910. Sitzung des Bundesrates am 7. Juni 2013
A
Der federführende Rechtsausschuss (R) und der Ausschuss für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung (Wo) empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 5 Absatz 2 Satz 1 WiStrG 1954)
In Artikel 1 Nummer 1 sind in § 5 Absatz 2 Satz 1 vor den Wörtern "Teil der Gemeinde" die Wörter "auf landesgesetzlicher Grundlage gebildeten" einzufügen.
Folgeänderungen:
- a) Im Vorblatt ist in Abschnitt A. der letzte Satz zu streichen.
- b) Die Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 1 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Absatz 3 sind Satz 9 und 10 durch folgende Sätze zu ersetzen:
- 'Um den regionalen Besonderheiten, aber auch dem aus Artikel 103 Absatz 2 GG und § 3 OWiG folgenden Bestimmtheitsgebot hinreichend Rechnung zu tragen, wird der Begriff "Teil der Gemeinde" in Anknüpfung an das Landesrecht und die Kommunalverfassung des jeweiligen Landes näher definiert. Auf landesgesetzlicher Grundlage gebildete Teile einer Gemeinde sind etwa die Bezirke der Stadtstaaten und ihre Untergliederungen (Stadtteile, Ortsteile) sowie in den Flächenländern je nach Ausgestaltung in den Gemeindeordnungen bzw. Kommunalverfassungen die Stadt-, Orts- oder Gemeindebezirke, Ortsteile oder Ortschaften. Bei der Prüfung der Wohnraummangellage ist zunächst auf die kleinste Untergliederung abzustellen. Fehlt es darin an nach Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lagequalitäten vergleichbarem Wohnraum für eine Teilmarktbetrachtung, so ist die nächstgrößere Untergliederung heranzuziehen.'
- bb) Absatz 4 Satz 1 ist wie folgt zu fassen:
- 'Wird für die Frage des Vorliegens eines geringen Angebots auf einen Teil der Gemeinde abgestellt, ist gleichwohl bei der Bestimmung der üblichen Entgelte im Ausgangspunkt das Gemeindegebiet als Ganzes maßgeblich, auch wenn dabei die Wohngegend in das Tatbestandsmerkmal "Lage" einfließen kann.'
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Der Verzicht auf eine genauere Konkretisierung des Merkmals "Teil der Gemeinde" begegnet Bedenken vor dem Hintergrund des in Artikel 103 Absatz 2 GG und § 3 OWiG normierten Bestimmtheitsgrundsatzes, wonach die Beschreibung eines Sanktionstatbestands die mit einer Geldbuße bedrohte Handlung so genau kennzeichnen muss, dass für den Bürger grundsätzlich vorausschauend erkennbar ist, ob sein Handeln mit einer Geldbuße geahndet werden könnte. Auch den Gerichten würde die Auslegung des Begriffs "Teil der Gemeinde" ohne nähere Maßgaben große Schwierigkeiten bereiten. Es bedarf daher einer Präzisierung, nach welchen Kriterien das Vorliegen eines "Teils der Gemeinde" bestimmt werden soll. Es wird vorgeschlagen, insoweit auf die nach den jeweiligen Kommunalverfassungen bzw. den Landesverfassungen und Gesetzen der Stadtstaaten gebildeten Gemeindeuntergliederungen abzustellen und in der Begründung des Gesetzentwurfs darüber hinaus klarzustellen, dass bei der Frage des Vorliegens eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen in erster Linie auf die kleinste Gemeindeuntergliederung abzustellen ist. Fehlt es darin an vergleichbarem Wohnraum, so dass eine Teilmarktbetrachtung innerhalb der Untergliederung nicht möglich ist, so soll auf die nächstgrößere Untergliederung zurückgegriffen werden können. Dieser Ansatz ähnelt der Herangehensweise bei der Auslegung des Maßstabs "in einer Gemeinde oder in einer vergleichbaren Gemeinde" in § 558 Absatz 2 BGB. Auf vergleichbare Gemeinden muss nur dann zurückgegriffen werden, wenn in derselben Gemeinde kein vergleichbarer Wohnraum vorhanden ist (vgl. Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 558 Rnr. 14).
Von der Prüfung des geringen Angebots an vergleichbarem Wohnraum zu unterscheiden ist die Bestimmung der üblichen Entgelte im Sinne von § 5 Absatz 2 Satz 1 WiStrG 1954. Hier hätte eine reine Teilgebietsbetrachtung unter Umständen sogar preistreibende Effekte, da gerade in Teilgebieten mit Wohnraummangellage die üblichen Entgelte noch über den üblichen Entgelten für nach Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage vergleichbare Räume im übrigen Gemeindegebiet liegen können. Der Gesetzentwurf verzichtet hier daher auch richtigerweise auf eine Änderung des Maßstabs "in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden". Dies sollte auch in der Begründung noch deutlicher zum Ausdruck kommen, indem klargestellt wird, dass bei der Bestimmung der üblichen Entgelte wie bisher grundsätzlich das Gemeindegebiet als Ganzes maßgeblich ist, auch wenn die Wohngegend über das Tatbestandsmerkmal "Lage" Berücksichtigung finden kann. Ebenso zu berücksichtigen sind hier aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 2005 - VIII ZR 44/04 -, NJW 2005, 2156 f.) auch andere Wohngegenden im Gemeindegebiet, die nach ihrer Lage und Struktur dem Stadtteil ähnlich - also vergleichbar - sind, in welchem sich die gemietete Wohnung befindet.
2. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 5 Absatz 2 Satz 1 WiStrG 1954)
In Artikel 1 Nummer 1 sind in § 5 Absatz 2 Satz 1 nach dem Wort "Lage" die Wörter "einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit" einzufügen.
Folgeänderung:
In der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nummer 1 ist nach dem vierten Absatz folgender Absatz einzufügen:
- 'Für § 5 Absatz 2 Satz 1 WiStrG 1954 ist anerkannt, dass die Vorschrift auf die in § 558 Absatz 2 BGB definierte ortsübliche Vergleichsmiete verweist (vgl. Artz, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6. Auflage 2012, § 557 Rnr. 70). Durch das Mietrechtsänderungsgesetz, das am 1. Mai 2013 in Kraft getreten ist, werden die Wohnwertmerkmale, anhand derer die ortsübliche Vergleichsmiete nach § 558 Absatz 2 BGB ermittelt wird, um die Komponenten "energetische Ausstattung und Beschaffenheit" ergänzt (vgl. BR-Drucksache 010/13 (PDF) ). Um den Gleichlauf der Vorschriften zu wahren, sollte auch § 5 Absatz 2 Satz 1 WiStrG 1954 um diese energetischen Kriterien ergänzt werden.'
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die Gesetzesinitiative soll zum Anlass genommen werden, die Ergänzungen, die durch das Mietrechtsänderungsgesetz (vgl. BR-Drucksache 010/13 (PDF) ) in § 558 Absatz 2 BGB für die Wohnwertmerkmale, anhand derer die ortsübliche Vergleichsmiete festgesetzt wird, eingeführt werden, in § 5 Absatz 2 Satz 1 WiStrG 1954 nachzuvollziehen.
B
- 3. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
C
- 4. Der federführende Rechtsausschuss schlägt dem Bundesrat vor, Senatorin Jana Schiedek (Hamburg) gemäß § 33 der Geschäftsordnung des Bundesrates zur Beauftragten des Bundesrates für die Beratung des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag und seinen Ausschüssen zu bestellen.