Der Präsident des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg Hamburg, 4. Februar 2020
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierungen von Hamburg und Bremen haben beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage mit Begründung beigefügte Entschließung des Bundesrates: "Pauschalreisen effektiv absichern - Verbesserung des Insolvenzschutzes im Pauschalreiserecht" zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 985. Sitzung des Bundesrates am 14. Februar 2020 zu setzen und sie anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Peter Tschentscher
Erster Bürgermeister
Entschließung des Bundesrates: "Pauschalreisen effektiv absichern - Verbesserung des Insolvenzschutzes im Pauschalreiserecht"
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
Die Insolvenz der deutschen Thomas Cook-Gesellschaften zeigt, dass die Kundengeldabsicherung von im Voraus gezahlten Reisekosten für Pauschalreisen nicht ausreichend ist. Die in § 651r Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) festgeschriebene Möglichkeit für die Versicherer, die Höchstsumme der zu erstattenden Beträge je Geschäftsjahr auf 110 Mio. Euro zu begrenzen, hat für die betroffenen Verbraucherinnen und Verbraucher erhebliche negative finanzielle Auswirkungen.
Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung beabsichtigt, die nicht abgedeckten Ansprüche der Thomas Cook-Kundinnen und -Kunden auszugleichen. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten zukünftig aber nicht auf Einzelfallentscheidungen angewiesen sein. Daher fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, für die Verbraucherinnen und Verbraucher im Insolvenzfall von Pauschalreiseveranstaltern einen effektiven Schutz herzustellen.
Dabei sind insbesondere folgende Modelle einer ausreichenden Absicherung zu prüfen:
- a. Umstellung der Insolvenzsicherung von einer fixen Maximalsumme für den Versicherer auf eine an der Summe der geleisteten Vorauszahlungen der Reisenden orientierten Versicherung für die einzelnen Reiseveranstalter. Mit diesem Vorschlag würde das Sicherungssystem so umgestellt, dass jeder Reiseveranstalter sein Risiko in vollem Umfang versichern muss, damit den Reisenden keine finanziellen Schäden entstehen. Hierbei würde ein Maximalbetrag, wie bisher in § 651r BGB vorgesehen, entfallen.
- b. Umstellung der Insolvenzsicherung auf eine Fondslösung, in die jeder Pauschalreiseveranstalter proportional zu seinem Umsatz oder der Kundenzahl einzahlt. Dies wäre die Maßnahme einer brancheninternen solidarischen Lösung zugunsten der Reisenden.
Diese Lösung sollte auch die Interessen kleiner und mittlerer Reiseveranstaltungsunternehmen sowie deren Ausfallrisiken gegenüber international agierenden Konzernen berücksichtigen.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung dafür Sorge zu tragen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Neugestaltung des Insolvenzschutzes nicht unangemessen belastet werden.
Begründung:
Mit der Pauschalreiserichtlinie wurde eine wirksame Absicherung für die von den Reisenden getätigten Anzahlungen und für die Rückholung der Reisenden im Insolvenzfall vorgeschrieben (Richtlinie (EU) Nr. 2015/2302
, ABl. L 326 vom 11.12.2015, Art. 17/Erwägungsgrund 39 f.). Diese Vorgabe der EU-Richtlinie wurde mit den §§ 651r ff. BGB in nationales Recht umgesetzt.
Mit dem Fall der Thomas Cook-Insolvenz steht der im Gesetz genannten Höchstsumme von 110 Mio. Euro erstmalig ein Insolvenzausfall von bis dato ca. 250 Mio. Euro gegenüber. Zur Sicherung der Kundenansprüche aus der Pauschalreiserichtlinie und um langwierige Gerichtsverfahren zu vermeiden, hat die Bundesregierung einen Ausgleich der nicht durch die Versicherung oder Dritte abgedeckten Ansprüche angekündigt.
Um zukünftig in ähnlich gelagerten Fällen den Verbraucherschutz zu stärken, wird die Bundesregierung aufgefordert, einen wirksamen Insolvenzschutz für etwaige zukünftige Insolvenzen von Pauschalreiseveranstaltern im Gesetz zu verankern. Hierbei sollte insbesondere die Lösung einer an der Summe der getätigten Vorauszahlungen orientierten Versicherungssumme geprüft werden. Vorteil einer derart ausgestalteten Kundengeldabsicherung ist der Wegfall der starren Begrenzung der Versicherungssumme und damit der Privilegierung großer Reiseveranstalter, die bisher nur einen Teil ihrer erhaltenen Vorauszahlungen versichert haben.
Als Alternative zum Versicherungsmodell ist die Absicherung über einen Fonds zu prüfen, in den alle Reiseveranstalter entsprechend der Höhe der von den Kundinnen und Kunden erhaltenen Vorauszahlungen oder der Kundenzahl einzahlen. Mit dieser Variante würden ebenfalls alle Reiseveranstalter entsprechend ihres Bedarfs einer Insolvenzsicherung stärker in die Verantwortung genommen.
Mit der Schaffung eines wirksamen Insolvenzschutzes für die vorausbezahlten Reisekosten sollten, unabhängig von der gewählten Variante, die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht unangemessen hoch belastet werden.