954. Sitzung des Bundesrates am 10. März 2017
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission mit der vorliegenden Mitteilung den Beitrag aufgreift, den die energetische Verwertung von Abfällen zur Kreislaufwirtschaft leisten kann, und die zur Verfügung stehenden Verfahren im Licht der fünfstufigen Abfallhierarchie würdigt.
- 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im Zuge der anstehenden Umsetzung der Maßnahmen des Aktionsplans zur Kreislaufwirtschaft gegenüber der Kommission dafür einzutreten, dass über die in der Mitteilung der Kommission zum Schutz der stofflichen Verfahren beschriebenen Handlungsleitlinien hinaus der Beitrag der energetischen Verwertung als tragende Säule der Entsorgungsautarkie nach Artikel 16 der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle (Abfallrahmenrichtlinie) für gemischte Siedlungsabfälle im Blick gehalten wird. Dabei ist den markwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten Rechnung zu tragen und der für eine volkswirtschaftlich verträgliche Preisbildung auf der Basis eines ökonomisch sinnvollen Wettbewerbs erforderliche Umfang bei der Beschreibung abfallplanerisch vorzuhaltender Behandlungskapazitäten zu berücksichtigen.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im Zuge der anstehenden Umsetzung der Maßnahmen des Aktionsplans zur Kreislaufwirtschaft gegenüber der Kommission ferner darauf hinzuwirken, dass durch die Berücksichtigung des Vorrangs der qualitativen vor den quantitativen Zielen in der Kreislaufwirtschaft sichergestellt wird, dass nach wie vor unentbehrliche Schadstoffsenken ausreichend vorgehalten werden. In diesem Zusammenhang ist an Verpflichtungen zu erinnern, die die EU im Rahmen des Stockholmer Abkommens zur Ausschleusung persistenter organischer Schadstoffe aus den weltweiten Wirtschafts- und Naturkreisläufen eingegangen ist und sich in den europäischen Rechtsgrundlagen, insbesondere in der Verordnung (EG) Nr. 850/2004
über persistente organische Schadstoffe vom 29. April 2004 (sogenannte POP-Verordnung), niedergeschlagen haben. Danach ist die energetische Verwertung von Abfällen dem Recycling nicht nur - wie in der Kommissionsmitteilung dargestellt - in definierten Fällen vorzuziehen, sondern bei entsprechenden POP-Abfällen praktisch zwingend anzuwenden.
Begründung zu Ziffern 1 bis 3 (nur gegenüber dem Plenum):
Im Zuge des im Jahr 2015 von der Kommission angenommenen Maßnahmenpakets zur Kreislaufwirtschaft wird die Kommission im Jahr 2017 mit der Umsetzung der Maßnahmen des Aktionsplans zur Kreislaufwirtschaft fortfahren.
In ihrer Mitteilung gibt die Kommission den Mitgliedstaaten Empfehlungen dafür, wie aus ihrer Sicht sichergestellt werden kann, dass die Kapazitäten für die Energiegewinnung aus Abfällen ausgewogen genutzt und Verluste von Vermögenswerten vermieden werden. Unter anderem ruft sie die Mitgliedstaaten auf, schrittweise ihre finanzielle Unterstützung für die Müllverbrennung von gemischten Abfällen zurückzufahren.
Neue Anlagen für die energetische Verwertung von Abfällen sollten der Kommission zufolge nur gebaut werden, wenn unter Berücksichtigung verlorener Vermögenswerte für die gesamte Laufzeit von etwa 20 bis 30 Jahren die ausreichende Verfügbarkeit von geeigneten Abfällen sichergestellt ist, ohne dass die Verpflichtungen zur Getrenntsammlung und zum Recycling vernachlässigt werden.
Im Rückblick auf die Vergangenheit muss jedoch festgestellt werden, dass eine verlässliche Prognose der Entsorgungssituation in Deutschland und Europa mit den Einflüssen einer volatilen Wirtschaftskonjunktur kaum möglich ist. Die geplante Abkehr von der Deponierung stofflich oder energetisch verwertbarer Abfälle als nachhaltige Vorgehensweise sollte nicht zeitgleich mit einem voreiligen Rückbau von energetischen Verwertungskapazitäten kombiniert werden, um auch mit Blick auf die erforderliche Entsorgungssicherheit ökonomischen Schieflagen vorzubeugen. Eine im Rahmen der europäischen Abfallhierarchie agierende und auf der Grundlage wirtschaftlicher Faktoren basierende Infrastruktur zur energetischen Verwertung von Abfällen ist Voraussetzung für eine volkswirtschaftlich sinnvolle Preisbildung. Preisanstiege bei verknappten Kapazitäten gehen insbesondere zulasten der mittelständischen Wirtschaft, die über keine eigenen Verbrennungsanlagen verfügt.
B
- 4. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.