A. Problem und Ziel
- Die in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" sind auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft fortzuentwickeln. Dabei sind die Grundsätze der evidenzbasierten Medizin anzuwenden. Der Ärztliche Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin hat eine Anpassung der Anlage an den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und der versorgungsmedizinischen Erfordernisse empfohlen.
B. Lösung
C. Alternativen
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
- Durch die Verordnung ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.
2. Vollzugsaufwand
- Ein Mehr an Vollzugsaufwand ergibt sich durch die Verordnung nicht.
E. Sonstige Kosten
F. Bürokratiekosten
- Neue Informationspflichten werden durch diese Verordnung nicht eingeführt. Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben geäußert.
Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
Zweite Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung
Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 6. Mai 2010
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen
Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu erlassende
mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Ronald Pofalla
Zweite Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung
Vom ...
Auf Grund des § 30 Absatz 17 des Bundesversorgungsgesetzes, der durch Artikel 1 Nummer 32 Buchstabe i des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung:
Die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412), die durch Verordnung vom 1. März 2010 (BGBl. I S. 249) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. In Teil A Nummer 5 Buchstabe d Doppelbuchstabe jj werden die Wörter "bei fortbestehender instabiler Stoffwechsellage bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres" gestrichen.
- 2. In Teil B wird Nummer 15.1 wie folgt gefasst:
"15.1 Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, erleiden auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, die die Feststellung eines GdS rechtfertigt. Der GdS beträgt 0.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann und die durch Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden durch den Therapieaufwand eine signifikante Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 20.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, deren Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann, die mindestens einmal täglich eine dokumentierte Überprüfung des Blutzuckers selbst durchführen müssen und durch weitere Einschnitte in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden je nach Ausmaß des Therapieaufwands und der Güte der Stoffwechseleinstellung eine stärkere Teilhabebeeinträchtigung. Der GdS beträgt 30 bis 40.
Die an Diabetes erkrankten Menschen, die eine Insulintherapie mit täglich mindestens vier Insulininjektionen durchführen, wobei die Insulindosis in Abhängigkeit vom aktuellen Blutzucker, der folgenden Mahlzeit und der körperlichen Belastung selbständig variiert werden muss, und durch erhebliche Einschnitte gravierend in der Lebensführung beeinträchtigt sind, erleiden auf Grund dieses Therapieaufwands eine ausgeprägte Teilhabebeeinträchtigung. Die Blutzuckerselbstmessungen und Insulindosen (beziehungsweise Insulingaben über die Insulinpumpe) müssen dokumentiert sein. Der GdS beträgt 50.
Außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen können jeweils höhere GdS-Werte bedingen."
Artikel 2
Inkrafttreten
- Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- Der Bundesrat hat zugestimmt.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
Die in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" sind auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin fortzuentwickeln. Der zuständige Ärztliche Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin hat eine Anpassung der Anlage an den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und versorgungsmedizinischen Erfordernisse empfohlen.
Mit zusätzlichen Kosten ist nicht zu rechnen, da es sich um eine Anpassung an die Rechtslage und den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft handelt.
B. Besonderer Teil
I. Zu Artikel 1
1. Zu Nummer 1
Die bisherige Fassung sieht Hilflosigkeit bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes mellitus bis zum Alter von 16 Jahren als gegeben an. Dieser Beurteilungsmaßstab bleibt unverändert. Darüber hinaus handelt es sich stets um eine Einzelfallentscheidung. Ein ausdrücklicher Hinweis hierauf die Altersgruppe von 16 bis 18 Jahren betreffend ist entbehrlich.
2. Zu Nummer 2
Das Bundessozialgericht hat wiederholt, zuletzt am 23.04.2009 (Az: B 9 SB 3/08 R), gerügt, dass im Abschnitt Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) in den bis Ende 2008 gültigen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" und der seit dem 01.01.2009 geltenden Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) die Auswirkungen des Therapieaufwands bei Diabetes mellitus auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft bei der Feststellung des Grads der Behinderung nicht ausreichend berücksichtigt würden. Die neue Fassung von Teil B Nummer 15.1, Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Anlage zu § 2 der VersMedV) wurde unter Beachtung der Vorgaben des Bundessozialgerichts auf der Basis des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin von einer Arbeitsgruppe ausgewiesener Experten vorgeschlagen und vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin in seiner Sitzung am 4. November 2009 beschlossen.
Der Beirat stellte ausdrücklich fest, dass eine gesunde Lebensführung - auch wenn sie zeitaufwändig realisiert wird - zu keiner Beeinträchtigung der Teilhabe in der Gesellschaft führt. Durch die Formulierung "außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellage" wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Teilhabebeeinträchtigungen sowohl durch schwere hyperglykämische Stoffwechselentgleisungen als auch durch Hypoglykämien, die jeweils der dokumentierten invasiven Fremdhilfe bedürfen, hervorgerufen werden können. Die neue Bewertung berücksichtigt, dass die Art der Stoffwechseldysregulation und die Hypoglykämieneigung den Therapieaufwand und somit die Teilhabebeeinträchtigung bedingt. Der Therapieaufwand, insbesondere die ständige notwendige Anpassung der Insulindosis, muss dokumentiert sein, um die Teilhabebeeinträchtigung und somit den GdS beurteilen zu können. Einschnitte in der Lebensführung zeigen sich z.B. bei der Planung des Tagesablaufs, der Gestaltung der Freizeit, der Zubereitung der Mahlzeiten, der Berufsausübung und der Mobilität.
II. Zu Artikel 2
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.
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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 1063:
Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 22. Februar 2010
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der o.g. Verordnung auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.
Mit dem vorliegenden Entwurf werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder aufgehoben. Es entstehen keine Bürokratiekosten für Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger sowie für die Verwaltung.
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
Dr. Ludewig | Kreibohm |
Vorsitzender | Berichterstatter |