TOP 25 der 856. Sitzung des Bundesrates am 6. März 2009
Der Bundesrat möge beschließen, zu dem Gesetzentwurf wie folgt Stellung zu nehmen:
Zu Artikel 1 Nummer 8 (§ 257c Absatz 2a - neu - , Absatz 3 Satz 5 - neu - StPO)
Artikel 1 Nummer 8 § 257c ist wie folgt zu ändern:
- a) Nach Absatz 2 ist folgender Absatz 2a einzufügen: "
Gegenstand der Verständigung kann ferner auf Antrag der Nebenklage die Schadenswiedergutmachung sein. Ist die Schadenswiedergutmachung Gegenstand der Verständigung, so kommt diese nur zustande, wenn Angeklagter, Staatsanwaltschaft und Nebenklage dem Vorschlag des Gerichts zustimmen. Kommt eine Verständigung mit dem Inhalt der Schadenswiedergutmachung zustande, so sind § 404 Absatz 5, §§ 405, 406 Absatz 1 Satz 1 und Satz 2, Absatz 3, 4 und Absatz 5 Satz 1 entsprechend anwendbar."
- b) Dem Absatz 3 ist folgender Satz 5 anzufügen: "
Sofern Verfahrensgegenstand ein Verbrechen gegen die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung ist, kommt die Verständigung nur zustande, wenn auch die Nebenklage ihre Zustimmung erklärt."
Begründung
Mit der gesetzlichen Regelung der Verfahrensabsprache erkennt der Gesetzgeber an, dass dieses richterrechtlich entwickelte Instrument zur verfahrensökonomischen Erledigung von Strafverfahren geeignet sein kann. Dabei darf aber nicht verkannt werden, dass die Verwirklichung der Absprache, so es nicht darum geht, einem Opfer die belastende Aussagesituation zu ersparen, häufig in erster Linie dem Angeklagten, der eine mildere Sanktion und die Perspektive einer verlässlichen Strafobergrenze erwirkt, und den Organen der Strafrechtspflege, die sich ein aufwändiges Verfahren "ersparen", nutzt. Die Opferinteressen drohen dabei, zu kurz zu kommen.
Andererseits führt die gesetzgeberische Anerkennung der Absprache dazu, dass dem von der Offizialmaxime beherrschten Strafprozess, kommunikative und gestaltende Elemente hinzugefügt werden. Insoweit erscheint es konsequent, bei dem hierbei herbeizuführenden Interessensausgleich die Interessen einer verfahrensökonomischen und einer für den Angeklagten "kalkulierbaren" Verfahrenserledigung mit dem nicht nur privaten, sondern durchaus auch öffentlichen Interesse an einer effektiven Schadenswiedergutmachung des Opfers im Rahmen des Strafverfahrens zu verbinden. Dies eröffnet im Rahmen der gesetzlichen Regelung der Verfahrensabsprache die Chance, das im Gerichtsalltag wenig genutzte Instrument des Adhäsionsverfahrens im Interesse des Opferschutzes zu effektivieren und - in geeigneten Fällen - zum Gegenstand der Verfahrensabsprache zu machen. Dies wird im Ergebnis dazu führen, dass etliche Zivilprozesse, gegebenenfalls sogar auf Gebieten wie dem gewerblichen Rechtsschutz und dem Urheberrecht (vgl. § 395 Absatz 2 StPO), vermieden werden können.
Die hiermit verbundene Stärkung des Opferschutzes bei Verfahrensabsprachen wird erst vollständig, wenn neben der Einbeziehung der Schadenswiedergutmachung als möglichem Inhalt einer Verfahrensabsprache die Position der Nebenklage auch dadurch aufgewertet wird, dass ihr in bestimmten Konstellationen der Betroffenheit höchstpersönlicher Rechtsgüter ein echtes Mitspracherecht beim Zustandekommen der Verständigung zuerkannt wird. Dies ist geeignet, das Vertrauen in die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege zu stärken und steht durchaus nicht in einem dogmatischen Widerspruch zur Beschränkung des Anfechtungsrechts der Nebenklage ( § 400 StPO). Denn das Anfechtungsrecht wird beschränkt nach Durchführung einer "normalen" Hauptverhandlung. Diese hat bei einer Verständigung aber unter Umständen gerade nicht stattgefunden, weshalb es konsequent ist, die Verständigung in den dafür vorgesehenen Fällen erst nach Zustimmung des Opfers wirksam werden zu lassen.