Der Bundesrat hat in seiner 869. Sitzung am 7. Mai 2010 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.
Die Länder begrüßen die Initiative der Bundesregierung, rechtzeitig zum Arbeitsbeginn der neuen Europäischen Kommission und vor ihren ersten grundsätzlichen Überlegungen zum künftigen 8. Forschungsrahmenprogramm und seinem Verhältnis zu den Initiativen des Europäischen Forschungsraums (EFR), aber auch zu den ersten Beschlüssen zur Haushaltsüberprüfung, Eckpunkte für die Weiterentwicklung der Europäischen Forschungspolitik aus deutscher Sicht zu formulieren.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die folgende Länderposition für die Entwicklung des 8. Forschungsrahmenprogramms in die Verhandlungen auf europäischer Ebene einzubeziehen:
- 1. Die Überlegungen zum Europäischen Forschungsraum und zum künftigen 8. Forschungsrahmenprogramm sollten in eine forschungs- und innovationspolitische Gesamtstrategie eingebunden werden, die sich an den Zielen Wachstum, Beschäftigung und nachhaltige Entwicklung orientieren muss. Das bisherige Lissabon-3-Prozent-Ziel ist europaweit noch lange nicht erreicht. Im globalen Wettbewerb kann Europa jedoch nur durch verstärkte Investitionen in Forschung und Entwicklung bestehen. Das Forschungsrahmenprogramm ist gleichzeitig zu einer festen Größe für die internationale Zusammenarbeit von Industrie und Wissenschaft in den Mitgliedstaaten geworden. Im Kontext der Post-Lissabon-Strategie sollte folglich in den Blick genommen werden, dass die notwendige weitere Erhöhung der Ausgaben für Forschung und Innovation in Europa nicht allein auf die Ausgaben der Mitgliedstaaten konzentriert werden kann. Mischfinanzierungen aus nationalen und europäischen Finanzierungsanteilen dürfen nicht an die Stelle von Gemeinschaftsprogrammen treten.
- 2. Auch werden bei stärkerer europäischer Zusammenarbeit nationale und regionale Programme nicht entbehrlich. Unterschiedliche Forschungsförderansätze der Mitgliedstaaten, die einen produktiven Wettbewerb der Forscher und der Ideen sichern, müssen bei aller Notwendigkeit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auch in Zukunft in deren Entscheidungsfreiheit belassen werden.
So wird auch die Umsetzung der sogenannten fünften Freiheit, also der Freizügigkeit für Forscher, wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien, als Teil der Politik des Europäischen Forschungsraums am besten gelingen, wenn etwa Fortschritte im Bereich der Alterssicherung als Teil möglichst ungehinderter Mobilität von der mitgliedstaatlichen Verantwortung und den mitgliedstaatlichen Institutionen getragen werden. Der viel zitierte Mangel an Identifikation mit den politischen Leitpunkten der Gemeinschaft (ownership), wirkt sich sonst auch im Bereich des Europäischen Forschungsraums aus. Der Königsweg, um verlässliche Wege zur Stärkung der Zusammenarbeit und zur Ausräumung von Hemmnissen zu identifizieren und zu verwirklichen, ist die Achtung der wechselseitigen Zuständigkeiten und der nationalen Institutionen bei gleichzeitig ausgeweiteten und gestärkten Angeboten für grenzüberschreitende Kooperation auf freiwilliger Basis, wie durch die Offene Methode der Koordinierung (OMK), die variable Geometrie und insbesondere durch das 8. Forschungsrahmenprogramm.
- 3. Die Länder sehen - wie der Bund - das zukünftige Forschungsrahmenprogramm als zentrales strategisches Instrument zur Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums (EFR). Es sollte Motor für die Implementierung des Ljubljana-Prozesses und der Initiativen des EFR sein und diese unterstützen. Die mit dem künftigen Rahmenprogramm verbundenen Ziele können nur erreicht werden, wenn die Akteure mitziehen. Dies gilt für alle, die schon bisher erfolgreich an der Forschungsförderung der Gemeinschaft teilnehmen, dies gilt aber erst recht für diejenigen, die erst noch verstärkt gewonnen werden sollen, wie z.B. KMU.
- 4. Vor diesem Hintergrund ist zur Wahrung der Teilnahmebereitschaft eine möglichst hohe Kontinuität beim Übergang vom 7. zum 8. Forschungsrahmenprogramm geboten. Immer wieder neue Förderformen und -bedingungen stellen die Beteiligten vor erhebliche Probleme und führen selbst bei Gutwilligen zu sinkender Teilnahmebereitschaft. Die Förderinstrumente sollten daher fortgeschrieben werden und überschaubar bleiben. Die Schaffung neuer Instrumente sollte mit der nötigen Offenheit für Verbesserungen, aber auch mit Bedacht erfolgen.
Mit besonderem Nachdruck wird die Fortsetzung der insbesondere im Spezifischen Programm "Kooperation" geförderten Verbundforschung als wichtigstes Instrument des Rahmenprogramms gefordert. Dabei muss gewährleistet sein, dass die Fortsetzung mit gleicher Intensität erfolgt und auch künftig kleinere Projekte möglich sind, an denen sich vor allem Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und Unternehmen - insbesondere KMU - beteiligen können. Gemessen an der Ausrichtung der Gemeinsamen Programmplanung an den großen gesellschaftlichen Herausforderungen und der besonderen Definition des europäischen Mehrwerts sollte die Verbundforschung ein breiteres Themenspektrum der Wissenschaftsbereiche abdecken und auch ihre Funktion eines Einstiegs- und Basisprogramms für die europäische und internationale Forschungsvernetzung bewahren. Ebenso ist die Ausprägung der Wissenschaftsbereiche in der Tiefe von großer Bedeutung. Die Gemeinsame Programmplanung darf keinesfalls zu einer Schmälerung des Themenspektrums oder des Budgets der Verbundforschung führen.
Die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften, deren zentrale Träger für Forschung in Deutschland und Europa die Hochschulen sind, bilden eine wichtige kulturelle Basis für die europäische Zusammenarbeit und spielen eine zentrale Rolle bei der interdisziplinären Bewältigung wichtiger Herausforderungen der europäischen Gesellschaft, wie z.B. der Alterung der Gesellschaft. Bei der Forderung nach einer Erhöhung des Mitteleinsatzes sollte daher besonders auch die Verbundforschung in diesem Bereich berücksichtigt werden.
Eine stärkere Integration bisher eigenständiger Programme und Instrumente, wie z.B. des Programms Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) oder des Europäischen Instituts für Innovation und Technologie (EIT), ist zu begrüßen, sofern die entsprechenden Mittel bereitstehen. Die Vielfalt im Bereich der Plattformen und Instrumente in der Zusammenarbeit von Industrie und öffentlich getragener Forschung sollte aber auf wenige, strukturell begründbar unterschiedene Instrumente zurückgeführt werden (TP, JTI, PPP, KIC im EIT etc.).
Eine möglichst hohe Kontinuität sollte auch bei den Marie-Curie-Maßnahmen gewährleistet sein. Die Programme sollten ihre Wiedererkennbarkeit bewahren, unabhängig von ihrer organisatorischen Zuordnung in der Kommission. Sie sind als Mobilitätsprogramm für die Forschermobilität notwendiger Teil der Forschungspolitik und damit des EFR.
- 5. Von besonderer Bedeutung für das künftige Forschungsrahmenprogramm in allen seinen Bereichen ist die ausschließliche Geltung des Exzellenzkriteriums bei der Auswahl von Projekten. Nur so können der wesentliche Beitrag zur Stärkung der wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen und der Beitrag zur Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinschaft erbracht werden.
Soweit die Förderung von Forschungseinrichtungen und -projekten als Teil einer integrierten regionalen Entwicklung im Vordergrund steht, sollen dafür in noch höherem Maße als bisher die kohäsionspolitischen Förderinstrumente eingesetzt werden. Diese sind in besonderer Weise geeignet, durch die Unterstützung von entsprechenden Netzwerken, Clustern und anderen Instrumenten für den Technologietransfer die Innovationskraft gerade KMU auf breiter Front zu stärken.
- 6. Die erkenntnisgeleitete Grundlagenforschung darf dabei nicht in den Hintergrund geraten. Mit dem Europäischen Forschungsrat (European Research Council/ERC) und der Förderung von grundlagenorientierter Pionierforschung ist es gelungen, in sämtlichen Disziplinen der Wissenschaften, insbesondere auch bei den benachteiligten Geisteswissenschaften, noch einmal einen besonderen Maßstab zu setzen. Bei der Weiterentwicklung des ERC sollten bei Berücksichtigung der Ergebnisse der Zwischenbewertung die Profilschärfung im Hinblick auf eine weltweit anerkannte wissenschaftliche Auszeichnung, die Sicherung von Autonomie und Transparenz in der Governance und eine ausreichende Finanzausstattung im Vordergrund stehen. Die bisherige Tätigkeit des ERC hat gezeigt, dass der Bottom-Up-Ansatz zu sehr guten Ergebnissen führt. Es sollte daher über eine Ausweitung dieses Prinzips auf andere Bereiche innerhalb des 8. Forschungsrahmenprogramms nachgedacht werden.
- 7. Zentrale Herausforderung in Europa wird es auch in Zukunft sein, Forschungsergebnisse besser als bisher in neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen umzusetzen. Die Länder unterstützen daher nachdrücklich die Idee eines Ansatzes des 8. Forschungsrahmenprogramms, das die drei Bereiche des Wissensdreiecks besser integriert. Die Verknüpfung der unterschiedlichen Politikansätze bei gleichzeitiger Harmonisierung von Instrumenten und Regeln ist auch hier Kernanliegen. Die Einbindung der Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen als Träger von Forschung und Innovation und der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses ist von großer Bedeutung. Die Programme für die intersektorale Mobilität, aber auch insgesamt die Beteiligungsmöglichkeiten der Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen an europäischen Förderprogrammen, müssen nicht nur gewahrt, sondern erweitert werden. Ein Schlüssel sind hier, wie für die Unternehmen auch, einfache und durchgängig einheitliche Regeln. Alle geeigneten Mittel, eine raschere Umsetzung von Erkenntnissen in Produkte und Dienstleistungen zu erreichen, sollten genutzt und verstärkt werden.
Dazu gehört, wo immer angebracht, auch die Integration von Demonstrationstätigkeiten in die Themenkonzeption. Mit Rücksicht auf kleine und mittlere Verbundprojekte bzw. solche Verbundprojekte, die keine unmittelbare Marktnähe aufweisen, bleibt es aber sinnvoll, Demonstrationsmaßnahmen auch nach dem erfolgreichen Abschluss des Projekts - ggf. unter vereinfachten Antragsbedingungen - zu fördern. Die europäischen industriegetriebenen Technologieinitiativen sind ein wichtiges Instrument zur Schließung der Innovationslücke durch Kooperation von Anfang an. Die Finanzierung aus dem FRP darf nicht zu Lasten der Verbundforschung erfolgen.
- 8. Zur Steigerung der Effizienz sollten die Ergebnisse evidenzbasierter Evaluation sich auch während der Laufzeit des Rahmenprogramms umsetzen lassen. Daher wird die Vorstellung des Bundes begrüßt, das 8. Forschungsrahmenprogramm als "lernendes Programm" zu gestalten.
Mehr denn je sollten die Mechanismen der Einbeziehung der potenziell Betroffenen und Interessenträger transparent gestaltet sein. Ihr Mitwirken ist sowohl in den Beratungen als auch als Gutachter von kaum zu unterschätzender Bedeutung. Gleichzeitig sind Strukturen erforderlich, die Verantwortungen nachvollziehbar und erkennbar gestalten. Dies gilt nicht zuletzt für Art und Auswertung von Konsultationsverfahren. Eine stärkere Beteiligung der Programmausschüsse, u. a. auch um die Maßnahmen des Forschungsrahmenprogramms mit denen der gemeinsamen Programmplanung abzustimmen, ist ausgesprochen wünschenswert.
Im Rahmen der Verantwortung von CREST sollte Sorge getragen werden, dass die verschiedenen Initiativen des EFR sich im FRP als dem entscheidenden Hebel zu seiner Verwirklichung wiederfinden.
- 9. Die Beteiligung von Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen, insbesondere KMU, am Rahmenprogramm muss durch den Abbau von Bürokratie verbessert werden. Dringender Wert wird auf einheitliche Beteiligungsregeln gelegt. Abweichungen bzw. differierende Regeln führen zu einem sehr hohen Beratungsaufwand und zu Unsicherheiten. Im Interesse der Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sind bei geistigen Eigentumsrechten und bei den Finanzhilfevereinbarungen darüber hinaus die bewährten Standards für Verbundprojekte anzuwenden. In allen Bereichen der europäischen Forschungsförderung müssen möglichst gleiche Regeln zur Anwendung kommen.
Ziel muss die Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren, Berichtspflichten und Finanzierungsmodalitäten sein. Die Ankündigung der Kommission, nach Vorliegen der Zwischenbewertung des 7. Forschungsrahmenprogramms (Mitte 2010) hierzu weitgehende Vorschläge zu machen, wird nachdrücklich begrüßt. Insbesondere sollte die Möglichkeit von Pauschalzahlungen bei der Abrechnung von Projekten geprüft werden. Hierzu liegen entsprechende Stellungnahmen von deutscher Seite vor.
- 10. Vor diesem Hintergrund hebt der Bundesrat bezüglich der EFR-Initiativen hervor:
- - Die Initiativen des Europäischen Forschungsraums sollten durch gleiche Grundsätze und Regeln bestimmt sein. Vergleichsmaßstab sollten immer die besten Leistungen weltweit sein (Exzellenzprinzip). Das gilt zum Beispiel auch für die Gestaltung des ESFRI-Prozesses (European Strategy Forum on Research Infrastructures).
- - Die Gemeinsame Programmplanung, in der die Mitgliedstaaten in gemeinsam identifizierten, zentralen Forschungsbereichen auf freiwilliger Basis zusammenarbeiten, ist ein sinnvolles Instrument für eine effizientere Nutzung der begrenzten öffentlichen Forschungsmittel in Europa. Der Weg der Identifikation von Themenfeldern im Bereich der großen Herausforderungen, die einen Mehrwert durch die europäische und internationale Zusammenarbeit versprechen, sollte fortgesetzt werden. Dabei sollte die Anzahl der Themen überschaubar gehalten werden. Die Gemeinsame Programmplanung sollte sich eingeführter Strukturen, wie der ERA-Nets, bedienen. Die Gemeinschaft sollte einen substantiellen Beitrag leisten. Nachdrücklich unterstützt der Bundesrat das Eintreten der Bundesregierung für einen von den Mitgliedstaaten getriebenen Prozess.
- - Dringend notwendig ist die Implementierung der Maßnahmen zum Bereich der Intellectual Property Rights, wie z.B. die IP-Charta-Initiative. Erforderlich ist eine einheitliche Grundlage in diesem Bereich. Das gilt für die Regeln, wie für die Darstellung der entsprechenden Strategien in Anträgen und Berichten sowie Unterstützungsmaßnahmen.
- - Die bestehenden Instrumente des EFR sollten auch im Bereich der internationalen Zusammenarbeit genutzt werden. Die Ergebnisse des Strategieforums für internationale Zusammenarbeit (SFIC) sollten in die Programmplanung im Forschungsrahmenprogramm einfließen. Die Kooperation mit den außereuropäischen Ländern ist im Hinblick auf ihren tatsächlichen Nutzen zu analysieren, um darauf basierend die notwendigen Mechanismen in den jeweiligen Themen zu etablieren.
- - Die Umsetzung und Verwirklichung eines effizienten und durchlässigen Arbeitsmarktes für Forscherinnen und Forscher ist ein wesentliches Element des EFR in der Globalisierung. Der begonnene Weg der Förderung der Mobilität, der Optimierung von Transparenz und Information für die Betroffenen und der Ausräumung von möglichen Hemmnissen sollte fortgesetzt werden.
- 11. Der Bundesrat teilt die Auffassung der EU, dass KMU für das Innovationsgeschehen in Europa eine hohe Bedeutung haben. Mehr als 99 Prozent aller Unternehmen in der EU sind KMU. In vielen Bereichen liefern KMU neue Technologien und gehören zu den Innovationstreibern. Dennoch tun sich KMU auf internationalem Parkett oft schwer.
Das Forschungsrahmenprogramm ist auch ein Element zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von KMU. Das gilt im Besonderen für die anwendungsorientierte Verbundforschung und die KMU-spezifischen Maßnahmen. Vor diesem Hintergrund haben das Europäische Parlament und der Europäische Rat das Ziel ausgegeben, dass 15 Prozent der Mittel des Spezifischen Programms "Kooperation" an KMU fließen sollen.
Mit der Halbzeit des 7. Forschungsrahmenprogramms ist festzustellen, dass die Erwartungen, die hinsichtlich des KMU-Engagements gesetzt wurden, sich bisher nur teilweise erfüllt haben. So weist der von der Kommission vorgelegte "Vierte Bericht zur KMU-Beteiligung" im Programm "Kooperation" eine KMU-Finanz-Quote von 13,4 Prozent aus. Das 15-Prozent-Ziel konnte somit bisher nicht ganz erreicht werden.
Trotz aller Bemühungen ist das 7. Forschungsrahmenprogramm geprägt von einer geringen Erfolgsquote der KMU, mangelnder Aufnahme der FuE-Ergebnisse durch die beteiligten KMU, großen Projekten mit vielen Partnern, hohem Bürokratieaufwand für beteiligte KMU und schließlich von langwierigen Bearbeitungsprozessen. Noch immer geht der Impuls zu Forschungsvorhaben überwiegend von Forschungsdienstleistern aus und nehmen KMU selten eine führende Rolle ein. Dies gilt insbesondere für die KMU-spezifischen Maßnahmen, die eigentlich auf den Bedarf der KMU zugeschnitten sein sollten.
- 12. Derzeit vergehen rund 400 Tage zwischen Einreichschluss und Bewilligung ("Timeto-Contract"). Dieser lange Zeitraum ist für KMU nicht geeignet, um resultierende Forschungs- und Entwicklungsergebnisse effizient zu nutzen und daraus rasch Innovationen auf den Markt zu bringen. Die erwarteten Ergebnisse eines Forschungsprojekts sind so häufig schon zu Beginn des Projekts vom Markt überholt. Der Bundesrat sieht hier erheblichen Verbesserungsbedarf. Eine Verkürzung der Antragsbearbeitungszeiten auf maximal drei Monate für alle Projekte der Verbundforschung und der KMU-spezifischen Maßnahmen sollte spätestens zu Beginn des 8. Forschungsrahmenprogramms gewährleistet sein.
- 13. Die Erfahrungen aus anderen Programmen, beispielsweise aus dem "Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand" (ZIM) des Bundes und den Förderprogrammen der Länder, zeigen, dass Themenoffenheit, hohe Erfolgsquoten durch ein ausreichendes bzw. höheres Budget, überschaubare Projektgrößen mit wenigen Partnern, einfach und übersichtlich gestaltete Antragsverfahren mit kurzen Bearbeitungszeiten und mehreren Ausschreibungsrunden pro Jahr entscheidend für die KMU-Attraktivität eines Programms sind. Im Hinblick auf die geringe KMU-Beteiligung im Programm "Kooperation" sieht der Bundesrat für das 8. Forschungsrahmenprogramm dringenden Handlungsbedarf:
Um die Beteiligung von KMU zu verbessern, müssen die Rahmenbedingungen geändert werden. Hierzu werden folgende Eckpunkte vorgeschlagen:
- - Der Umfang der Anträge und die Bearbeitungszeiten sollten wesentlich reduziert werden (maximal drei Monate). In diesem Zusammenhang sollten auch die Einführung eines kontinuierlichen Einreichverfahrens sowie die Abkehr von dem bestehenden Vertragsverfahren hin zu einem Zuwendungsverfahren geprüft werden.
- - Bei der Evaluation von Vorhaben mit Beteiligung von KMU sollten vor allem Verwertungspotenzial und Marktnähe die wichtigsten Kriterien werden.
- - Demonstrationstätigkeiten und Prototypenbau sollten verstärkt in die Themenkonzeption einbezogen werden.
- - Die Koordinatorenfunktion sollte bei Vorhaben mit Beteiligung von KMU häufiger bei den KMU liegen, zumindest sollten die Belange von KMU in den Projekten ausreichend berücksichtigt werden.
- - Die Mindestanforderungen für die Zahl der Partner sollte auf mindestens zwei Partner aus zwei verschiedenen Ländern reduziert werden, wobei auf den europäischen Mehrwert nicht verzichtet werden darf. Auch sollte darauf geachtet werden, dass kleinere Projekte eine realistische Chance auf Förderung haben.
- - Die KMU sollten einen angemessenen Teil der für die Forschung erforderlichen Mittel als Eigenleistung erbringen, damit sie selbst für die Marktnähe der FuE-Projekte sorgen.
- - Die Vorgabe von speziellen Themen in den Aufrufen thematischer Programme sollte sich auf übergeordnete Themenfelder beschränken.
- 14. Die Budgets für die anwendungsorientierte Verbundforschung und die KMU-spezifischen Maßnahmen sollten bei einer Gesamtaufstockung des Budgets angemessen steigen, um auskömmliche Erfolgsquoten sicherzustellen.
- 15. Die diversen KMU-Maßnahmen im Forschungsrahmenprogramm (im Einzelnen thematische Programme, spezifische KMU-Maßnahmen, CORNET, ERASME, EUROSTARS) sind für Außenstehende oft nicht überschaubar und sind in ihren unterschiedlichen Konditionen schwer zu kommunizieren. Die Kommission wird aufgefordert, Maßnahmen zur Verbesserung zu ergreifen und insbesondere die Beratungsleistungen und die Zuordnung von Programmen zu optimieren.
Eine Verlagerung der KMU-spezifischen Maßnahmen in das Programm "Wettbewerbsfähigkeit und Innovation" (CIP) bzw. in die Generaldirektion Unternehmen und Industrie sollte in diesem Zusammenhang geprüft werden. Für eine Verlagerung spräche auch, dass hierdurch das "Enterprise Europe Network" effizient eingebunden werden könnte, das durch die Generaldirektion Unternehmen und Industrie betreut wird.
- 16. Die Förderung von Exzellenz darf nicht zugunsten von Kohäsionszielen aufgeweicht werden. Vielmehr ist es eine zentrale Aufgabe, das 8. Forschungsrahmenprogramm und die EU-Strukturfonds (insbesondere EFRE) so weiterzuentwickeln, dass sie möglichst komplementär und unter Berücksichtigung möglicher Synergieeffekte zur FuE-Förderung im Mittelstand eingesetzt werden können.
- 17. Der Bundesrat erkennt an, dass die Debatte über das zukünftige EU-Forschungsrahmenprogramm auch im Kontext der Überprüfung des europäischen Finanzsystems steht. Fragen der finanziellen Ausstattung der zukünftigen Europäischen Forschungspolitik werden daher erst im Rahmen der nächsten finanziellen Vorausschau zu klären sein.