945. Sitzung des Bundesrates am 13. Mai 2016
A
Der federführende Ausschuss für Kulturfragen empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat begrüßt es, dass das FFG in der neuen Fassung systematisch und strukturell bereinigt wurde.
Er ist weitgehend mit den vorgeschlagenen inhaltlichen Änderungen einverstanden. Insbesondere hält der Bundesrat ebenso wie die Bundesregierung eine moderate Modifikation der Abgabentatbestände für erforderlich, um das Abgabenaufkommen abzusichern.
Der Bundesrat teilt die Auffassung der Bundesregierung, auch die Fortentwicklung der Verwertungsformen zu berücksichtigen und den Kreis der Abgabebelasteten im Sinne von Abgabengerechtigkeit zu erweitern.
Der Bundesrat unterstützt die Absicht, in den Gremien der Filmförderungsanstalt auf Geschlechtergerechtigkeit.
Aus der Sicht des Bundesrates ist es sinnvoll, die dem Kino nachfolgenden Verwertungsstufen Verleih und Video stärker zu verzahnen und in den verschiedenen Förderbereichen eine verstärkte Qualitätsauslese vorzunehmen.
Der Bundesrat würdigt das Bemühen um erhöhte Transparenz bei der Mittelvergabe.
Der Bundesrat begrüßt die neu aufgenommene Förderung der Drehbuchfortentwicklung als Spitzenförderung.
Der Bundesrat unterstützt Maßnahmen, die geeignet sind, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an geförderten Filmen zu verbessern.
2. Zu § 2 Satz 1 Nummer 9 - neu - FFG In § 2 ist Satz 1 wie folgt zu ändern:
Begründung:
Neu aufgenommen werden soll die Aufgabe der FFA, auch die Belange der Beschäftigten in der Filmwirtschaft zu unterstützen, insbesondere um darauf hinzuwirken, dass in der Filmwirtschaft eingesetztes Personal zu sozialverträglichen Bedingungen beschäftigt wird. Die FFA kann im Rahmen ihrer Fördermaßnahmen auf Tariftreue und faire und angemessene Vertragsbedingungen zwischen Produktionsunternehmen, Beschäftigten und Urhebern und Urheberinnen sowie Leistungsschutzberechtigten Einfluss nehmen.
3. Zu § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 FFG § 54 Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 1 ist das Wort "fünf" durch das Wort "vier" und das Wort "vier" durch das Wort "drei" zu ersetzen.
- b) In Nummer 2 ist das Wort "neun" durch das Wort "acht" und das Wort "sechs" durch das Wort "fünf" zu ersetzen.
- c) In Nummer 3 ist das Wort "zwölf" durch das Wort "zehn" und das Wort "sechs" durch das Wort "vier" zu ersetzen.
Begründung:
Der Bundesrat hält eine weitere Flexibilisierung der Regelungen über die Sperrfristen zu den einzelnen Auswertungsstufen für sinnvoll, um sie so dem sich ändernden Nachfrageverhalten der Kinofilm-Nutzerinnen und -Nutzer anzupassen. Die Veränderungen im FFG-E sind angesichts der Laufzeit des Gesetzes von 5 Jahren noch nicht ausreichend.
Nach § 54 FFG-E können die regelmäßigen Sperrfristen auf Antrag verkürzt werden, wenn filmwirtschaftliche Belange dem nicht entgegenstehen. Zumindest für Dokumentarfilme und Low-Budget-Produktionen sind die genannten Fristen in vielen Fällen zu lang, denn die Auswertungszeiten dieser Filme im regulären Kinobetrieb sind in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen. Ursachen sind die veränderten Auswertungsstrukturen des Kino-Marktes und die Vielzahl der immer wieder neu in die Kinos drängenden Filme. Oft entscheidet sich schon am Startwochenende, meist aber nach der ersten oder zweiten Woche der Kino-Auswertung, ob ein Film an der Kinokasse Erfolg hat und welche Chancen er in der weiteren Auswertungszeit hat. Wenn Dokumentarfilme und Low-Budget-Produktionen von den Kinos erkennbar nicht weiter ausgewertet werden, sollten die Sperrfristen für diese Filme reduziert werden können. Aber auch andere Kinofilme befinden sich zum Teil in vergleichbarer Situation.
Daher wird vorgeschlagen, die Möglichkeit der Verkürzung der Sperrfristen wie folgt zu erweitern: Die in § 54 FFG-E genannten Fristen werden um jeweils einen Monat (§ 54 Absatz 1 Ziffer 1 und 2 FFG-E) bzw. um zwei Monate (§ 54 Absatz 1 Ziffer 3 FFG-E) reduziert.
4. Zu § 56 Absatz 3 FFG
§ 56 Absatz 3 ist zu streichen.
Begründung:
Nach § 56 FFG-E können die Sperrfristen unter bestimmten Voraussetzungen keine Anwendung finden. Nachgewiesen werden muss, dass die Kinoauswertung keinen hinreichenden Erfolg verspricht. Die Nichtanwendung der Sperrfristenregelung soll auf seltene Ausnahmefälle begrenzt bleiben.
Dies wird nach Ansicht des Bundesrates schon durch die Voraussetzungen nach Absatz 1 gewährleistet. Die weitere Einschränkung in Absatz 3, dass vier Jahre vor Antragstellung von dem Produktionsunternehmen kein entsprechender Antrag für einen anderen Film gestellt worden sein darf, bedeutet eine übermäßige Einschränkung, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung nicht erforderlich ist.
5. Zu § 73 Absatz 1 Satz 3, § 76 Absatz 1 Satz 2, § 91 Absatz 2 Satz 2 FFG
- a) In § 73 Absatz 1 Satz 3 sind nach den Wörtern ' "besonders wertvoll" ' die Wörter 'oder "wertvoll" ' einzufügen.
- b) In § 76 Absatz 1 Satz 2 sind nach den Wörtern ' "besonders wertvoll" ' die Wörter 'oder "wertvoll" ' einzufügen.
- c) In § 91 Absatz 2 Satz 2 sind nach den Wörtern ' "besonders wertvoll" ' die Wörter 'oder "wertvoll" ' einzufügen.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Die FBW ist eine Fördereinrichtung aller Länder zur Förderung des guten Films. Auch das FFG zielt auf die Förderung des Kinofilms als besonderes Kulturgut ab. Das Prädikat "wertvoll" ist auch deshalb mit in die Referenzfilmförderung einzubeziehen.
Die Prädikate werden nach filmkünstlerischen Kriterien vergeben und dokumentieren einen kulturellen Wert. Sie tragen darüber hinaus zur Wirtschaftlichkeit bei, da sie von den Zuschauern als unabhängige Filmempfehlungen und Marke für den guten Film verstanden werden. Beide Prädikate vereinen wichtige Grundprämissen und Zielvorgaben der Filmförderung.
Die Prädikate "wertvoll" und "besonders wertvoll" führen in wenigen begründeten Einzelfällen zu einer Referenzfilmförderung und sollten deshalb beide im FFG anerkannt werden. Die Statistik der FFA belegt, dass von 2009 bis 2014 16 Filme aufgrund der Besucherschwellensenkung im FFG durch das Prädikat "besonders wertvoll" eine Förderung erhielten. Hätte man das Prädikat "wertvoll" gleichberechtigt mit einbezogen, wären es in diesem Zeitraum zehn Filme mehr gewesen.
Eine von der FFA bei der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Auftrag gegebene repräsentative Studie vom April 2012 stellte die Bedeutung der Prädikate als Entscheidungshilfe für die Zuschauer heraus. Für 22 Prozent der Konsumenten sind die Prädikate "ein Anlass, sich einen Film im Kino oder auf DVD anzusehen". Seither haben sich die Visits auf der FBW-Homepage von 400 000 Visits im Jahr 2011 auf 1,4 Millionen Visits im Jahr 2015 mehr als verdreifacht. Dies belegt das wachsende Interesse der Zuschauer an den Bewertungen der FBW als unabhängige Empfehlungen.
Um die kulturellen Aspekte eines Filmes bei der Förderung mit einbeziehen zu können und auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Zuschauerzahlen alleine kein Kriterium für das Kulturgut Film sein sollten, ist es von großer Bedeutung, die Auszeichnungen der FBW als Referenzkriterium mit einzubeziehen. Die Kombination aus Kinoerfolg und kultureller Auszeichnung mit einem Prädikat ermöglicht eine gezielte Förderung für ausgewählte Filme.
Zu Buchstabe b:
Das FFG zielt mit der Förderung der Dokumentar-, Kinder-, und Erstlingsfilme sowie der Filme mit niedrigen Herstellungskosten auch auf die Förderung dieser Filme als besonderes Kulturgut ab. Das Prädikat "wertvoll" ist deshalb mit in die Referenzfilmförderung einzubeziehen.
Die Prädikate "wertvoll" und "besonders wertvoll" dienen insbesondere bei Kinderfilmen und auch bei Regie-Erstlingswerken zur Empfehlung und Orientierung im großen Medienangebot. Die Studie der GfK belegt, dass die Zuschauer die Prädikate als zielgruppengerechte Empfehlungen verstehen und sich auch in ihrem Konsumverhalten, bis hin zu "Home Entertainment" und "Video on Demand", danach richten.
Die von der FBW öffentlich gemachten Jurygutachten, die sich differenziert mit den Stärken und Schwächen der Filme auseinandersetzen, werden dem Publikum als wichtige Diskussionsbeiträge zur Verfügung gestellt. Die vom Juryvorsitz verfassten Gutachten und die zugrundeliegenden Kriterien ermöglichen so den Aufbau von Medienkompetenz und sind ein Beitrag zur kritischen Auseinandersetzung mit Filmen. Die Orientierung mit Prädikaten ist gerade im Kinderfilmbereich so wichtig, weil hier das Kinopublikum von morgen angesprochen und herangezogen wird.
Durch das Erlernen und Verstehen des Films, seiner Geschichte, Sprache und Wirkung wird die ästhetische Sensibilität gefördert, die Erlebnis- und Ausdrucksfähigkeit entwickelt, die Geschmacks- und Urteilsbildung unterstützt. Filmische Zeichen und Symbole verstehen zu können, ist eine Grundlage, um sich in der Kommunikationskultur bewegter Bilder zu orientieren. Hierzu leistet die FBW einen zentralen Beitrag.
Debütfilme junger Regisseure werden außerhalb von Festivals oftmals wenig wahrgenommen. Die Auszeichnungen der FBW und ihre umfangreichen Presseaktivitäten verhelfen diesen Erstlingswerken zu einer ersten Anerkennung. Als Multiplikator spricht die FBW eine Empfehlung an Publikum und Branche aus und verhilft Filmen und Filmemachern zu mehr Aufmerksamkeit.
Zu Buchstabe c:
Das FFG zielt auch auf die Förderung des Kurzfilms als besonderes Kulturgut ab. Das Prädikat "wertvoll" sollte deshalb mit zehn Punkten mit in die Referenzfilmförderung für Kurzfilme einbezogen werden.
Da gemäß § 91 Absatz 1 Satz 1 FFG-E als Voraussetzung für eine Förderungshilfe mindestens fünfzehn Referenzpunkte erreicht werden müssen, werden lediglich die Prädikate für die Filme wirksam, die auch weitere Punkte (über Festivals und Preise) sammeln können.
Die FBW mit ihren von der Filmwirtschaft unabhängigen Fachgremien ist für Kurzfilme ein permanenter und verlässlicher Qualitätsfilter. Bei der FBW kann jeder Kurzfilm jederzeit eingereicht werden, unabhängig von Thema, Genre, Länge, Produktionsjahr oder auch Erstaufführung. Das macht die Entscheidungen der FBW-Jurys einzigartig und unverzichtbar für die Förderung. Auch die Art der Entscheidungsfindung ist besonders. Die fünfköpfigen Expertenjurys der FBW sichten gemeinsam auf großer Leinwand und fällen die Entscheidung nach intensiver Diskussion.
Diese Auszeichnungen beziehen sich rein auf filmische Qualitätsproduktionen und werden von den FBW-Gremien unabhängig von eigenen oder Partikularinteressen vergeben. Ein Widerspruchsverfahren ermöglicht darüber hinaus eine neue Bewertung durch ein neues unbefangenes Gremium. Solch eine Revisionsmöglichkeit gibt es bei keinem Festival oder Nominierungsverfahren.
Für die Kurzfilmemacher sind die FBW-Prädikate, auch durch die dauerhafte Präsenz in einer eigenen Rubrik auf der FBW-Homepage und die Veröffentlichung der Auszeichnungen über den FBW-Newsletter an Branche, Fachpresse und Publikum, ein wichtiges öffentlichkeitswirksames Instrument. Das spiegelt sich auch in der Zahl der Visits (30 000 in 2015) für die entsprechende Rubrik auf der FBW-Homepage.
Durch ein Vorschlagsrecht beim Deutschen Kurzfilmpreis unterstützt die FBW die Filme über die Auszeichnung hinaus und ist durch die Gesamtheit ihrer öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen eine unabhängige wichtige Stütze für die Filmemacher, die keine eigene Interessensvertretung haben, da sie nicht als Mitglied in der AG Kurzfilm vertreten sind.
6. Zu § 77 Absatz 2 Satz 4 - neu - FFG
Dem § 77 Absatz 2 ist folgender Satz anzufügen:
"Die Besucherinnen und Besucher von nichtgewerblichen Abspielstätten werden mit der Maßgabe berücksichtigt, dass bei einer Festpreisvermietung als Besucherzahlen zwei Drittel der Bruttoverleiheinnahmen geltend gemacht werden können."
Begründung:
Nach § 23 Absatz 1 Satz 3 FFG werden bei Dokumentar- und Kinderfilmen auch die Besucherinnen und Besucher von nichtgewerblichen Abspielstätten bei einer Festpreisvermietung bei dem Erwerb von Referenzpunkten berücksichtigt.
Eine entsprechende Regelung sollte auch in die Novelle aufgenommen werden. Die Gründe für die Streichung überzeugen nicht. Die damit beabsichtigte Aufwertung des Referenzpunktes und die Konzentration der Referenzmittel würde nur minimal sein. Erfahrungsgemäß sind es nicht mehr als zwei bis drei Filme im Jahr, die von dieser Zusatzregelung profitieren.
Das nichtgewerbliche Filmabspiel trägt zur Wahrung einer flächendeckenden und lebendigen Filmkultur in Deutschland - wie z.B. in Filmclubs, Jugend- und Gemeindezentren, Universitäten, Kirchen, Vereinen oder Volkshochschulen - erheblich bei. Die genannten Veranstaltungsorte erfüllen eine bedeutende Aufgabe gerade dort, wo das gewerbliche Kino nicht (mehr) vorhanden ist. Der Erfolg beim Publikum ist das Kriterium der Referenzförderung. Dieses Kriterium ist auch im nichtgewerblichen Abspiel anzuwenden, wo Zuschauerinnen und Zuschauer erreicht werden.
B
- 7. Der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.