956. Sitzung des Bundesrates am 31. März 2017
A
Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz, der Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die vom Anwendungsbereich der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie nur teilweise erfassten Drittstaatensachverhalte abschließend in einer Norm geregelt werden sollten.
Begründung:
Die Regelungen zur Anwendbarkeit der Vorschriften, welche der Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie dienen, auf Drittstaatensachverhalte sind auf eine Vielzahl von Normen verteilt, nämlich auf § 675d Absatz 6, § 675e Absatz 2, § 675q Absatz 4, § 675s Absatz 3, § 675t Absatz 5, § 675x Absatz 6, § 675y Absatz 8 und § 675z Satz 6 BGB-E. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Verständlichkeit sollte erwogen werden, die Regelungen hinsichtlich Drittstaatensachverhalten in einer Norm zu konzentrieren.
2. Zu Artikel 1 (§ 2 Absatz 1 Nummer 10 ZAG)
Der Bundesrat bittet im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob auch Gutscheinsysteme mit regionaler Begrenzung oder von organisatorisch verbundenen Unternehmen aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen werden können, soweit der Gesamtwert der pro Jahr verkauften Gutscheine 500.000 Euro und die Anzahl der Annahmestellen 200 nicht übersteigt.
Begründung:
Regionale Gutscheinsysteme sind ein wichtiges Instrument des Stadtmarketing insbesondere für kleine und mittlere Handelsunternehmen gerade in Klein- und Mittelstädten oder Stadtteilen. Die Gutscheinsysteme dienen dazu, die regionale Kaufkraftbindung zu stärken und fördern den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen des Handels und Gewerbes gegenüber Großkonzernen.
Wie eine Befragung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) vom 4. Januar 2017 zeigt, haben regionale Gutscheinsysteme im Durchschnitt rund 100 Annahmestellen und der Gesamtwert der verkauften Gutscheine liegt im Durchschnitt bei knapp 200.000 Euro. Die Sicherheit der Kundengelder wird durch Treuhandkonten und die Vielzahl der regionalen Träger gewährleistet. Die Qualifizierung dieser Gutscheinsysteme als Zahlungsdienste würde ihre Verwaltungskosten deutlich erhöhen und sie damit letztendlich unwirtschaftlich machen.
Daher wäre es mittelstandspolitisch sinnvoll und vom Zweck der Zahlungsdiensterichtlinie her vertretbar, sie aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Zahlungsdienstrichtlinie auszunehmen. Um dies für die Unternehmen rechtssicher zu machen, sollte die Freistellung jedenfalls bis zu 200 Annahmestellen und bis zu 500 000 Euro Gesamtwert der jährlich verkauften Gutscheine erfolgen, um auch die etwas größeren regionalen Gutscheinsysteme freizustellen.
Dieselben Überlegungen gelten auch für Gutscheinsysteme organisatorisch verbundener Unternehmen, zum Beispiel von Franchisesystemen.
Die hier beschriebenen Gutscheinsysteme sind in § 2 des Gesetzes bislang nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt.
3. Zu Artikel 1 (§§ 48 und 49 ZAG)
Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass die Nutzung von Zahlungsauslösediensten für Verbraucher sicher gestaltet und mögliche Zugriffe durch unbefugte Dritte von Beginn an verhindert werden. Reine Zahlungsauslösedienste stützen sich darauf, dass sie Zugang zum Konto des Kunden haben. Sie sind nicht im Besitz der Gelder des Kunden, stoßen jedoch den Zahlungsauftrag bei dessen kontoführendem Zahlungsdienstleister - meist der Bank - an. Nach der Intention der Richtlinie müssen sie zwar an die Kontodaten der Kunden gelangen können, um Zahlungen auslösen zu können. Zum Schutz der Verbraucher sollten Zahlungsauslösedienste jedoch technisch einen eigenen Zugangsweg mittels der bereits vorgesehenen Identifizierung erhalten.
Der Bundesrat sieht die Gefahr, dass durch eine Preisgabe der personalisierten Sicherheitsmerkmale durch den Kunden an den Zahlungsauslösedienstleister bei Nutzung des Dienstes die Möglichkeit besteht, dass unbefugte Dritte leichter an die allgemeinen Zugangsdaten der Kunden (wie z.B. die PIN, usw.) gelangen können.
Laut der Begründung des Gesetzentwurfes muss "für den kontoführenden Zahlungsdienstleister erkennbar sein, ob ein bestimmter Zahlungsauftrag über einen Zahlungsauslösedienstleister ausgelöst wird und wenn, über welchen" Zahlungsauslösedienstleister. Auch der Bundesrat ist der Ansicht, dass dies für die kontoführende Bank stets ersichtlich sein muss. Vor allem muss ersichtlich sein, ob ein Zahlungsauslösedienstleister Zahlungen auslösen und deshalb auf das Konto zugreifen möchte oder ob der Kunde selbst (zum Beispiel mittels der PIN) auf das Konto zugreift. Dieses Ziel könnte unter anderem durch technisch voneinander getrennte Zugänge erreicht werden.
Der Bundesrat bittet daher, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob getrennte technische Zugangsdaten und -wege für Kunden und für Zahlungsauslösedienste zum Schutz der Verbraucher - in einer mit der Richtlinie konformen Ausgestaltung - ausdrücklich vorgeschrieben werden sollten.
Gleichartige Schutzvorschriften sollten auch für Kontoinformationsdienste angedacht werden.
4. Zu Artikel 3 Nummer 2 (§ 270a BGB)
- a) Der Bundesrat begrüßt, dass der Gesetzentwurf Entgelte für die Nutzung bargeldloser Zahlungsmittel weitgehend einheitlich behandeln und abschaffen möchte. Diese Regelung ist transparent und für Verbraucher verständlich. Vor diesem Hintergrund kritisiert der Bundesrat die gegenüber dem Referentenentwurf eröffnete Möglichkeit eines Zusatzentgelts für die Nutzung einer Zahlungskarte im Drei-Parteien-Verhältnis. Diese Ausnahme hebt die Transparenz und Klarheit bei Entgelten für die Nutzung von Zahlungskarten auf. Verbrauchern ist im Zweifel nicht klar, welches Zahlungsverfahren die von ihnen genutzte Zahlungskarte verwendet. Die unterschiedliche Behandlung von Zahlungskarten im Drei- bzw. Vier-Parteien-System führt zu Unsicherheiten über die Rechtmäßigkeit der Höhe der Entgelte.
- 5.b) Sollte sich die Bundesregierung dazu entscheiden, die unterschiedliche Behandlung von Zahlungskarten im Drei- bzw. Vier-Parteien-System beizubehalten, fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Unterscheidung zwischen beiden Systemen konkreter zu begründen und insbesondere den Umfang der zu erwartenden Preiserhöhungen für Verbraucher durch Umlage von Einnahmeverlusten durch den Handel zu beziffern.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Aus Sicht des Verbraucherschutzes ist der Ansatz des § 270a BGB-E zu begrüßen, dass Verbrauchern keine Entgelte für die Wahl eines Zahlungsmittels auferlegt werden sollen. In der Vergangenheit hatten Händler insbesondere im Onlinehandel und im Reise- und Flugbereich über solche Entgelte zusätzliche Einnahmen generiert und Verbraucher über den Endpreis eines Angebots während des Buchungsprozesses im Unklaren gelassen.
So problematisiert die Richtlinie (EU) Nr. 2015/2366 in ihrem Erwägungsgrund 66 gerade die Heterogenität des Zahlungsverkehrsmarktes in der Union und die daraus folgende Verwirrung der Verbraucher. Die Regelung der Interbankenentgelte in Verordnung (EU) Nr. 2015/751 ist nur eine weitere Tatsache, die für die Überprüfung der Praxis der zusätzlichen Entgelte spricht. Daher erlaubt Artikel 62 Absatz 5 der Richtlinie (EU) Nr. 2015/2366 den Mitgliedstaaten, Entgelte generell zu untersagen. Dies soll auch den Wettbewerb und die Nutzung effizienter Zahlungsinstrumente fördern. In der Vergangenheit hatten Händler über Entgelte gezielt Einfluss darauf genommen, welche Zahlungsmittel Verbraucher nutzen sollten.
In Abkehr vom Referentenentwurf unterscheidet der Gesetzentwurf die Zulässigkeit eines Entgelts für die Nutzung bargeldloser Zahlungsmittel jedoch anhand des Kartenzahlverfahrens. Zahlungskarten unterscheiden sich hinsichtlich der Art der Rechtsbeziehungen und der Anzahl der vom Zahlungsvorgang betroffenen Parteien (Verbraucher - Händler - Bank(en)). Im Wesentlichen sind Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren von Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu unterscheiden. Der Unterschied ist aber nur Finanzfachleuten bekannt, da er sich für den Verbraucher beim Bezahlvorgang im Handel nicht auswirkt. Somit ist der Verbraucher beim Bezahlvorgang gegebenenfalls mit Entgelten konfrontiert, deren Rechtmäßigkeit er in der Regel nicht überprüfen kann. Dies weicht die Verständlichkeit und Transparenz der Regelung der Entgelte unnötig auf. Verbraucher werden wieder der Gefahr von Zusatzkosten ausgesetzt.
Zu Buchstabe b:
Soweit die Begründung des Gesetzentwurfs nur "wenige Karteninhaber" im Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren von eventuellen Kosten betroffen sieht, widerspricht dies einerseits der Einschätzung des Referentenentwurfs, die diese Karten "weit verbreitet" sah. Eine so gegenläufige Einschätzung der zugrundeliegenden Sachlage sollte genauer substantiiert werden, um im weiteren Gesetzgebungsprozess eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen. Andererseits wäre das Risiko einer Umlegung von Kosten, die von wenigen Verbrauchern verursacht werden, auf alle Verbraucher geringer, wenn die Bewertung des Gesetzentwurfs zuträfe. Wenn Kosten nur von "wenigen Karteninhabern" verursacht werden, entstehen nur geringe Kosten, die auf alle Verbraucher umgelegt werden. Im Rahmen der Mischkalkulation der Händler ist die Kostenumlegung auch nicht zwangsläufig. Händler stehen im Preiswettbewerb und sind nicht verpflichtet, den Endpreis durch Entgelte für Kartenzahlung zu erhöhen. Gleichermaßen steht es Händlern frei, Kosten zu vermeiden. Sie sind nicht verpflichtet, die Nutzung besonders teurer Zahlungskarten anzubieten.
6. Zu Artikel 3 Nummer 2 (§ 270a Satz 2 BGB)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Bezugnahme auf Kapitel II der Verordnung (EU) Nr. 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge durch eine anderweitige Regelung ersetzt werden kann.
Begründung:
Die Bezugnahme auf Bestimmungen einer Verordnung der EU ohne nähere Erläuterungen macht die Vorschrift aus sich heraus unverständlich. Dies sollte bei Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, welche das tägliche Leben von Privatpersonen regeln, nach Möglichkeit vermieden werden.
7. Zu Artikel 3 Nummer 2 (§ 270a Satz 3 -neu BGB)
In Artikel 3 Nummer 2 ist dem § 270a folgender Satz anzufügen:
"Die Zulässigkeit von Entgeltvereinbarungen im Verhältnis zwischen Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister bestimmt sich ausschließlich nach den §§ 675c ff."
Begründung:
Nach Artikel 62 Absatz 4 der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass der Zahlungsempfänger keine Entgelte für die Nutzung der dort genannten Zahlungsinstrumente und Zahlungsdienstleistungen verlangen kann. Aus den in § 270a BGB-E vorgesehenen Regelungen wird jedoch nicht hinreichend deutlich, dass die Vorschrift ausschließlich das Grundverhältnis zwischen dem Zahler und dem Zahlungsempfänger betrifft und gerade nicht die Vereinbarung von Entgelten zwischen dem Zahlungsdienstleister und dem Zahler.
8. Zu Artikel 3 Nummer 4 (§ 675f BGB)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob eine gesetzliche Obergrenze für Fremdkundenentgelte, die für die Bargeldabhebung an Geldautomaten erhoben werden, erforderlich ist, um die Verbraucherinnen und Verbraucher vor unverhältnismäßig hohen Gebühren wirksam zu schützen. Aus Sicht des Bundesrates erscheint es alternativ auch denkbar, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Rahmen ihres Verbraucherschutzmandats ausdrücklich die Aufgabe zu übertragen, die Angemessenheit der Fremdabhebegebühren zu prüfen und gegen etwaige Verstöße vorzugehen.
Begründung:
Laut einer aktuellen Untersuchung der Stiftung Warentest (vgl. Zeitschrift Finanztest 012/2016, S. 12 ff.) wird für die Bargeldabhebung an Geldautomaten, die nicht zum Verbund der eigenen kontoführenden Bank gehören, derzeit ein Entgelt von bis zu 7,99 Euro verlangt. Auch viele große Banken verlangen hierfür Beträge von 3,90 Euro und mehr. Gebühren in dieser Höhe erscheinen unverhältnismäßig hoch. Insbesondere dürften die den Anbietern für die Erbringung der Dienstleistung tatsächlich entstehenden Kosten deutlich niedriger sein. Das Bundeskartellamt hatte sich bereits im Jahr 2010 mit der Problematik überhöhter Abhebegebühren befasst. Hinsichtlich der Kostenstruktur ging man dort damals davon aus, dass der Betrag von 1,95 Euro "eine wichtige Richtschnur in der Diskussion über kostendeckende Gebühren" (Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes im Handelsblatt am 24.6.2011, vgl. http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/abhebegebuehr-kartellamt-will-weitere-senkung-von-geldautomaten-gebuehren/4319272.html) sei. Auf eben diesen Betrag hatten sich auch die meisten Privatbanken 2011 im Rahmen einer Selbstverpflichtung als Obergrenze verständigt. Leider haben mittlerweile viele Banken diese Vereinbarung gekündigt und ihre Entgelte zum Teil deutlich erhöht. Sparkassen und Volksbanken hatten sich der damaligen Initiative erst gar nicht angeschlossen. Angesichts dieser Entwicklung sollte eine gesetzliche Obergrenze für Fremdkundenentgelte geprüft werden.
Alternativ könnte auch der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ausdrücklich die Aufgabe übertragen werden, die in § 675f Absatz 4 BGB verlangte Angemessenheit der erhobenen Entgelte zu prüfen. Eine entsprechende Regelung hatte der Bundesrat bereits in der Vergangenheit (BR-Drucksache 537/15(B) -, Ziffer 17) vorgeschlagen.
9. Zu Artikel 3 Nummer 10 Buchstabe b Doppelbuchstabe cc (§ 675( Absatz 1 Satz 3 BGB)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob ein Entgelt für die Ausstellung eines verlorenen, gestohlenen, missbräuchlich verwendeten oder sonst nicht autorisiert genutzten Zahlungsmittels gemäß § 675(
Absatz 1 Satz 3 BGB-E nur dann erhoben werden kann, wenn der Verlust, Diebstahl oder die nicht autorisierte Handlung auch in die Risikosphäre der Verbraucherin oder des Verbrauchers fällt.
Begründung:
§ 675e Absatz 1 Satz 3 BGB-E befugt den Zahlungsdienstleister, mit dem Zahlungsdienstnutzer ein Entgelt für die Ausstellung eines Ersatz-Zahlungsinstruments zu vereinbaren. Dabei unterscheidet die Regelung nicht, in welche Risikosphäre der Verlust, der Diebstahl oder die nicht autorisierte Handlung fällt. Insbesondere beim Online-Banking ist der Zahlungsdienstleister jedoch ebenso für Sicherheitsvorkehrungen und Datenschutz zuständig. Sollte die Ersatzausstellung beispielsweise wegen einer nicht autorisierten Handlung im Online-Banking aus dem Verantwortungsbereich der Bank zurückzuführen sein, ist es unbillig, die Verbraucherin und den Verbraucher hierfür zur Kasse zu bitten.
10. Zu Artikel 3 (§ 675n Absatz 1 Satz 3 BGB)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwiefern der zeitliche Rahmen für den Annahmezeitpunkt nach § 675n Absatz 1 Satz 3 BGB (sog. Cut-Off-Zeitpunkt für den Zugang von Zahlungsaufträgen) präzisiert werden kann.
§ 675n BGB sieht vor, dass der Zahlungsdienstleister einen sogenannten Cut-Off-Zeitpunkt "nahe am Ende eines Geschäftstags" festlegen kann. Treffen Zahlungsaufträge durch den Kunden nach diesem Zeitpunkt ein, gelten sie erst als am nächsten Geschäftstag zugegangen. Wie weit die zeitlichen Gestaltungsmöglichkeiten des Zahlungsdienstleisters reichen, lässt sich in letzter Konsequenz dem Gesetzestext nicht entnehmen. Die Wortlautgrenze wird wohl erst dann überschritten, wenn der Annahmezeitpunkt in die erste Hälfte des Geschäftstags vorverlagert wird. Erst dann lässt sich nicht mehr von einem nahenden Ende sprechen. Dabei ist der Gesetzgeber 2009 bei der Einführung dieser Regelung davon ausgegangen, dass "nahe am Ende des Geschäftstages" so zu verstehen ist, dass "auf die üblichen Schließungszeiten für den physischen Publikumsverkehr" abgestellt, d.h. die bisherige Praxis des "Cut-off" am späten Nachmittag beibehalten werden kann (BT-Drucksache 016/11643, S. 107). Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass sich der Gesetzestext dieser Intention wieder nähert und den Spielraum der Zahlungsdienstleister für die Festlegung des Cut-Offs-Zeitpunkts auch vom Wortlaut aus schmälert.
11. Zu Artikel 3 Nummer 17 Buchstabe a (§ 675t Überschrift BGB),
Buchstabe d (Absatz 4 Satz 1 und 2 BGB)
Artikel 3 Nummer 17 ist wie folgt zu ändern:
- a) In Buchstabe a ist das Wort "Sperrung" durch das Wort "Blockierung" zu ersetzen.
- b) In Buchstabe d ist § 675t Absatz 4 wie folgt zu ändern:
- aa) Satz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aaa) Das Wort "sperren" ist durch das Wort "blockieren" zu ersetzen.
- bbb) In Nummer 2 ist das Wort "sperrenden" durch das Wort "blockierenden" zu ersetzen.
- bb) In Satz 2 ist das Wort "gesperrten" durch das Wort "blockierten" zu ersetzen.
Begründung:
Die vorgeschlagene Fassung des § 675t BGB-E führt zu unnötigen Inkohärenzen zwischen der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie und deren Umsetzung im deutschen Recht. Die Richtlinie verwendet für die Reservierung eines bestimmten Zahlungsbetrags auf einem Zahlungskonto den Begriff "blockieren" (vgl. zum Beispiel Erwägungsgrund 75, Artikel 75). Der Begriff "sperren" betrifft in der Richtlinie dagegen den Ausschluss oder die Begrenzung der Nutzung bestimmter Zahlungsinstrumente (vgl. Erwägungsgrund 64, Artikel 52 Nummer 5 Buchstabe c in Verbindung mit Artikel 68). Zwingende Gründe für eine solche "Umfirmierung" sind nicht ersichtlich.
12. Zu Artikel 3 Nummer 20 Buchstabe c (§ 675w Satz 4 BGB)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Streichung von Artikel 3 Nummer 20 Buchstabe c zu prüfen.
Begründung:
Artikel 72 Absatz 2 der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie ((EU) Nr. 2015/2366) hat Artikel 59 Absatz 2 der Ersten Zahlungsdiensterichtline (Richtlinie 2007/64/EG) ersetzt. Die ansonsten inhaltsgleiche Übernahme der ursprünglichen Vorschrift wurde durch Artikel 72 Absatz 2 Satz 2 der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie ergänzt, der nun im Gesetzentwurf in § 675w Satz 4 BGB-E (Artikel 3 Nummer 20 Buchstabe c) nahezu wortgleich in deutsches Recht umgesetzt werden soll.
Der Erwägungsgrund 72 der umzusetzenden Richtlinie führt aber nicht aus, dass mit Artikel 72 Absatz 2 Satz 2 der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie eine Änderung der bislang bestehenden Rechtslage verbunden werden soll. Vielmehr wird dargelegt, dass die Prüfung, ob und in welchem Maße fahrlässig gehandelt worden sei, nach nationalem Recht zu beurteilen sei. Davon abgesehen solle die Beweislast über eine angebliche Fahrlässigkeit beim Zahlungsdienstleister liegen.
Die Beweislast für grobe Fahrlässigkeit, Vorsatz und betrügerischem Handeln des Zahlungsdienstnutzers liegt in Deutschland aber bereits nach geltender Rechtslage beim Zahlungsdienstleister. Aufgrund des § 675w Satz 3 BGB ist darüber hinaus ebenso der (bloße) Nachweis der Authentifizierung und der technisch ordnungsgemäßen Ausführung des Zahlungsvorgangs zur Bejahung von grober Fahrlässigkeit, Vorsatz und Betrug nicht ausreichend. Vielmehr ist stets eine umfassende Beweiswürdigung im konkreten Einzelfall erforderlich. Mehr fordert aber Artikel 72 Absatz 2 der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie auch nicht.
Die Berufung des Zahlungsdienstnutzers auf Diebstahl oder die missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments ist nach geltender Rechtslage ebenso möglich. Nach der Rechtsprechung des BGH kann sich der Zahlungsdienstnutzer gegenüber möglichen Aufwendungs- und Schadensersatzansprüchen des Zahlungsdienstleisters nicht nur verteidigen, indem er technische Fehler des dokumentierten Authentifizierungsverfahrens geltend macht. Vielmehr kann sich der Zahlungsdienstnutzer auch auf außerhalb des technischen Zahlungsvorgangs liegende Tatsachen, die einen Missbrauch nahelegen, berufen (vgl. BGH, XI ZR 91/14, Urteil vom 26. Januar 2016, NJW 2016, 2024 ff., Tz. 29).
Die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (BR-Drucksache 158/17 (PDF) S. 197) macht auch keine weitergehenden Ausführungen zu einem über die geltende Gesetzeslage hinausgehenden Anwendungsbereich, den § 675w Satz 4 BGB-E eröffnen könnte. Mit dessen Einfügung soll lediglich - wie bereits nach bestehender Rechtslage - verhindert werden, dass der Nachweis der Authentifizierung und der technisch ordnungsgemäßen Ausführung eines Zahlungsvorgangs für sich genommen ausreicht, um auch den Nachweis von grober Fahrlässigkeit, Vorsatz und Betrug zu erbringen. Es soll stattdessen - wie nach geltender Rechtslage - ermöglicht werden, dass sich der Zahlungsdienstnutzer noch auf einen Diebstahl oder eine missbräuchliche Verwendung des Zahlungsinstruments berufen kann.
Durch die Einfügung von § 675w Satz 4 BGB-E würde mithin die momentan durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26. Januar 2016 (a. a. O.) geklärte Rechtslage wieder in Frage gestellt, ohne dass aus der Begründung des Gesetzentwurfs eine hinreichende Antwort hervorginge, ob überhaupt eine Abweichung von der bestehenden Systematik beabsichtigt ist.
Hinzu kommt, dass der Terminus der "unterstützenden Beweismittel" dem deutschen Beweisrecht unbekannt ist. Ungeklärt und auch nicht in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt ist, was unter den Begriff eines "unterstützenden Beweismittels" zu fassen ist, ob darunter generell die Beweismittel der Zivilprozessordnung zu verstehen sind, ob damit eine Beweisregel aufgestellt werden soll, dass der Zahlungsdiensteleister mindestens zwei Beweismittel (unterschiedlicher Art) vorlegen muss oder ob das unterstützende Beweismittel zu einem Vollbeweis führen muss bzw. ob der Gegenbeweis möglich ist.
13. Zu Artikel 4 Nummer 1 (Artikel 229 § ... Absatz 6 - neu - EGBGB)
In Artikel 4 Nummer 1 ist dem Artikel 229 § ... folgender Absatz anzufügen:
(6) Die Vorschriften im Zusammenhang mit der Nutzung von Zahlungsauslösediensten und Kontoinformationsdiensten in § 675f Absatz 3, § 675p Absatz 2, § 675u Satz 5, § 675v Absatz 4 Nummer 1, § 675w Satz 3, § 675y Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3, § 676a, § 676b Absätze 4 und 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten erst ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der in Artikel 98 der Richtlinie (EU) Nr. 2015/2366 des europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG (ABl. 337 vom 23.12.2015, S. 35; L 169 vom 28.06.2016, S. 18) genannten technischen Regulierungsstandards. Der Zeitpunkt nach Satz 1 wird vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesanzeiger bekanntgegeben."
Begründung:
Die Vorschrift des § 675f Absatz 3 BGB-E soll die Anforderungen des Artikels 66 Absatz 1 und des Artikels 67 Absatz 1 der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie umsetzen, wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass der Zahlungsdienstenutzer gegenüber seiner Bank einen Anspruch auf Nutzung von "Zahlungsauslösediensten" und "Kontoinformationsdiensten" hat, wenn sein Zahlungskonto online zugänglich ist. Für diese Dienste sind die Bestimmungen des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) maßgeblich. Dies bedeutet, dass der Zahlungsdienstenutzer nur solche Drittdienste nutzen darf, die den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen genügen.
Gemäß Artikel 115 Absatz 4 der Richtlinie müssen Drittdienste 18 Monate nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der in Artikel 98 genannten technischen Regulierungsstandards der Europäischen Bankenaufsicht (EBA-RTS) die in den Artikeln 65, 66, 67 und 97 aufgeführten Sicherheitsmaßnahmen erfüllen. Der maßgebliche Zeitpunkt wird voraussichtlich erst Ende 2018 sein. Ab diesem Zeitpunkt erfasst der Anspruch nach § 675f Absatz 3 BGB-E daher ausschließlich solche Drittdienste, die über eine aufsichtsrechtliche Zulassung verfügen und die technischen Sicherheitsanforderungen erfüllen.
Für den Zeitraum ab dem 13. Januar 2018 gilt dagegen Artikel 115 Absatz 6 der Richtlinie, wonach Drittdienste von Banken nicht blockiert werden dürfen, auch wenn sie noch keine aufsichtsrechtliche Zulassung haben und noch nicht die technischen Sicherheitsanforderungen erfüllen. Hieraus folgt eine Duldungspflicht heute am Markt agierender Drittdienste (vgl. insofern auch Artikel 115 Absatz 5). Da solche Drittdienste in dieser Interimszeit noch nicht die technischen Sicherheitsanforderungen erfüllen müssen, dürfen auch die spezifischen Haftungsregeln bei Nutzung von Drittdiensten noch nicht greifen; dies bedeutet insbesondere, dass der kontoführende Zahlungsdienstleister im Falle von unautorisierten Zahlungen, deren Ursache bei einem Drittdienst liegt, gegenüber dem Zahlungsdienstenutzer nicht haften muss. Eine solche Primärhaftung soll erst für zugelassene Zahlungsauslösedienste greifen, die auch die EBA-RTS umgesetzt haben.
Gleiches gilt für die Regelung zur Unwiderruflichkeit von Zahlungsaufträgen bei Nutzung eines Zahlungsauslösediensts nach § 675p Absatz 2 BGB-E. Erst nach Inkrafttreten der regulatorischen technischen Standards der EBA (EBARTS) zur sicheren Kommunikation zwischen kontoführendem Zahlungsdienstleister und dem Zahlungsauslösedienst gemäß Artikel 66 in Verbindung mit Artikel 98 und Artikel 115 Absatz 4 der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie kann der kontoführende Zahlungsdienstleister aufgrund der dann funktionierenden Identifizierung des Zahlungsauslösedienstes an der Schnittstelle der Bank erkennen, ob es sich um einen über einen Zahlungsauslösedienst übermittelten Zahlungsauftrag handelt. Deshalb kann die Vorschrift zur Unwiderruflichkeit in Bezug auf Zahlungsauslösedienste erst nach Inkrafttreten der EBA-RTS greifen.
Des Weiteren ist zu beachten, dass nach Artikel 98 der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie die Erfordernisse des Verfahrens zur starken Kundenauthentifizierung gemäß Artikel 97 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 115 Absatz 4 ebenfalls erst 18 Monate nach Veröffentlichung der EBA-RTS in Kraft treten. Folglich kann die Vorschrift in § 675v Absatz 4 Nummer 1 BGB-E auch erst mit Geltung der technischen Regulierungsstandards greifen.
14. Zu Artikel 4 Nummer 3 Buchstabe p (Artikel 248 § 17a EGBGB)
In Artikel 4 Nummer 3 Buchstabe p sind in Artikel 248 § 17a die Wörter "vor der Abhebung" durch die Wörter "vor der Eingabe der Persönlichen Identifikationsnummer bei der Abhebung" zu ersetzen.
Begründung:
Die Regelung des Artikels 248 § 17a EGBGB-E sieht vor, dass Bargeldabhebungsdienstleister den Kunden sowohl vor der Abhebung als auch nach Erhalt des Bargelds (auf der Quittung) über alle anfallenden Entgelte informieren müssen. Diese Regelung ist dem Grunde nach zu begrüßen; sie sollte jedoch dahingehend präzisiert werden, dass die Information vor Eingabe der Persönlichen Identifikationsnummer (PIN) gegeben werden muss.
Nach Erkenntnissen der Stiftung Warentest - Finanztest (Ausgabe Dezember 2016) informiert ein Großteil der Anbieter den Kunden erst nach Eingabe seiner Geheimzahl über das anfallende Entgelt. Durch diese Vorgehensweise wird die Hemmschwelle des Kunden, den Vorgang auf Grund des anfallenden Entgelts abzubrechen, unnötig erhöht.
Zur technischen Erkennbarkeit der jeweiligen Girocard und damit der Möglichkeit zur Angabe des Entgelts ist die Eingabe der PIN zudem nicht erforderlich. Vielmehr handelt es sich bei der PIN um eine hochsensible Information, die grundsätzlich so sparsam wie möglich eingesetzt werden sollte, um die Gefahr des Missbrauchs zu verringern. Sie sollte daher vom jeweiligen Dienstleister erst zu einem Zeitpunkt verlangt werden dürfen, zu dem feststeht, dass der Kunde die Dienstleistung in Anspruch nehmen will. Dies ist jedoch frühestens dann der Fall, wenn der Kunde über die anfallenden Kosten informiert wurde.
Die vorgeschlagene Regelung steht im Einklang mit den Vorgaben der Richtlinie (EU) Nr. 2015/2366 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt. Diese sieht in Artikel 3 Buchstabe o lediglich vor, dass die Information "vor der Abhebung" zu erfolgen hat und eröffnet somit einen zeitlichen Spielraum.
15. Zu Artikel 4 Nummer 3 Buchstabe p (Artikel 248 § 17a EGBGB)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob Bargeldabhebedienstleister dazu verpflichtet werden können, bei Abhebungen auch Entgelte anzuzeigen, die dem Kunden von seiner kontoführenden Bank in Rechnung gestellt werden. Soweit dies nicht möglich ist, sollte die Pflicht zur Angabe des Entgelts nach § 17a EGBGB um einen Hinweis ergänzt werden, wonach Entgelte der kontoführenden Bank nicht angezeigt werden können.
Begründung:
Insbesondere für den Fall, dass der Geldautomatenbetreiber kein direktes Kundenentgelt erhebt, sehen viele Zahlungsdienstleister in ihren AGB ein eigenes Entgelt für Abhebungen an institutsfremden Geldautomaten vor. Da das Entgelt in diesen Fällen von der kontoführenden Bank erhoben wird, kann sich der Kunde grundsätzlich nur über die AGB seiner Bank informieren, deren Kenntnis jedoch von ihm in der konkreten Situation nicht erwartet werden kann. Besonders dann, wenn im Rahmen der Entgeltinformation des Bargeldabhebungsdienstes nach § 17a EGBGB-E als Entgelt 0,- Euro angezeigt werden, kann bei dem Kunden die irrtümliche Vorstellung hervorgerufen werden, dass die Abhebung bei einem Kreditinstitut erfolgt, das mit dem kontoführenden in einem Verbund steht, und der Abhebevorgang für ihn damit auch im Ergebnis kostenfrei erfolgt.
Daher sollte der Bargeldabhebungsdienstleister, soweit möglich, verpflichtet werden, bereits vor der Abhebung auch darüber zu informieren, welches Entgelt der Kunde an seine kontoführende Bank zu entrichten hat. Zumindest bei Zahlungsdienstleistern, die in einem Verbund stehen, dürften entsprechende Informationen verfügbar und dementsprechend anzeigbar sein. Soweit dies nicht möglich ist, dürfte zumindest der Hinweis erfolgen können, dass Entgelte, die seitens der kontoführenden Bank für die Abhebung erhoben werden, nicht angezeigt werden können.
B
- 16. Der federführende Finanzausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfehlen dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.