Punkt 12 der 943. Sitzung des Bundesrates am 18. März 2016
Der Bundesrat möge anstelle der Ziffer 9 der Ausschussempfehlungen beschließen:
Zu Artikel 1 Nummer 14 Absatz 2 Satz 2, Satz 5 - neu -, Satz 6 - neu Absatz 3 einleitender Satzteil Nummer 1, Nummer 3 und 4, Absatz 4 Sätze 01 und 02 - neu -, Satz 3, Absatz 6 - neu - SGB II), Nummer 42 (§ 46 Absatz 1a - neu - SGB II)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
Begründung:
Zu Nummer 14a - neu -:
Zu Buchstabe a:
Hinzugefügt wurde die Voraussetzung, den Beirat nach § 18d SGB II zu beteiligen. Der Beirat soll damit seine Beratungsfunktion ausüben und an der Entscheidung über die Zweckmäßigkeit öffentlich geförderter Beschäftigung mitwirken.
Zu Buchstabe b: Doppelbuchstabe aa:
Ziel der Förderung ist die Eingliederung erwerbsfähiger Leistungsberechtigter durch die Förderung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Die Beschäftigung soll sich mit Ausnahme des Fehlens der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung nicht von den Grundsätzen anderer Beschäftigungsverhältnisse des Arbeitgebers unterscheiden. Dies betrifft im Besonderen die Entlohnung. Findet die Beschäftigung im Anwendungsbereich eines Tarifvertrages statt, muss eine tarifliche Entlohnung erfolgen. Liegt ein solcher Tarifvertrag nicht vor, ist das für vergleichbare Tätigkeiten ortsübliche Arbeitsentgelt zu zahlen.
Für Langzeitarbeitslose gilt nach § 22 Absatz 4 Mindestlohngesetz der gesetzliche Mindestlohn in den ersten sechs Monaten des Beschäftigungsverhältnisses regelmäßig nicht. Um während dieser Zeit die Förderung von Dumpinglöhnen auszuschließen, ist eine entsprechende gesetzliche Regelung aufzunehmen.
Zu Doppelbuchstabe bb:
Es gelingt meist sehr schwer, private Arbeitgeber dafür zu gewinnen, Menschen im Langzeitleistungsbezug mit zusätzlich mehreren Vermittlungshemmnissen einen Arbeitsplatz anzubieten. Die Erfahrungen mit dem Modellprojekt "Passiv-Aktiv-Tausch" im Rahmen des Landesprogramms "Gute und sichere Arbeit" in Baden-Württemberg haben jedoch gezeigt, dass mit einer zusätzlichen Zuwendung als Anreiz die Aufgeschlossenheit insbesondere auch der privaten Arbeitgeber geweckt werden kann. Beim badenwürttembergischen Modellprojekt konnte fast die Hälfte der Teilnehmenden (über den gesamten Projektzeitraum etwa 45 Prozent) an private Arbeitgeber vermittelt werden. Damit waren private Arbeitgeber doppelt so häufig vertreten wie bei Förderungen von Arbeitsverhältnissen (früher Beschäftigungszuschuss) nach § 16e SGB II ohne die besonderen badenwürttembergischen Elemente (Anreizprämie, soziale Begleitung). Darüber hinaus war die Übernahmequote bei mittelständischen privaten Betrieben höher als bei gemeinnützigen und sehr kleinen Betrieben. Da die Förderung des Jobcenters auf maximal 75 Prozent begrenzt bleiben soll, sind hierfür weitere Finanzierungsmittel, etwa eingesparte Mittel der Kommunen bei den Bedarfen für Unterkunft und Heizung, einzuwerben.
Zu Buchstabe c:
Zu Doppelbuchstabe aa:
Mit der Begrenzung der Förderung auf Personen über 25 Jahre soll klargestellt werden, dass für jüngere Leistungsberechtigte vorrangig eine Integration in Arbeit erfolgen soll.
Zu Doppelbuchstabe bb:
Die "besondere Schwere" von Vermittlungshemmnissen ist ein auslegungsbedürftiger Begriff, der in der Umsetzung zu erheblichen Schwierigkeiten in den Jobcentern geführt hat. Die vom Gesetz geforderte zusätzliche Bewertung, ob das Vorliegen von Langzeitarbeitslosigkeit sowie von zwei weiteren Vermittlungshemmnissen die Vermittlung tatsächlich "besonders schwer" beeinträchtigt, ist für die Vermittler kaum möglich. Aus diesem Grund soll das Erfordernis aus dem Wortlaut gestrichen werden.
Zu Doppelbuchstabe cc:
Die Negativformulierung soll die Prüfung der Vermittler über die Förderungsfähigkeit der einzelnen Person erleichtern. Es soll wie bei der Streichung der besonderen Schwere in Doppelbuchstabe aa verhindert werden, dass neben den abstrakten auch die konkreten Vermittlungshemmnisse im Detail überprüft werden müssen. Die Erstellung einer Prognose scheint sich im Einzelfall als praktisch äußerst schwierig herauszustellen und ist im Übrigen kaum objektiv nachprüfbar.
Zu Doppelbuchstabe dd:
Die Nummer 4 soll gänzlich gestrichen werden, um den Anwendungsbereich öffentlich geförderter Beschäftigung nicht übermäßig einzuengen.
Zu Buchstabe d:
Es ist eine langfristige Förderungsmöglichkeit zu schaffen, um auch die Integration arbeitsmarktferner Personen zu erreichen. Jedoch muss auch im Gegenzug einer etwa bestehenden Missbrauchsgefahr entgegengewirkt werden. Daher sollte der Förderungszeitraum zunächst auf zwei Jahre begrenzt werden. Um im Einzelfall schließlich eine langfristige Vermittlung zu erreichen, ist eine Verlängerung des Förderzeitraumes um jeweils ein weiteres Jahr, auf entsprechenden Antrag hin, zu ermöglichen. Die Höhe des Zuschusses ist dabei stets neu zu prüfen und anzupassen. Der Übergang in nicht geförderte Beschäftigung bleibt das Ziel der Förderung von Arbeitsverhältnissen nach § 16e SGB II-E.
Zu Buchstabe e:
Der vorgeschlagene neue Absatz 6 stellt klar, dass die langfristige Integration von Langzeitarbeitslosen auf dem ersten Arbeitsmarkt nur durch die umfassende Vernetzung von bestehenden Förderungsmöglichkeiten und Maßnahmen erreicht werden kann. Öffentlich geförderte Beschäftigung darf daher andere Fördermaßnahmen nicht ausschließen. Sollten durch weitere Fördermaßnahmen zusätzliche Kosten entstehen, können diese ebenfalls auf Antrag durch Zuschüsse aufgefangen werden.
Zu Nummer 42:
Sozialversicherungspflichtige öffentlich geförderte Beschäftigung im Rechtskreis SGB II führt zur Reduzierung passiver Leistungen. Aufgrund der Regelungen des § 19 Absatz 3 Satz 2 SGB II zur Anrechnung von Einkommen und Vermögen betrifft die Reduzierung passiver Leistungen zunächst vor allem die bundesseitig finanzierte Regelleistung. Einsparungen durch öffentlich geförderte Beschäftigung fließen damit immer vorrangig dem Bundeshaushalt zu. Insofern ist es folgerichtig, diese Einsparungen zur anteiligen Finanzierung der Beschäftigungsverhältnisse einsetzen zu können. Damit wird dem Ziel Rechnung getragen, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Die eingesparten Bundesmittel sind durch den Bund auf Antrag des Jobcenters an dieses zuzuweisen. Das Jobcenter stellt dabei sicher, dass die eingesparten Bundesmittel ergänzend zu den Mitteln aus dem Eingliederungsbudget für die Förderung der Beschäftigungsverhältnisse eingesetzt werden. Die Höhe dieser Mittel bildet die Obergrenze für eine mögliche Zuweisung eingesparter Bundesmittel. Auf diese Weise wird der Finanzrahmen für öffentlich geförderte Beschäftigung entsprechend dem Bedarf an Förderungen für die Zielgruppe erweitert und stabilisiert sowie der arbeitsmarktpolitisch intendierte Mitteleinsatz gesichert. Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für einen entsprechend flexiblen Einsatz der Mittel für passive Leistungen zur Verstärkung der Mittel für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sind zu schaffen. Strukturelle Mehrbelastungen für den Bundeshaushalt ergeben sich hieraus nicht.
Aufgrund von freiwilligen Vereinbarungen können auch Einsparungen bei den kommunalen Bedarfen der Unterkunft und Heizung für den Passiv-AktivTransfer eingesetzt werden.
Im Übrigen führt die Neufassung der Nummer 42 dazu, dass die von der Bundesregierung hierfür vorgesehene Änderung entfällt.
§ 46 Absatz 2 Satz 3 SGB II enthält für die Leistungen nach §§ 16e und 16f eine Budgetbegrenzung. Für die Gewährung dieser Leistungen darf das jeweilige Jobcenter nicht mehr als 20 Prozent des Eingliederungstitels aufwenden. Die Budgetbegrenzung wurde im Rahmen des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt durch den Bundestag aufgenommen (siehe auch Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, Bundestagsdrucksache 17/7065). In der Beschlussempfehlung wird die Budgetgrenze damit begründet, dass Verdrängungseffekte am Arbeitsmarkt vermieden werden sollen (aaO., Seite 19 f.). Dass das neue Eingliederungsinstrument in § 16h einen solchen Effekt haben könnte, ist nicht ersichtlich. Es geht um die Förderung von schwer zu erreichenden jungen Menschen mit dem Ziel, die aufgrund der individuellen Situation der Leistungsberechtigten bestehenden Schwierigkeiten zu überwinden. Einen konkreten Bezug zum Arbeitsmarkt hat diese Eingliederungsleistung gerade nicht.