Der Bundesrat hat in seiner 934. Sitzung am 12. Juni 2015 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Verbesserung der Wohnsituation auf Inseln
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, § 22 Absatz 1 Satz 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) dadurch zu ergänzen, dass nach dem Klammerzusatz "( § 1 des Wohnungseigentumsgesetzes)" die Wörter "sowie der Begründung von Bruchteilseigentum (§§ 1008 bis 1011 BGB)" eingefügt werden.
Begründung:
Viele Tourismusgemeinden, insbesondere auf den Ostfriesischen Inseln, stehen vor dem Problem, dass sie sich einerseits über die Errichtung von neuen, schönen Häusern in zentralen Lagen ihres Ortes freuen, aber gleichzeitig befürchten, dass durch den Verkauf von Wohnungen an Auswärtige "tote Zonen" geschaffen werden, da die Gefahr besteht, dass diese Zweitwohnungen erfahrungsgemäß die überwiegende Zeit des Jahres leer stehen. Heruntergelassene Rollläden können über Monate hinweg den Eindruck "unbewohnter" Straßenzüge vermitteln.
Zu berücksichtigen sind auch die Unterhaltungskosten und sonstigen Kosten der Infrastruktureinrichtungen (Schulen, Kindergärten, Einkaufsmöglichkeiten und dergleichen), die von den betroffenen Gemeinden vorgehalten und unterhalten werden müssen. Zudem wird Bauland für Zweitwohnungen verbraucht und damit der örtlichen Bevölkerung für den Bau von Dauerwohnungen entzogen. Deshalb haben viele Gemeinden auf der Grundlage von § 22 BauGB Satzungen erlassen, die eine Begründung von Wohnungseigentum einem Genehmigungsvorbehalt unterwerfen.
Die Tourismusgemeinden sind häufig durch folgende "Wohnarten" geprägt:
- - "Dauerwohnen", das heißt Wohnen von Einheimischen in Miet- bzw. Eigentumswohnungen und Eigenheimen,
- - "Touristisches Wohnen", das heißt zeitweises Wohnen von Touristen in Beherbergungsbetrieben, Ferienwohnungen und Ferienhäusern und - "Zweitwohnen", das heißt zeitweises Wohnen ortsfremder Personen in Zweitwohnungen, die ausschließlich von diesen genutzt werden.
Auf den Ostfriesischen Inseln werden seit Jahren bezüglich der oben dargestellten Wohnarten Verdrängungsprozesse verzeichnet, die insbesondere aus städtebaulichen Gründen unerwünscht sind.
Das touristische Wohnen verdrängt das Dauerwohnen, das ausschließliche Nutzen von Zweitwohnungen durch den Eigentümer verdrängt das Dauerwohnen und das touristische Wohnen.
§ 22 BauGB hat die Sicherung von Gebieten mit Tourismusfunktionen zum Gegenstand. Die Vorschrift verfolgt den Zweck, für einen wechselnden Personenkreis von Feriengästen die Beherbergungsmöglichkeiten, die für die Wahrnehmung der Aufgaben von Ferienorten erforderlich sind, zu erhalten sowie die sich aus der Zweitwohnungsnutzung entstehenden Nachteile für die Struktur des betreffenden Gebiets und die Gefahr der Unterausnutzung von Infrastruktur zu verhindern.
Der Vorschrift liegt auf Grund der Erfahrung der Praxis die Überlegung zu Grunde, dass die Begründung von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz an Wohnzwecken dienenden oder hierfür vorgesehenen Gebäuden und Räumen in der Regel zu einer Nutzung als Zweitwohnung mit der weiteren Folge führt, dass diese Gebäude und Räume der Nutzung durch einen wechselnden Personenkreis von Feriengästen entzogen werden. Immer häufiger wird der Genehmigungsvorbehalt in § 22 Absatz 1 BauGB dadurch umgangen, dass kein Wohnungseigentum, sondern sogenanntes Bruchteilseigentum begründet wird. Aus diesem Grunde soll der Genehmigungsvorbehalt in § 22 Absatz 1 Satz 1 BauGB auf die Begründung von Bruchteilseigentum ausgedehnt werden.