990. Sitzung des Bundesrates am 5. Juni 2020
A.
Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 13a Absatz 1 Nummer 7 RDG)
Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Verpflichtung von Inkassodienstleistern zum Hinweis auf Umstände, bei denen der Verdacht eines Identitätsdiebstahls besteht, weiter gefasst werden könnte und auch Fälle einbezogen werden könnten, bei denen die Anschrift des Schuldners nicht gesondert ermittelt werden musste.
Begründung:
Der Gesetzentwurf sieht eine Hinweispflicht des Inkassodienstleisters vor, wenn die Anschrift des Schuldners nicht vom Gläubiger mitgeteilt, sondern anderweitig ermittelt wurde. Die Hinweispflicht soll eine leichtere Feststellung von Fällen ermöglichen, in denen ein Dritter in falschem Namen einen Vertrag geschlossen hat, aus dem der Schuldner auf Zahlung in Anspruch genommen wird (Identitätsdiebstahl). Allerdings sind auch Fälle von Identitätsdiebstahl in der Praxis bekannt, bei denen der Täter die Wohnanschrift des vermeintlichen Schuldners kennt und diese bei der Bestellung angibt, die Lieferung aber, soweit es sich überhaupt um körperliche Waren handelt, an eine andere Adresse erfolgt. Daher greift es zu kurz, die Hinweispflicht auf Fälle zu beschränken, in denen die Anschrift des Schuldners erst ermittelt werden musste.
2. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 13a Absatz 1 Nummer 9 - neu - RDG)
In Artikel 1 Nummer 6 ist § 13a Absatz 1 wie folgt zu ändern:
Begründung:
Auf Verbraucherseite besteht auch hinsichtlich der Verjährungsbestimmungen und deren Auswirkungen ein Informationsdefizit. Um Verbraucher besser vor verjährten Forderungen zu schützen, sollten die Darlegungs- und Informationspflichten im neuen § 13a RDG entsprechend ergänzt werden. Dies hat auch die Verbraucherschutzministerkonferenz 2019 gefordert.
3. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 13a Absatz 2 Satz 2 - neu - RDG)
In Artikel 1 Nummer 6 ist dem § 13a Absatz 2 folgender Satz anzufügen:
"Der Inkassodienstleister hat außerdem, wenn Inkassokosten geltend gemacht werden, einer Privatperson auf Anfrage einen Nachweis der mit dem Gläubiger getroffenen Vergütungsvereinbarung zu übermitteln."
Begründung:
Inkassokosten können nur im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs nach § 286 BGB geltend gemacht werden. Während es im allgemeinen Haftungsrecht völlig unstreitig ist, dass der Geschädigte einen Nachweis für den tatsächlichen Schaden erbringt, wird dieser Nachweis, wie die Gesetzesbegründung ausführt und die Erfahrungen der Verbraucherverbände bestätigen, von den Inkassounternehmen regelmäßig verweigert. Dies ist nicht hinnehmbar. Die Vorlage der Vergütungsvereinbarung ist notwendig, um die Berechtigung der geltend gemachten Inkassoforderung prüfen zu können. Vor allem bei Forderungen aus Massengeschäften im Bagatellbereich ist bei wirtschaftlicher Betrachtung nur schwer nachvollziehbar, dass ein Gläubiger bereit ist, mehr als 50 Prozent des Wertes der in Frage stehenden Forderung für eine Rechtsverfolgung mit ungewissem Erfolg auszugeben.
4. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 13a Absatz 3 und 4 RDG), Artikel 4 (§ 43d Absatz 3 und 4 BRAO)
Der Bundesrat stellt fest, dass Ratenzahlungsvereinbarungen in vielen Fällen von anderen Zugeständnissen des Schuldners, wie beispielsweise dem Verzicht auf die Einrede der Verjährung oder einem Schuldanerkenntnis abhängig gemacht werden. Er sieht die Gefahr, dass der Entscheidungsdruck unter dem Verbraucherinnen und Verbraucher in dieser Situation stehen, ausgenutzt wird. Es erscheint nicht angemessen, dass Schuldner die Ratenzahlungsvereinbarung mit einem Rechtsverzicht "bezahlen" müssen. Der Bundesrat bittet daher zu prüfen, ob ein Koppelungsverbot zwischen Ratenzahlungsvereinbarungen und weiteren Abreden verankert werden kann.
5. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 13a Absatz 4 Satz 2 Nummer 1
In Artikel 1 ist Nummer 6 wie folgt zu ändern:
- a) In § 13a Absatz 4 Satz 2 ist nach Nummer 1 folgende Nummer 1a einzufügen:
"1a. deutlich machen, dass Einwendungen gegen die Inkassokosten nicht ausgeschlossen sind,"
- b) Dem § 13b ist folgender Absatz 3 anzufügen:
(3) Gibt eine Privatperson auf Aufforderung oder Vermittlung eines Inkassodienstleisters ein Schuldanerkenntnis ab, bleiben ihr Einwendungen gegen die darin enthaltenen Inkassokosten erhalten."
Begründung:
In der besonderen Drucksituation, die durch die Einschaltung eines Inkassodienstleisters und die Androhung von nicht unerheblichen Gebührenforderungen entsteht, ist die Möglichkeit der freien Entscheidung des Schuldners in der Regel stark eingeschränkt. Die in § 13a Absatz 4 vorgesehenen Informationspflichten des Inkassodienstleisters werden nur in begrenztem Umfang die Schuldner davor bewahren können, für sie nachteilige Schuldanerkenntnisse abzugeben. Unseriöse Geschäftsmodelle können damit weiter auf die Erwartung setzen, dass sich ein gewisser Prozentsatz von Verbrauchern unter dem Druck von SCHUFA-Drohungen und erheblichen Gebührenforderungen zum Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen mit Schuldanerkenntnis bewegen lässt, selbst wenn keine wirksame Forderung besteht oder unangemessen hohe Inkassokosten in Rechnung gestellt werden.
Um zu gewährleisten, dass jedenfalls die mit dem vorliegenden Gesetz beabsichtigten Maßnahmen zur Begrenzung der erstattungsfähigen Inkassokosten nicht durch ein mit einer Ratenzahlungsvereinbarung verbundenes Schuldanerkenntnis ausgehebelt werden, ist es notwendig, die Inkassokosten vom Einwendungsverlust auszunehmen. Dies bedarf einer eigenständigen materiellrechtlichen Regelung (§ 13b Absatz 3), die ihre Entsprechung in den Hinweisen des Inkassodienstleisters nach § 13a Absatz 4 finden sollte.
6. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 13a Absatz 6 - neu - RDG)
In Artikel 1 Nummer 6 ist dem § 13a folgender Absatz 6 anzufügen:
(6) Der Schuldner kann bis zur vollständigen Erfüllung der Darlegungs- und Informationspflichten nach den Absätzen 1 und 2 die geschuldete Leistung verweigern (Zurückbehaltungsrecht)."
Begründung:
Schuldner sollten erst dann gehalten sein, eine Forderung zu erfüllen, wenn der Inkassodienstleister seinen gesetzlichen Informations- und Darlegungspflichten nach § 13a Absatz 1 und 2 RDG vollumfänglich nachgekommen ist. Denn erst durch die Erfüllung dieser Pflichten wird der Schuldner in die Lage versetzt, die geltend gemachte Forderung sowie die Inkassokosten dem Grunde und der Höhe nach zu überprüfen, um gegebenenfalls eigene Rechte, wie z.B. die Aufrechnung oder die Erhebung der Verjährungseinrede, auszuüben. In Anlehnung an die Vorschrift des § 273 BGB sollte in § 13a RDG daher geregelt werden, dass ihm bei - auch nur teilweiser - Nichterfüllung dieser Pflichten ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe der Haupt- und Nebenforderung zusteht. Eine solche Regelung dient dem Verbraucherschutz und erhöht die Bereitschaft der Inkassodienstleister, die gesetzlichen Vorgaben zu den bestehenden Informations- und Darlegungspflichten ordnungsgemäß zu erfüllen.
7. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§§ 13a bis 13d RDG)
Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob zur Verhinderung unseriöser Geschäfts- und Vergütungsmodelle geregelt werden könnte, dass Inkassodienstleister von einer Privatperson nur Zahlung an den Gläubiger verlangen dürfen.
Begründung:
In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Inkassodienstleister Forderungen gegen Verbraucher geltend machen, bei denen nicht klar ist, ob es sich überhaupt um eine fremde Forderung handelt. Gerade bei Forderungen, deren Fälligkeitsbeginn längere Zeit zurückliegt oder die bereits verjährt sind, kann es sein, dass die Forderungen vom Inkassodienstleistern aufgekauft worden sind und damit keine zur Erstattung von Rechtsverfolgungskosten berechtigende Inkassodienstleistung vorliegt. Nicht selten handelt es sich auch um Drittanbieterforderungen für telekommunikationsgestützte Dienstleistungen, deren Berechtigung fraglich ist.
Um insoweit für Klarheit zu sorgen und eine unrechtmäßige Geltendmachung von Inkassokosten zu verhindern, könnte es sinnvoll sein, lediglich eine Zahlung an den Gläubiger der Forderung zuzulassen.
Gleichzeitig würde damit verdeutlicht, dass es sich bei der Erstattung von Inkassokosten originär um einen Schadensersatzanspruch des Gläubigers handelt.
8. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 13b Absatz 1 RDG), Artikel 8 Nummer 4 (§ 4 RDGEG)
Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang von einer Gleichbehandlung der Inkassodienstleister mit Rechtsanwälten bei der Kostenerstattung abgesehen werden sollte. Nach Auffassung des Bundesrates sprechen gewichtige Gründe, wie die Nichtvergleichbarkeit der berufsrechtlichen Zugangsvoraussetzungen und Qualifikationen sowie der Art und Weise der Forderungsbeitreibung, gegen eine Heranziehung des gesetzlichen Gebührenrahmens des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes für Inkassodienstleister. Aus den gleichen Gründen begegnet auch die einheitliche Vergütung für die Vertretung in gerichtlichen Mahnverfahren Bedenken.
Begründung:
Nach § 13b Absatz 1 RDG kann ein Gläubiger die Kosten, die ihm ein Inkassodienstleister für seine Tätigkeit berechnet hat, von seinem Schuldner bis zur Höhe der Vergütung als Schadensersatz ersetzt verlangen, die einem Rechtsanwalt für diese Tätigkeit nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zustehen würde.
§ 13b Absatz 1 RDG regelt für die Kostenerstattung zwar lediglich eine Höchstgrenze. In der Praxis werden jedoch die Inkassodienstleister ihre Vergütungsvereinbarungen weiterhin an den anwaltlichen Gebühren ausrichten und die Möglichkeit der Kostenerstattung zu ihrem eigenen Vorteil maximal ausschöpfen.
Die Gesetzesbegründung, wonach der Aufwand im Wesentlichen gleich sei, ist zumindest für große Inkassounternehmen zu bezweifeln, die ihre Inkassoverfahren massenhaft und weitgehend automatisiert durchführen.
Darüber hinaus sollte bei der Bemessung der Kostenerstattung berücksichtigt werden, dass der hohe Gebührensatz für Rechtsanwälte nach dem RVG durch die sehr viel höheren berufsrechtlichen Zugangsvoraussetzungen in Form juristischer Staatsexamina gerechtfertigt ist. Die daraus resultierende höhere Qualifikation ermöglicht eine rechtlich präzisere und oft zeitaufwändigere Prüfung der Schlüssigkeit der geltend gemachten Forderungen.
Auch die Gleichstellung bei der Vergütung für die Vertretung im gerichtlichen Mahnverfahren begegnet Bedenken. Nach dem geltenden § 4 Absatz 4 Satz 2 RDGEG ist die Vertretung der Gläubiger im gerichtlichen Mahnverfahren durch Inkassodienstleister nur bis zu einem Betrag von 25 Euro nach § 91 der ZPO erstattungsfähig. Die geplante kostenrechtliche Gleichstellung der Inkassodienstleister mit Rechtsanwälten führt zu deutlich höheren Inkassokosten. Dadurch werden finanzielle Fehlanreize für Inkassodienstleister geschaffen, weil diese aus finanziellem Eigeninteresse künftig schneller gerichtliche Mahnverfahren betreiben werden und ihre Bereitschaft zur Herbeiführung einer gütlichen Einigung mit den Schuldnern tendenziell abnehmen dürfte.
9. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 13d1 - neu - RDG)
In Artikel 1 Nummer 6 ist nach § 13d folgender § 13d1 anzufügen:
" § 13d1 Berufsrechtliche Pflichten
(1) Inkassodienstleister haben ihre Tätigkeit im Einklang mit den Gesetzen auszuüben. Insbesondere haben sie es zu unterlassen, unzulässigen Druck auf den Schuldner auszuüben. Unzulässiger Druck wird insbesondere ausgeübt durch die Androhung
- - eines Eintrags bei einer Wirtschaftsauskunftei oder
- - einer Strafanzeige oder
- - eines Hausbesuchs oder
- - von Vollstreckungsmaßnahmen, wenn die Forderung noch nicht tituliert ist.
(2) Inkassodienstleister dürfen gegenüber dem Schuldner nicht tätig werden, wenn die einzuziehende Forderung erkennbar ganz oder teilweise nicht besteht.
(3) Inkassodienstleister dürfen vom Schuldner keine Vergütungen und sonstigen Inkassokosten verlangen, die über die nach § 13b dieses Gesetzes erstattungsfähigen Aufwendungen des Gläubigers hinausgehen."
Begründung:
Es bedarf einer gesetzlichen Festlegung berufsrechtlicher Pflichten zur Konkretisierung und Verschärfung der Verhaltensstandards, an deren Verletzung konkrete Sanktionsmöglichkeiten geknüpft werden, um wiederum den Vollzug zu stärken. Hierzu soll in einem neuen § 13d1 RDG zunächst eine Generalklausel aufgenommen werden (Absatz 1), wobei beispielhaft das Verbot der Ausübung unzulässigen Drucks genannt wird. Dieser wird näher konkretisiert, da es weiterhin eine beachtliche Zahl von Beschwerden über solche unangemessenen Beitreibungsmethoden gibt.
Absatz 2 verbietet die Geltendmachung erkennbar unberechtigter Forderungen und soll so verhindern, dass Inkassodienstleister andere unseriöse Geschäftspraktiken unterstützen.
Absatz 3 soll Inkassodienstleister davon abhalten, neben der allgemeinen Inkassovergütung zusätzliche Kostenpositionen aufzuschlagen.
Zu beobachten sind beispielsweise Adressermittlungsgebühren, die über die im Rahmen von § 286 BGB zu erstattenden Auslagen hinausgehen, Kontoführungskosten, Bearbeitungsgebühren und Phantasiegebühren mit teils unverständlichen Namen. Für den Empfänger entsprechender Schreiben dürfte häufig nicht erkennbar sein, dass er diese Kosten nicht "schuldet".
10. Zu Artikel 1 Nummer 7 (§ 13e Absatz 1 RDG)
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Aufsicht über Inkassodienstleister zentral bei einer Bundesbehörde, beispielsweise bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), anzusiedeln ist. Aus Sicht des Bundesrates sollte eine Kompetenzbündelung auf Bundesebene erfolgen, um zum einen Klarheit für die Inkassounternehmen als auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu schaffen, und zum anderen weiterhin bestehende zersplitterte Zuständigkeiten aufzuheben.
Begründung:
Auch wenn bereits die vormals bestehende Zersplitterung der Aufsichtsbehörden abgenommen hat, sollte eine zentrale Aufsicht auf Bundesebene erfolgen. Dies hat auch die Verbraucherschutzministerkonferenz 2018 angeregt. Damit würde nicht nur für die Inkassodienstleister, sondern auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Transparenz hinsichtlich der Aufsichtszuständigkeiten geschaffen. Die BaFin könnte aufgrund ihrer bereits bestehenden Expertise auch im Bereich Verbraucherrecht eine geeignete Aufsichtsbehörde darstellen.
11. Zu Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe d1 (§ 13e Absatz 4 RDG)∗
∗Bei Annahme von Ziffer 11 und 12 werden diese redaktionell angepasst.
In Artikel 1 Nummer 7 ist nach Buchstabe d folgender Buchstabe d1 einzufügen
"d1) In dem neuen Absatz 4 wird in Nummer 2 das Wort "dauerhaft" durch das Wort "wiederholt" ersetzt."
Begründung:
Nach der geltenden Regelung in § 13a Absatz 3 Nummer 2 RDG (jetzt: § 13e Absatz 4 Nummer 2 RDG-E) müssen begründete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass "erheblich oder dauerhaft" gegen Pflichten verstoßen wird. Der Begriff "dauerhaft" ist in zeitlicher Hinsicht unpräzise und für einen effektiven Schutz der Verbraucher vor unseriösem Inkasso unzureichend. Denn die Feststellung und der Nachweis eines dauerhaften nicht erheblichen Verstoßes gestaltet sich in der aufsichtsbehördlichen Praxis schwierig. Der Begriff sollte deshalb durch den präziseren und strengeren Begriff "wiederholt" ersetzt werden.
Inkassodienstleister bleiben auch bei der hier vorgeschlagenen Gesetzesformulierung im Falle wiederholter geringfügiger Verstöße vor unverhältnismäßigen Entscheidungen geschützt, da die Vorschrift der Aufsichtsbehörde auch künftig Ermessen einräumt und die Wahl der Aufsichtsmaßnahme verhältnismäßig, d.h. bezogen auf Art und Ausmaß des jeweiligen Pflichtenverstoßes angemessen, sein muss.
12. Zu Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe d1 - neu - (§ 13e Absatz 4 Satz 2 - neu - RDG)∗
∗Bei Annahme von Ziffer 11 und 12 werden diese redaktionell angepasst.
In Artikel 1 Nummer 7 ist nach Buchstabe d folgender Buchstabe d1 einzufügen:
"d1) Dem neuen Absatz 4 wird folgender Satz angefügt:
"Ein Pflichtverstoß nach Satz 1 Nummer 2 liegt auch dann vor, wenn die Art und Weise der Forderungsbeitreibung unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Rechtsverkehrs für die Schuldner unzumutbar ist." '
Begründung:
Nach dem Gesetzentwurf soll die bisherige Regelung des § 13a Absatz 3 RDG zur nachträglichen Untersagung der Erbringung von Rechtsdienstleistungen im neuen § 13e Absatz 4 RDG fortgelten.
Durch den hier vorgeschlagenen neuen Satz 2 soll klargestellt werden, dass ein Pflichtenverstoß nicht nur in der Verletzung gesetzlicher Vorschriften, sondern auch in einer unangemessenen Art und Weise der Forderungsbeitreibung liegen kann.
Für besonders schwerwiegende Fälle sind die Schuldner zwar bereits durch den Straftatbestand der Nötigung geschützt. Allerdings sollte der Gesetzgeber bereits unterhalb der strafrechtlich relevanten Schwelle Vorkehrungen dafür treffen, dass bei einer besonders unfairen bzw. unangemessenen Art und Weise der Forderungsbeitreibung der Erlass einer Untersagungsverfügung möglich ist.
Zur Beurteilung dieser Frage sollte auf die in der Inkassobranche üblichen - und den Aufsichtsbehörden im Einzelnen bekannten - Geschäftspraktiken abgestellt werden. Wird von diesen Geschäftspraktiken in besonders gravierender Weise zum Nachteil der Schuldner abgewichen, kann die Art und Weise der Beitreibung unzumutbar sein. Es besteht ein Bedürfnis für eine gesetzliche Klarstellung, dass auch in derartigen Fällen ein Pflichtenverstoß im Sinne von Satz 1 Nummer 2 vorliegt.
13. Zu Artikel 2 (Änderung des RVG)
Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob zur Vermeidung von unausgewogenen Vergütungsmodellen, die zulasten von zahlungsbereiten Schuldnern gehen, sowie mit Blick auf die Gleichbehandlung von Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern das grundsätzliche Verbot von Erfolgshonoraren nach § 49b Absatz 2 Bundesrechtsanwaltsordnung sowie die Beschränkungen der §§ 4 und 4a Rechtsanwaltsvergütungsgesetz auch auf Inkassodienstleistungen erstreckt werden könnten.
Begründung:
Eine erfolgsbezogene Vergütungsvereinbarung zwischen Inkassodienstleister und Gläubiger, wie sie nach der Gesetzesbegründung offenbar weitverbreitete Praxis ist, ist aus mehreren Gründen kritisch zu sehen. Sie widerspricht dem Gebot der Schadensminderung und ist eine wesentliche Ursache dafür, dass Inkassovergütungen vereinbart werden, die oftmals bei wirtschaftlicher Betrachtung in keinem Verhältnis zum Wert der Forderung sowie zum tatsächlichen Aufwand der Dienstleistung stehen. Sie geht außerdem zulasten der zahlungswilligen und zahlungsfähigen Schuldner und privilegiert überdies ohne ausreichenden Grund Inkassodienstleister gegenüber Rechtsanwälten, die ihrerseits auf Grund von § 49b Absatz 2 BRAO grundsätzlich kein Erfolgshonorar vereinbaren dürfen und den Beschränkungen der §§ 4 und 4a RVG unterliegen.
14. Zu Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe a ( § 13 Absatz 2 RVG)
In Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe a ist in § 13 Absatz 2 die Angabe "50 Euro" durch die Angabe "100 Euro" zu ersetzen.
Begründung:
Rund 50 Prozent der Forderungen aus dem Massengeschäft mit Verbrauchern, bei denen der Schuldner säumig ist und die Gegenstand von Inkassomaßnahmen sind, liegen nach Angaben der Inkassobranche unterhalb einer Wertgrenze von 100 Euro. Innerhalb dieses für Verbrauchergeschäfte typischen Wertbereichs lässt sich kein signifikanter Unterschied im Aufwand für die Rechtsverfolgung und Anspruchsdurchsetzung feststellen. Um das Ziel des Gesetzes, Inkassokosten auf eine angemessene Höhe zu begrenzen, zu verwirklichen, sollte die Grenze für die auf 30 Euro ermäßigte Gebühr daher auf Gegenstandswerte bis 100 Euro angehoben werden. Die Staffelung des Gebührenfaktors nach Nummer 2300 der Anlage 1 zum RVG stellt dabei sicher, dass Inkassodienstleister in diesem Wertbereich für ihre Tätigkeit auch weiterhin eine auskömmliche und aufwandsgerechte Vergütung erhalten.
15. Zu Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe a (Anlage 1 Nummer 1000 Spalte "Gebührentatbestand" Absatz 6 - neu - RVG)
In Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe a ist in Anlage 1 Nummer 1000 in der Spalte "Gebührentatbestand" folgender Absatz 6 anzufügen:
(6) Die Gebühr nach Nummer 1 entsteht nicht für eine Zahlungsvereinbarung gemäß Nummer 2, die im Rahmen einer Inkassodienstleistung getroffen wird."
Begründung:
Damit das Ziel des Gesetzes, Schuldner besser vor unangemessen hohen Inkassokosten zu schützen, unterstützt wird, sind die Gebühren für Ratenzahlungsvereinbarungen einheitlich auf den ermäßigten Gebührenfaktor von 0,7 zu begrenzen. Die angestrebte Entlastung der Verbraucher droht ohne den Vorrang der Gebühr für die Zahlungsvereinbarung nach Nummer 1000 Nummer 2 des Vergütungsverzeichnisses ins Leere zu laufen, da Ratenzahlungsvereinbarungen jedenfalls bei bestrittenen Forderungen regelmäßig auch ein Schuldanerkenntnis beinhalten und damit weiterhin von Inkassodienstleistern nach Nummer 1000 Nummer 1 eine Gebühr von 1,5 verlangt werden könnte. Selbst bei einer Bagatellforderung von nur 50 Euro würde eine Einigungsgebühr in Höhe von 67,50 Euro anfallen, was weder dem wirtschaftlichen Wert der Hauptforderung noch dem der Dienstleistung entspräche.
Auch ist im Rahmen von Inkassodienstleistungen nicht erkennbar, dass eine Einigungsvereinbarung, die wegen Bestreitens der Forderung auch ein Schuldanerkenntnis im Sinne der Nummer 1 beinhaltet, gegenüber einer bloßen Zahlungsvereinbarung mit einem Mehraufwand verbunden wäre, der einen derart großen Gebührenunterschied rechtfertigen würde. Hinzu kommt, dass ein etwaiger Mehraufwand bereits ausreichend bei der Geschäftsgebühr berücksichtigt ist.
16. Zu Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb (Anlage 1 Nummer 2300 Absatz 2 RVG)
In Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb sind in Anlage 1 Nummer 2300 Absatz 2 die Wörter ", die eine unbestrittene Forderung betrifft," zu streichen.
Begründung:
Die Beschränkung der Regelung zur Geschäftsgebühr auf unbestrittene Forderungen ist aus verschiedenen Gründen nicht sachgerecht.
Gerade unseriöse Geschäftsmodelle nutzen häufig den Einschüchterungseffekt und das Drohpotenzial von Inkassodienstleistern und deren Gebührenforderungen, um unberechtigte Forderungen durchzusetzen. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung verstärkt das Drohpotenzial, indem sie denjenigen, der sich gegen eine fragwürdige Zahlungsaufforderung zur Wehr setzen möchte, zugleich der Androhung höherer Inkassokosten aussetzt.
Die Praxis zeigt außerdem, dass Inkassodienstleister häufig keine vertiefte rechtliche Prüfung der Forderung vornehmen und auch nicht auf etwaige Einwendungen der Schuldner eingehen. Der Aufwand für eine Inkassodienstleistung hängt damit nicht unmittelbar vom Bestreiten oder Nichtbestreiten der Forderung ab. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass der Schuldner zunächst die Forderung gegenüber dem Gläubiger bestreitet, jedoch auf die erste Zahlungsaufforderung des Inkassodienstleisters bezahlt. Weshalb hier kein Regelfall einer einfachen Inkassodienstleistung mit einer Gebühr von höchstens 0,5 vorliegen soll, erschließt sich nicht.
Hinzu kommt, dass nicht näher definiert ist, wann ein Bestreiten vorliegt, was gemeinsam mit der Schwierigkeit der Tatsachenfeststellung zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen kann.
17. Zu Artikel 3 Nummer 2 (§ 288 Absatz 4 BGB)
Der Bundesrat bittet im weiteren Gesetzgebungsverfahren um Prüfung, ob - zusätzlich zu der in § 288 Absatz 4 BGB vorgesehenen Bestimmung - eine Regelung aufgenommen werden sollte, nach der ein Ersatz der Kosten für die erste Mahnung nicht verlangt werden kann, wenn der Gläubiger ein Unternehmer und der Schuldner ein Verbraucher ist.
Begründung:
Zwar sind schon nach dem geltenden Recht die Kosten für die erste Mahnung nur dann als Verzugsschaden ersatzfähig, wenn es sich nicht um die verzugsbegründende Mahnung handelt. Aber auch in den Fällen, in denen die erste Mahnung keine zwingende Voraussetzung für den Eintritt des Verzuges ist (siehe etwa § 286 Absatz 2 und 3 BGB), sollten ihre Kosten künftig nicht als Verzugsschaden ersatzfähig sein, sofern es sich bei den Gläubigern um Unternehmer (§ 14 BGB) und den Schuldnern um Verbraucher (§ 13 BGB) handelt.
Für eine solche Regelung spricht insbesondere, dass eine Zahlungsfrist im Alltag leicht übersehen werden kann.
B
- 18. Der federführende Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.