A. Problem und Ziel
- Die Zunahme des Anteils der älteren Menschen an der Wohnbevölkerung geht einher mit einem sinkenden Bevölkerungsanteil jüngerer Menschen, die potenziell pflegen können und mit einer Zunahme der Einpersonenhaushalte. Diese gesellschaftlichen Entwicklungen erschweren die häusliche Pflege durch Angehörige. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, rechtzeitig ausreichend bedarfsorientierte alternative Hilfeangebote zu schaffen, um die Lebensqualität der pflegebedürftigen Menschen zu verbessern sowie familiäre Pflegearrangements zu unterstützen und zu ergänzen. Handlungsbedarf besteht deswegen derzeit in allen Leistungsbereichen der Pflegeversicherung, vorrangig im ambulanten Bereich.
B. Lösung
- Die vorgeschlagene Änderung des Elften Buchs Sozialgesetzbuch soll bürgerschaftlich Engagierte stärken, indem aus Mitteln der Pflegeversicherung die notwendigen Personal- und Sachkosten für die fachliche Anleitung, Begleitung, Koordination und Organisation, Gewinnung und Schulung bürgerschaftlich Engagierter sowie für die Vernetzung mit anderen Diensten der Pflege und mit relevanten die professionelle Pflege ergänzenden Dienstleistungen bezuschusst werden.
- Ein jährliches Fördervolumen soll von anfangs 20 Mio. Euro schrittweise in fünf Jahren auf 40 Mio. Euro gesteigert werden. Dies entspricht in der letzten Ausbaustufe rd. 2,4 Promille des derzeitigen Ausgabenbudgets der Pflegeversicherung (2004 16,77 Mrd. Euro).
C. Alternativen
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
E. Sonstige Kosten
- Für die Pflegekassen entsteht durch die Umsetzung der Fördermaßnahmen geringfügiger Verwaltungsmehraufwand.
Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements in der Pflege Staatsministerium Baden-Württemberg
Der Staatssekretär Stuttgart, den 23. Februar 2006
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierung des Landes Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage mit Begründung beigefügten
- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements in der Pflege
zuzuleiten.
Ich bitte, die Vorlage gemäß § 23 Abs. 3 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 10. März 2006 aufzunehmen. Nach Vorstellung im Plenum soll der Gesetzentwurf den Ausschüssen zur weiteren Beratung überwiesen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Böhmler
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements in der Pflege
"Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Das Elfte Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
"Nach § 45c "Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen" wird eingefügt:
" § 45d Leistungen zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements in der Pflege"
2. Nach § 45c wird eingefügt:
" § 45d Leistungen zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements in der Pflege
(1) Zur Unterstützung und allgemeinen Betreuung von pflegebedürftigen Menschen sowie die Entlastung pflegender Angehörigen fördern die Spitzenverbände der Pflegekassen im Wege der Anteilsfinanzierung aus Mitteln des Ausgleichsfonds Gruppen bürgerschaftlich Engagierter, die sich unter fachlicher Anleitung für Pflegebedürftige einsetzen bei denen ein Hilfebedarf gemäß § 14 Abs. 4 SGB XI sowie ein Bedarf an einer nicht verrichtungsbezogenen Unterstützung und allgemeinen Betreuung bei anderen Alltagshandlungen gegeben ist.
(2) Die Förderung dieser Gruppen erfolgt als Projektförderung und dient insbesondere dazu einen angemessenen Zuschuss zu den notwendigen Personal- und Sachkosten für die fachliche Anleitung, Begleitung, Koordination und Organisation, Gewinnung und Schulung bürgerschaftlich Engagierter sowie für die Vernetzung mit weiteren Diensten der Pflege zu finanzieren.
(3) Dem Antrag auf Förderung ist ein Konzept der Zielsetzungen der Gruppe bürgerschaftlich Engagierter und eine Darstellung der Maßnahmen für die Qualitätssicherung darstellt. Aus dem Konzept muss sich ergeben, dass eine angemessene Schulung und Fortbildung sowie eine kontinuierliche fachliche Begleitung und Unterstützung der bürgerschaftlich Engagierten in ihrer Arbeit gesichert ist.
(4) Die Ausgaben der Pflegekassen für die Förderung sollen insgesamt im ersten Jahr für jeden ihrer Versicherten 0,25 Euro umfassen und jährlich um 0,05 Euro bis auf 0,50 Euro im fünften Jahr nach Beginn der Maßnahme ansteigen. Dieser Betrag ist in den Folgejahren entsprechend der prozentualen Veränderung der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV anzupassen. Der Förderbetrag wird auf die Bundesländer nach dem Königsteiner Schlüssel aufgeteilt. Die privaten Versicherungsunternehmen, die die private Pflegepflichtversicherung durchführen, beteiligen sich zusätzlich an dieser Förderung mit insgesamt 10 v.H. des in Satz 1 genannten Fördervolumens.
(5) Die Spitzenverbände der Pflegekassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V., mit den in der Pflege maßgeblichen Spitzenorganisationen und den Verbänden der behinderten und pflegebedürftigen Menschen auf Bundesebene das Nähere zu den Voraussetzungen der Förderung sowie zu Inhalt, Qualität und Umfang der geförderten Maßnahmen. Die Fördermittel nach Absatz 4 sind in einen Fonds auf Länderebene einzubringen. Das Nähere zur Umsetzung der Empfehlungen soll durch Landesrecht geregelt werden.
(6) Der Finanzierungsanteil, der auf die privaten Versicherungsunternehmen entfällt, kann von dem Verband der privaten Krankenversicherung e.V. unmittelbar an das Bundesversicherungsamt zugunsten des Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung (§ 65) überwiesen werden. Näheres über das Verfahren der Auszahlung der Fördermittel, die aus dem Ausgleichsfonds zu finanzieren sind, sowie über die Zahlung und Abrechnung des Finanzierungsanteils der privaten Versicherungsunternehmen regeln das Bundesversicherungsamt, die Spitzenverbände der Pflegekassen und der Verband der privaten Krankenversicherung e. V. durch Vereinbarung."
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Ausgangslage und Problem
"Die künftige demografische Entwicklung ist durch steigende Lebenserwartung und Zunahme des Anteils der über 65-Jährigen und insbesondere auch der Hochbetagten an der Wohnbevölkerung gekennzeichnet. Gleichzeitig sinkt der Bevölkerungsanteil jüngerer Menschen, die potenziell pflegen können. Veränderungen in den Lebensbedingungen und in familiären Beziehungen führen zu einer weiteren Zunahme der Kleinfamilien und Einpersonenhaushalte.
Diese gesellschaftlichen Entwicklungen erschweren die häusliche Pflege durch Angehörige. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, rechtzeitig ausreichend bedarfsorientierte alternative Hilfeangebote zu schaffen, um die Lebensqualität der pflegebedürftigen Menschen zu verbessern sowie familiäre Pflegearrangements zu unterstützen und zu ergänzen. Handlungsbedarf besteht deswegen derzeit in allen Leistungsbereichen der Pflegeversicherung.
"Vor diesem Hintergrund gewinnt das bürgerschaftliche Engagement zur Unterstützung von Pflege und Betreuung immer größere Bedeutung. Hierzu gehört auch die Selbstpflege durch die Pflegebedürftigen selbst, die von der modernen Pflegewissenschaft als wichtige Form pflegerischer Unterstützung gesehen wird. Bei insgesamt begrenzten finanziellen Möglichkeiten der Sozialversicherungen steigt der Bedarf an zeitlichen Ressourcen in der Altenhilfe und Pflege ständig. Bürgerschaftliches Engagement kann bezahlte Arbeit in der Pflege nicht ersetzen, eröffnet aber ganz neue Quellen und Möglichkeiten zur Verbesserung der Lebensqualität der pflegebedürftigen Menschen. Hauptberuflich in der Pflege Beschäftigte können gemeinsam mit bürgerschaftlich Engagierten eine weitere Qualitätssteigerung ihres fachlichen Angebots erreichen. Betreuungsangebote durch Gruppen bürgerschaftlich Engagierter entsprechen dem Wunsch und Bedürfnis pflegender Angehöriger.
Dadurch kann ihnen die Entscheidung, zu ihrer notwendigen Entlastung Hilfen von außen anzunehmen erleichtert werden.
"An die Fachkräfte in Pflege und Altenhilfe sind künftig neue Anforderungen zu stellen. Ihre Aufgabe wird es sein, sich auf gleicher Augenhöhe mit bürgerschaftlich Engagierten zu verständigen sie als Partner zu akzeptieren, ihre Interessen ernst zu nehmen und sie in ihr Arbeitsfeld zu integrieren. Hierzu bedarf es der Integration entsprechender Qualifizierungsmaßnahmen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung unter Beachtung der Möglichkeiten und Grenzen bürgerschaftlichen Engagements. Die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements setzt eine gesamtgesellschaftliche Anerkennung und eine fachliche Anleitung sowie Fortbildung der engagierten Bürgerinnen und Bürger voraus.
In Deutschland gibt es ein beachtliches Potenzial an Personen, die geeignet und bereit sind im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements mitzuwirken. Es besteht Interesse an einer selbstbestimmten und sinnvollen helfenden Tätigkeit vor allem auch bei älteren Menschen, die als pflegende Angehörige einschlägige Erfahrungen in der Pflege von Familienangehörigen gemacht haben und diese Erfahrungen gerne im Interesse anderer Betroffener einbringen wollen. Dieses Engagement gilt es zu unterstützen. Bürgerschaftliches Engagement ist eine unverzichtbare Bedingung für den Zusammenhalt der Gesellschaft.
"Besondere Bedeutung könnten in diesem Zusammenhang generationenübergreifende Freiwilligendienste gewinnen. Öffentliche Anerkennung allein reicht jedoch nicht: Engagierte Menschen, Vereine und Verbände erwarten konkrete Verbesserungen der Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement. Fördermaßnahmen durch Geldmittel schafft noch kein bürgerschaftliches Engagement.
Bürgerschaftliches Engagement ist stets eine Aufgabe von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung.
"Die Lebensqualität der Betroffenen und der sie pflegenden Angehörigen und beruflich Betreuenden wird wesentlich durch die Einstellung und Haltung der Gesellschaft beeinflusst. Gefordert ist hier das Mitdenken und Mitwirken auf verschiedenen Ebenen, gefordert sind alle Beteiligten, Bund, Länder, Kommunen, Sozialhilfeträger, Pflegekassen, Kirchen, Wohlfahrtsverbände, private Initiativen, Träger von Einrichtungen und Diensten, die Berufsverbände in der Pflege sowie die Interessenvertretungen des bürgerschaftlichen Engagements. Daher ist eine Vernetzung der Einrichtungen, Dienste und Interessenvertretungen für Pflegebedürftige auf regionaler Ebene von überragender Bedeutung.
Wenn sich Gruppen bürgerschaftlich Engagierter für ein verbessertes Leistungsangebot für pflegebedürftige Menschen einsetzen, ist eine Unterstützung dieses Engagements durch die Pflegeversicherung gerechtfertigt. Bürgerschaftliches Engagement für Pflegebedürftige wird ansatzweise bereits von den Kranken- und Pflegekasse gefördert. Unterstützt werden insbesondere die ambulante Hospizarbeit, die niedrigschwellige Betreuung Demenzkranker sowie Selbsthilfegruppen chronisch Kranker. In Bearbeitung ist ein Präventionsgesetz, mit dem Prävention und Gesundheitsförderung u.a. nach dem Setting-Ansatz in den Lebenswelten gefördert wird. Alle bisherigen Förderungen sind allerdings eng auf die genannten Aufgabengebiete beschränkt und bedürfen zum Teil einer aufwändigen Kofinanzierung durch die Länder und Kommunen. Notwendig ist nun ein breiter Ansatz zur Förderung des bürgerschaftlichen Engagements für Pflegebedürftige. Mit dem neuen Förderverfahren können zum Beispiel die Sterbebegleitung in Pflegeheimen, die Unterstützung pflegender Angehöriger durch stundenweise Entlastung in häuslichen Pflegearrangements, der Aufbau von wohnortnahen niedrigschwelligen Hilfe- und Unterstützungsnetzwerken für Pflegebedürftige oder das bürgerschaftliche Engagement in neuen Wohnformen für Pflegebedürftige gestärkt werden.
"Für Leistungsverbesserungen in der Pflegeversicherung stehen begrenzte Mittel zur Verfügung.
Die mit dem Gesetz verbundene Mehrbelastung der Pflegeversicherung beträgt nach den für 2003 bekannten Eckdaten (72.457.000 Versicherte, Ausgaben 17,557 Mrd. Euro) im ersten Jahr rd. 18,1 Mio. Euro, zuzüglich rd. 1,8 Mio. Euro aus der privaten Pflegepflichtversicherung, und steigt im fünften Jahr nach Einführung der Förderung auf rd. 36,2 Mio. Euro, zuzüglich rd. 3,6 Mio. Euro aus der privaten Pflegepflichtversicherung. Gerade wegen der bekannten finanziellen Rahmenbedingungen der Pflegeversicherung ist es dringend erforderlich, mit diesem Gesetz den Teilsicherungscharakter der Pflegeversicherung zu unterstreichen. Die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements für Pflegebedürftige zielt in diese Richtung.
II. Maßnahmen
"Gefördert werden Gruppen bürgerschaftlich Engagierter, die sich für die Unterstützung und Betreuung Pflegebedürftiger sowie für die Entlastung pflegender Angehörigen einsetzen.
Pflegebedürftige sind Personen mit ganz unterschiedlichen Kompetenzen und Defiziten und demzufolge mit ganz unterschiedlichen Anforderungen an Betreuung und Pflege. Erforderlich ist daher ein auf die Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmtes Angebot an geeigneten, frühzeitigen qualitativ guten Maßnahmen und Hilfen. Derzeit ist dieses Angebot insbesondere für Pflegebedürftige mit einem hohen Bedarf an zeitintensiven Leistungen weder quantitativ noch qualitativ ausreichend vorhanden. Berücksichtigt man die demografische Entwicklung mit der zu erwartenden Zunahme der Zahl pflegebedürftiger Mitbürger, wird deutlich, wie notwendig in Zukunft eine wohnortnahe, leistungsfähige, verlässliche und gleichzeitig auch bezahlbare Infrastruktur sein wird. An dieser Infrastruktur sind sämtliche Einrichtungen und Dienste der Pflege einschließlich des bürgerschaftlichen Engagements beteiligt.
"Gefördert werden sollen die notwendigen Personal- und Sachkosten für die fachliche Anleitung, Begleitung, Koordination und Organisation, Gewinnung und Schulung bürgerschaftlich Engagierter sowie die Vernetzung mit anderen Diensten der Pflege und mit relevanten, die professionelle Pflege ergänzenden Dienstleistungen.
Die derzeit in verschiedenen Regionen der Bundesrepublik existierenden vielfältigen Formen des bürgerschaftlichen Engagements für pflegebedürftige Menschen sind überzeugende Beispiele dafür, dass dies nicht nur den Interessen der betroffenen Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen entspricht, sondern dass auch die unter fachlicher Unterstützung und Anleitung einer Fachkraft arbeitenden bürgerschaftlich Engagierten aus ihrer Tätigkeit Zufriedenheit und eine Stärkung ihres Selbstwertgefühles beziehen. Durch das als sinnvoll erlebte Engagement können soziale Fähigkeiten sowie Lebens- und Berufserfahrungen der bürgerschaftlich Engagierten "gewinnbringend" für sich, die Pflegebedürftigen, deren Angehörigen und das Gemeinwesen angelegt werden.
"Durch die Förderung bürgerschaftlichen Engagements sollen vor allem Möglichkeiten einer stärker integrativ ausgerichteten Versorgung Pflegebedürftiger genutzt und Möglichkeiten einer wirksamen Verknüpfung hauptberuflichen und bürgerschaftlichen Engagements, neue Wohnformen, wohnortnahe Betreuungsangebote sowie die Unterstützung innovativer Pflegearrangements und sonstiger, für die Pflegebedürftigen erforderlichen Hilfen zur Verbesserung ihrer Versorgungssituation unterstützt werden. Um auch innerhalb des bürgerschaftlichen Engagements gemeinschaftliche Strukturen zu unterstützen, werden ausschließlich Gruppen gefördert.
Die Gruppen sollen in Anlehnung an eine Regelung im Vereinsrecht gemäß § 56 BGB eine Mindestzahl von sieben Mitgliedern nicht unterschreiten. Sie sollen entweder selbst die Rechtsform eines eingetragenen Vereins haben oder Mitglied in einem überregionalen Fachverband, zum Beispiel in einem Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege auf Landesebene oder in einem Dachverband des bürgerschaftlichen Engagements, sein. Unabdingbar ist weiterhin, dass die geförderten Gruppen bürgerschaftlich Engagierter mit den kommunalen Engagementfördernden Infrastruktureinrichtungen (Freiwilligenagenturen und -zentren, Seniorenbüros, Selbsthilfekontaktstellen u.a.) sowie den örtlichen Pflegeeinrichtungen und Diensten zusammenarbeiten und auch die Möglichkeiten einer regionalen und überregionalen Vernetzung nutzen.
"Wichtig ist zudem nach Aussagen aller im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements Tätigen eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit, die positive Beispiele gelungenen bürgerschaftlichen Engagements aufzeigt, um Menschen zu motivieren, ihre grundsätzlich vorhandene Engagementbereitschaft in derartigen Initiativen zugunsten Pflegebedürftiger einzubringen.
Mit diesen Maßnahmen wird in finanziell verantwortbarer Weise ein wichtiger Fortschritt in dem Bemühen um eine Verbesserung der Versorgungssituation von Pflegebedürftigen erreicht werden können. An der Förderung haben sich die privaten Versicherungsunternehmen zu beteiligen, da das zu fördernde bürgerschaftliche Engagement auch den bei ihr versicherten Pflegebedürftigen zugute kommt. Der zusätzliche Finanzierungsanteil der privaten Versicherungsunternehmen in Höhe von 10 vom Hundert der Gesamtfördersumme entspricht dem Verhältnis der Zahl der in der privaten Pflegepflichtversicherung Versicherten zur Gesamtzahl der in der gesetzlichen (sozialen und privaten) Pflegeversicherung Versicherten.
B. Besonderer Teil
Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)
"Mit den Änderungen wird die Inhaltsübersicht, die Bestandteil des SGB XI ist, an die neue Vorschrift angepasst.
Zu Nummer 2 (§ 45d Leistungen zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements in der Pflege)
"Mit dieser Vorschrift werden Regelungen zur Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements in der Pflege getroffen.
Zu Absatz 1
"Vorgesehen ist eine finanzielle Förderung von Gruppen bürgerschaftlich Engagierter, die sich durch ergänzende Hilfen der Unterstützung oder Selbstpflege Pflegebedürftiger widmen und sich für eine Verbesserung ihrer Lebensqualität einsetzen. Das Engagement soll sich auf alle Pflegebereiche erstrecken.
Pflegebedürftige und ihre pflegenden Angehörigen benötigen ein Netz abgestufter, bedürfnisorientierter und gemeindenaher Hilfen und Versorgungsangebote. In der Praxis hat sich gezeigt, dass insbesondere auch ein hoher Bedarf für ein unbürokratisch verfügbares, niedrigschwelliges Angebot zur Unterstützung und allgemeinen Betreuung der Pflegebedürftigen und zur Entlastung der pflegenden Angehörigen besteht. Oft erleichtern gerade diese niedrigschwelligen Angebote den pflegenden Angehörigen den für sie schweren Schritt, erstmals Hilfen von außen in Anspruch zu nehmen. Daher soll mit Mitteln der sozialen und privaten Pflegeversicherung der Auf- und Ausbau von Gruppen bürgerschaftlich Engagierter gefördert und damit in Ergänzung und zur Unterstützung des bisherigen Leistungsangebotes der Pflegeversicherung ein zusätzliches Leistungsangebot für Pflegebedürftige geschaffen werden.
"Es sollen ausdrücklich Gruppen bürgerschaftlich Engagierter und keine einzelnen engagierten Personen gefördert werden. Die Mindestgröße einer Gruppe soll in Anlehnung an eine Regelung im Vereinsrecht gem. § 56 BGB eine Mindestzahl von sieben bürgerschaftlich Engagierten nicht unterschreiten. Die unmittelbare Förderung der Gruppen bürgerschaftlich Engagierter stärkt deren Autonomie und Selbstbewusstsein und ermöglicht eine dem Bedarf der Gruppe entsprechende Verwendung der Fördermittel. Die Gruppe soll selbst ein eingetragener Verein sein oder einem von den Pflegekassen autorisierten Fachverband angehören. Die Fördermittel können von der Gruppe selbst oder gemeinsam mit der Gruppe beispielsweise von Engagementfördernden Einrichtungen über einen von den Pflegekassen autorisierten Fachverband beantragt werden. Von den Pflegekassen zu autorisierende Fachverbände sind beispielsweise die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege auf Landesebene, Verbände der Engagementfördernden Infrastruktureinrichtungen auf Landesebene oder die Dachverbände des bürgerschaftlichen Engagements.
Erreicht werden sollen von den Maßnahmen der Gruppen bürgerschaftlich Engagierter Personen mit Hilfebedarf gemäß § 14 Abs. 4 sowie ein Bedarf an einer nicht verrichtungsbezogenen Unterstützung und allgemeinen Betreuung bei anderen Alltagshandlungen.
"Damit soll klargestellt werden, dass die Zielgruppe ein breites Spektrum Pflegebedürftiger der verschiedenen Schweregrade der Pflegebedürftigkeit umfasst. Damit wird auch dem notwendigerweise präventiven Charakter der Leistungen des Bürgerschaftlichen Engagements im Vorfeld der Pflegebedürftigkeit im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes Rechnung getragen.
Zu Absatz 2
"Aus Mitteln der sozialen und privaten Pflegeversicherung soll die notwendige Ausstattung mit Fachpersonal und Sachmitteln finanziert werden. Die Förderung erfolgt in Form der Projektförderung in der Sonderform des Betriebskostenzuschusses. Investitionsaufwendungen sind nicht förderfähig. Die Mittel sollen flexibel eingesetzt werden können, um der Entwicklung von Projekten vor Ort ausreichend Raum zu geben.
Zu Absatz 3
"Die Förderung der Pflegekassen sollen nur Gruppen zugute kommen, die über klare und qualitätsgesicherte Zielsetzungen in Bezug auf die der Förderung zugrunde liegenden Maßnahmen verfügen. Von besonderer Bedeutung ist die Qualität der Schulung, der Fortbildung und der kontinuierlichen fachliche Begleitung. Dadurch wird nicht nur die Güte des Engagements, sondern auch die Motivation der Engagierten gefördert. Die bürgerschaftlich Engagierten beteiligen sich nicht an der Sicherstellung der ärztlichen und pflegerischen Versorgung der Versicherten.
Zu Absatz 4
"Um eine gerechte Verteilung der Fördermittel der Pflegeversicherung zu erreichen, wird das Fördervolumen, das aus Mitteln der sozialen und privaten Pflegeversicherung aufgebracht wird anhand der Zahl der Versicherten ermittelt. Mit einer Steigerung des Fördervolumens in Stufen soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das Förderverfahren erst etabliert werden muss. Die Verteilung auf die Länder erfolgt nach dem Königsteiner Schlüssel. An der Förderung haben sich auch die privaten Versicherungsunternehmen zu beteiligen, da das zu schaffende Betreuungsangebot auch den bei ihr versicherten Pflegebedürftigen zugute kommt.
Zu Absatz 5
"Mit dieser Regelung werden die Spitzenverbände der Pflegekassen verpflichtet, gemeinsam mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e.V. auf Bundesebene und den für die Wahrnehmung der Interessen des bürgerschaftlichen Engagements in der Pflege maßgeblichen Spitzenorganisationen und der Verbände der behinderten und pflegebedürftigen Menschen auf Bundesebene Empfehlungen zu den Voraussetzungen, Inhalt, Qualität und Umfang der Förderung der Gruppen bürgerschaftlich Engagierter zu beschließen.
Damit soll die notwendige Transparenz der Förderkriterien, die möglichst bundesweit einheitlich gelten sollen, geschaffen werden. Die Grundsätze sollen auch Regelungen zur Qualitätssicherung in Bezug auf die der Förderung zugrunde liegenden Maßnahmen enthalten.
"Dies sind konkret die fachliche Anleitung, Begleitung, Koordination und Organisation, Gewinnung und Schulung bürgerschaftlich Engagierter sowie die Vernetzung mit anderen Diensten der Pflege und mit relevanten, die professionelle Pflege ergänzenden Dienstleistungen.
Hier ist zu berücksichtigen, dass bürgerschaftlich Engagierte nicht nur Fortbildung benötigen, um sich für Pflegebedürftige zu engagieren. Sie benötigen auch Begleitung in der Arbeit durch regelmäßige Treffen für einen Erfahrungsaustausch. Zudem müssen sie jederzeit Möglichkeiten zu Gesprächen mit Fachkräften eingeräumt bekommen, wenn sich Fragen oder Probleme bei der Betreuung im Einzelfall ergeben.
"Die Bildung eines Fonds auf Länderebene soll einer Zersplitterung des Förderbetrags vorbeugen.
Die Landesverbände der Pflegekassen sollen das Gesetz auf Länderebene gemeinsam und einheitlich umsetzen. Dabei soll die Entscheidung, ob und in welcher Höhe im konkreten Einzelfall eine Gruppe bürgerschaftlich Engagierter gefördert werden soll, auf der Landesebene einheitlich und gemeinsam von den Landesverbänden der Pflegekassen getroffen werden. Sofern sich die Pflegekassen nicht auf ein Verfahren einigen können, werden die Länder ermächtigt, Näheres zur Umsetzung der Empfehlungen zu regeln.
Zu Absatz 6
"Zur Erleichterung des Verwaltungsverfahrens soll der auf die private Pflegepflichtversicherung entfallende Finanzierungsanteil durch den Verband der privaten Krankenversicherung e.V. unmittelbar an das Bundesversicherungsamt zugunsten des Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung überwiesen werden. Zu diesem Zweck ist vorgesehen, dass der Verband der privaten Krankenversicherung e.V. mit den Spitzenverbänden der Pflegekassen und dem Bundesversicherungsamt Näheres über die Abrechnung und Zahlung des Finanzierungsanteils der privaten Pflegepflichtversicherung vereinbaren können.
Die nach Absatz 1 einzusetzenden Fördermittel werden unmittelbar aus dem Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung finanziert, der vom Bundesversicherungsamt verwaltet wird.
"Das Nähere über das Verfahren zur Auszahlung der Fördermittel wird von den Spitzenverbänden der Pflegekassen mit dem Bundesversicherungsamt in einer Vereinbarung geregelt.
C. Kosten der öffentlichen Haushalte
Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
"Für die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen entstehen keine Mehrkosten.
Vollzugsaufwand
Für die Pflegekassen entsteht durch die Umsetzung der Fördermaßnahmen geringfügiger Verwaltungsmehraufwand.
D. Sonstige Kosten
"Unmittelbare Auswirkungen auf die private Wirtschaft entstehen durch das Gesetz nicht.
Das Gesetz führt durch die zusätzlichen Fördermaßnahmen für Gruppen bürgerschaftlich Engagierter zu Mehrausgaben von jährlich bis zu rd. 36 Mio. Euro in der sozialen Pflegeversicherung und zusätzlich bis zu rd. 3,6 Mio. Euro in der privaten Pflegepflichtversicherung.
"Die verbesserten Leistungsangebote sind geeignet, den längeren Verbleib der Pflegebedürftigen in ihrem häuslichen Bereich zu sichern und verhindern damit eine frühzeitige Inanspruchnahme der kostenintensiven vollstationären Pflege. Die getroffenen Regelungen dürften daher tendenziell zu Einsparungen führen. Darüber hinaus kann bürgerschaftliches Engagement im stationären Bereich zu einer Steigerung der Lebensqualität der dort lebenden Menschen führen.
Gemessen am Gesamtvolumen der Ausgaben der sozialen Pflegeversicherung von rd. 17,5 Mrd. Euro und Aufwendungen der privaten Pflegepflichtversicherung von rd. 2,5 Mrd. Euro im Jahr 2003 sind die Mehrausgaben von so geringer Bedeutung, dass mittelbare Auswirkungen auf die Wirtschaft nicht zu erwarten sind. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht mit Auswirkungen auf Einzelpreise sowie das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, zu rechnen.
E. Frauenpolitische Auswirkungen
"Nach dem Bericht "Pflegestatistik 2001" des Statistischen Bundesamtes waren im Dezember 2001 2,04 Millionen Menschen in Deutschland pflegebedürftig im Sinne des SGB XI; die Mehrheit (69 vom Hundert) waren Frauen. Von den zu Hause Versorgten waren 64 vom Hundert Frauen, der Frauenanteil im Heim war mit 79 vom Hundert deutlich höher.
Insgesamt war die Mehrzahl sowohl der in den ambulanten Pflegediensten im Rahmen des SGB XI arbeitenden Personen (86 vom Hundert) als auch der in den Heimen beschäftigten Personen (85 vom Hundert) weiblich. 90 vom Hundert der Personen, die Pflegebedürftige im häuslichen Bereich pflegen, sind Frauen.
"Die zusätzliche Finanzierung von Leistungen des bürgerschaftlichen Engagements bei Pflegebedürftigen dient unter anderem der Stärkung und Förderung von Pflegearrangements.
Die Leistungsverbesserungen tragen daher dazu bei, die Pflegesituation sowohl für pflegebedürftige als auch für pflegende Frauen zu erleichtern und weiter zu verbessern.
"Das bürgerschaftliche Engagement ist ein Thema von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung.
Durch die Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements für Pflegebedürftige sollen auch Anreize für Männer entstehen, sich verstärkt im Bereich der Pflege einzusetzen.