Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Hinweis: vgl.
Drucksache 515/13 (PDF) = AE-Nr. 130519,
Drucksache 015/15 (PDF) = AE-Nr. 150020 und AE-Nr. 131119
Brüssel, den 16.3.2016 COM (2016) 155 final
1. Die Europäische STAHLINDUSTRIE und IHRE Grössten Herausforderungen
Eine solide industrielle Basis ist eine wichtige Voraussetzung für Wirtschaftswachstum in Europa, die Erhaltung dauerhafter Arbeitsplätze und unsere Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt.
Eine starke Stahlindustrie bietet die Grundlage für viele industrielle Wertschöpfungsketten. Die Branche verzeichnet in Europa einen jährlichen Umsatz1 von 166 Mrd. EUR und macht 1,3 % des BIP der EU aus. Im Jahr 2015 bot sie 328 000 direkte und eine noch größere Zahl indirekter Arbeitsplätze. Die europäische Stahlindustrie hat moderne, energie- und CO₂ effiziente Anlagen, produziert Produkte mit hoher Wertschöpfung oder Nischenprodukte für den Weltmarkt und kann sich auf ein hervorragendes FuE-Netz stützen. Die Europäische Union ist mit einer durchschnittlichen Produktion von 170 Mio. Tonnen Rohstahl pro Jahr der zweitgrößte Stahlproduzent nach China, und die europäische Stahlindustrie ist in diesem technologisch hochspezialisierten Marktsegment nach wie vor weltweit führend.
Trotz des großen Potenzials hat sich die Wettbewerbsposition Europas auf dem weltweiten Stahlmarkt in den letzten Jahren verschlechtert. Während die weltweite Nachfrage nach der Wirtschafts- und Finanzkrise zunächst weiter lebhaft blieb, schlug sich seit 2014 der Konjunkturabschwung in China und anderen aufstrebenden Volkswirtschaften negativ auf die weltweite Stahlnachfrage nieder. Darüber hinaus sind die Kapazitätsreserven in bestimmten Drittländern, insbesondere China, rasant angestiegen. Allein in China wird die Überkapazität auf rund 350 Mio. Tonnen2, d.h. auf fast das Doppelte des jährlichen Produktionsvolumens der Union, geschätzt.
Die Überproduktion führte weltweit zu einem dramatischen Anstieg der Exporte, destabilisiert die globalen Stahlmärkte und lastet auf den Stahlpreisen. Die Stahleinfuhren der EU aus China nehmen seit drei Jahren stark zu. Bei bestimmten Stahlerzeugnissen sind die Marktpreise aufgrund des starken Volumenanstiegs um bis zu 40 % eingebrochen. Einige Drittländer haben darauf mit Handelsbeschränkungen und anderen Formen von Handelshemmnissen reagiert. Außerdem hat die Überkapazität eine beispiellose Welle unlauterer Handelspraktiken ausgelöst, die eine Verzerrung der weltweiten Wettbewerbsbedingungen bewirken und dazu führen, dass die europäischen Produzenten und ihre Arbeitnehmer durch die weltweiten Überkapazitäten unverhältnismäßig stärker belastet werden. Allein im Jahr 2015 und Anfang 2016 sah sich die Kommission verursacht, zehn neue Untersuchungen wegen unfairer Handelspraktiken in der Stahlindustrie in die Wege zu leiten.
Diese Umstände kommen zu einer Reihe weiterer langfristiger Herausforderungen erschwerend hinzu und erfordern eine energische Reaktion auf europäischer Ebene, um die Stahlbranche bei ihren Bemühungen um Anpassung, Innovation und die Nutzung des Potenzials, das sie in Bezug auf Qualität, modernste Technologie und hochqualifizierte Arbeitskräfte hat, zu unterstützen. Dies erfordert umfassende Anstrengungen der Industrie, der Mitgliedstaaten und der EU-Organe.
2. Herausforderungen ANNEHMEN
Angesichts der aktuellen Entwicklungen müssen wir sowohl kurz- als auch langfristig handeln. Über die bereits ergriffenen Maßnahmen hinaus sind weitere, verstärkte gemeinsame Anstrengungen notwendig, um auf die Herausforderungen angemessene Antworten zu finden, die der Dringlichkeit der Situation besser gerecht werden. Die auf europäischer und nationaler Ebene zur Verfügung stehenden Instrumente müssen optimal eingesetzt werden, um die Branche zu entlasten und sie bei ihrer Modernisierung zu begleiten.
Die Lage der europäischen Stahlindustrie hat für die Kommission höchste Priorität. Sie hat deshalb im Februar 2016 eine hochrangige Konferenz über energieintensive Industrien veranstaltet, um eine Bestandsaufnahme der im aktuellen Kontext ergriffenen Maßnahmen, einschließlich der Umsetzung des Aktionsplans für die Stahlindustrie aus dem Jahr 20133, vorzunehmen. Das Thema war Gegenstand des Rates "Wettbewerbsfähigkeit" im November 2015 und Februar 2016 sowie der Entschließung des Europäischen Parlaments zur "Entwicklung einer nachhaltigen europäischen Industrie der unedlen Metalle"4 vom Dezember 2015. Die hochrangige Gruppe für energieintensive Industrien bietet ein Forum für Gespräche zwischen allen relevanten Interessenträgern.
Die Kommission ergreift und stärkt bestehende Maßnahmen, die die Branche unmittelbar entlasten und dazu beitragen, wieder gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen. Allerdings sind gemeinsame Anstrengungen nötig, um auf dem beschrittenen Weg weiter voranzukommen. Kurzfristige Maßnahmen werden alleine nicht ausreichen, um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und die Nachhaltigkeit energieintensiver Branchen wie der Stahlindustrie zu gewährleisten. Ihre Zukunft hängt letztlich davon ab, wie gut sie die Herausforderungen der Modernisierung und der Innovation meistern. Die bisherigen Anstrengungen haben sich gelohnt und die Stahlindustrie der EU dynamischer, innovativer und stärker kundenorientiert gemacht. Diese Bemühungen müssen wir unterstützen und stärken, damit wir den Herausforderungen unserer Zeit erfolgreich begegnen können.
Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten können der Stahlindustrie und anderen energieintensiven Branchen helfen, indem sie Investitionen fördern und günstige Rahmenbedingungen für die Unternehmen schaffen. Die Kommission unterstützt dieses Ziel durch das starke Gewicht, das sie auf die Bereiche Beschäftigung und Wachstum legt, und durch strategische Initiativen wie die Investitionsoffensive für Europa und die Kapitalmarktunion, die Binnenmarktstrategie, die Strategie für einen digitalen Binnenmarkt, die Energieunion und die Kreislaufwirtschaft. Darüber hinaus steht eine ganz Reihe europäischer Finanzierungsinstrumente zur Verfügung, um einen Beitrag zu den erforderlichen Reformen und zur Überwindung möglicher Probleme bei der unvermeidbaren Umstellung der Industrie der unedlen Metalle zu leisten. Diese sollten in vollem Umfang und in beschleunigtem Rhythmus genutzt werden.
A. eine wirksame und VERANTWORTUNGSVOLLE HANDELSPOLITIK Unlautere Handelspraktiken gemeinsam abwehren
Die Kommission erlässt eine Rekordzahl von Maßnahmen zum Schutz des Handels, um den schädigenden Auswirkungen des Dumpings auf die europäische Stahlindustrie entgegenzuwirken. Wirksamkeit und Effizienz unserer Maßnahmen können jedoch erheblich gesteigert, beschleunigt und weiter verbessert werden, wenn die Mitgliedstaaten die Bemühungen der Kommission unterstützen.
Aktuelle Anstrengungen zum besseren Schutz des Handels
Insgesamt wurden 37 handelspolitische Schutzmaßnahmen für Stahlerzeugnisse ergriffen, 16 davon betreffen Einfuhren aus China. Der Rhythmus der verabschiedeten Maßnahmen hat sich mit fünf Maßnahmen im Jahr 2014 und sieben im Jahr 2015 beschleunigt. Die Kommission mobilisiert zusätzliche Instrumente und leitet nun z.B. Untersuchungen bei drohenden Schäden ein. Sie sorgt zudem dafür, dass die Branche schon deutlich vor Anordnung vorläufiger Maßnahmen tatsächlich entlastet wird.
Zu diesem Zweck werden Einfuhren registriert, ehe vorläufige Maßnahmen verabschiedet werden. Auf dieser Grundlage kann die Kommission - vorbehaltlich der Erfüllung der rechtlichen Voraussetzungen - endgültige Antidumpingzölle rückwirkend drei Monate vor Verabschiedung vorläufiger Maßnahmen anwenden.
Zusätzliche Anstrengungen zur Beschleunigung des Verfahrens
Die Kommission wird verfügbare Spielräume umgehend nutzen, um die Annahme vorläufiger Maßnahmen weiter zu beschleunigen. So besteht beispielsweise bei der derzeitigen Praxis, die Mitgliedstaaten vor Annahme vorläufiger Maßnahmen im Ausschuss zu konsultieren, durchaus die Möglichkeit, häufiger auf schriftliche Konsultationen zurückzugreifen. In besonders dringenden Fällen können vorläufige Maßnahmen auch nach einfacher Unterrichtung der Mitgliedstaaten auferlegt werden. Die Kommission wird ihre Geschäftsordnung weiter optimieren, Anträge auf Fristverlängerung für die Beantwortung von Fragebogen strenger bewerten und Anhörungen, soweit möglich, durch Zusammenlegung straffen. Dadurch könnte das Gesamtverfahren um mindestens einen Monat beschleunigt werden.
Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente
- - Zur weiteren Verbesserung der Wirksamkeit und Effizienz der EU-Maßnahmen müssen unsere handelspolitischen Schutzinstrumente modernisiert werden. Die Kommission hat vor drei Jahren bereits ein umfassendes Paket mit einschlägigen Maßnahmen vorgelegt5. Das Europäische Parlament hat seinen Bericht in erster Lesung angenommen, weitere Fortschritte im Rat wurden bisher jedoch von den Mitgliedstaaten verhindert. Es ist nun höchste Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen und das Modernisierungspaket zügig zu verabschieden. - Die jüngste Erfahrung zeigt zudem, dass unter Berücksichtigung der interinstitutionellen Gespräche und der neuesten Entwicklungen weitere Reformen in Betracht gezogen werden müssen: so sollten beispielsweise die Gründe für die Aufhebung der Regel des niedrigeren Zolls auch für den Stahlsektor und generell in Situationen gelten, in denen auf dem Markt des Ausfuhrlandes Verzerrungen festgestellt werden. Darüber hinaus könnte es zweckmäßig sein, bei der Berechnung der Schadensspanne die Zielgewinnspanne besser zu definieren, um sicherzustellen, dass Schäden angemessen beseitigt werden.
- - Weitere Schritte, die eine Änderung der Grundverordnungen erfordern, sind möglich und sollten getan werden6. So wären etwa einige vorläufige Fristen - etwa für Stichproben der interessierten Parteien oder die Reaktion der Parteien auf die Bekanntmachung der wesentlichen Tatsachen und Schlussfolgerungen - anzupassen. Außerdem sollte der Prozess der Konsultierung der Mitgliedstaaten deutlich gestrafft werden. Dadurch könnte das Gesamtverfahren um bis zu zwei Monate beschleunigt werden7.
- - Die Kommission fordert die Mitgesetzgeber dringend zur Zusammenarbeit auf und ist bereit, die oben genannten Vorschläge für zusätzliche Reformen zügig vorzulegen.
Angesichts der aktuellen Lage und der großen Bedeutung des Themas wird die Kommission ein System der vorherigen Überwachung für Stahlerzeugnisse vorschlagen. Maßnahmen der vorherigen Überwachung sind im Rahmen der EU-Schutzmaßnahmen vorgesehen und stützen sich auf ein automatisches Einfuhrlizenzverfahren. Sie können eingeführt werden, sobald Einfuhrtrends eine Schädigung von Produzenten der Union zu verursachen drohen.
Die Interessenträger können sich bei der laufenden öffentlichen Konsultation zu verschiedenen Aspekten des handelspolitischen Schutzsystems der EU äußern: In Anbetracht des bevorstehenden Außerkrafttretens bestimmter Vorschriften des Protokolls über den Beitritt Chinas zur WTO prüft die Kommission derzeit, ob und, falls ja, in welcher Form die EU China in Antidumping-Untersuchungen nach Dezember 2016 anders behandeln sollte. Ehe die Kommission zu dieser Frage Stellung bezieht, wird sie eine gründliche Folgenabschätzung vornehmen und die Interessenträger befragen. In der Folgenabschätzung wird sorgfältig analysiert, welche wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen eine veränderte Behandlung Chinas haben könnte, wobei der Schwerpunkt auf Fragen der Beschäftigung gelegt und Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten Rechnung getragen wird. Bei der im Februar 2016 eingeleiteten öffentlichen Konsultation werden die Interessenträger um Stellungnahme zu den von der Kommission ermittelten Optionen ersucht. Für die Kommission liegt es auf der Hand, dass jede Entscheidung in diesem Bereich mit deutlichen Übergangsfristen und wesentlichen abmildernden Maßnahmen einhergehen muss.
Bekämpfung der Ursachen der weltweiten Überkapazitäten
Über die Maßnahmen zur Abmilderung der Auswirkungen der weltweiten Überkapazitäten hinaus arbeitet die Kommission mit den wichtigsten Partnern an der Bekämpfung der Ursachen für die Probleme. Ein globales Problem bedarf einer globalen Lösung.
Um wieder weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen herzustellen, arbeitet die Kommission gemeinsam mit den wichtigsten Partnern in verschiedenen Foren:
- - Auf bilateraler Ebene hat sich die Kommission mit China, Japan, Indien, Russland, der Türkei und den Vereinigten Staaten in der Kontaktgruppe für Kohle und Stahl getroffen. Am 8. und 10. März 2016 fanden sich Japan und China zu solchen Treffen ein. Die Kommission hat Fragen der Überkapazität bei diesen Gelegenheiten konkret angesprochen. Sie wird ihre Treffen mit einigen unserer wichtigsten Partner im Stahlhandel, insbesondere mit China, intensivieren und häufiger stattfinden lassen.
- - Auf multilateraler Ebene spielt die Kommission eine aktive Rolle im OECD-Stahl-Ausschuss. Nachdem die EU und gleichgesinnte Länder auf der letzten Sitzung Befürchtungen bezüglich der Überkapazitäten, die insbesondere in China bestehen, geäußert hatten, wird der Ausschuss ein hochrangig besetztes Symposium veranstalten, um über einen Abbau der Überkapazitäten durch strukturelle Anpassung zu sprechen.
- - Im Rahmen der WTO wird die EU China daran erinnern, seinen WTO-Verpflichtungen in Bezug auf Transparenz und die Mitteilung von Subventionen nachzukommen. Sie wird diese Frage auch bei der Peer-Überprüfung der chinesischen Handelspolitik durch die WTO im Juni 2016 ansprechen. Die Kommission prüft derzeit die Subventionsregelungen Chinas, einschließlich der Regelungen für die Stahlindustrie. Sie wird alle ihr zu Gebote stehenden, geeigneten Mittel einsetzen und den Abbau der Überkapazitäten auch innerhalb der G20 thematisieren.
- - Die Kommission ermutigt Drittländer zu geeigneten politischen Maßnahmen, die dem aktuellen Bedarf des Marktes Rechnung tragen. Sie verhandelt im Rahmen von Freihandelsabkommen über Vorschriften für das Verhalten von staatlichen Unternehmen und für Subventionen und prüft in der WTO sorgfältig die Anmeldung von Beihilfen. Die Kommission strebt auch in den Verhandlungen über das Investitionsabkommen mit China nach einer strengen Regelung für Subventionen und staatliche Unternehmen. Die angestrebte Aufnahme eines Kapitels über Energie und Rohstoffe in jedes Handelsabkommen ist für die Stahlindustrie und andere energieintensive Industriezweige von besonderem Interesse.
B. jetzt in eine MODERNERE, Nachhaltige STAHLINDUSTRIE INVESTIEREN
Investitionen in künftige Lösungen und Technologien für eine wettbewerbsfähigere Industrie
Der Stahlsektor steht vor längerfristigen Herausforderungen, die fortgesetzte Investitionen in bahnbrechende Technologien erforderlich machen. Mehrere EU-Fonds unterstützen die Stahlindustrie aktiv bei ihrer Modernisierung, indem sie Investitionen erleichtern und die Entwicklung und den Einsatz von Innovationen fördern. Diese Möglichkeiten sollten in vollem Umfang genutzt werden.
Die Kommission arbeitet darauf hin, dass die bestehenden Finanzierungsmöglichkeiten die Industrie wirksam in ihren Modernisierungsbemühungen unterstützen.
- - Der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI)8 deckt die mit innovativen Projekten verbundenen höheren Finanzierungsrisiken und trägt so dazu bei, auch dem Stahlsektor zu Innovationen zu verhelfen. Der EFSI bietet eine flexible Unterstützung konkreter Projekte, indem er Marktversagen oder suboptimale Investitionsbedingungen ausgleicht. Die Projektträger werden im Investitionsprozess auch von der europäischen Plattform für Investitionsberatung unterstützt, damit die Projekte verbessert und für Finanzierungen attraktiv gemacht werden können. Zudem können die Geschäftsvorhaben auf einem europäischen Investitionsvorhabenportal größere Sichtbarkeit für Investoren erlangen. Ein erstes EIB-Darlehen im Rahmen des EFSI in Höhe von 100 Mio. EUR hilft bereits einem mittelständischen italienischen Stahlerzeuger, weitere Investoren zu gewinnen. Die Investition von insgesamt voraussichtlich 227 Mio. EUR soll das Unternehmen in die Lage versetzen, seine Erzeugnisse, Prozesse und Umweltwerte zu optimieren und zu modernisieren und auf seinem Gebiet weiterhin eine führende Rolle zu spielen. Auch andere Stahlerzeuger haben bereits Kontakt zur europäischen Plattform für Investitionsberatung aufgenommen. Weitere Unternehmen können diese neuen Instrumente sofort nutzen. - Die vom EFSI gebotenen Möglichkeiten und andere EU-Fonds wie Horizont 2020 und die Strukturfonds ergänzen einander und können und sollten optimal kombiniert werden. Aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) werden insgesamt 44 Mrd. EUR für die Prioritäten bereitgestellt, die in den regionalen Forschungs- und Innovationsstrategien für eine intelligente Spezialisierung festgelegt s i.d.R. gionen in der Tschechischen Republik, der Slowakei, Spanien, Finnland und Schweden haben Unterstützung für die Modernisierung ihrer Stahlindustrie zu einer ihrer Prioritäten erklärt. Die Zusammenarbeit zwischen Regionen mit Prioritäten im Stahlbereich bietet Gelegenheit zu einem Austausch über die Erfahrungen, die mit bestimmten Strategien und neuen Technologien gemacht wurden. Der von der Kommission im Oktober 2015 beschlossene Integrierte Strategieplan für Energietechnologie hilft dabei, die bestehenden Förderprogramme für Forschung und Innovation sowie die politischen Maßnahmen im Bereich der Energieeffizienz etwa durch eine geschicktere Nutzung von finanzieller Unterstützung und Regulierungsmaßnahmen zusammenzuführen.
- - Horizont 2020 und die ESIF unterstützen die Stahlindustrie, gemeinsam mit Forschungsinstituten und anderen Interessenträgern, bei der Entwicklung von Grundlagentechnologien für die Ressourcen- und Energieeffizienz auf allen Stufen der Wertschöpfungskette. Die Modernisierung im Stahlsektor wird auch vom Forschungsfonds für Kohle und Stahl mit mehr als 50 Mio. EUR jährlich gefördert. Das Projekt für extrem niedrige CO₂-Emissionen in der Stahlerzeugung (Ultra-Low Carbon Dioxide Steelmaking - ULCOS) und seine Folgeprojekte sowie die im Rahmen der öffentlichprivaten Partnerschaft SPIRE9 finanzierten Projekte sind in diesem Zusammenhang gute Beispiele.
- - Über die Europäische Innovationspartnerschaft für Rohstoffe arbeitet die Industrie mit den relevanten Akteuren auf EU-, nationaler und regionaler Ebene zusammen, um Innovationen zu beschleunigen, die eine sichere, nachhaltige Versorgung mit Primär- und Sekundärrohstoffen gewährleisten.
In die Menschen investieren
Bei der Modernisierung der europäischen Stahlindustrie geht es darum, in die Menschen zu investieren und mehr Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen.
Als soziale Marktwirtschaft kann und will Europa nicht auf der Grundlage niedriger Löhne oder schlechterer Arbeitsbedingungen und sozialer Standards konkurrieren. Europa muss sich dem Wettbewerb auf der Basis von Innovation, Spitzentechnologie sowie einer hochwertigen und effizienten Produktion stellen. Hierfür werden Menschen mit hervorragenden Kompetenzen benötigt. Aufbau, Betrieb und Erhalt einer modernen, wettbewerbsfähigen Stahlindustrie sind nur mit ausgebildeten Arbeitskräften möglich. Das industrielle Knowhow und qualifizierte Arbeitskräfte, insbesondere junge Arbeitnehmer, sind ein wichtiger Aktivposten der Metallbranche der EU. Die Notwendigkeit, in Humanressourcen zu investieren, steht daher im Mittelpunkt der geplanten Agenda für neue Kompetenzen, die einem breiten Spektrum von Wirtschaftszweigen zugutekommen wird, auch der Stahlindustrie.
Strukturwandel kann unter Umständen zum Verlust von Arbeitsplätzen führen. Für die betroffenen Arbeitnehmer, ihre Familien und die Regionen, in denen sie leben, hat dies schwerwiegende soziale Folgen. Bei Entlassungen in größerem Umfang kann der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) bis zu 60 % der Gesamtkosten aktiver Arbeitsmarktmaßnahmen kofinanzieren, mit denen Arbeitnehmer bei der Suche nach einer neuen Beschäftigung geholfen wird. Im Gesamtbereich Metallerzeugung und -bearbeitung ist bereits EGF-Hilfe für rund 5000 Arbeitnehmer vorgesehen, und die Mitgliedstaaten können für diesen Bereich weitere Hilfe beantragen.
Im Falle größerer Standortverlagerungen ist es wichtig, den betroffenen Arbeitnehmern und der Wirtschaft vor Ort beizustehen. Die EU hat daher Instrumente entwickelt, um die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitsnehmer zu fördern und die negativen sozialen Folgen der Umstrukturierung abzufedern. Der Qualitätsrahmen der EU für die Antizipation von Veränderungen und Umstrukturierungen10 kann dazu beitragen, Unternehmen, Arbeitnehmer und ihre Vertreter, die Sozialpartner sowie nationale und regionale Behörden an einen Tisch zu bringen, um ein faires und sozial verantwortungsvolles Management von Veränderungen und Umstrukturierungen zu erreichen. Die Kommission wird die Sozialpartner über die zuständigen Ausschüsse für den europäischen sozialen Dialog an der Gestaltung und Umsetzung der notwendigen Maßnahmen beteiligen, z.B. an der Erfassung der Arbeitsplatzanforderungen und des Qualifikationsbedarfs oder der Förderung interner und externer Mobilität.
Auch die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer auf Unternehmensebene und, wenn es um länderübergreifende Fragen geht, auf europäischer Ebene sind von entscheidender Bedeutung für die Lösung von Problemen, die Entschärfung von Konflikten und die Entwicklung bewährter Verfahren für die Antizipation von Veränderungen und eine angemessene Vorbereitung und Bewältigung von Umstrukturierungen. Deshalb ist es wichtig, dass die Mitgliedstaaten und die betroffenen Interessenträger die von der EU bereitgestellten Instrumente11 in vollem Umfang umsetzen und nutzen, um die Herausforderungen, vor denen die Stahlindustrie steht, angehen zu können.
Die EU ist ferner bereit, die breiter angelegten Bemühungen der Mitgliedstaaten um eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu unterstützen, die darauf abzielt, Arbeitslosen die Kompetenzen und Qualifikationen zu vermitteln, die sie für eine Rückkehr auf den Arbeitsmarkt benötigen. 2015 hat die Kommission einen Vorschlag für die Verbesserung der Unterstützung von Langzeitarbeitslosen und für einen wirksameren Einsatz der aktiven Arbeitsmarktpolitik vorgelegt. Der Europäische Sozialfonds (ESF) hat 27 Mrd. EUR für Maßnahmen im Bereich Bildung, Ausbildung und lebenslanges Lernen bereitgestellt. Bis 2023 werden diese ESFMittel voraussichtlich mehr als 10 Millionen Arbeitslosen zugutekommen, rund 2,9 Millionen Menschen werden dank einer ESF-Maßnahme eine Qualifizierung erlangen. Die von Umstrukturierungen betroffenen Arbeitnehmer dürften für eine Teilnahme an Berufsbildungs, Umschulungs- und Weiterqualifizierungsmaßnahmen im Rahmen der regionalen und nationalen operationellen Programme des ESF Frage kommen. Darüber hinaus können Investitionen in Kompetenzen aus dem EFSI gefördert werden.
Eine moderne Wettbewerbspolitik für einen starken europäischen Stahlsektor
Der Wettbewerbspolitik kommt bei der Förderung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Stahlerzeuger große Bedeutung zu. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, den modernisierten EU-Rahmen für staatliche Beihilfen optimal zu nutzen und von der darin gebotenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Unterstützung den nationalen Gegebenheiten, Prioritäten und Zwänge anzupassen.
Um auf internationaler Ebene gleiche Wettbewerbsbedingungen für europäische Erzeuger zu gewährleisten, handelt die Kommission sowohl multilateral (in der OECD und der WTO) als auch bilateral (im Rahmen der Freihandelsabkommen). Ihre Ziele sind eine größere Transparenz bei allen Subventionen, ein Konsultationsmechanismus sowie Regelungen, mit denen unbeschränkte Garantien und Umstrukturierungsbeihilfen für unrentable Unternehmen - die den Wettbewerb am stärksten verfälschenden Subventionen - verboten werden. Die Unterstützung des Europäischen Parlaments und des Rates für dieses Konzept ist von entscheidender Bedeutung.
Die EU-Beihilfevorschriften verhindern einen Subventionswettlauf im Binnenmarkt und fördern Fairness gegenüber effizienten Erzeugern, die aus eigener Kraft umstrukturieren. Die Beihilfevorschriften sind grundlegend modernisiert worden. Sie ermöglichen eine Förderung der Wettbewerbsfähigkeit effizienter und produktiver Stahlerzeuger auf den Weltmärkten. Die Mitgliedstaaten sollten diesen neuen Rahmen optimal nutzen, um die Stahlindustrie zu unterstützen. Insbesondere
- - könnten grenzüberschreitende Forschungs- oder Technologieprojekte der Industrie als wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (Important Project of Common European Interest - IPCEI) stärker unterstützt werden; - ist nach den Vorschriften für staatliche FuEuI-Beihilfen eine öffentliche Förderung möglich, die energieintensiven Unternehmen einen Anreiz bietet, innovative Lösungen wie zum Beispiel Technologien für die CO₂-Abscheidung und -Nutzung (Carbon Capture and Use - CCU) zu entwickeln und den Abstand zu den Handelspartnern bei den privaten Ausgaben für Investitionen zu verringern. Einige dieser Maßnahmen müssen nicht bei der Kommission angemeldet werden. Die Kommission ist bereit, den nationalen Behörden bei der raschen Ermittlung entsprechender Fördermaßnahmen zu helfen;
- - werden die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Energiekosten energieintensiver Branchen aufgefordert, einen Ausgleich für die indirekten Finanzierungskosten von Förderregelungen für erneuerbare Energien zu gewähren.
Nach den Leitlinien zum Emissionshandelssystem (Emission Trading System - ETS) können die Mitgliedstaaten unter bestimmten Voraussetzungen die höheren Stromkosten ausgleichen, die einigen energieintensiven Branchen infolge der ETS-Vorschriften für Stromerzeuger entstehen (indirekte ETS-Kosten). Im Vorschlag der Kommission für die ETS-Reform werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Die Kommission ist auch bereit, einzelnen Unternehmen auf Anfrage umgehend zusätzliche Orientierungshilfen zur wettbewerbsrechtlichen Würdigung langfristiger Energieversorgungsverträge zu geben.
C. Herausforderungen in den Bereichen RESSOURCEN und Klima in Chancen VERWANDELN
Wettbewerbsfähigere Energiepreise in den EU-Mitgliedstaaten
Verstärkte Anstrengungen zur Förderung der Energieeffizienz und wettbewerbsfähiger Energiepreise sind für wettbewerbsfähige und nachhaltige energieintensive Branchen von zentraler Bedeutung.
Angesichts des jüngsten Rückgangs der Energiepreise dürfte nun ein geringerer Teil der Produktionskosten auf Energiekosten entfallen. Die Großhandelspreise für Energie, die Vergleichsgröße für die von den energieintensiven Branchen gezahlten Energiepreise, befinden sich zurzeit auf einem historischen Tiefstand, der mit dem niedrigsten Niveau vergleichbar ist, das in den letzten zehn Jahren oder nach der Wirtschaftskrise erreicht wurde.12 Sie sind aber innerhalb Europas weiterhin sehr unterschiedlich, was häufig auf Steuern und andere Abgaben zurückzuführen ist, die in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Bei den Energiepreisen bestehen nach wie vor erhebliche Unterschiede gegenüber den Handelspartnern, die sich jedoch in den letzten Monaten günstig entwickelt haben, vor allem in Bezug auf die USA. Es ist eine Konvergenz der internationalen Energiepreise festzustellen, die Preisunterschiede scheinen auf das Vorkrisenniveau zurückzugehen.13
Die Energiepreise schwanken jedoch sehr stark und könnten auch wieder steigen. Um sie einzudämmen, muss Europa, unter anderem durch Anreize für eine höhere Energieeffizienz seiner Wirtschaft, den Energieverbrauch eindämmen und das Potenzial des Binnenmarkts und der regionalen Zusammenarbeit nutzen, um wettbewerbsfähige Energiepreise zu fördern. Zur Unterstützung dieser Ziele wird die Kommission in Kürze mehrere Maßnahmen im Rahmen der Energieunion vorschlagen, z.B. in den Bereichen Neugestaltung des Strommarkts, Steuerung, erneuerbare Energie und Energieeffizienz. Der Bericht über Energiepreise und kosten, den die Kommission im Sommer 2016 vorlegen will, wird auch die Vorhersehbarkeit der Strompreise im Zeitraum hoher Kapitalinvestitionen der energieintensiven Branchen in energie- und CO₂-effiziente Technologien behandeln und darüber hinaus zu mehr Transparenz und einem besseren Verständnis der Energiekosten beitragen. Die Energieeffizienz wird durch verschiedene von der EU bereitgestellte Finanzierungsmöglichkeiten wie EFSI- und ESIF-Mittel unterstützt. So fördern die ESIF die Energieeffizienz, umweltfreundliche Produktionsverfahren und die Ressourceneffizienz der EU-Industrie mit insgesamt 5,7 Mrd. EUR im Zeitraum 2014-2020.
Innovation kann dem Stahlsektor helfen, wettbewerbsfähig zu bleiben und sich den neuen Gegebenheiten des Klimawandels anzupassen.
Geringere Kosten der CO₂-Emissionen infolge einer weniger ehrgeizigen Klimapolitik verschaffen einer Reihe von Erzeugern aus Drittstaaten nach wie vor einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren europäischen Konkurrenten. Zwar wurde mit dem Pariser Übereinkommen eine Wende eingeleitet und Investoren, Unternehmen und politischen Entscheidungsträgern die klare Botschaft übermittelt, dass der weltweite Übergang zu sauberer Energie endgültig sein muss, das Risiko von Wettbewerbsnachteilen bleibt jedoch bestehen. In ihrem Vorschlag für die Überarbeitung des Emissionshandelssystems14 spricht sich die Kommission daher dafür aus, die kostenfreien Zertifikate so zu verteilen, dass energieintensive Branchen wie der Stahlsektor angemessen unterstützt und die erfolgreichsten Unternehmen weiterhin belohnt werden. Die strategische Entscheidung des Europäischen Rates, die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten nach 2020 beizubehalten, und die vorgeschlagenen Bestimmungen über die Verlagerung von CO₂-Emissionen stellen zum jetzigen Zeitpunkt die ausgewogenste Lösung dar. Der Vorschlag wird zurzeit im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren verhandelt; die Kommission fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, das ordentliche Gesetzgebungsverfahren für die Annahme des reformierten Emissionshandelssystems so rasch wie möglich voranzutreiben, und wird erforderlichenfalls zusätzlichen Input liefern.
Zur Unterstützung von Investitionen in Innovationen wie etwa Technologieprojekte für die CO₂-Abscheidung und -Nutzung (CCU) wird vorgeschlagen, ab 2021 rund 400 Millionen Emissionszertifikate diesem Zweck vorzubehalten. Zusätzlich sollen weitere 50 Millionen Zertifikate, die im Zeitraum 2013-2020 nicht zugeteilt wurden (und andernfalls in die Marktstabilitätsreserve fließen würden), zurückgestellt werden, um dem Innovationsfonds die Aufnahme seiner Tätigkeit vor 2021 zu ermöglichen und Projekte zur Unterstützung der Einführung neuer bahnbrechender Technologien in der Industrie zu finanzieren.
Den Kreislauf schließen: Die Kreislaufwirtschaft
Das Recycling von Rohstoffen muss die Produktionskosten und die Umweltwirkungen verringern. Es wird neue Geschäftsfelder erschließen, die Produktentwicklung fördern und Arbeitsplätze schaffen.
Stahlschrott wird bei nahezu der Hälfte der derzeitigen Primärstahlerzeugung in der EU verwendet, die damit weltweit einen Spitzenplatz im Stahlrecycling belegt. Die Verwendung von Schrott macht die Erzeuger unabhängiger von Rohstoffeinfuhren. Da bei Recyclingstahl der größte Teil der Produktionskosten auf den Preis entfällt, den die Erzeuger für Eisenschrott zahlen, steigert ein verbesserter EU-Markt für Altmetall die Wettbewerbsfähigkeit dieser Produktion. Die Kriterien für das Enr Abfalleigenschaft von Eisen- und Stahlschrott haben seit ihrer Einführung im Jahr 2011 dazu beigetragen, die Nachfrage nach Recyclingstahl anzukurbeln.
Im Paket zur Kreislaufwirtschaft hat die Kommission vorgeschlagen, die Abfallrecyclingquoten zu erhöhen, Trennsysteme für Bau- und Abbruchabfälle zu fördern und die Funktionsweise der Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung zu verbessern. Sie wird spezielle Leitlinien zur Verwendung auf Abbruchbaustellen erarbeiten und die Verbringung von Abfällen von einem Mitgliedstaat in einen anderen erleichtern. Diese Maßnahmen dürften zu effizienteren Lieferketten führen und dazu beitragen, einen echten Binnenmarkt für Sekundärrohstoffe zu schaffen.
Darüber hinaus enthält das Paket zur Kreislaufwirtschaft mehrere Maßnahmen, die Anreize für innovative industrielle Prozesse bieten sollen. Zum Beispiel können im Rahmen der Industriesymbiose Abfälle oder Nebenprodukte aus einem Wirtschaftszweig in einem anderen Wirtschaftszweig als Vorleistungen verwendet werden und dabei gleichzeitig neue Marktchancen entstehen. Durch die Förderung dieser Prozesse wird das Paket dazu beitragen, die Ressourcen- und Energieeffizienz industrieller Prozesse zu erhöhen und die Kostenwettbewerbsfähigkeit dadurch zu steigern, dass die Verwertung von Nebenprodukten erleichtert wird, anstatt den Unternehmen hohe Entsorgungskosten aufzubürden. Ein weiteres Beispiel ist die Nutzung von Hochofengasen im Wege der Abscheidung und Nutzung von CO₂.
Aber die EU unternimmt auch wichtige Schritte zu mehr Transparenz auf den internationalen Rohstoffmärkten und den entsprechenden Derivatemärkten vor allem für kritische Rohstoffe, bei denen das Risiko eines Versorgungsengpasses hoch ist.
3. Schlussfolgerungen
Die europäische Stahlindustrie steht vor einer Reihe ernster Herausforderungen, die auf weltweite Überkapazitäten, einen dramatischen Anstieg der weltweiten Exporte und eine beispiellose Welle unlauterer Handelspraktiken zurückzuführen sind. Die Kommission ist sich dieser Herausforderungen bewusst und hat rasch und entschlossen in einer Reihe von Politikbereichen reagiert. Zwar ist es Aufgabe der Industrie selbst, sich anzupassen und innovativ zu sein, um diese Herausforderungen in nachhaltiger Weise zu bewältigen, die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten können diese Anstrengungen aber unterstützen, indem sie gleiche Wettbewerbsbedingungen erhalten, Investitionen - insbesondere in qualifizierte Arbeitskräfte - fördern und günstige Rahmenbedingungen für Unternehmen schaffen. Die strukturierte Beteiligung und regelmäßige Konsultation aller Interessenträger, auch auf lokaler Ebene, ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig.
Die Kommission geht entschlossen gegen unlautere Handelspraktiken vor, die auf die weltweiten Überkapazitäten zurückzuführen sind. Neben den derzeitigen handelspolitischen Schutzmaßnahmen, die ein Rekordniveau erreicht haben, wird sie weitere Möglichkeiten prüfen, um die Einführung solcher Maßnahmen zu beschleunigen. Das Europäische Parlament und der Rat sollten dringend den Vorschlag der Kommission zur Modernisierung der handelspolitischen Schutzinstrumente annehmen. Weitere Reformvorschläge werden folgen, um die Wirksamkeit dieser Instrumente noch zu erhöhen. Die Kommission beabsichtigt, ein System der vorherigen Überwachung für Stahlerzeugnisse einzuführen. Diese zusätzlichen Anstrengungen werden jedoch nur dann Erfolg haben, wenn sie von den Mitgliedstaaten, den anderen Organen und Einrichtungen der EU und der Industrie selbst tatkräftig unterstützt werden.
Die langfristigen Herausforderungen, vor denen der Stahlsektor steht, werden nicht von selbst verschwinden. Eine Reihe von Finanzierungsinstrumenten und gezielten Maßnahmen in Bereichen wie Handel, Innovation, Wettbewerb oder der Energieunion wird der Stahlindustrie helfen, auf der Grundlage von Innovation, Ressourceneffizienz, Modernisierung und Reformen zu konkurrieren. Alle diese von der Europäischen Union bereitgestellten Instrumente müssen optimal und rasch genutzt werden.
Schließlich geht es bei der Modernisierung der Stahlindustrie auch darum, in die Menschen zu investieren. Viele Instrumente in diesem Bereich fallen zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, die Union wird jedoch erhebliche finanzielle und sonstige Unterstützung leisten, unter anderen aus dem Europäischen Sozialfonds und - falls ein rascher Stellenabbau erforderlich werden sollte - aus dem Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung, der die Umschulung entlassener Arbeitnehmer unterstützt. Mit der geplanten Agenda für neue Kompetenzen will die Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern ein gemeinsames Bekenntnis zu Investitionen in die Menschen und ihre Kompetenzen abgeben.
Die Herausforderungen, vor denen die Stahlindustrie derzeit steht, sind ernst, können aber bewältigt werden, wenn alle Beteiligten im Geiste der loyalen Zusammenarbeit gemeinsam handeln. Die Kommission wird die Lage der Stahlindustrie weiter aufmerksam beobachten, ist erforderlichenfalls zu weiteren Maßnahmen bereit und fordert die Mitgliedstaaten auf, die gemeinsamen europäischen Bemühungen und Initiativen mit einem stärkeren Bewusstsein für die Dringlichkeit der Lage zu unterstützen. Wir dürfen keine Zeit verlieren, wenn wir in Europa dauerhafte Arbeitsplätze und nachhaltiges Wachstum erhalten wollen.
- 1. 2014.
- 2. Differenz zwischen den Kapazitätsdaten der OECD(2015) und der tatsächlichen Stahlerzeugung (World Steel Association, 2015).
- 3. COM/2013/0407.
- 4. P8_TA(2015)0460/ A8-0309/2015.
- 5. Im Gegensatz zu anderen Rechtsräumen werden bei den handelspolitischen Schutzinstrumenten der EU in wichtigen Phasen der Untersuchung die Mitgliedstaaten einbezogen. Die Kommission ist unter anderem dazu verpflichtet, eine eingehende Prüfung der Wahrung des Unionsinteresses vorzunehmen und gründliche Schadensberechnungen zur Anwendung der Regel des niedrigeren Zolls anzustellen. Nach dieser Regel entspricht der festgesetzte Antidumpingzollsatz der Höhe der Dumpingspanne bzw. der Schadensspanne, je nachdem, welche der beiden Werte niedriger ist; dies führt zu niedrigeren Zöllen. Diese Regel ist nach dem EU-Antidumpingrecht vorgeschrieben, nach den WTO-Vorschriften jedoch nur eine Empfehlung. Handelspartner in einer vergleichbaren Situation wie die EU wenden die Regel des niedrigeren Zolls nicht an.
- 6. In Einklang mit den Leitlinien der Kommission für eine bessere Rechtsetzung, SWD(2015) 111.
- 7. Mit Erreichung dieses Ziels käme die Union dem Tempo, mit dem handelspolitische Schutzmaßnahmen in anderen Rechtsräumen trotz anspruchsvoller und komplexer Rechtsrahmen auferlegt werden, deutlich näher. Dies wird jedoch nur mit aktiver Unterstützung der Mitgliedstaaten und der Branche möglich sein.
- 8. Verordnung (EU) Nr. 2015/1017 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2015 über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, die europäische Plattform für Investitionsberatung und das europäische Investitionsvorhabenportal sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1291/2013 und (EU) Nr. 1316/2013 - der Europäische Fonds für strategische Investitionen (ABl. L 169 vom 1.7.2015, S. 1).
- 9. Sustainable Process Industry through Resource and Energy Efficiency (Nachhaltige Verarbeitungsindustrie durch Ressourcen- und Energieeffizienz).
- 10. COM (2013) 882.
- 11. Richtlinie 2009/38/EG über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats oder die Schaffung eines Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen, Richtlinie 2002/14/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft, Richtlinie 2001/23/EG über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen, Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 20. Juli 1998 über Massenentlassungen.
- 12. Die Gaspreise sind nun die niedrigsten seit sechs Jahren (13 EUR/MWh). Die Strompreise sinken, nachdem sie im Jahr 2012 ihren Höchststand (66 EUR/MWh) erreicht hatten, und befinden sich jetzt auf dem niedrigsten Niveau seit zwölf Jahren (30 EUR/MWh). Auch die für die Stahlindustrie wichtigen Kohlepreise sind in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen und lagen zu Beginn des Jahres 2016 bei weniger als der Hälfte der Preise von vor fünf Jahren. Die Ölpreise schließlich haben vor kurzem den niedrigsten Stand seit 12 Jahren erreicht.
- 13. Die Gaspreise in der EU sind nun doppelt (im Januar/Februar 2016 2,1-mal) so hoch wie in den USA, nicht mehr viermal so hoch wie im Jahr 2012. Strom ist in der EU heute rund 60-70 % teurer als in den USA, nicht mehr doppelt so teuer wie im Jahr 2012. In Japan liegen die Gaspreise nun etwas über den EU-Preisen (sie belaufen sich 2016 auf das 1,1-fache dieser Preise), die Strompreise sind 1,8-mal so hoch wie in der EU.
- 14. COM (2015) 337.