Der Bundesrat hat in seiner 954. Sitzung am 10. März 2017 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob das "horizontal wirkende Datenschutzkonzept" die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in ausreichender Weise umsetzt und die Neustrukturierung des Datenverbunds bzw. der IT-Architektur den verfassungsrechtlichen Anforderungen hinreichend gerecht wird.
Begründung:
Das "horizontal wirkende Datenschutzkonzept" des Gesetzesentwurfs beruht auf einer zumindest nicht vollständig korrekten Grundlage.
Im sechsten Absatz des allgemeinen Teils der Begründung des Gesetzentwurfs (Seite 85 f.) wird die Grundlage des neuen Systems zum Schutz personenbezogener Daten erläutert. Die Rechtsprechung des BVerfG wird dabei sowohl als Grund für die Änderung als auch als Rahmen für die Änderung dargestellt. Konkret wird auf Rn. 281 des Urteils des BVerfG Bezug genommen:
"Dieses bisherige System zum Schutz der personenbezogenen Daten hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 20. April 2016 für verfassungsrechtlich nicht ausreichend erachtet und es durch ein horizontal wirkendes Datenschutzkonzept, welches durch den Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung bestimmt und geprägt ist, ersetzt. Es hat ausgeführt (BVerfG, a. a. O., Rn. 281), dass der Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung dem Umstand Rechnung trägt, "dass sich die Generierung von Wissen - nicht zuletzt auch, wenn es um das Verstehen terroristischer Strukturen geht - nicht vollständig auf die Addition von je getrennten, nach Rechtskriterien formell ein- oder ausblendbaren Einzeldaten reduzieren lässt. In den dargelegten Grenzen erkennt das die Rechtsordnung an."
Die zitierte Stelle des Urteils befasst sich jedoch allein mit der Verwendung von Spurenansätzen durch die Daten erhebende Behörde und nicht mit Zweckänderungen und der hypothetischen Datenneuerhebung (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09, juris Rn. 281 sowie auch Rn. 280). Die Ausführungen dazu beginnen im Urteil erst ab Rn. 284 bzw. Rn. 287. Die Ausführungen des BVerfG in Rn. 281 können damit nicht - wie beabsichtigt - zur Fundierung des neuen Systems herangezogen werden. Insofern wird um Überprüfung der darauf beruhenden Schlussfolgerungen gebeten. Dies bezieht sich auch auf die Neustrukturierung der IT-Architektur einschließlich der Schaffung eines Datenverbundsystems, in welchem die Dateien in einer Zentralstelle zusammengeführt werden sollen.
2. Zu Artikel 1 (§ 2 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1, Absatz 6 Nummer 5 - neu - BKAG)
In Artikel 1 ist § 2 wie folgt zu ändern:
Folgeänderungen:
In Artikel 1 ist § 2 Absatz 6 wie folgt zu ändern:
- a) In Nummer 3 ist das Wort "sowie" am Ende zu streichen.
- b) In Nummer 4 ist der Punkt am Ende durch das Wort "sowie" zu ersetzen.
Begründung:
Aus- und Fortbildungsveranstaltungen werden auf einigen Gebieten, zum Beispiel bei unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen, exklusiv beim BKA angeboten und sind für die Aufgabenwahrnehmung unverzichtbar. Aus diesem Grund ist die "Kann-Formulierung" in § 2 Absatz 5 BKAG zu unkonkret. Es bedarf vielmehr einer Aufnahme dieser Leistungen in den Katalog der verpflichtenden Aufgaben des Bundeskriminalamtes.
3. Zu Artikel 1 (§ 2 Absatz 5 Satz 2 BKAG)
In Artikel 1 § 2 Absatz 5 Satz 2 ist die Angabe "3 und" zu streichen.
Begründung:
§ 2 Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 BKAG-E ermöglicht es den Polizeien des Bundes und der Länder kriminaltechnische Untersuchungen beim Bundeskriminalamt vornehmen zu lassen. Hierdurch sollen kurzfristig auftretende Kapazitätsengpässe in den Ländern im Rahmen der Kriminaltechnik durch das Bundeskriminalamt aufgefangen werden. Das Bundeskriminalamt wird in diesem Fall eine Aufgabe übertragen, so dass es sich - anders als im Gesetzentwurf vorgesehen - nicht um Auftragsdatenverarbeitung, sondern um eine Datenübermittlung handelt.
4. Zu Artikel 1 (§ 2 Absatz 5 Satz 3 BKAG)
In Artikel 1 § 2 Absatz 5 Satz 3 ist die Angabe ", 3" zu streichen.
Begründung:
Derzeit werden vom Bundeskriminalamt keine Kosten für die Durchführung von kriminaltechnischen Untersuchungen in Rechnung gestellt - dies sollte unverändert bleiben. Andernfalls kommen auf die Länder Kosten in nicht absehbarer Höhe zu.
5. Zu Artikel 1 (§ 9 Absatz 5 BKAG)
In Artikel 1 § 9 Absatz 5 ist das Wort "sind." durch die Wörter "sind und die Übermittlung der Erfüllung der Aufgaben des Bundeskriminalamtes dient." zu ersetzen.
Begründung:
Der Gesetzentwurf zur Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes fasst in § 9 Absatz 5 BKAG-E die bisher vereinzelt geregelten Übermittlungspflichten bei besonderen Gefahrenlagen in einem Absatz zusammen. Die bisherigen Regelungen sahen vor, dass die Übermittlung für die Erfüllung der jeweils konkret bezeichneten Aufgabe des Bundeskriminalamtes erforderlich sein musste. Eine Übermittlungspflicht sollte auch weiterhin nur dann bestehen, wenn die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben des Bundeskriminalamtes erforderlich ist. Die vorgesehene Ergänzung des § 9 Absatz 5 BKAG-E gewährleistet, dass die Übermittlung nur dann erfolgt, wenn eine Zuständigkeit des Bundeskriminalamtes für die Aufgabe besteht.
6. Zu Artikel 1 (§ 14 Absatz 1 Satz 1, 2 BKAG)
- a) Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die in § 14 Absatz 1 Satz 1 BKAG-E umfassend geregelte Kennzeichnungspflicht tatsächlich zur Umsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben aus dem Urteil des BVerfG vom 20. April 2016, das sich auf Maßnahmen verdeckter Datenerhebung bezog, erforderlich ist.
- b) Zudem ist in diesem Zusammenhang zu prüfen, ob § 14 Absatz 1 Satz 2 BKAG-E dahingehend geändert werden kann, dass die Benennung der Rechtsgrundlage die Angabe des Mittels der Datenerhebung (im Sinne des § 14 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 BKAG-E) ersetzen kann.
- c) Für den Fall, dass eine nochmalige Prüfung ergeben sollte, dass die Kennzeichnung aller personenbezogenen Daten erforderlich ist und somit eine Abänderung des § 14 Absatz 1 Satz 1 BKAG nicht in Betracht kommt, ist hilfsweise die Implementierung einer Übergangsregelung für Altdaten zu prüfen.
- d) Ferner wird die Prüfung einer weiteren Übergangsphase für den Umbau der Systeme angeregt.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Die im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2016 entwickelten Grundsätze der hypothetischen Datenneuerhebung und der damit verbundenen Kennzeichnungspflicht beziehen sich dem Grunde nach auf verdeckte eingriffsintensive Maßnahmen. Der im Gesetzentwurf gewählte Ansatz scheint deutlich darüber hinauszugehen, da er in der jetzigen Fassung die Kennzeichnung aller personenbezogenen Daten verlangt. Dies würde die Sachbearbeitung in den Ländern vor schwerwiegendste Probleme stellen.
Zu Buchstabe b:
Verschärft wird dies durch § 14 Absatz 1 Satz 2 BKAG-E, der die Angabe der Rechtsgrundlage nicht als Kennzeichnung ausreichen lässt. Vielmehr kann die Rechtsgrundlage gemäß § 14 Absatz 1 Satz 2 BKAG-E die Kennzeichnung nur ergänzen.
Zu Buchstabe c:
Problematisch für die polizeiliche Praxis könnte außerdem § 14 Absatz 2 BKAG-E in der jetzigen Fassung in Bezug auf Altdaten werden, da hiernach personenbezogene Daten nicht weiterverarbeitet oder übermittelt werden dürfen, solange sie nicht entsprechend den Anforderungen aus § 14 Absatz 1 BKAG-E gekennzeichnet sind. Dies würde bedeuten, dass diese Daten zwischenzeitlich noch nicht einmal zu Abfragezwecken genutzt werden dürften. Die Gesetzesbegründung greift die dargestellte Problematik der Altdaten zwar an anderer Stelle auf. Es wird festgestellt, dass sich bei Altdaten, "die Mittel der Datenerhebung teilweise nur mit einem erheblichen Aufwand feststellen und kennzeichnen lassen." Als eine Art "Lösungsvorschlag" wird in diesem Zusammenhang Folgendes angegeben:
"Das Bundeskriminalamt und die Verbundteilnehmer treffen vor diesem Hintergrund alle angemessenen Maßnahmen, die geeignet sind, die neuen gesetzlichen Vorgaben auch auf Altdatenbestände anzuwenden, ohne die Funktionsfähigkeit der Polizei zu beeinträchtigen." Kodifiziert hingegen wurde dieser Lösungsansatz nicht.
Zu Buchstabe d:
In einer weiteren Übergangsphase sollte auch die Chance gegeben werden, die bestehenden Systeme den neuen Anforderungen anzupassen, da derzeit beispielsweise die meisten Vorgangsbearbeitungs- oder Fallbearbeitungssysteme der Länder die technische Möglichkeit, die hier geforderte Kennzeichnung vorzunehmen, nicht haben dürften. Diese Systeme müssten in der Struktur, im Geschäftsprozess und in der Datenhaltung grundsätzlich weiter, gegebenenfalls sogar neu entwickelt werden.
7. Zu Artikel 1 (§§ 18, 19 BKAG)
- a) Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob §§ 18, 19 BKAG-E gemäß dem Wortlaut und den Personenkategorien des Artikels 6 der Richtlinie (EU) Nr. 2016/680
auszugestalten sind.
- b) Außerdem wird um Prüfung des § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BKAG-E im Hinblick auf eine Ausweitung auf Kontakt- und Begleitpersonen von sogenannten Anlasspersonen gebeten.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Ausweislich der Gesetzesbegründung dienen die §§ 18, 19 BKAG-E der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie (EU) Nr. 2016/680
. Bei näherer Betrachtung des § 19 BKAG-E wird jedoch deutlich, dass § 19 BKAG-E in Bezug auf die Personenkategorien mit § 8 BKAG nahezu deckungsgleich ist. Im Unterschied dazu setzt etwa § 72 BDSG-E (Unterscheidung zwischen verschiedenen Kategorien betroffener Personen) Artikel 6 der Richtlinie (EU) Nr. 2016/680
sehr wortgetreu um. Auch wenn die Richtlinie im Rahmen der Umsetzung entsprechende Spielräume gibt, wird die Gefahr gesehen, dass durch die zukünftige Heterogenität zwischen den Kategorien in Quell- und Zieldatei enorme Probleme bei der Anlieferung der Daten entstehen.
Zu Buchstabe b:
§ 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BKAG-E erlaubt die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten von "Kontakt- und Begleitpersonen" der in § 18 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 BKAG-E bezeichneten Personen (Verurteilten, Beschuldigten, Tatverdächtigen). Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BKAG-E die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten von "Kontakt- und Begleitpersonen" einer Anlassperson im Sinne des § 18 Absatz 1 Nummer 4 BKAG-E ("Gefährdern") ausschließt. Indem der Gesetzgeber die Weiterverarbeitung dieser Daten unterbindet, könnte es angesichts der derzeitigen Lage - namentlich beispielsweise des islamistischen Terrorismus - zu Informationsdefiziten kommen. Zudem könnte sich ein Problem im Bereich der Harmonisierung von Bundes- und Landesrecht ergeben, da Artikel 6 Richtlinie (EU) Nr. 2016/680
diese Trennung nicht vornimmt.
8. Zu Artikel 1 (§ 28 BKAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Regelungen zur Sicherung des Datenschutzes bei der Datenübermittlung im internationalen Bereich in § 28 BKAG-E den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben genügen.
Begründung:
Das aktuelle Bundeskriminalamtgesetz enthält in § 14 Absatz 7 Satz 7 und 8 BKAG die folgenden Regelungen zur Sicherung des Datenschutzes bei der Datenübermittlung im internationalen Bereich:
"Die Übermittlung unterbleibt außerdem, soweit, auch unter Berücksichtigung des besonderen öffentlichen Interesses an der Datenübermittlung, im Einzelfall schutzwürdige Interessen der betroffenen Person an dem Ausschluss der Übermittlung überwiegen.
Zu den schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person gehört auch das Vorhandensein eines angemessenen Datenschutzniveaus im Empfängerstaat."
§ 14 Absatz 7 Satz 7 BKAG findet sich sinngemäß auch in § 28 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 BKAG-E. Allerdings ist § 14 Absatz 7 Satz 8 BKAG nicht übernommen worden. Der Begründung des Gesetzentwurfs nach soll § 14 Absatz 7 Satz 6 bis 9 BKAG in § 28 BKAG-E aufgenommen worden sein (vgl. BR-Drucksache 109/17 (PDF), Seite 125).
§ 28 Absatz 3 BKAG-E enthält in dieser Hinsicht im Wesentlichen jedoch nur eine Verpflichtung des BKA, eine fortlaufend aktualisierte Aufstellung unter anderem über das Datenschutzniveau in Drittstaaten zu führen. Dies soll die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Vergewisserung über ein ausreichendes Datenschutzniveau im Empfängerland sowie Artikel 38 der Richtlinie (EU) Nr. 2016/680
umsetzen (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs in BR-Drucksache 109/17 (PDF), Seite 126).
Es scheint insofern an einer materiellen Regelung hinsichtlich der Bedeutung des Datenschutzniveaus im Empfängerland für die Entscheidungen über die Datenübermittlung zu fehlen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass selbst die bisherige Regelung des § 14 Absatz 7 Satz 8 BKAG dem Bundesverfassungsgericht nur bei verfassungskonformer Auslegung genügte:
"Bei einer Auslegung im Licht der Verfassung ist die Beachtung der grundrechtlichen Anforderungen an einen angemessenen datenschutzrechtlichen Umgang im Empfängerstaat allerdings nicht lediglich ein Abwägungsgesichtspunkt, der im Einzelfall zur Disposition der Behörden steht. Vielmehr sind insoweit grundrechtliche Mindestanforderungen stets zur Geltung zu bringen" (BVerfG, Urteil vom 20. April 2016, 1 BvR 966/09, juris Rn. 353).
Vor diesem Hintergrund sollte § 28 BKAG-E über die Regelung zur Aufstellung der Listen in § 28 Absatz 3 BKAG-E hinaus eine Regelung enthalten, die die Bedeutung des Datenschutzes im Empfängerstaat für die jeweiligen Entscheidungen auch materiell hinreichend betont.
9. Zu Artikel 1 (Inhaltsübersicht, § 31 Absatz 3 Satz 2, 3, § 69 Überschrift, Absatz 3 - neu - BKAG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
Begründung:
Der den Datenschutz regelnde Abschnitt 9 des Gesetzentwurfs bestimmt in § 69 BKAG-E Aufsicht- und Kontrollpflichten der oder des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Dies ist die vom Bund in Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2016/680
vom 27. April 2016 gesetzlich bestimmte unabhängige Aufsichtsbehörde. Die danach ebenfalls zu bestimmenden unabhängigen Aufsichtsbehörden der Länder finden nur im Rahmen der Bestimmungen zur datenschutzrechtlichen Verantwortung im polizeilichen Informationsverbund in § 31 Absatz 3 BKAG-E Berücksichtigung. Die dort gewählte Formulierung "Landesbeauftragten für den Datenschutz" greift möglicherweise zu kurz und ist daher an den zukünftig europaweit geltenden Wortlaut anzupassen.
In diesem Zusammenhang ist in § 69 BKAG-E durch Anfügung eines Absatzes 3 klarzustellen, dass die dort in Absatz 1 und 2 normierten Rechte zu Datenschutzaufsicht und -kontrolle auch den unabhängigen Aufsichtsbehörden der Länder jedenfalls dann zustehen, wenn die vom Bundeskriminalamt verarbeiteten Daten von den Ländern übermittelt wurden.
Die übrigen Änderungen ergeben sich aus diesen Anpassungen sowie den zukünftig geltenden Vorgaben aus dem europäischen Recht.
10. Zu Artikel 1 (§ 32 Absatz 2 Satz 2 BKAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die neue Mitteilungspflicht nach § 32 Absatz 2 Satz 2 BKAG-E gestrichen werden sollte oder - hilfsweise - ob zwischen einer neuen Mitteilungspflicht nach § 32 Absatz 2 Satz 2 BKAG-E sowie der Regelung des § 482 Absatz 2 StPO ein Gleichlauf hinsichtlich der Voraussetzungen sowie der mitzuteilenden Umstände hergestellt werden sollte.
Begründung:
Gegen den bisherigen Vorschlag in § 32 Absatz 2 Satz 2 BKAG-E bestehen - trotz des anzuerkennenden Zwecks der Datenbereinigung in polizeilichen Datenbeständen - erhebliche Bedenken, weshalb vorrangig eine Streichung oder subsidiär eine datensparsamere und praxistauglichere Ausgestaltung an einem angemessenen Regelungsstandort geprüft werden sollte.
Zwar ist das in der Begründung zum Gesetzentwurf hinsichtlich der neuen Mitteilungspflicht genannte Ziel einer nachhaltigen Bereinigung der polizeilichen Datenbestände zu begrüßen. Jedoch ist nicht nachvollziehbar, weshalb dieses legitime Ziel nur durch die neue Mitteilungspflicht sichergestellt werden kann, wie es die Begründung unterstellt. Denn dieses Ziel wird bereits von § 482 Absatz 2 StPO (in Verbindung mit Nummer 11 MiStra) verfolgt. Zum Verhältnis dieser Norm zu § 32 Absatz 2 Satz 2 BKAG-E schweigt der Gesetzentwurf. Auch bleibt offen, wie die in der Begründung beklagten, aber nicht belegten Mängel im Vollzug des "Meldeverhaltens" der Justizbehörden gerade durch eine zusätzliche andersartige Mitteilungspflicht, die den Aufwand in der Praxis verdoppeln dürfte, behoben werden sollten.
Hilfsweise sollte die Mitteilungspflicht nach § 32 Absatz 2 Satz 2 BKAG-E anders ausgestaltet werden: Es fehlen für die praktische Anwendung erforderliche Ausführungen dazu, was genau unter einem "nicht nur vorläufig" eingestellten Verfahren zu verstehen ist. Auch bei einer Einstellung nach § 170 Absatz 2 StPO ist grundsätzlich - auch im Fall der Unschuld - eine Wiederaufnahme des Verfahrens möglich, zum Beispiel falls sich neue Beweismittel ergeben. Selbst eine Einstellung nach § 153a StPO kann nicht als endgültig angesehen werden, weil die Tat als Verbrechen verfolgbar bleibt (§ 153a Absatz 1 Satz 5 StPO). Die Regelung könnte dazu führen, dass gerade in den Fällen, in denen eine Bereinigung des polizeilichen Datenbestands besonders angezeigt ist (erwiesene Unschuld, Wegfall des begründeten Tatverdachts), keine Übermittlung vorgesehen wäre.
Bedenken bestehen auch hinsichtlich der Pflicht, in jedem aufgeführten Fall die tragenden Gründe der Entscheidung zu übermitteln. Zum einen dürfte es im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen fraglich sein, ob es in jedem Fall der Mitteilung der tragenden Gründe bedarf. Näher liegt es, dies nur in besonders begründeten Ausnahmefällen, wie beispielsweise den in Nummer 88 Satz 2 RiStBV vorgesehenen Fällen der erwiesenen Unschuld bzw. des Wegfalls des begründeten Tatverdachts, vorzusehen. Gerade in diesen Fällen ist eine Bereinigung des polizeilichen Datenbestands in besonderem Maße angezeigt, so dass hier auch eine Abschrift des Urteils oder der Einstellungsentscheidung (wie bei § 482 Absatz 2 StPO) übermittelt werden könnte. Dies hätte den weiteren Vorteil, dass die für die Übermittlung zuständige Stelle nicht noch zusätzlich die tragenden Gründe der Entscheidung extrahieren müsste.
Insgesamt ist zu überlegen, ob das mit der Neuregelung verfolgte Ziel einer Bereinigung der polizeilichen Datenbestände nicht zielführender durch eine Änderung der bestehenden strafprozessualen Regelungen zu erreichen ist anstatt eine neue, die Justizbehörden zusätzlich belastende Mitteilungsverpflichtung mit anderen Voraussetzungen, Inhalten, Adressaten und Fristen zu schaffen. Dies sollte gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Datensparsamkeit nochmals hinterfragt werden, da die jeweiligen Landeskriminalämter oftmals als bisher völlig unbeteiligte Behörden zum ersten Mal Kenntnis von Verfahren erhalten.
11. Zu Artikel 1 (§ 45 Absatz 8, § 46 Absatz 8, § 49 Absatz 8, § 51 Absatz 8 BKAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die jeweiligen Regelungen zur Verwendung von Daten bei Gefahr im Verzug in § 45 Absatz 8, § 46 Absatz 8, § 49 Absatz 8 und § 51 Absatz 8 BKAG-E einer Regelung für den Fall bedürfen, dass die Entscheidung des Gerichts nicht innerhalb einer bestimmten Frist nachgeholt wird.
Begründung:
Bei der Anordnung von Maßnahmen bei Gefahr in Verzug enthalten § 45 Absatz 3 Satz 4, § 46 Absatz 3 Satz 4, § 50 Absatz 2 Satz 4 und § 51 Absatz 3 Satz 4 BKAG-E eine Regelung für den Fall, dass die Bestätigung des Gerichts nicht innerhalb einer bestimmten Frist erfolgt. Soweit Anordnungen nicht binnen drei Tagen durch das Gericht bestätigt werden, treten sie außer Kraft. Die neu eingeführten Regelungen für die Verwertung bei Gefahr in Verzug enthalten keine entsprechende Regelung. Sie sehen zwar vor, dass die gerichtliche Entscheidung über die Verwertbarkeit unverzüglich nachzuholen ist, doch wird keine Regelung für den Fall getroffen, dass dies nicht geschieht.
12. Zu Artikel 1 (§ 55 Absatz 1 BKAG), Artikel 2 Nummer 2 (§ 20y Absatz 1 BKAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob ein anderer Begriff als "Aufenthaltsverbot" für Sachverhalte verwendet werden sollte, in denen es um ein Verbot geht, sich ohne Erlaubnis des Bundeskriminalamtes von einem bestimmten Ort oder aus einem bestimmten Bereich zu entfernen.
Begründung:
Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch betrifft ein Aufenthaltsverbot ein Verbot, einen bestimmten Ort oder in einen bestimmten Bereich zu betreten oder sich dort aufzuhalten. Dieses Begriffsverständnis liegt auch den Legaldefinitionen des Begriffs "Aufenthaltsverbot" in mehreren Landespolizeigesetzen zugrunde. Das Verbot, sich ohne behördliche Erlaubnis von einem bestimmten Ort oder aus einem bestimmten Bereich zu entfernen, wird man nach dem allgemeinen Sprachgebrauch dagegen kaum als Aufenthaltsverbot bezeichnen können.
13. Zu Artikel 1 (§ 55 Absatz 8 - neu - BKAG), Artikel 2 Nummer 2 (§ 20y Absatz 8 - neu - BKAG)
Begründung:
Mit § 55 und § 20y BKAG soll eine Befugnis geschaffen werden, die es dem Bundeskriminalamt erlaubt, Aufenthalts- und Kontaktverbote auszusprechen. Es ist davon auszugehen, dass die Überwachung dieser Maßnahmen oder zumindest das Einschreiten im Falle eines Verstoßes nicht durch Kräfte des Bundeskriminalamtes erfolgen kann und insoweit durch Kräfte des jeweiligen Landes zu gewährleisten ist. Hierdurch entstehende Kosten sollte der Bund tragen.
14. Zu Artikel 1 (§ 56 Absatz 9 - neu - BKAG), Artikel 2 Nummer 2 (§ 20z Absatz 9 - neu - BKAG)
Begründung:
Mit § 56 und § 20z BKAG-E soll eine Befugnis geschaffen werden, die es dem Bundeskriminalamt erlaubt, eine elektronische Aufenthaltsüberwachung durchzuführen. Es ist davon auszugehen, dass die Überwachung dieser Maßnahmen oder zumindest das Einschreiten im Falle eines Verstoßes nicht durch Kräfte des Bundeskriminalamtes erfolgen kann und insoweit durch Kräfte des jeweiligen Landes zu gewährleisten ist. Hierdurch entstehende Kosten sollte der Bund tragen.
15. Zu Artikel 1 (§ 57 BKAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob und inwieweit das bisher vorgesehene Sanktionssystem betreffend einen Verstoß gegen die Anordnung einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung nach § 56 BKAG-E (übergangsweise nach § 20z BKAG) zur effektiven Abwehr von Gefahren im Sinne von § 5 Absatz 1 Satz 2 BKAG-E der Ergänzung bedarf.
Begründung:
Zwar ist bislang im Gesetzentwurf vorgesehen, durch den Straftatbestand des § 87 Absatz 1 BKAG-E neben Aufenthaltsver- und -geboten sowie Kontaktverboten nach § 55 BKAG-E auch vorsätzliche Zuwiderhandlungen gegen eine EAÜ-Anordnung nach § 56 BKAG-E mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe - ausschließlich auf Antrag des BKA - zu ahnden. Allerdings erscheint es fraglich, ob allein durch eine Strafandrohung eine effektive Abwehr der von betreffenden Personen ausgehenden Gefahren des internationalen Terrorismus im Sinne von § 5 Absatz 1 Satz 2 BKAG-E hinreichend sichergestellt ist, wenn diese sich weigern, einer EAÜ
Folge zu leisten. Für eine gegebenenfalls dann erforderliche strafverfahrensrechtliche Inhaftnahme bedürfte es neben einem dringenden Verdacht der Tatbegehung auch noch eines Haftgrunds im Sinne von § 112 Absatz 2 StPO. Insbesondere erscheint zweifelhaft, ob hier als Alternative die Möglichkeit einer präventiven Gewahrsamnahme nach § 57 BKAG-E bzw. aktuell § 20p BKAG in der bis dato vorgesehenen Fassung hinreichend ausgestaltet ist.
16. Zu Artikel 1 (§ 74 Absatz 3 BKAG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob der in § 74 Absatz 3 BKAG-E vorgesehene Richtervorbehalt durch Bestimmungen über die gerichtliche Zuständigkeit und über das vom Gericht anzuwendende Verfahren ergänzt werden sollte.
Begründung:
In § 90 Absatz 1 BKAG-E findet der Richtervorbehalt in § 74 Absatz 3 BKAG-E keine Erwähnung. Auch § 74 BKAG-E sieht keine Regelung vor, aus der sich ergibt, welches Gericht für die nach § 74 Absatz 3 BKAG-E zu treffende Entscheidung zuständig ist und welche Verfahrensvorschriften es dabei anzuwenden hat. Daher bleibt undeutlich, nach welchen Vorschriften sich die gerichtliche Zuständigkeit und das gerichtliche Verfahren bestimmen.
17. Zu Artikel 1 (§ 74 Absatz 3 Satz 5 BKAG)
In Artikel 1 § 74 Absatz 3 ist Satz 5 wie folgt zu fassen:
"Fünf Jahre nach Beendigung der Maßnahme kann mit gerichtlicher Zustimmung endgültig von der Benachrichtigung abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen für die Benachrichtigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten werden, eine weitere Verwendung der Daten gegen den Betroffenen ausgeschlossen ist und die Daten gelöscht wurden."
Begründung:
Die bisher geltende Regelung in § 20w Absatz 3 Satz 5 BKAG wurde vom BVerfG lediglich mit Hilfe einer verfassungskonformen Auslegung gehalten (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2016, 1 BvR 966/09, juris Rn. 262). Die Neuregelung sollte insoweit für Normenklarheit sorgen.
18. Zu Artikel 1 (§ 76 Absatz 3 Satz 6 BKAG)
In Artikel 1 § 76 Absatz 3 Satz 6 BKAG-E sind die Wörter "die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit" durch die Wörter "das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit" zu ersetzen.
Begründung:
Anpassung des Verweises in § 76 Absatz 3 Satz 6 BKAG-E an das geltende Recht.
19. Zu Artikel 2 Nummer 1
In Artikel 2 ist nach Nummer 1 folgende Nummer einzufügen:
- '1a. In § 15a Absatz 1 Satz 9 und in § 20v Absatz 2 Satz 2 werden jeweils die Wörter "des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit" durch die Wörter "des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit" ersetzt.'
Begründung:
In § 15a Absatz 1 Satz 9 BKAG und in § 20v Absatz 2 Satz 2 BKAG wird für das Verfahren jeweils auf die Bestimmungen des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit verwiesen. Dieses Gesetz ist mit Ablauf des 31. August 2009 außer Kraft getreten (Artikel 112 Absatz 1 des FGGReformgesetzes vom 17. Dezember 2008, BGBl. I Seite 2586). In den genannten Vorschriften soll daher - ebenso wie in § 15 Absatz 5 Satz 3 BKAG und in § 23 Absatz 3 Satz 6 BKAG - auf die Bestimmungen des am 1. September 2009 in Kraft getretenen Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit verwiesen werden.