A. Problem und Ziel
Die Dauer der gesetzlichen Erstzuweisung von Tätigkeiten bei den gemeinsamen Einrichtungen zur Wahrnehmung von Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist derzeit auf fünf Jahre bis Ende 2015 befristet. Ziel ist es, die Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Einrichtungen nachhaltig abzusichern und den Personaleinsatz dauerhaft sicherzustellen sowie langfristig zu verstetigen.
Es bestehen in bestimmten Fällen Rechtsunsicherheiten über das Bestehen von Erstattungsansprüchen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber anderen Sozialleistungsträgern, wenn für den gleichen Zeitraum eine andere Sozialleistung zuerkannt wird. Dies gilt in besonderem Maße für Erstattungsansprüche gegenüber den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung. Ziel ist die Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bei der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
B. Lösung
Die bislang befristete Regelung zur Zuweisung von Tätigkeiten bei den gemeinsamen Einrichtungen wird durch eine dauerhafte Rechtsgrundlage für Zuweisungen ersetzt.
Im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wird zur Klarstellung ein Erstattungsanspruch zu Gunsten der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Fälle geregelt, in denen dem Empfänger von Leistungen nach dem SGB II für den gleichen Zeitraum eine andere Sozialleistung zuerkannt wird. Das betrifft insbesondere die Fälle, in denen Leistungen aufgrund einer nachträglich festgestellten vollen Erwerbsminderung bzw. einer rückwirkend bewilligten Altersrente mit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zusammentreffen. Die Klarstellung tritt mit Wirkung für die Vergangenheit in Kraft. Das ist auf Grund des Zwecks der §§ 102 bis 104 SGB X, Doppelleistungen zu vermeiden und nachrangig verpflichtete Leistungsträger so zu stellen, als sei die Leistung eines vorrangigen Leistungsträgers rechtzeitig erfolgt, erforderlich.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Die Neuregelung des § 40a SGB II verhindert sonst eintretende ungerechtfertigte Doppelleistungen an die Leistungsberechtigten und verhindert insofern in den Jahren 2014 bis 2018 Mehrausgaben der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende von rund 310 Millionen Euro für den Bund und 125 Millionen Euro für die Kommunen.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht durch die Regelungen dieses Gesetzentwurfs kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Der Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand, insbesondere werden keine neuen Informationspflichten eingeführt.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Der Erfüllungsaufwand für die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird durch die Schaffung einer einheitlichen Rechtsgrundlage für die Zuweisung von Personal in die gemeinsamen Einrichtungen in nicht bezifferbarer Höhe reduziert, da die Regelung die ansonsten notwendige Zustimmung des Geschäftsführers bei erneuter Zuweisung in eine gemeinsame Einrichtung entbehrlich macht. Dies hätte zum 1. Januar 2016 einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeutet, da von dem gegenwärtig in den gemeinsamen Einrichtungen angesetzten Personal bei einem erheblichen Teil die gesetzliche Zuweisung Ende des Jahres 2015 ausläuft.
Ein nennenswerter Erfüllungsaufwand entsteht nur für die Abwicklung der Erstattungsansprüche gegenüber der Deutschen Rentenversicherung in Höhe von jeweils 0,6 Millionen Euro jährlich bei den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Deutschen Rentenversicherung, der durch die bestehenden Haushaltsansätze gedeckt ist. Im Gegenzug werden bei den Trägern der Grundsicherung Aufwände für die Rückforderung nachrangig gezahlter Leistungen bei Leistungsempfängern vermieden.
F. Weitere Kosten
Keine. Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Ergänzung personalrechtlicher Bestimmungen
Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 11. April 2014
Die Bundeskanzlerin
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Stephan Weil
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Ergänzung personalrechtlicher Bestimmungen mit Begründung und Vorblatt.
Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, da schnellstmöglich Planungssicherheit für das in den gemeinsamen Einrichtungen tätige Personal und die Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende geschaffen werden soll.
Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 23.05.14
Besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG.
Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Ergänzung personalrechtlicher Bestimmungen
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 7. Mai 2013 (BGBl. I S. 1167) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
2. Nach § 40 wird folgender § 40a eingefügt:
" § 40a Erstattungsanspruch
Wird einer leistungsberechtigten Person für denselben Zeitraum, für den ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende Leistungen nach diesem Buch erbracht hat, eine andere Sozialleistung bewilligt, so steht dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter den Voraussetzungen des § 104 des Zehnten Buches ein Erstattungsanspruch gegen den anderen Sozialleistungsträger zu. Der Erstattungsanspruch besteht auch, soweit die Erbringung des Arbeitslosengeldes II allein auf Grund einer nachträglich festgestellten vollen Erwerbsminderung rechtswidrig war oder rückwirkend eine Rente wegen Alters oder eine Knappschaftsausgleichsleistung zuerkannt wird. Die §§ 106 bis 114 des Zehnten Buches gelten entsprechend.
§ 44a Absatz 3 bleibt unberührt."
3. § 44g Absatz 1 und 2 wird wie folgt gefasst:
- (1) Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Träger und der nach § 6 Absatz 2 Satz 1 herangezogenen Gemeinden und Gemeindeverbände können mit Zustimmung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers der gemeinsamen Einrichtung nach den beamten- und tarifrechtlichen Regelungen Tätigkeiten bei den gemeinsamen Einrichtungen zugewiesen werden; diese Zuweisung kann auch auf Dauer erfolgen. Die Zuweisung ist auch ohne Zustimmung der Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zulässig, wenn dringende dienstliche Interessen es erfordern.
- (2) Bei einer Zuweisung von Tätigkeiten bei den gemeinsamen Einrichtungen an Beschäftigte, denen bereits eine Tätigkeit in diesen gemeinsamen Einrichtungen zugewiesen worden war, ist die Zustimmung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers der gemeinsamen Einrichtung nicht erforderlich."
4. Nach § 63 werden folgende §§ 63a und 63b eingefügt:
" § 63a Datenschutzrechtliche Bußgeldvorschriften
- (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Beamtin, Beamter, Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer der Träger oder der nach § 6 Absatz 2 Satz 1 herangezogenen Gemeinden und Gemeindeverbände, denen nach § 44g Absatz 1 oder 2 eine Tätigkeit in einer gemeinsamen Einrichtung zugewiesen ist, vorsätzlich oder fahrlässig eine in
- 1. § 85 Absatz 1 Nummer 1a, 1 b, 2 oder Nummer 3 des Zehnten Buches oder in § 43 Absatz 1 Nummer 2b des Bundesdatenschutzgesetzes oder
- 2. § 85 Absatz 2 des Zehnten Buches oder in § 43 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 des Bundesdatenschutzgesetzes bezeichnete Handlung begeht.
- (2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro und in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 2 mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro geahndet werden.
- (3) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind
- 1. das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, wenn die Ordnungswidrigkeit durch eine Beamtin, einen Beamten, eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer der Bundesagentur,
- 2. die fachlich zuständige oberste Landesbehörde, wenn die Ordnungswidrigkeit durch eine Beamtin, einen Beamten, eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer eines kommunalen Trägers oder der nach § 6 Absatz 2 Satz 1 herangezogenen Gemeinden oder Gemeindeverbände in Ausübung einer Tätigkeit bei einer gemeinsamen Einrichtung begangen wird.
§ 36 Absatz 2 und 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten gilt entsprechend.
§ 63b Datenschutzrechtliche Strafvorschriften
- (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine in § 63a Absatz 1 Nummer 2 bezeichnete vorsätzliche Handlung gegen Entgelt oder in der Absicht begeht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen.
- (2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. Antragsberechtigt sind der Betroffene, die verantwortliche Stelle nach § 50 Absatz 2 oder Absatz 3 Satz 3 und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit."
5. Folgender § 79 wird angefügt:
" § 79 Achtes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Ergänzung personalrechtlicher Bestimmungen
- (1) Hat ein nach § 40a zur Erstattung verpflichteter Sozialleistungsträger in der Zeit vom 31. Oktober 2012 bis zum [einsetzen: Tag der dritten Beratung des Entwurfs dieses Gesetzes im Deutschen Bundestag] in Unkenntnis des Bestehens der Erstattungspflicht bereits an die leistungsberechtigte Person geleistet, entfällt der Erstattungsanspruch.
- (2) Die gesetzliche Zuweisung von Tätigkeiten in den gemeinsamen Einrichtungen, die nach § 44g Absatz 1 zum 1. Januar 2011 in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung erfolgt ist, gilt bis zum jeweiligen Ablauf der fünfjährigen Dauer der Erstzuweisung fort. Eine spätere Zuweisung von Tätigkeiten in den gemeinsamen Einrichtungen, die nach § 44g Absatz 2 in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung erfolgt ist, gilt fort."
Artikel 2
Inkrafttreten; Außerkrafttreten
- (1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 am 1. Januar 2015 in Kraft.
- (2) Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2009 in Kraft.
- (3) Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe d sowie Nummer 5 tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- (4) In Artikel 1 Nummer 5 tritt § 79 Absatz 2 Satz 1 am 1. Januar 2016 außer Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende wurde 2010 die Zusammenarbeit von Kommunen und Bundesagentur für Arbeit in gemeinsamen Einrichtungen als Regelfall festgeschrieben. Dem Personal, das bis zum 31.10.2010 in einer Arbeitsgemeinschaft nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung Aufgaben nach dem SGB II wahrgenommen hat, wurden mit Wirkung zum 01.01.2011 Tätigkeiten bei den gemeinsamen Einrichtungen zugewiesen. Damit wurde die Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Einrichtung als Nachfolger der bisherigen Arbeitsgemeinschaft erhalten. Die in § 44g Absatz 1 Satz 1 SGB II geregelte Zuweisung von Tätigkeiten ab dem 01.01.2011 ist jedoch auf fünf Jahre begrenzt. Ziel ist es, die Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Einrichtungen nachhaltig abzusichern und den Personaleinsatz über diesen Zeitraum hinaus zu verstetigen.
Es bestehen in bestimmten Fällen Rechtsunsicherheiten über das Bestehen von Erstattungsansprüchen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber anderen Sozialleistungsträgern, wenn für den gleichen Zeitraum eine andere Sozialleistung zuerkannt wird. Dies gilt in besonderem Maße für Erstattungsansprüche gegenüber den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Bundessozialgericht hat diese Frage in seinen Entscheidungen vom 31. Oktober 2012 (B 13 R 11/11 R und B 13 R 9/12 R) nicht abschließend beantwortet. Die Träger der Rentenversicherung sind deshalb teilweise dazu übergegangen, rückwirkend zuerkannte Erwerbsminderungs- und Altersvollrenten an die Leistungsberechtigen auszuzahlen, statt diese an die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für von diesen für deckungsgleiche Zeiträume gezahlte Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erstatten. Diese Praxis führt zu erheblichen Mehrausgaben der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und gleichzeitig zu ungerechtfertigten Doppelleistungen an die Leistungsberechtigten. Ziel ist die Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bei der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
1. Zuweisung von Tätigkeiten bei den gemeinsamen Einrichtungen
Die bislang befristete Regelung zur Zuweisung von Tätigkeiten bei den gemeinsamen Einrichtungen wird durch eine dauerhafte Rechtsgrundlage für Zuweisungen ersetzt. Um die Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Einrichtungen als Verwaltungseinheiten in dem auf Dauer angelegten System der Grundsicherung für Arbeitsuchende nachhaltig abzusichern, kann die Zuweisung von Tätigkeiten bei den gemeinsamen Einrichtungen grundsätzlich auch auf unbestimmte Dauer erfolgen. Aufgrund der geteilten Trägerschaft in der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Anwendung des jeweils geltenden Beamtenoder Tarifrechts kommt es dabei zu Unterschieden beispielsweise bei dem Erfordernis der Zustimmung der für eine Zuweisung vorgesehenen Beschäftigten.
Die beamtenrechtlichen Regelungen sehen beispielsweise eine Zustimmung grundsätzlich vor. Deshalb wird eine spezielle Ermächtigung zur Zuweisung für alle Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Träger und der nach § 6 Absatz 2 Satz 1 SGB II herangezogenen Gemeinden und Gemeindeverbände auch ohne deren Zustimmung geschaffen, wenn ein dringendes dienstliches Interesse dies im Einzelfall erfordert. Unabhängig davon bleibt es bei der bisherigen Regelung nach § 44g Absatz 5 SGB II, nach der die Zuweisung auf Verlangen der Beamtin, des Beamten, der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers aus wichtigem Grund jederzeit beendet werden kann.
2. Erstattungsansprüche der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende
Im SGB II wird zur Klarstellung ein Erstattungsanspruch zu Gunsten der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für die Fälle geregelt, in denen dem Empfänger von Leistungen nach dem SGB II für den gleichen Zeitraum eine andere Sozialleistung zuerkannt wird. Das betrifft insbesondere die Fälle, in denen Leistungen aufgrund einer nachträglich festgestellten vollen Erwerbsminderung bzw. einer rückwirkend bewilligten Altersrente mit Arbeitslosengeld II (Alg II) zusammentreffen. Die Klarstellung tritt in diesen Fällen auf Grund des Zwecks der §§ 102 bis 104 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), Doppelleistungen zu vermeiden und nachrangig verpflichtete Leistungsträger so zu stellen, als sei die Leistung eines vorrangigen Leistungsträgers rechtzeitig erfolgt, mit Wirkung für die Vergangenheit in Kraft.
3. Weitere Inhalte des Gesetzentwurfs
Ferner wird die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 85 SGB X und nach § 43 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) geregelt, wenn diese durch eine Beamtin oder einen Beamten oder eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer der Träger nach dem SGB II in Ausübung einer Tätigkeit bei einer gemeinsamen Einrichtung begangen wird.
III. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Änderungen im SGB II folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 des Grundgesetzes (GG - öffentliche Fürsorge). Der Bund hat die Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende, da hier die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet und die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse mit einer bundesgesetzlichen Regelung erforderlich ist (Artikel 72 Absatz 2 GG) . Nur durch die Gesetzgebung des Bundes lassen sich einheitliche Lebensverhältnisse gewährleisten. In der Bundesrepublik Deutschland bestehen hinsichtlich des Beschäftigungsstandes und Einkommensniveaus erhebliche regionale Unterschiede. Durch eine einheitliche Bundesgesetzgebung im Bereich der öffentlichen Fürsorge wird verhindert, dass sich innerhalb der Bundesrepublik Deutschland das Sozialgefüge auseinanderentwickelt. Daneben hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz zur Änderung der personalrechtlichen Regelungen im SGB II aus Artikel 91e Absatz 3 GG.
IV. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen vereinbar.
V. Gesetzesfolgen
1. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Maßnahmen des Gesetzentwurfs und Auswirkungen auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende; mittelfristige Auswirkungen auf andere Bereiche der sozialen Sicherung und auf den Bundeshaushalt im Finanzplanungszeitraum
Zu Artikel 1
Zu Nummern 2 und 5
In den Fällen, in denen Leistungsempfänger aufgrund der unmittelbar an den Leistungsberechtigten gewährten Rentennachzahlung für den gleichen Zeitraum auch Alg II - Leistungen erhalten haben, ist ohne die vorgesehene Regelung in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die nachrangig gezahlten Alg II - Leistungen erfolgreich zurückgefordert werden können. Damit besteht für den Bundeshaushalt zum einen ein erhebliches Risiko bei der Rückforderung, weil sie aufgrund der schon erfolgten Auszahlung der Doppelleistung bei den Leistungsempfängern selbst realisiert werden müssten und diese Rückabwicklung bestandskräftiger Fälle als belastender Verwaltungsakt mit einem erheblichen Prozessrisiko verbunden wäre. Zum anderen ist dies mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden. Durch die vorgesehene Regelung der Erstattungsansprüche der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber anderen Sozialversicherungsträgern, insbesondere der Deutschen Rentenversicherung, werden im Bundeshaushalt weiterhin Rückflüsse in den Jahren 2014 bis 2018 in Höhe von rund 310 Millionen Euro aus zu viel gezahlten Alg II-Leistungen sichergestellt und somit entsprechende Mehrausgaben vermieden. Dies entspricht Rückflüssen von rund 62 Millionen Euro jährlich für den Bund. Für die Kommunen belaufen sich die Rückflüsse auf rund 25 Millionen Euro jährlich bzw. insgesamt rund 125 Millionen Euro von 2014 bis 2018.
Erstattungsansprüche der Träger der Grundsicherung gegenüber anderen Sozialleistungsträgern, insbesondere der Deutschen Rentenversicherung, für Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, belaufen sich auf rund 6 Millionen Euro jährlich bzw. insgesamt rund 30 Millionen Euro von 2014 bis 2018. Dies entspricht einer Minderausgabe für den Bundeshaushalt.
2. Erfüllungsaufwand
2.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht durch die Regelungen dieses Gesetzentwurfs kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.
2.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Der Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand, insbesondere werden keine neuen Informationspflichten eingeführt.
2.3 Erfüllungsaufwand für die Verwaltung
Zu Artikel 1 .
Zu Nummern 2 und 5
Ein nennenswerter Erfüllungsaufwand entsteht nur für die Abwicklung der Erstattungsansprüche mit der Deutschen Rentenversicherung in Höhe von jeweils rund 0,6 Millionen Euro jährlich und somit von insgesamt rund 5 Millionen Euro im Zeitraum bis 2018 bei den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Deutschen Rentenversicherung, der durch die bestehenden Haushaltsansätze gedeckt ist.
Im Gegenzug werden bei den Trägern der Grundsicherung Aufwände für die Rückforderung nachrangig gezahlter Leistungen bei Leistungsempfängern vermieden.
Zu Nummer 3
Ebenso wird der Erfüllungsaufwand bei den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch die Schaffung einer einheitlichen Rechtsgrundlage für die Zuweisung von Tätigkeiten in den gemeinsamen Einrichtungen in nicht bezifferbarer Höhe reduziert, da Personal auch unbefristet zugewiesen werden kann und die Regelung die ansonsten notwendige Zustimmung des Geschäftsführers bei erneuter Zuweisung entbehrlich macht. Dies hätte zum 1. Januar 2016 einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeutet.
Zu Nummer 4
Die Regelung stellt das bisherige Verfahren lediglich klar, so dass kein Erfüllungsaufwand entsteht.
3. Weitere Kosten
Keine. Nennenswerte Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
4. Weitere Gesetzesfolgen (Gleichstellung, Nachhaltigkeit, Demografie)
Die gleichstellungspolitischen Auswirkungen der Gesetzesänderungen wurden geprüft. Die Regelungen sind geschlechtsneutral formuliert.
Nach dem Ergebnis der Relevanzprüfung sind die Regelungen gleichstellungspolitisch ausgewogen. Der überwiegende Teil des Personals in den Jobcentern sind Frauen, so dass sich Regelungen in Bezug auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern grundsätzlich stets überwiegend auf berufstätige Frauen auswirken. Die Regelungen zur Zuweisung sind in ihrer Wirkung jedoch gleichstellungspolitisch neutral.
Die vorgesehenen Änderungen entsprechen dem Grundsatz der Nachhaltigkeit. Die Regelungen zielen darauf ab, die Personalisierung der gemeinsamen Einrichtungen langfristig sicherzustellen und zu verstetigen und eine sachgerechte Lastenverteilung zwischen verschiedenen Sozialleistungsträgern zu gewährleisten. Der Gesetzentwurf trägt damit zu einer weiteren Stabilisierung der Aufgabenwahrnehmung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei.
Die Regelungen haben keine negativen Auswirkungen auf künftige Generationen.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch)
Zu Nummer 1
Folgeänderungen auf Grund der Einfügung der §§ 40a, 63a, 63b und 79 durch die Nummern 2, 4 und 5.
Zu Nummer 2
Durch die Einfügung des § 40a wird klargestellt, dass bei einer Vorleistung durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und im Nachhinein festgestellter vorrangiger Leistungsverpflichtung eines anderen Sozialleistungsträgers unter den Voraussetzungen des § 104 SGB X ein Erstattungsanspruch zu Gunsten der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende entsteht.
Anlass für die gesetzliche Klarstellung sind zwei Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 31. Oktober 2012 (B 13 R 9/12 R und B 13 R 11/11 R), die in Bezug auf die Entstehung von Erstattungsansprüchen der Jobcenter gegenüber den Trägern der Rentenversicherung bei rückwirkender Gewährung einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente zu Unsicherheiten in der Rechtsanwendung führten.
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende keine Erstattungsansprüche nach § 103 SGB X zustehen, wenn die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter Annahme von Erwerbsfähigkeit zunächst Arbeitslosengeld II erbracht haben und sich diese Leistungserbringung nachträglich als rechtswidrig erweist.
Das Bundessozialgericht hat sich nicht abschließend dazu geäußert, ob den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende statt dessen Erstattungsansprüche auf der Grundlage des § 104 SGB X zustehen. Die Träger der Rentenversicherung sind deshalb teilweise dazu übergegangen, rückwirkend zuerkannte Erwerbsminderungs- und Altersvollrenten an die Leistungsberechtigen auszuzahlen, statt diese an die von den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende für von diesen für deckungsgleiche Zeiträume gezahlten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erstatten. Diese Praxis führt zu erheblichen Mindereinnahmen in Form von Rückflüssen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und gleichzeitig zu ungerechtfertigten Doppelleistungen an die Leistungsberechtigten.
Das gesetzgeberische Ziel der Vermeidung einer doppelten Leistungserbringung und die Stellung des nachrangig verpflichteten Trägers ergibt sich zwar bereits aus § 104 SGB X, wird aber, um Rechtssicherheit zwischen den Trägern zu gewährleisten, nunmehr im SGB II gesetzlich klarstellend geregelt. Diese Klarstellung erfolgt durch Satz 1.
Satz 2 erweitert die Erstattungsansprüche auf Fallgestaltungen, in denen Alg II allein auf Grund einer nachträglich festgestellten Erwerbsminderung rechtswidrig gewährt wurde. Insbesondere besteht jetzt Klarheit, dass Erstattungsansprüche nach § 104 SGB X seitens der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende auch dann entstehen, wenn einer leistungsberechtigten Person, die mit einer weiteren erwerbsfähigen Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, Alg II in Annahme der Erwerbsfähigkeit erbracht worden ist, sich aber auf Grund einer Entscheidung des Rentenversicherungsträgers nachträglich herausstellt, dass die betreffende Person voll erwerbsgemindert ist und eigentlich Sozialgeld hätte erbracht werden müssen. Erfolgte die Leistungsgewährung an eine allein lebende erwerbsfähige leistungsberechtigte Person durch eine rückwirkend zuerkannte Erwerbsminderungsrente rechtswidrig, wird hingegen ein Erstattungsanspruch des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende neu begründet.
Als weitere Alternative wird klargestellt, dass auch ein Erstattungsanspruch bei rückwirkender Zuerkennung einer Altersvollrente oder einer Knappschaftsausgleichsleistung besteht. Der Bezug einer Altersvollrente oder einer Knappschaftsausgleichsleistung führt nach § 7 Absatz 4 SGB II zum Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II und der Leistungsanspruch entfällt in diesem Fall mit dem Zeitpunkt des erstmaligen Zuflusses der Altersvollrente oder der Knappschaftsausgleichleistung. Unsicherheit bestand bei der Rechtsanwendung darüber, ob die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei rückwirkender Zuerkennung einer Altersvollrente oder einer Knappschaftsausgleichsleistung einen Erstattungsanspruch gegen den Träger der Rentenversicherung nach § 104 SGB X haben, da bei rechtzeitiger Zuerkennung der Altersvollrente oder der Knappschaftsausgleichsleistung der Leistungsanspruch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende bereits ab Rentenbeginn entfallen wäre.
Im Interesse der Rechtssicherheit wird in Satz 3 die entsprechende Anwendung der §§ 106 bis 114 SGB X normiert.
Satz 4 stellt das Verhältnis zu § 44a Absatz 3 klar. Das betrifft Fälle, bei denen die Agentur für Arbeit festgestellt hat, dass die leistungsberechtigte Person nicht erwerbsfähig ist und wegen eines Widerspruches eines anderen Trägers gegen diese Feststellung, der bei voller Erwerbsminderung zuständig wäre, erst leistungsverpflichtet geworden ist.
Zu Nummer 3
Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist ein für Bund und Länder zentraler Verwaltungsbereich, dessen Funktionsfähigkeit gesamtgesellschaftlich von hoher Bedeutung ist. Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 21. Juli 2010 wurde die Neuorganisation der Grundsicherung verfassungsrechtlich verankert.
Artikel 91e des Grundgesetzes bestimmt, dass der Bund und die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirken. Um die Funktionsfähigkeit über eine ausreichende Ausstattung mit Fachpersonal von Anfang an zu gewährleisten, hatte der Gesetzgeber im Rahmen der Neuorganisation eine befristete gesetzliche Zuweisung von fünf Jahren vorgesehen. Diese Begrenzung der Zuweisung auf eine Zeitdauer von fünf Jahren hat sich als unzureichend erwiesen, um die dauerhafte Aufgabenerledigung durch die gemeinsamen Einrichtungen sicherzustellen.
Nach Ablauf dieser Übergangsfrist sollen Tätigkeiten in den gemeinsamen Einrichtungen nicht mehr gesetzlich, sondern jeweils im Einzelfall zugewiesen werden. Eine gesetzliche Zuweisung ist nicht mehr vorgesehen. Dabei ist es jedoch erforderlich, dass diese Zuweisungen auf Dauer erfolgen können. Die beamtenrechtlichen Regelungen (§ 29 Absatz 1 Nummer 1 BBG; § 20 Absatz 1 Nummer 1 BeamtStG) bieten hierfür keine ausreichende Rechtsgrundlage, da nach diesen Vorschriften Beamtinnen und Beamte eine Tätigkeit bei einer öffentlichen Einrichtung ohne Dienstherrnfähigkeit lediglich mit ihrer Zustimmung und vorübergehend zugewiesen werden kann. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist eine dauerhafte staatliche Aufgabe, für die das Grundgesetz eine Mischverwaltung vorgesehen hat. Aufgrund der besonderen Organisationsform der gemeinsamen Einrichtungen ohne eigene Dienstherreneigenschaft kann eine Versetzung des Personals nicht erfolgen. Die Qualität der Leistungserbringung hängt jedoch in hohem Maße davon ab, dass die Tätigkeiten in den gemeinsamen Einrichtungen nicht immer wieder nur befristet zugewiesen werden, sondern dauerhaft. Dies sichert nicht nur die Kontinuität der Aufgabenerledigung, sondern schafft auch Klarheit bei dem in den gemeinsamen Einrichtungen tätigen Personal. Die Neuregelung bildet nunmehr ergänzend zu den allgemeinen tarif- und beamtenrechtlichen Regelungen die einheitliche Rechtsgrundlage für die Zuweisungen in die gemeinsamen Einrichtungen.
Zu Absatz 1
Satz 1 legt den Grundsatz fest, dass alle Zuweisungen nach den tarif- und beamtenrechtlichen Regelungen erfolgen. Um die Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Einrichtungen als Verwaltungseinheiten in dem auf Dauer angelegten System der Grundsicherung für Arbeitsuchende nachhaltig abzusichern, kann die Zuweisung von Tätigkeiten bei den gemeinsamen Einrichtungen auch auf Dauer erfolgen.
Aufgrund der geteilten Trägerschaft in der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Anwendung des jeweils geltenden Beamten- oder Tarifrechts kommt es dabei zu Unterschieden beispielsweise bei dem Erfordernis der Zustimmung der von einer Zuweisung betroffenen Beschäftigten. So haben die Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag für die Bundesagentur für Arbeit bereits entsprechende Regelungen vereinbart, nach denen eine Zuweisung von Tätigkeiten in den gemeinsamen Einrichtung generell ohne Zustimmung des Betroffenen erfolgen kann. Die beamtenrechtlichen Regelungen sehen hingegen eine Zustimmung grundsätzlich vor.
Satz 2 sieht deshalb eine spezielle Ermächtigung zur Zuweisung von Tätigkeiten für alle Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Träger und der nach § 6 Absatz 2 Satz 1 herangezogenen Gemeinden und Gemeindeverbände auch ohne deren Zustimmung vor, wenn ein dringendes dienstliches Interesse dies erfordert.
Ein dringendes dienstliches Interesse kann beispielsweise bestehen, wenn Dienstposten in der gemeinsamen Einrichtung nicht besetzt sind, obwohl entsprechendes Fachpersonal bei den Trägern der Grundsicherung im Überhang vorhanden ist. Auch an einem reibungslosen Übergang von der gesetzlichen Zuweisung auf die individuelle Zuweisung im Einzelfall besteht ein dringendes dienstliches Interesse. Das dringende dienstliche Interesse überwiegt in diesen Fällen die fehlende Zustimmung insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Tätigkeiten bei einer gemeinsamen Einrichtung des eigenen Dienstherrn und einer anderen Behörde des öffentlichen Dienstes ausgeführt werden und auch die Sphäre des öffentlichen Dienstes nicht verlassen wird; insbesondere bleiben die Rechtsstellung der Beamtinnen und Beamten sowie die bestehenden Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unberührt. Es handelt sich damit um einen milderen Eingriff als bei einer im öffentlichen Dienst ebenfalls üblichen Versetzung, die hier nur wegen der speziellen Organisationsform der gemeinsamen Einrichtungen (fehlende Dienstherreneigenschaft) keine Anwendung findet.
Unabhängig davon bleibt es bei der bisherigen Regelung nach Absatz 5, nach der die Zuweisung auf Verlangen der Beamtin, des Beamten, der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers aus wichtigem Grund jederzeit beendet werden kann. Die Beschäftigten werden darüber hinaus weiterhin in die Stellenbesetzungsverfahren der Träger einbezogen und können sich wie alle anderen Beschäftigten der Träger der Grundsicherung auf interne Stellenausschreibungen bewerben.
Zu Absatz 2
Der Wegfall der erneuten Zustimmung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den gemeinsamen Einrichtungen, die hier bereits zugewiesen und tätig sind, dient der Verfahrensvereinfachung insbesondere bei der Umstellung der bisherigen gesetzlichen Zuweisungen in individuelle Einzelzuweisungen. Es bleibt jedoch im Normalfall bei der nunmehr in Absatz 1 geregelten grundsätzlichen Notwendigkeit einer Zustimmung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers bei Neuzuweisungen von Tätigkeiten und damit von Personal in die gemeinsamen Einrichtungen.
Zu Nummer 4
Zu § 63a
Zu Absatz 1
Absatz 1 stellt klar, welche datenschutzrechtlichen Bußgeldvorschriften nach § 85 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und nach § 43 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) durch die Beamtinnen, Beamten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Träger nach dem SGB II in Ausübung einer Tätigkeit bei einer gemeinsamen Einrichtung begangen werden können.
Zu Absatz 2
Absatz 2 legt die Geldbußen fest.
Zu Absatz 3
Absatz 3 trifft eine gesetzliche Bestimmung im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) für Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1.
Die Vorschriften gelten für Beamtinnen, Beamte, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen nach § 44g Absatz 1 und 2 SGB II eine Tätigkeit bei einer gemeinsamen Einrichtung zugewiesen ist, für Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer der gemeinsamen Einrichtungen und für weitere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die beispielsweise Hausmeisterdienste leisten. Die Vorschriften knüpfen hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit an den Dienstherren bzw. den Arbeitgeber an, das heißt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit und die jeweils fachlich zuständige oberste Landesbehörde für die kommunalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig.
Entsprechend den Regelungen in § 36 Absatz 2 und 3 OWiG besteht die Möglichkeit, die Zuständigkeit durch Rechtsverordnungen zu delegieren.
Zu § 63b
Zu Absatz 1
Folgeänderung zur Einfügung des § 63a. Die Regelung überträgt die in § 85a SGB X und § 44 BDSG geregelten Straftatbestände auf das SGB II.
Zu Absatz 2
Es handelt sich wie bei § 85a SGB X und § 44 BDSG um Antragsdelikte. Satz 2 regelt die Antragsberechtigung.
Zu Nummer 5
Zu Absatz 1
Die Übergangsregelung des § 79 stellt sicher, dass eine Rückabwicklung von Fällen, in denen bereits eine Auszahlung an die Leistungsberechtigten erfolgte, ausgeschlossen ist und der Erstattungsanspruch des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende entfällt. Die Träger der Rentenversicherung sind nach Auswertung der BSG-Urteile vom 31. Oktober 2012 ab Sommer 2013 überwiegend dazu übergegangen, keine Erstattungsansprüche der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu berücksichtigen. Statt dessen erfolgte die rückwirkende Auszahlung an die Leistungsberechtigten.
Die Regelung betrifft nur Fälle, in denen Sozialleistungsträger ab der Entscheidung des BSG vom 31. Oktober 2012 davon ausgegangen sind, dass keine Erstattungsansprüche mehr nach dem SGB X bestehen. Zuvor wurden Ansprüche der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende von den Trägern der Rentenversicherung nach dem SGB X erstattet. Durch die Regelung werden mögliche Gerichtsverfahren mit unklarem Prozessausgang vermieden. Fälle, in denen bereits eine Auszahlung an die Leistungsberechtigten erfolgt ist, sind durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht wieder aufzunehmen.
Zu Absatz 2
Die Übergangsregelung stellt sicher, dass bisherige Zuweisungen von Tätigkeiten in den gemeinsamen Einrichtungen bis Ende des Jahres 2015 auch noch nach dem bisherigen Recht fortgelten und vorgenommen werden können. Hierdurch wird der Verwaltungsaufwand minimiert, da von den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Verlängerung der Ende 2015 auslaufenden gesetzlichen Erstzuweisung (Satz 1) schrittweise im gesamten Jahr 2015 vorgenommen werden kann. Spätere Zuweisungen (Satz 2) bestehen unverändert fort.
Zu Artikel 42 (Inkrafttreten; Außerkrafttreten)
Zu Absatz 1
Die Vorschrift regelt das grundsätzliche Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2015.
Zu Absatz 2
Die Vorschrift tritt bezüglich § 40a SGB II mit Wirkung vom 1. Januar 2009 in Kraft. Der Anknüpfungszeitpunkt berücksichtigt insbesondere, dass für Zeiträume vor dem 1. Januar 2009 wechselseitige Ansprüche der Beteiligten (beispielsweise leistungsberechtigter Personen, der Rentenversicherungsträger) in der Regel verjährt sind. Bis Sommer 2013 wurden von den Jobcentern angemeldete Erstattungsansprüche durch die Rentenversicherungsträger berücksichtigt. Seit Sommer 2013 wurden in Auswertung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 31. Oktober 2012 angemeldete Erstattungsanträge der Jobcenter durch die Träger der Rentenversicherung nicht mehr berücksichtigt.
Die Änderungen haben überwiegend klarstellenden Charakter. Ein Vertrauen der Leistungsbezieher auf eine andere Rechtslage ist insoweit nicht schutzwürdig, weil die Leistungsberechtigten von Vornherein haben erkennen können, dass kein Anspruch auf doppelte Leistungen für denselben Zeitraum bestehen kann. Schutzwürdiges Vertrauen kann insoweit nicht entstanden sein.
Doppelleistungen der Sozialleistungsträger an die Leistungsberechtigten waren zudem vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt und sind sachlich ungerechtfertigt. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als steuerfinanzierte Leistungen nur bei Vorliegen der entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen besteht. Hierzu gehören als grundlegende Voraussetzung die Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit des Leistungsberechtigten. Bei rückwirkender Gewährung einer Erwerbsminderungsrente fehlt es sowohl an der erstgenannten Voraussetzung und in Höhe der rückwirkend erbrachten Leistung hätte auch keine Hilfebedürftigkeit vorgelegen, wenn der zuständige Sozialleistungsträger seine Leistung rechtzeitig erbracht hätte.
Zu Absatz 3
§ 79 SGB II tritt am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft.
Zu Absatz 3
§ 79 Absatz 2 Satz 1 SGB II tritt zum 1. Januar 2016 außer Kraft.
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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKRG: NKR-Nr. 2823:
Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung personalrechtlicher Bestimmungen und weiterer Vorschriften im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitsuchende
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Gesetzes geprüft.
I. Zusammenfassung
Bürgerinnen und Bürger | |
Erfüllungsaufwand: | Keine Änderung |
Wirtschaft | |
Erfüllungsaufwand: | Keine Änderung |
Verwaltung | |
Jährlicher Erfüllungsaufwand: | 1,2 Mio. Euro |
Der Nationale Normenkontrollrat macht im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellungen der Gesetzesfolgen im vorliegenden Regelungsvorhaben geltend. |
II. Im Einzelnen
Mit dem Regelungsentwurf soll die Zuweisung von Personal in gemeinsam von Arbeitsagentur und Kommune getragene Jobcenter (sog. gemeinsame Einrichtungen) verstetigt werden. Darüber hinaus soll Rechtsklarheit hergestellt werden bzgl. der Frage, wann Erstattungsansprüche der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber den Rentenversicherungsträgern bestehen.
Das Vorhaben hat keine Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft.
Für die Verwaltung entsteht Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 1,2 Mio. Euro pro Jahr. Dieser fällt bei der Deutschen Rentenversicherung und den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch eine Ergänzung von Verfahrensregelungen im Hinblick auf Erstattungsansprüche an. Das Ressort legt der Schätzung rund 38 Tsd. zusätzliche Erstattungsverfahren mit einer jeweiligen Bearbeitungsdauer von einer halben Stunde zugrunde.
Der NKR macht im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellungen der Gesetzesfolgen im vorliegenden Regelungsvorhaben geltend.
Catenhusen Dr. Dückert
Stv. Vorsitzender Berichterstatterin