde vom Europäischen Rat in Tampere (Nummer 48 der Schlussfolgerungen des Vorsitzes) betont. Auf der Tagung des Europäischen Rates vom 19.-20. Juni 2000 in Santa Maria da Feira wurde dieses Erfordernis bekräftigt.
- 1.4. Darüber hinaus wurde die Notwendigkeit der Bekämpfung der kommerziellen Nutzung des menschlichen Körpers wiederholt von der Weltgesundheitsorganisation und vom Europarat hervorgehoben.
- 1.5. Das Erfordernis gemeinsamen Handelns speziell zur Bekämpfung des Handels mit menschlichen Organen und Geweben ergibt sich insbesondere aus den großen Unterschieden zwischen den betreffenden Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, und zwar sowohl was die diesbezüglichen Tatbestandsmerkmale als auch die angedrohten Strafen angeht. Diese Unterschiede stellen ein Hindernis für die Bekämpfung dieser Form der organisierten Kriminalität innerhalb des einheitlichen europäischen Raumes dar.
- 1.6. In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen wird mit dem Textvorschlag bezweckt, die grundlegenden Formen des Handels mit menschlichen Organen und Geweben zu beschreiben, die in allen Mitgliedstaaten unter Strafe gestellt werden müssen. Zudem werden die Mindeststrafen vorgeschlagen, die in Anbetracht der Schwere der jeweiligen Straftaten für notwendig, angemessen und gerecht erachtet werden.
2. Vorstellung der einzelnen Artikel
Artikel 1
Artikel 1 enthält Definitionen von Begriffen, wie Transplantation, menschliche Gewebe usw., die für die Straftaten wesentlich sind. Er enthält ferner eine Bestimmung des Begriffs "Minderjährige".
Artikel 2
In diesem Artikel sind die Straftaten aufgeführt, die unter den Begriff des Handels mit menschlichen Organen und Geweben fallen. In Bezug auf Merkmale und Struktur ähneln manche der betreffenden Handlungen dem Straftatbestand des Menschenhandels, wie er in dem entsprechenden Rahmenbeschluss des Rates vom 19. Juni 2002 vorgesehen ist. Andere dieser Handlungen entsprechen den besonderen Ausprägungen der Kriminalität im Bereich des Organhandels und ergeben sich aus einer vergleichenden Untersuchung der Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten.
Artikel 3
Mit diesem Artikel sollen die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, die Anstiftung oder die Beihilfe zur Begehung einer Straftat sowie die versuchte Begehung einer Straftat nach Artikel 2 unter Strafe zu stellen.
Artikel 4
Dieser Artikel verpflichtet die Mitgliedstaaten, für Straftaten der Artikel 2 und 3 wirksame, angemessene und abschreckende Strafen vorzusehen, die zu einer Auslieferung führen können. Diese Strafen sind im Falle erschwerender Umstände zu verschärfen. Erschwerende Umstände sollen vorliegen, wenn bei Begehen einer grundlegenden Straftat im Sinne des Handels mit Organen das Leben des Opfers gefährdet wird, der Straftat Minderjährige zum Opfer fallen, dem Opfer schwerer körperlicher Schaden zugefügt wird oder die Straftat im Rahmen organisierter Kriminalität begangen wird.
Artikel 5
Aus Artikel 5 ergibt sich die Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, eine Verantwortlichkeit juristischer Personen für bestimmte Fälle vorzusehen, in denen Straftaten nach den Artikeln 2 und 3 von natürlichen Personen begangen werden.
Artikel 6
In Artikel 6 sind die Sanktionen vorgesehen, die gegen juristische Personen im Falle einer Verantwortlichkeit nach Artikel 5 zu verhängen sind.
Artikel 7
Dieser Artikel bezweckt eine Ausweitung der gerichtlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Sie soll auf Fälle ausgedehnt werden, in denen die Straftat außerhalb des Hoheitsgebiets des betreffenden Staates begangen wird. Diese Ausweitung ist erforderlich, um dem "Transplantationstourismus" Rechnung zu tragen, d.h. der Tatsache, dass Reisen europäischer Bürger in Staaten organisiert werden, in denen der betreffende Handel nicht wirksam bekämpft wird, so dass man sich den in den Mitgliedstaaten vorgesehenen strengen Sanktionen entziehen kann.
Artikel 8
Artikel 8 enthält die Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten sowie die zeitliche Vorgabe für die Bewertung der Umsetzungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten durch den Rat.
Artikel 9
Nach diesem Artikel soll der Beschluss am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft treten.