A. Problem und Ziel
Es gibt eine Vielzahl silikonverarbeitender Betriebe in Deutschland, bei denen im bestimmungsgemäßen Betrieb bei der Vulkanisation von Silikonkautschuk durch den Einsatz eines chlorhaltigen peroxidischen Vernetzungsmittels unbeabsichtigt PCB entstehen und emittiert werden können. Erste Abschätzungen zeigen, dass hierbei - je nach Größe und Durchsatz der betrachteten Anlagen von einer jährlichen PCB-Freisetzung im kg-Bereich auszugehen ist. An mehreren Standorten wurden hohe Belastungen mit PCB (insbesondere der PCB-Kongenere 47, 51 und 68) festgestellt, so dass aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes Empfehlungen ausgesprochen werden mussten, nach denen in der Nachbarschaft angebautes Gartengemüse nicht mehr bzw. nur noch in geringerem Umfang verzehrt werden soll. Da diese Anlagen und insbesondere die dort betriebenen Extruder und Temperöfen bisher keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen und aus diesem Grund Anforderungen zur Vorsorge vor schädlichen Umwelteinwirkungen nicht ohne weiteres gefordert werden können, soll diese bestehende Regelungslücke durch eine entsprechende Änderung der 4. BImSchV geschlossen werden. Auch gibt es bisher keinen definierten Stand der Technik zur Emissionsminderung für Partikel und PCB in diesem Bereich. In fast allen bekannten Anlagen kommen bisher auch keine Abgasreinigungsanlagen zum Einsatz. Die unbeabsichtigte Freisetzung von PCB bei den entsprechenden Vulkanisationsprozessen war bislang bei der Betrachtung der Umweltrelevanz der entsprechenden Herstellungsverfahren nicht berücksichtigt worden.
Ziel der beabsichtigten Änderung der 4. BImSchV ist es daher, bei den Betrieben, die das chlorhaltige Peroxid (Bis-(2,4-dichlorbenzoyl)-peroxid) als Bestandteil des Vernetzungsmittels einsetzen und bei denen die Gefahr der Freisetzung von PCB in relevantem Umfang besteht, zukünftig die Vorsorgeanforderungen der TA Luft fordern zu können und dadurch PCB-Emissionen aus diesen Anlagen zu vermeiden.
B. Lösung
Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Bürgerinnen und Bürger sind durch die neue Vorschrift nicht wirtschaftlich betroffen.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für die betroffenen Wirtschaftsunternehmen entstehen durch die neue Vorschrift Kosten für die erforderliche nachträgliche Anzeige der bisher nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen sowie Kosten für die nachträgliche Ausstattung der Anlagen mit ggfs. notwendiger Abgasreinigungstechnik in nennenswertem - jedoch angesichts der Umweltauswirkungen nicht unverhältnismäßigem - Umfang. Durch Umstellung der Produktion auf nicht der Genehmigungspflicht unterliegende weniger schädliche Einsatzstoffe (z.B. Platin) besteht ggfs. zum Teil die Möglichkeit weiterhin aus der Genehmigungspflicht herauszufallen und diese Zusatzkosten zu vermeiden.
Eine Abschätzung der Kosten ist stark von der Größe und dem Aufbau der einzelnen Anlage abhängig und daher nicht belastbar möglich. Durch die bundesweite Einführung der Genehmigungspflicht werden alle Anlagenbetreiber gleichen Anforderungen unterworfen.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Dem Bund, den Ländern und den Kommunen entstehen durch die Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV keine zusätzlichen Kosten.
F. Weitere Kosten
Keine
Verordnungsentwurf des Bundesrates
Entwurf einer ... Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV)
Der Bundesrat hat in seiner 990. Sitzung am 5. Juni 2020 beschlossen, die Vorlage für den Erlass einer Rechtsverordnung gemäß Artikel 80 Absatz 3 des Grundgesetzes der Bundesregierung zuzuleiten
Anlage
Entwurf einer ... Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV)
Vom ...
Die Bundesregierung verordnet auf Grund des § 4 Absatz 1 Satz 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl. I S. 1274), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl. I S. 432), nach Anhörung der beteiligten Kreise:
Artikel 1
Die Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2017 (BGBl. I S. 1440) wird wie folgt geändert:
Anhang 1 Nummer 10.7 wird wie folgt gefasst:
"10.7 | Anlagen zum Vulkanisieren von Natur- oder Synthesekautschuk unter Verwendung von | | |
10.7.1 | Schwefel oder Schwefelverbindungen mit einem Einsatz von | | |
10.7.1.1 | 25 Tonnen oder mehr Kautschuk je Stunde, | G | |
10.7.1.2 | weniger als 25 Tonnen Kautschuk je Stunde, ausgenommen Anlagen, in denen weniger als 50 Kilogramm Kautschuk je Stunde verarbeitet werden oder ausschließlich vorvulkanisierter Kautschuk eingesetzt wird, | V | |
10.7.2 | halogenierten Peroxiden mit einem Einsatz von | | |
10.7.2.1 | 25 Tonnen oder mehr Kautschuk je Stunde, | G | |
10.7.2.2 | weniger als 25 Tonnen Kautschuk je Stunde, ausgenommen Anlagen, in denen weniger als 30 Kilogramm Kautschuk je Stunde verarbeitet werden; | V | " |
Artikel 2
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Begründung:
Zu Artikel 1
Mit der Aufnahme der neuen Nummer 10.7.2 sollen Anlagen, bei denen aufgrund des Einsatzes von halogenierten Peroxiden die Möglichkeit der Emission an krebserzeugenden PCB und anderen halogenierten Biphenylen in relevantem Umfang besteht, der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unterworfen werden. Es handelt sich dabei um Anlagen, die in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen. Durch die Aufnahme der neuen Nr. 10.7.2 können Vorsorgeanforderungen nach der TA Luft und insoweit insbesondere konkrete Anforderungen nach dem Stand der Emissionsminderungstechnik bei Errichtung und Betrieb der Anlagen gefordert werden. Die Mengenschwelle von 30 kg oder mehr Kautschuk pro Stunde entspricht der - bei einer Vielzahl der in der Praxis betriebenen Anlagen mindestens eingesetzten - Kautschukmenge und der Menge, bei der gleichzeitig relevante Emissionen an PCB abgeschätzt bzw. bereits gemessen werden konnten.
Die Emissionen erreichen eine Größenordnung, wie sie auch bei anderen bekannten und immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen (z.B. Schredderanlagen) auftreten.
Zu Artikel 2
Die Bestimmung regelt das Inkrafttreten der Verordnung.