Der Bundesrat hat in seiner 979. Sitzung am 28. Juni 2019 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur steuerlichen Forschungsförderung vorgelegt hat. Angesichts des harten globalen Innovationswettbewerbs, einer sich eintrübenden Konjunktur sowie tiefgreifender technologischer Transformationsprozesse der Wirtschaft ist ein solches Instrument dringend erforderlich.
- 2. Der Bundesrat begrüßt das Ziel der Bundesregierung, durch die Einführung einer steuerlichen FuE-Förderung zusätzliche private FuE-Investitionen auszulösen, um damit langfristig innovative Unternehmen in Deutschland zu stärken und Wachstum und Beschäftigung zu sichern. Die Bemühungen der Bundesregierung, durch die Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung kleinen und mittelgroßen Unternehmen die Möglichkeit zu vermehrten Investitionen in Forschung und Entwicklungstätigkeiten zu geben, können hierzu einen Beitrag leisten. Die Wahlmöglichkeit, die Forschungszulage neben anderen Förderungen für das begünstigte Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu gewähren, ist ein wichtiger Baustein und kann die Attraktivität der Zulage deutlich steigern.
- 3. Als einer der wenigen OECD- und EU-Mitgliedstaaten verfügt Deutschland derzeit nicht über das sinnvolle Förderinstrument der steuerlichen Forschungsförderung. Die beabsichtigte Forschungszulage ist daher ein wichtiger Schritt, um die Attraktivität des Investitionsstandorts Deutschland zu erhöhen und dem Forschungsdefizit gerade bei KMU entgegenzuwirken.
- 4. Die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, die die bewährte und hiervon in einer materiellen und finanziellen Ausgestaltung unabhängige Projektförderung ergänzt, ist ein wichtiger Beitrag, um die Wettbewerbsfähigkeit des Innovations- und Wirtschaftsstandortes Deutschland zu bewahren und zu verbessern.
- 5. Nach Auffassung des Bundesrates genügt der vorgelegte Gesetzentwurf den Kriterien einer wirksamen steuerlichen Förderung jedoch nur in Teilen.
- 6. Zu § 3 Absatz 7 Satz 2 - neu - FZulG
Dem § 3 Absatz 7 ist folgender Satz anzufügen:
"Bei Kooperationsvorhaben im Sinne des § 2 Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 mit einem oder mehreren nichtsteuerpflichtigen Einrichtungen für Forschung und Wissensverbreitung können deren förderfähige Aufwendungen durch den anspruchsberechtigten Kooperationspartner geltend gemacht werden; bei begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, die von einer nichtsteuerpflichtigen Einrichtung für Forschung und Wissensverbreitung im Auftrag eines Dritten im Sinne des § 2 Absatz 4 Satz 2 durchgeführt werden, können deren förderfähige Aufwendungen durch den Dritten geltend gemacht werden."
Begründung:
Ziel der Änderung ist es, eine Benachteiligung von Forschungsvorhaben zu vermeiden, die gemeinsam mit nichtsteuerpflichtigen öffentlichen Einrichtungen für Forschung und Wissensverbreitung durchgeführt werden. Bestehende Innovationspotenziale sind auch in diesem Rahmen gleichermaßen zu fördern.
- 7. Zu § 6 Absatz 2 Satz 1 FZulG
In § 6 Absatz 2 Satz 1 sind die Wörter "geplante und durchgeführte" durch die Wörter "geplante oder durchgeführte" zu ersetzen.
Begründung:
Durch die Formulierung "und durchgeführte" entsteht der Eindruck, dass die Forschungszulage erst dann beantragt werden kann, wenn das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (FuE-Vorhaben) abgeschlossen worden ist.
Nach der Gesetzesbegründung zu § 5 Absatz 4 kann die Beantragung und Bescheinigung jedoch bereits vor Durchführung des FuE-Vorhabens erfolgen.
Zudem wird in der Begründung zu § 5 ausgeführt:
"Die Forschungszulage wird nicht für ein (gesamtes) FuE-Vorhaben gewährt, sondern es wird abschnittsweise auf den jeweils in einem Wirtschaftsjahr für begünstigte FuE-Vorhaben im vorstehenden Sinne angefallenen förderfähigen Aufwand abgestellt."
Um eine möglichst effektive Wirkung zu erzielen, bittet der Bundesrat, folgende Punkte zu berücksichtigen:
- 8. Der Bundesrat unterstützt das Ziel des Gesetzentwurfs, Forschung und Entwicklung (FuE) insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen zu fördern, damit gerade diese Unternehmen vermehrt in FuE investieren.
Dabei sollte Wert auf ein möglichst einfaches und bürokratiearmes Verfahren gelegt werden. Auch sollten Synergieeffekte mit den bereits bestehenden Verfahren im Bereich der direkten Forschungsförderung genutzt werden.
Der Bundesrat sieht noch erhebliche Möglichkeiten, den Gesetzentwurf in diesem Sinne weiterzuentwickeln und zu verbessern. So sollte auf das aufwändige und komplizierte zweistufige Prüfverfahren verzichtet werden. Dieses sieht vor, dass eine noch durch Rechtsverordnung zu benennende Stelle die Förderwürdigkeit der Forschungsvorhaben dem Grunde nach bescheinigt, während die zuständige Finanzbehörde die Aufwendungen der Höhe nach zu prüfen hat.
Anstatt hier neue Verwaltungsstrukturen zu schaffen, sollte auf die Kenntnisse der Behörden zurückgegriffen werden, die bereits heute für die direkte Forschungsförderung zuständig sind. Diese besitzen das notwendige Knowhow, um die Voraussetzungen für die Gewährung der steuerlichen Forschungszulage sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu prüfen. Daher sollten diese abschließend über die Höhe der Forschungszulage entscheiden. Diese Entscheidung sollte als Grundlagenbescheid für die Auszahlung der Forschungszulage durch die zuständigen Finanzämter genutzt werden.
- 9. Nach Auffassung des Bundesrates ist es von hoher Bedeutung, dass gerade auch der Mittelstand mithilfe des Förderinstruments der Forschungsförderung bei seinen Innovationsanstrengungen unterstützt wird. Dabei müssen auch solche mittelständischen Unternehmen unterstützt werden, die über keine oder keine hinreichend große FuE-Abteilung verfügen und deshalb bei ihren Innovationsbemühungen auf die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen sowie Forschungsdienstleistern angewiesen sind.
- 10. Begünstigter bei der Auftragsforschung sollte nicht der Auftragnehmer, sondern der Auftraggeber sein, da dieser auch das wirtschaftliche Risiko trägt. Gerade für KMU ist die Auftragsforschung von entscheidender Bedeutung, da sie häufig kein eigenes Forschungspersonal einsetzen können, sondern externe Forschungsaufträge vergeben. Der Ansatz beim Auftragnehmer läuft hingegen oftmals ins Leere, da öffentlichrechtliche Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen steuerbefreit sind.
- 11. Der Bundesrat fordert, den Gesetzentwurf dahingehend zu ergänzen, dass auch Aufwendungen für Forschungsdienstleistungen, insbesondere für Auftragsforschung, zu den förderfähigen Tatbeständen hinzugefügt werden. Damit ein entsprechender Anreiz seine Wirkung entfalten kann, muss die Förderung dabei direkt beim Auftraggeber ansetzen.
- 12. Die Auftragsforschung durch gemeinnützige Organisationen, wie Universitäten oder außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, wird durch den Gesetzentwurf nicht ausreichend erfasst. Es ist zu befürchten, dass es zu einer systematischen Benachteiligung von Kooperationen zwischen insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen mit gemeinnützigen Organisationen kommt. Nach Auffassung des Bundesrates sind auch Aufwendungen für Kooperationen zwischen Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen (Auftragsforschung) im Forschungszulagengesetz zu berücksichtigen.
- 13. Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob zur verbesserten Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen Aufwendungen im Rahmen der Auftragsforschung beim Auftraggeber für die Beanspruchung der Forschungszulage geltend gemacht werden können, unabhängig davon, ob der Auftrag einer Universität, einer gemeinnützigen Organisation oder einem Gewerbetreibenden erteilt wurde. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass es in diesen Fällen nicht zu einer Doppelförderung derselben Forschungsvorhaben einerseits beim Auftraggeber und andererseits beim Auftragnehmer kommen darf. Der Umfang der Förderung sollte sich an den §§ 3 und 4 des Gesetzentwurfs, also den Lohnkosten, orientieren. Die auf die Aufwendungen für die Auftragsforschung entfallenden Lohnkosten könnten vom Auftragnehmer gesondert in der Rechnung ausgewiesen werden.
Begründung:
Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen "insbesondere kleine und mittlere Unternehmen vermehrt in Forschung und Entwicklungstätigkeiten investieren". Diesem Ziel wird der Gesetzentwurf bislang nicht gerecht. Er sieht lediglich die Förderung eigener Forschungstätigkeit vor, die überwiegend von Großbetrieben und Konzernen mit eigenen Forschungsabteilungen ausgeführt wird. Kleine und mittlere Unternehmen verfügen in der Regel nicht über eigene Forschungsabteilungen oder Mitarbeiter, die sich ausschließlich der Forschung widmen. Sie bedienen sich zumeist Dritter im Rahmen der Auftragsforschung. Diese Aufwendungen können nach dem Gesetzentwurf bislang nicht beim Auftraggeber, also dem kleinen und mittleren Unternehmen, geltend gemacht werden. Dies muss zur Förderung gerade dieser Unternehmen geändert werden.
Um eine doppelte Förderung desselben Forschungsvorhabens beim Auftragnehmer als eigene Forschungstätigkeit und beim Auftraggeber als Auftragsforschung zu vermeiden, sollte in diesen Fällen die Förderung auf den Auftraggeber beschränkt werden.
Maßstab für die Gewährung der Forschungszulage sind die Lohnkosten. Da die dem Auftraggeber für die Auftragsforschung in Rechnung gestellten Beträge die reinen Lohnkosten übersteigen dürften, ist die Forschungszulage im Rahmen der Auftragsforschung auf die Lohnkosten zu begrenzen, um eine Besserstellung der Auftragsforschung gegenüber der eigenen Forschungstätigkeit zu vermeiden. Denkbar wäre es, dass der Auftragnehmer die Lohnkosten in der Rechnung gesondert ausweisen muss, damit diese dann Bemessungsgrundlage für die Gewährung der Forschungszulage beim Auftraggeber sein können.
- 14. Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie eine Förderung von Forschung und Entwicklung zielgenau auf kleine und mittlere Unternehmen ausgestaltet werden kann.
Begründung:
Der Bundesrat teilt die Auffassung der Bundesregierung, dass insbesondere die kleinen und mittelgroßen Unternehmen vermehrt in Forschung und Entwicklungstätigkeiten investieren sollen. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf steht die Forschungszulage in ihrer Grundausrichtung jedoch allen Unternehmen offen, die Forschung und Entwicklung betreiben. Im Interesse einer zielgenauen Förderung sollte daher die Zulage auf kleine und mittlere Unternehmen (beispielsweise mit einer Mitarbeiterzahl von nicht mehr als 250) ausgerichtet werden.
- 15. Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, welche Auswirkungen das Forschungszulagengesetz auf die Möglichkeiten des Einsatzes von EU-Strukturfondsmitteln für die Förderung von FuE-Vorhaben von Unternehmen durch die Länder haben wird.
- 16. Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren sicherzustellen, dass die Länder auch künftig EU-Strukturfondsmittel für solche FuE-Vorhaben einsetzen können, bei denen sich die Unternehmen entscheiden, auf die Forschungszulage zu verzichten, und stattdessen eine zuschussbasierte FuE-Projektförderung in Anspruch zu nehmen.
Begründung zu Ziffern 15 und 16:
Beim Einsatz von EU-Strukturfondsmitteln muss das sogenannte Zusätzlichkeitsprinzip, auch Additionalitätsprinzip genannt, gemäß Artikel 95 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 beachtet werden. Danach dürfen EU-Mittel nicht an die Stelle öffentlicher Strukturausgaben oder Ausgaben gleicher Art der Mitgliedstaaten treten. Daraus folgt unter anderem, dass Pflichtausgaben beispielsweise auf gesetzlicher Grundlage nicht EFRE-/ESF-förderfähig sind. Inwieweit dieses Zusätzlichkeitsprinzip hier einschlägig ist, bedarf einer Überprüfung. Es muss sichergestellt werden, ggf. in Form einer Anpassung des Gesetzestextes, dass nicht aufgrund der Fördermöglichkeit durch nationale Mittel (Forschungszulage) keine EU-Strukturfondsmittel mehr für die gleiche Bemessungsgrundlage (Lohnkosten von FuE-Beschäftigten) eingesetzt werden dürfen.
Sollten künftig EU-Strukturfondsmittel für FuE-Projekte von Unternehmen aufgrund des Forschungszulagengesetzes nur noch für den Teil der über der steuerlichen Bemessungsgrenze von jährlich 2 Millionen Euro liegenden FuE-Lohnkosten gewährt werden dürfen, würde dies die bisherige FuE-Förderung in Ländern, die dafür EU-Strukturfondsmittel einsetzen, stark einschränken. Das Ziel der Bundesregierung, dass mit der steuerlichen Forschungsförderung insbesondere die kleinen und mittelgroßen Unternehmen vermehrt in Forschung und Entwicklungstätigkeiten investieren, würde damit deutlich verfehlt.
- 17. Der Bundesrat unterstreicht, dass eine steuerliche Forschungsförderung nur als komplementärer Ansatz neben die existierende, bezüglich des finanziellen Ausstattungsvolumens unveränderte Projektförderung treten darf.
Begründung:
Die steuerliche FuE-Förderung stellt ein Instrument dar, dass die Finanzierungsmöglichkeiten von KMU in der Breite verbessern, somit Anreize für FuE setzen und damit die Anzahl kontinuierlich forschender Unternehmen erhöhen soll. Damit ersetzt sie aber keinesfalls die erfolgreiche, auf spezifische Projekte ausgerichtete direkte FuE-Projektförderung.