829. Sitzung des Bundesrates am 15. Dezember 2006
A.
- 1. Der federführende Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen:
Zu Artikel 1 Nr. 2 (§ 44 Satz 2, § 199 Abs. 2 StPO), Nr. 3 (§ 201 Abs. 1 Satz 2 StPO), Nr. 4 (§ 212 StPO), Nr. 5 (§ 243 Abs. 4 Satz 1 StPO), Nr. 6 (§ 243a Abs. 2 Satz 1, 3, Abs. 4 Satz 6, Abs. 5 Satz 2, 3 - neu -, Abs. 6 Satz 2, § 243b StPO), Nr. 10 (§ 337 Abs. 3 StPO)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
Folgeänderungen:
- a) Im Vorblatt ist der Abschnitt "B. Lösung" wie folgt zu ändern:
- b) Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Die bisherigen Nummern 4 bis 10 werden zu den Nummern 3 bis 9.
- bb) Die neue Nummer 5 ist wie folgt zu ändern:
- c) Die Allgemeine Begründung ist in Abschnitt I. wie folgt zu ändern:
- aa) Absatz 8 Satz 2 ist durch folgende Sätze zu ersetzen:
"Die Beteiligten können jederzeit die Möglichkeit einer Urteilsabsprache erörtern bilaterale Gespräche sind nicht ausgeschlossen. Urteilsabsprachen können jedoch erst in der Hauptverhandlung getroffen werden."
- bb) Die Absätze 9 und 10 sind zu streichen.
- cc) Absatz 11 Satz 1 und 2 ist durch folgenden Satz zu ersetzen:
"Wenn außerhalb der Hauptverhandlung Erörterungen mit dem Ziel einer Urteilsabsprache stattfinden und das Gericht daran beteiligt ist, sind diese Gespräche ihrem wesentlichen Inhalt und Ergebnis nach vom Vorsitzenden des Gerichts in den Akten zu dokumentieren und in der Hauptverhandlung bekannt zu geben."
- dd) Absatz 12 Satz 3 ist wie folgt zu fassen:
"Die Bindung entfällt, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt eine wesentliche Änderung der Bewertung der Sach- und Rechtslage durch das Gericht ergibt."
- ee) In Absatz 13 Satz 3 sind nach dem Wort "kann" die Wörter "von denjenigen Verfahrensbeteiligten, die der Absprache zugestimmt haben," einzufügen.
- ff) Der letzte Absatz ist zu streichen.
- d) In der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nr. 1 ist der letzte Satz zu streichen.
- e) Die Einzelbegründung zu Artikel 1 Nr. 2 ist wie folgt zu fassen:
Zu Nummer 2 (§ 44 Satz 2)
Wird der Angeklagte über seine Rechtsmittelmöglichkeiten belehrt, jedoch nicht qualifiziert darüber belehrt, dass ihm die Rechtsmittel trotz der Urteilsabsprache zustehen so gilt die Versäumung der Rechtsmittelfrist nicht nach § 44 Satz 2 StPO als unverschuldet. § 44 Satz 2 StPO-E verweist nur auf die Sätze 1 und 2 des § 35a StPO, nicht aber auf den neu anzufügenden Satz 3. Dies entspricht den Vorgaben des Bundesgerichtshofs in dem Beschluss des Großen Senats für Strafsachen vom 3. März 2005 (GSSt 1/ 04, BGHSt 50, 40 ff.), nach denen § 44 Satz 2 bei fehlender Qualifikation der Belehrung aus Gründen der Rechtssicherheit gerade nicht zur Anwendung kommt. Diese Argumentation greift auch dann noch, wenn die Verständigung gesetzlich geregelt ist."
- f) Die Einzelbegründung zu Artikel 1 Nr. 3 ist zu streichen.
- g) In den Überschriften der Einzelbegründungen zu Artikel 1 sind die Angaben "Nummer 4" bis "Nummer 10" durch die Angaben "Nummer 3" bis "Nummer 9" zu ersetzen.
- h) Die Einzelbegründung zum neuen Artikel 1 Nr. 3 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Die Absätze 1 und 2 sind wie folgt zu fassen:
" § 212 stellt klar, dass das Gericht Erörterungen über eine Urteilsabsprache auf Antrag der Verfahrensbeteiligten oder aus eigener Initiative nach Zustellung der Anklageschrift, dann aber auch außerhalb der Hauptverhandlung, mit den Verfahrensbeteiligten führen kann.
Das Gericht ist gehalten, auf eine Einbindung von Staatsanwaltschaft, Angeklagtem und Verteidiger, in den Fällen des § 395 StPO auch der Nebenklage, zu achten und hat insbesondere einseitige Absprachen mit einzelnen Verfahrensbeteiligten zu unterlassen, die dazu führen können, einen der Verfahrensbeteiligten an der Wahrnehmung seiner Rechte zu hindern. Das bedeutet nicht, dass Gespräche zwingend stets in Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligten zu führen sind. Einzelne Gespräche, insbesondere zur Sondierung der Möglichkeit einer Verständigung, können durchaus bilateral geführt werden. Alle Verfahrensbeteiligten müssen aber die Möglichkeit haben, ihre Auffassung zur Sach- und Rechtslage und zu den Voraussetzungen für eine Erledigung im Wege der Verständigung darzulegen. Die so gebotene umfassende Transparenz für alle Verfahrensbeteiligten wird durch die weit reichenden Dokumentations- und Informationspflichten (§ 212 Satz 2 und § 243 Abs. 4 StPO-E) gewährleistet, die greifen, wenn das Gericht an Gesprächen beteiligt war."
- bb) Absatz 4 ist zu streichen.
- i) Die Einzelbegründung zum neuen Artikel 1 Nr. 5 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In der Überschrift ist die Angabe "Artikel 1" zu streichen und der Klammerzusatz wie folgt zu fassen:
(§ 243a)
- bb) Die Zwischenüberschrift "§ 243a" ist zu streichen.
- cc) Dem Absatz 4 sind folgende Sätze anzufügen:
"Unzulässig sind hingegen Absprachen über Maßregeln der Besserung und Sicherung. Solche Absprachen würden dem präventiven Charakter dieser Maßregeln widersprechen. § 243a Abs. 2 Satz 1 stellt die Unzulässigkeit einer Absprache insoweit ausdrücklich klar."
- dd) In Absatz 5 Satz 1 ist das Wort "dagegen" durch das Wort "ebenso" zu ersetzen.
- ee) Dem Absatz 7 sind folgende Sätze anzufügen:
"Der zweite Halbsatz stellt dabei klar, dass im Hinblick auf eine Sachbehandlung nach den §§ 154, 154a StPO auch andere Verfahren gegen denselben Angeklagten in die Absprache einbezogen werden können, die zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bei demselben Spruchkörper oder - im Stadium des Ermittlungsverfahrens - bei der an der Hauptverhandlung beteiligten Staatsanwaltschaft anhängig sind. Dadurch wird - in den durch die Zuständigkeit und damit die Entscheidungsbefugnis von Gericht und Staatsanwaltschaft bedingten Grenzen - dem nicht selten bestehenden praktischen Bedürfnis Rechnung getragen, im Wege einer verfahrensbeendenden Absprache zu einer Gesamtbereinigung der gegen den Angeklagten anhängigen Ermittlungs- und Strafverfahren zu gelangen."
- ff) Absatz 11 Satz 7 ist wie folgt zu fassen:
"Dieser Vorgang ist als wesentliche Förmlichkeit nach § 273 Abs. 1 StPO in das Hauptverhandlungsprotokoll aufzunehmen."
- gg) Absatz 15 ist durch folgende Absätze zu ersetzen:
"Der vom Gericht mitgeteilte Strafrahmen steht unter dem Vorbehalt der im Wesentlichen unveränderten Bewertung der Sach- und Rechtslage, insbesondere im Wesentlichen unveränderter Strafzumessungsgesichtspunkte.
Werden dem Gericht erst nach Mitteilung des von ihm als angemessen angesehenen Strafrahmens erhebliche neue Umstände bekannt, die sich auf die Strafzumessung auswirken oder gar zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Tat führen, müssen diese mit Blick auf den umfassend geltenden Aufklärungsgrundsatz berücksichtigt werden.
Unerheblich ist, ob dem Gericht die relevanten tatsächlichen und/oder rechtlichen Aspekte bei der Urteilsabsprache hätten bekannt sein können, diese also nur übersehen wurden. Aber auch eine bloße Änderung der Bewertung der Sach- und Rechtslage durch das Gericht bei unveränderter Erkenntnisgrundlage muss zu einem Wegfall der Bindung an den mitgeteilten Strafrahmen führen. Von dem Gericht kann nicht erwartet werden, sehenden Auges ein aus seiner Sicht falsches Urteil zu sprechen. Umso wichtiger ist es aber, dass nur wesentliche Änderungen in der Bewertung der Sach- und Rechtslage - gleichgültig ob sie auf neuen Umständen beruhen oder nicht - zu einem Wegfall der Bindung an die gerichtliche Zusage führen können. Wäre dies bei jeder Bewertungsänderung der Fall, wäre die notwendige Rechtssicherheit, die eine Verständigung insbesondere auch für den Angeklagten mit Blick auf das von ihm erwartete Geständnis gewährleisten soll, nicht mehr gegeben.
Mit der so eingeschränkten Bindung des Gerichts korrespondiert naturgemäß, dass dem Gericht vor Mitteilung des Strafrahmens die Verpflichtung obliegt eine sorgfältige rechtliche Bewertung der Tat vorzunehmen und die für die Strafzumessung wesentlichen Gesichtspunkte herauszuarbeiten sowie die notwendig erscheinenden Maßnahmen zu unternehmen um eine für alle Beteiligten verlässliche Beurteilungsgrundlage zu schaffen.
Den durch die Urteilsabsprache geschaffenen Vertrauenstatbestand hat das Gericht allerdings mit Rücksicht auf die Wahrung des "fair trial" im Falle einer wesentlichen Bewertungsänderung unverzüglich durch einen entsprechenden rechtlichen Hinweis zu beseitigen (vgl. die Einzelbegründung zu § 243a Abs. 7). § 243a Abs. 5 Satz 3 stellt klar, dass sich die Bindung an die verfahrensbeendende Absprache sowohl für das Gericht als auch für die weiteren Verfahrensbeteiligten auf den jeweiligen Rechtszug beschränkt."
- hh) Die Einzelbegründung zu § 243b ist zu streichen.
- j) Der Einzelbegründung zum neuen Artikel 1 Nr. 9 ist folgender Satz anzufügen:
"Die Beschränkung gilt für die Nebenklage, deren Zustimmung es für das Zustandekommen der Absprache nicht notwendig bedarf, nur dann, wenn sie der Absprache zugestimmt hat."
Begründung (nur für das Plenum):
Zu Buchstabe a
Eine förmliche Aufnahme von Vorstellungen der Staatsanwaltschaft über den weiteren Verfahrensablauf in Form eines "Antrags" in die Anklageschrift ist bislang nicht vorgesehen und im Hinblick auf die Dynamik des Verfahrens auch nicht sinnvoll. Es bleibt der Staatsanwaltschaft unbenommen, in geeigneten Fällen entsprechende Überlegungen in das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen aufzunehmen. Dabei sollte es auch verbleiben. Von den bisher in Artikel 1 Nr. 2 vorgesehenen Änderungen des § 199 StPO soll daher Abstand genommen werden. In der Begründung ist klarzustellen, dass in jedem Verfahrensstadium die Möglichkeiten einer Absprache - auch bilateral - erörtert werden können.
Die in Artikel 1 Nr. 1 vorgesehene Ergänzung des § 35a um einen Satz 3, der die qualifizierte Belehrung betrifft, führte dazu, dass sich die Verweisung des § 44 Satz 2 StPO auch auf den neu anzufügenden Satz 3 erstrecken würde.
Würde der Angeklagte über seine Rechtsmittelmöglichkeiten belehrt, jedoch nicht qualifiziert belehrt, dass ihm die Rechtsmittel trotz der Urteilsabsprache zustehen gälte eine Versäumung der Rechtsmittelfrist nach § 44 Satz 2 StPO als unverschuldet.
Eine Beschränkung dieser Vermutung entspricht den Vorgaben des Bundesgerichtshofs in dem Beschluss des Großen Senats für Strafsachen vom 3. März 2005 (GSSt 1/ 04, BGHSt 50, 40 ff.), nach denen § 44 Satz 2 bei fehlender Qualifikation der Belehrung gerade nicht zur Anwendung gelangt: "Bei erfolgter Rechtsmittelbelehrung, aber ohne qualifizierte Belehrung gilt für die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Rechtsmitteleinlegung:
Die gesetzliche Vermutung des § 44 Satz 2 StPO kommt für die unterbliebene qualifizierte Belehrung nicht zur Anwendung. Die Vermutung gilt nur für die unterbliebene Rechtsmittelbelehrung nach § 35a Satz 1 StPO, welcher die notwendige Kenntnis des Rechtsmittelberechtigten von der zu wahrenden Rechtsmittelfrist effektiv absichern soll. Sie etwa auf die durch Richterrecht geschaffene weitere qualifizierte Belehrung zu erstrecken, ist nach Abwägung der widerstreitenden Interessen nicht geboten. Denn der Rechtsmittelverzicht eines Betroffenen nach einer Urteilsabsprache wird - und zwar selbst wenn diese unzulässigerweise die Frage eines Rechtsmittelverzichts einbezogen hätte - häufig darauf beruhen, dass der Betroffene das Ergebnis der gefundenen Verständigung als dauerhaft akzeptiert und eine Rechtsmittelüberprüfung gar nicht wünscht. Eine abweichende Lösung würde die im Interesse der Rechtssicherheit nicht hinnehmbare Gefahr bergen, Rechtsmittelmöglichkeiten ohne gebotene Fristgrenzen allzu leicht auch nach bloßem späteren Motivwechsel hinsichtlich der Rechtsmitteldurchführung zu eröffnen."
Diese Argumentation greift auch dann noch, wenn die Verständigung gesetzlich geregelt ist. Dem könnte statt mit einer Änderung des § 44 Satz 2 StPO auch dadurch Rechnung getragen werden, dass die für § 35a Satz 3 StPO-E vorgesehene Regelung Gegenstand zum Beispiel eines neuen § 35b StPO werden könnte. Dagegen spricht jedoch, dass die Aufnahme der Pflicht zur qualifizierten Belehrung in § 35a StPO zu einer Konzentration der Belehrungspflichten in jener Norm führt. z.B.chstabe b Sieht Artikel 1 Nr. 2 keine Änderungen mehr in § 199 StPO vor, so bedarf es keiner Änderung in § 201 Abs. 1 StPO.
Zu Buchstabe c Doppelbuchstabe aa
Die Forderung, sämtliche Gespräche mit dem Ziel einer Verständigung - insbesondere auch außerhalb der Hauptverhandlung - in Anwesenheit aller Verfahrensbeteiligten zu führen, ist zwar auf den ersten Blick in optimaler Weise geeignet, die Wahrung der Belange aller Verfahrensbeteiligten und die gebotene umfassende Transparenz zu gewährleisten. Sie erscheint jedoch praxisfern. So wäre gerade bei inhaftierten Angeklagten der Aufwand einer Vorführung zu derartigen Gesprächsterminen beträchtlich. Im Übrigen liegt es häufig gerade im Interesse der Verteidiger, die Möglichkeiten einer Verständigung zunächst einmal ohne ihren Mandanten mit Gericht und Staatsanwaltschaft auszuloten.
Die vorgesehenen umfassenden Dokumentations- und Mitteilungspflichten erscheinen ausreichend um bilateralen Geheimabsprachen vorzubeugen.
Demgegenüber würde die im Gesetzesantrag vorgesehene rigide Regelung die Gefahr des Ausweichens auf "informelle" (Vor-) Gespräche erhöhen und somit dem Ziel der Herstellung umfassender Transparenz zuwiderlaufen.
Zu Buchstabe c Doppelbuchstabe bb
Anträge Verfahrensbeteiligter, die Möglichkeiten einer Urteilsabsprache gemeinsam zu erörtern, sind materiell Anregungen zur weiteren Verfahrensgestaltung.
In der Verfahrensgestaltung ist das Gericht aber frei. Es ist daher nicht notwendig über diese Anregungen durch Beschluss zu entscheiden. Von einer entsprechenden Regelung, welche das Verfahren unnötig belasten würde, sollte daher abgesehen werden. z.B.chstabe d Es ist nicht erforderlich, dass dem Vorsitzenden des Gerichts aufgegeben wird, mitzuteilen dass vor der Hauptverhandlung keine Erörterungen gemäß § 212 StPO-E stattgefunden haben. Eine entsprechende Regelung würde das Verfahren unnötig belasten. z.B.chstabe e Doppelbuchstabe aa zu Dreifachbuchstabe aaa Vierfachbuchstabe aaaa Dass Maßregeln der Besserung und Sicherung nicht Gegenstand einer Absprache sein können, ergibt sich bereits aus deren primär präventiver Zielsetzung sowie aus ihrem zumeist zwingenden Charakter. Gleichwohl erscheint insoweit eine gesetzliche Klarstellung notwendig. Die Formulierung in § 243a Abs. 2 Satz 1 StPO-E, wonach eine Verständigung über die Rechtsfolgen zulässig ist könnte sonst dahin fehlinterpretiert werden, das gelte auch für Maßregeln der Besserung und Sicherung. Eine klare gesetzliche Regelung wird insoweit dem ansonsten zweifelsohne zu erwartenden Druck entgegenwirken, sich auch über Maßregeln - insbesondere etwa die Entziehung der Fahrerlaubnis - zu verständigen. zu Dreifachbuchstabe aaa Vierfachbuchstabe bbbb In der Praxis besteht nicht selten das Bedürfnis, aus Anlass einer Hauptverhandlung zu einer "Gesamtbereinigung" der gegen den Angeklagten anhängigen Ermittlungs- und Strafverfahren zu gelangen, indem nach Verhängung einer angemessenen Strafe in dem aktuellen Verfahren weitere Ermittlungs- bzw. Strafverfahren bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach § 154 StPO behandelt werden. Dabei liegt es im nachvollziehbaren Interesse von Angeklagtem und Verteidigung, hinsichtlich dieser Sachbehandlung in den weiteren anhängigen Verfahren im Wege der Einbeziehung in die Absprache Rechtssicherheit zu erhalten. Eine solche "Gesamtbereinigung" kann sowohl unter dem Aspekt der Wiederherstellung des Rechtsfriedens als auch im Hinblick auf die Entlastung der Justiz von hohem Stellenwert sein. Diese Möglichkeit sollte daher nicht durch eine zu enge Beschränkung des zulässigen Gegenstandes einer verfahrensbeendenden Absprache verschlossen werden. Dem will der mit dem Änderungsantrag vorgeschlagene Satz 4 des § 243a Abs. 2 StPO-E Rechnung tragen, indem er klarstellt, dass nicht nur die Beschränkung des Verfahrensstoffs nach den §§ 154 und 154a StPO in dem aktuellen Strafverfahren Gegenstand der Verständigung sein, sondern dass sich diese insoweit auch auf weitere Verfahren erstrecken kann, soweit die Zuständigkeit und damit die Entscheidungsbefugnis des konkreten Spruchkörpers bzw. der verfahrensbeteiligten Staatsanwaltschaft gegeben ist.
Zu Dreifachbuchstabe bbb
Schon aus § 273 Abs. 1 StPO ergibt sich, dass die Tatsache der Erklärung der Staatsanwaltschaft auf die Bedenken der Nebenklage im Hauptverhandlungsprotokoll zu dokumentieren ist. § 243a Abs. 4 Satz 6 StPO-E ist daher überflüssig und zu streichen.
Eine Protokollierung des Inhalts überfrachtete Hauptverhandlung und Protokoll und hätte keinen eigenständigen Wert, diente insbesondere nicht den Interessen der Nebenklage, namentlich wenn die Staatsanwaltschaft nur auf vorherige Ausführungen Bezug nimmt. Zudem wird auch der Inhalt der Erklärung der Nebenklage nicht protokolliert.
Zu Dreifachbuchstabe ccc Vierfachbuchstabe aaaa
Die in dem Gesetzesantrag vorgesehene Fassung von § 243a Abs. 5 StPO lässt die Bindung des Gerichts an den in Aussicht gestellten Strafrahmen nur entfallen, wenn nachträglich wesentliche strafmildernde oder strafschärfende Umstände auftreten die dem Gericht im Zeitpunkt der Mitteilung des Strafrahmens unbekannt waren. Diese Fassung lässt es bereits zweifelhaft erscheinen, ob - wie in der Entwurfsbegründung ausgeführt - die Bindung auch dann entfällt, wenn das Gericht relevante Umstände lediglich übersehen hat. Darüber hinausgehend muss die gerichtliche Bindung aber auch dann entfallen, wenn dem Gericht im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung eine wesentliche Fehlbewertung - bei unveränderter Erkenntnisgrundlage - bewusst wird. Von dem Gericht kann nicht erwartet werden, sehenden Auges ein als falsch erkanntes Urteil zu sprechen. Von besonderer Bedeutung ist dabei jedoch, dass ein solcher Wegfall der Bindungswirkung nur bei einer wesentlichen Bewertungsänderung eintreten kann. Andernfalls wäre die erforderliche Verlässlichkeit einer verfahrensbeendenden Absprache nicht mehr gewährleistet.
Zu Dreifachbuchstabe ccc Vierfachbuchstabe bbbb
Die vorgeschlagene Ergänzung des § 243a Abs. 5 StPO bringt die auf den jeweiligen Rechtszug beschränkte Bindungswirkung einer verfahrensbeendenden Absprache zum Ausdruck. zu Dreifachbuchstabe ddd Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Dreifachbuchstabe ccc Vierfachbuchstabe aaaa.
Zu Buchstabe e Doppelbuchstabe bb
Von einer Zweiteilung zentraler Verfahrensregelungen für Verfahren nach allgemeinem Strafrecht vor dem Strafrichter einerseits und Verfahren vor Kollegialgerichten andererseits sollte abgesehen werden.
Jugendstrafverfahren werden im Hinblick auf den darin verfolgten erzieherischen Anspruch in der Regel für Urteilsabsprachen nicht in Betracht kommen.
Sollte dies ausnahmsweise der Fall sein, sollten die für alle übrigen Strafverfahren für erforderlich gehaltenen Regelungen zur Urteilsabsprache auch in Jugendstrafverfahren Anwendung finden. z.B.chstabe f Die Beschränkung der Anfechtbarkeit des Urteils mit der Revision in den Fällen einer verfahrensbeendenden Absprache ist nur bezüglich derjenigen Verfahrensbeteiligten sachgerecht die der Absprache zugestimmt haben. Da die Zustimmung der Nebenklage kein notwendiges Erfordernis für das Zustandekommen einer Absprache ist, können die Einschränkungen der Anfechtbarkeit mit der Revision für sie daher nur im Falle ihrer Zustimmung zu der Absprache gelten.
B.
- 2. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
C.
- 3. Der federführende Rechtsausschuss schlägt dem Bundesrat vor,
Ministerin Elisabeth Heister-Neumann (Niedersachsen) gemäß § 33 der Geschäftsordnung des Bundesrates zur Beauftragten des Bundesrates für die Beratung des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag und seinen Ausschüssen zu bestellen.