819. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2006
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Rechtsausschuss (R) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Zum Richtlinienvorschlag - allgemein -
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Zielrichtung des Richtlinienvorschlags, die Voraussetzungen für einen echten EU-Binnenmarkt zu schaffen, ein hohes Maß an Verbraucherschutz zu sichern und die bestehenden Richtlinien den neuen Finanzinstrumenten anzupassen.
Er hält verschiedene Elemente des geänderten Vorschlags für geeignet, diesem Anliegen Rechnung zu tragen. Der Richtlinienvorschlag begegnet jedoch in verschiedener Hinsicht Bedenken. Die Betrachtung im Einzelnen zeigt, dass die Ziele mit den vorgesehenen Neuerungen teilweise nicht erreicht werden können.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung deshalb, sich bei den Beratungen des Vorschlags für folgende Änderungen einzusetzen:
Geltungsbereich der Richtlinie
Zu Artikel 2 Abs. 2 Buchstabe e
- 2. Zins- und gebührenfrei gewährte Kredite sollten grundsätzlich vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden. Da der Verbraucher seine Verpflichtungen aus einem solchen Vertrag ohne Weiteres überschauen kann, besteht für ihn unabhängig von der vereinbarten Rückzahlungsfrist kein besonderes Schutzbedürfnis. Die in Absatz 2 Buchstabe e vorgesehene Beschränkung auf Kreditverträge mit einer Rückzahlungsfrist von höchstens drei Monaten sollte daher gestrichen werden.
Zu Artikel 2 Abs. 3
- 3. Der Bundesrat begrüßt, dass Überziehungskredite (Artikel 2 Abs. 3) nur noch einem eingeschränkten Pflichtenkreis unterworfen werden sollen. Die bezüglich dieser Kreditform vorgeschlagenen Informationspflichten bürden dem Kreditgeber oder gegebenenfalls dem Kreditvermittler jedoch noch zu weit gehende Pflichten auf. Dieses für den kurzfristigen Finanzbedarf des Verbrauchers eingesetzte Finanzierungsinstrument könnte dadurch an Bedeutung verlieren.
Es erscheint insoweit entbehrlich, dem Kreditgeber obligatorisch vorzuschreiben, die für die Ermittlung des Sollzinses zu Grunde liegenden Bedingungen im Einzelnen mitzuteilen (Artikel 9 Abs. 2 Buchstabe d). Es könnte ausreichend sein, wenn dem Verbraucher diese Informationen nur auf sein Verlangen hin mitzuteilen sind.
Durch die Verweisung auf Artikel 9 Abs. 1 wird der konkludente und formlose Abschluss eines Darlehensvertrags durch "Duldung" einer faktischen Überziehung nicht mehr möglich sein.
Soweit Artikel 2 Abs. 3 auf Artikel 10 verweist, erscheint dies überflüssig, weil Artikel 11 Satz 2 eine Sonderregelung für diese Information enthält.
Soweit Artikel 2 Abs. 3 auf Artikel 9 Abs. 3 verweist, ist fraglich, in welchem Fall das Kapitalbildungsmodell relevant werden könnte. Unklar ist, warum in Artikel 2 Abs. 3 nicht auf Artikel 9 Abs. 2 Buchstabe e verwiesen wird (effektiver Jahreszins), während in Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe c diese vorvertragliche Information gegeben werden muss.
Zu Artikel 2 Abs. 4 Buchstabe a
- 4. Kreditverträge, bei denen der Gesamtbetrag 300 Euro nicht überschreitet, sollten vom Anwendungsbereich der Richtlinie durch eine Ergänzung in Absatz 2 ausgenommen werden. (bei Annahme entfällt Ziffer 5)
- 5. Kleinkredite bis zu 300 Euro sollten grundsätzlich vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden.
- 6. Zwar sieht der geänderte Vorschlag für Kleinkredite nicht mehr die Anwendung aller Vorschriften der Richtlinie vor. Der Kreditgeber wird aber weiterhin zu umfangreichen vorvertraglichen (Artikel 6 Abs. 2) und vertraglichen Informationen (Artikel 9 Abs. 2 Buchstabe a bis g und j, Abs. 3) verpflichtet. Das Risiko für den Verbraucher bei Kleinkrediten ist jedoch so überschaubar, dass es - wie auch bisher - keiner besonderen Schutzvorschriften bedarf.
- 7. Es sollte die Grenze für Kleinkredite auf 500 Euro angehoben und Artikel 2 Abs. 4 Buchstabe a gestrichen werden; denn die Informationsanforderungen würden für weitere Teile der Bevölkerung Kredite erheblich verteuern, weil die Verwaltungsaufwendungen in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Kreditbetrag stünden.
Um einer Überschuldung vorzubeugen, könnte stattdessen daran gedacht werden, Informationspflichten an eine bestimmte Höhe der Gesamtverschuldung eines Verbrauchers bei einem Kreditgeber zu knüpfen, soweit die Kosten-Nutzen-Relation gewahrt bleibt.
Zu Artikel 2 Abs. 4 Buchstabe c
- 8. Es wird grundsätzlich begrüßt, dass der geänderte Richtlinienvorschlag für Umschuldungskredite vereinfachte Regelungen vorsieht. Die unter (i) verlangte Prognose, dass eine Vereinbarung über Stundungs- oder Rückzahlungsmodalitäten voraussichtlich ein Gerichtsverfahren wegen der Nichterfüllung des ursprünglichen Kreditvertrags vermeiden könnte, erscheint jedoch praktisch kaum nachweisbar. Auch die unter (ii) genannte Voraussetzung, dass der Verbraucher im Vergleich zum ursprünglichen Kreditvertrag nicht schlechter gestellt wird, erscheint kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Anwendung vereinfachter Regelungen. Zum einen gibt es keine geeigneten Parameter, um bei veränderten Konditionen (Laufzeit, Ratenhöhe, Zins usw.) eine Schlechterstellung ohne große Schwierigkeiten festzustellen. Zum anderen sind bei geänderten Rahmenbedingungen angemessene Veränderungen durchaus sachgerecht.
Kreditverträge mit beschränktem Pflichtenkreis
Zu Artikel 3 Buchstabe d
- 9. Die Begriffsbestimmung der "Überziehungsfazilität" ist nicht eindeutig. Unklar ist, ob die "Einräumung der Möglichkeit", das laufende Konto zu belasten, obwohl keine ausreichende Deckung vorliegt, nur den vertraglich vereinbarten oder auch den geduldeten Überziehungskredit erfasst. Das deutsche Recht kennt keinen Überziehungskredit, der (allein) auf Grund gesetzlicher Bestimmungen innerhalb von drei Monaten oder auf Aufforderung des Kreditgebers zurückgezahlt werden muss. Die Fälligkeit des Anspruchs auf Rückzahlung des Darlehens hängt auch im Fall des Überziehungskredits von der Kündigung ab (vgl. § 488 BGB).
Zu Artikel 3 Buchstabe e
Zu Artikel 3 Buchstabe f
Zu Artikel 3 Buchstabe j
- 13. Die Definitionen für den in Anspruch genommenen Kreditbetrag und den Gesamtkreditbetrag in Artikel 3 Buchstabe i und j lassen sich nicht klar voneinander abgrenzen. Es wird daher vorgeschlagen, die Definition in Artikel 3 Buchstabe j der Terminologie des BGB anzupassen und den Begriff "Nettokreditbetrag" so zu definieren, dass hierunter die Summe aller möglichen Ziehungen bei nicht revolvierenden Darlehen und die Höchstgrenze des Darlehens bei revolvierenden Darlehen zu verstehen ist.
Zu Artikel 3 Buchstabe l
- 14. - Die vorgeschlagene Definition für den verbundenen Kreditvertrag bringt unkalkulierbare Haftungsrisiken für den Kreditgeber mit sich. Sie geht inhaltlich weit über § 358 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB hinaus. Anders als im BGB soll eine wirtschaftliche Einheit zwischen dem Kreditvertrag und dem finanzierten Geschäft bereits dann vorliegen, wenn es sich bei dem finanzierenden Kreditinstitut und dem Unternehmen, das die Ware verkauft oder die Dienstleistung erbringt, um zwei verschiedene Personen handelt und sich das Kreditinstitut bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Kreditvertrags der Mitwirkung des Unternehmens bedient. Diese würde dazu führen, dass auch ein Kreditvertrag als verbundener Kreditvertrag zu qualifizieren wäre, wenn Kreditgeber und das Unternehmen, das die Waren- oder Dienstleistung erbringt, in keiner Weise miteinander in Rechtsbeziehung stehen und das Unternehmen den Kredit auch nicht für das Kreditinstitut vermittelt. Alleine dadurch, dass eine Ware oder Dienstleistung finanziert wird, handelt es sich noch nicht um einen verbundenen Kreditvertrag. Denn mit einer Kreditaufnahme verfolgt der Verbraucher in der Regel solche Zwecke. Die in Kreditvertragsformularen aus bankwirtschaftlichen Gründen häufig vorgesehene Angabe des Verwendungszwecks hat keinerlei Aussagekraft für die Frage, ob der Kreditvertrag und das finanzierte Geschäft in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, das den in Artikel 14 Abs. 1 vorgesehenen Widerruf in sachlicher Hinsicht rechtfertigen würde. Eine bankaufsichtsrechtlich veranlasste Zweckangabe sagt nichts darüber aus, ob es sich bei dem Kreditvertrag und dem finanzierten Geschäft zivilrechtlich um verbundene Verträge handelt. Die besonderen Rechtsfolgen und Haftungsrisiken eines verbundenen Kreditvertrags, die sich aus der Definition des Artikels 3 Buchstabe l i. V. m. dem Anforderungskatalog des Artikels 14 ergeben, dürfen nur unter engen, genau zu definierenden Voraussetzungen eintreten. Die letzte Alternative in Artikel 3 Buchstabe 1 Doppelbuchstabe ii Halbsatz 2 sollte daher gestrichen werden. - Der Erwerb von Aktien, Derivaten und anderen Finanzmarktinstrumenten, die den Schwankungen der Kapitalmärkte unterliegen, sind von den Regelungen über verbundene Verträge auszunehmen. Es ist erforderlich, eine § 491 Abs. 2 Nr. 2 BGB vergleichbare Regelung zu treffen, da sonst dem Verbraucher die Möglichkeit eröffnet wäre, nicht gerechtfertigt das Risiko aus solchen Geschäften dem Kreditgeber aufzubürden. Die Vorschrift sollte daher in dem Sinne ergänzt werden, dass die Regelungen über verbundene Kreditverträge keine Anwendung finden, wenn der Kreditvertrag zur Finanzierung des Erwerbs von Wertpapieren, Devisen, Derivaten, Fonds, Edelmetallen oder anderen Finanzmarktinstrumenten dient, die an den Geld- und Kapitalmärkten Schwankungen unterliegen.
Standardinformationen in der Werbung
Zu Artikel 4
- 15. Der Bundesrat begrüßt die Zielrichtung, bestimmte Standardinformationen bereits in der Werbung vorzuschreiben, um dem Verbraucher bereits in dieser Phase den Vergleich der Produkte zu ermöglichen. Geprüft werden sollte hingegen, ob sämtliche Angaben erforderlich sind, um dieses Ziel zu erreichen. In der Werbung sollte der Verbraucher lediglich über wenige wesentliche Fakten unterrichtet werden, die ihm einen groben Vergleich der verschiedenen beworbenen Kreditprodukte ermöglichen. Detaillierte Informationen, wie die in Buchstabe e vorgesehene Angabe jeder Art von Kosten im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag, erscheinen erst im vorvertraglichen Stadium sinnvoll. Die Gesamtkosten des Kredits sind im effektiven Jahreszins miteinberechnet und ermöglichen so dem Verbraucher eine erste Einschätzung des Produkts.
- 16. Der geänderte Vorschlag unterscheidet zwischen vier unterschiedlichen Stufen der Verbraucherinformation:
- - Standardinformationen in der Werbung (Artikel 4)
- - vorvertragliche Informationen (Artikel 5 und Artikel 6)
- - zwingende Angaben in Kreditverträgen (Artikel 9)
- - Aufklärungs- und Beratungspflichten (Artikel 5 Abs. 5).
Diese Informationsanforderungen sind nicht aufeinander abgestimmt und führen zu Überschneidungen, Wiederholungen und Widersprüchen. Das Ziel, dem Verbraucher eine informierte Entscheidung zu ermöglichen, wird damit nicht erreicht, sondern in sein Gegenteil verkehrt.
Artikel 4 schränkt die werbliche Darstellung von Kreditvertragsprodukten in der Praxis in unverhältnismäßiger Weise ein, indem beispielsweise Informationen in der Werbung zukünftig nur in der in Artikel 4 Abs. 2 Buchstaben a bis e angegebenen Reihenfolge gegeben werden dürfen. Die detaillierten Vorgaben sind kaum umsetzbar. Der Umfang der Informationen macht insbesondere Werbung in Funk oder Fernsehen nahezu unmöglich. Die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates 2005/29/EG vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern hat für den Bereich der Finanzdienstleistungen in ihrem Artikel 3 Abs. 9 den einzelnen Mitgliedstaaten die Regelungskompetenz belassen. Die Regelung in Artikel 4 sollte daher auf ihre Notwendigkeit überprüft werden.
Zu Artikel 5 und 9
- 17. Es ist darauf hinzuweisen, dass die in der Verbraucherkreditrichtlinie vorgesehenen Informationspflichten mit den nach anderen europäischen Richtlinien vorgesehenen Informationspflichten, insbesondere mit der Fernabsatzrichtlinie für Finanzdienstleistungen, nicht deckungsgleich sind. Im Interesse der Rechtsklarheit bedarf es daher der Angleichung der Vorschriften.
Vorvertragliche Informationen
Zu Artikel 5 Abs. 1
- 18. Die in Absatz 1 Satz 2 enthaltene Verpflichtung des Kreditgebers zur Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers erscheint zu weit gehend. Der Kreditgeber prüft derzeit die Bonität des Verbrauchers im eigenen Interesse. Nach dem Richtlinienvorschlag wird dem Kreditgeber rechtlich auch die Wahrnehmung der Interessen des Verbrauchers auferlegt. Grundsätzlich hat jedoch jeder Verbraucher selbst zu entscheiden, ob es zu verantworten ist, für einen bestimmten Zweck einen Kredit in bestimmter Höhe aufzunehmen. Wird diese Entscheidung nun den Kreditgebern auferlegt, so werden sie zukünftig ihre Anforderungen an die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers erhöhen, um sich nicht dem Risiko von Schadensersatzansprüchen auszusetzen. Der Verbraucher benötigt diesen Schutz nicht. Ist sichergestellt, dass er vor Abschluss eines Kreditvertrags ausreichend über die Vertragsbedingungen informiert wird, muss er auch die Verantwortung für den Vertragsschluss übernehmen.
19. Zu Artikel 5 Abs. 2 Buchstabe d und Artikel 9 Abs. 2 Buchstabe e
Der Wortlaut, die Gesamtkosten an einem repräsentativen Beispiel unter "Angabe aller finanziellen Daten und Annahmen, die bei der Berechnung dieses Zinssatzes zugrunde gelegt wurden" zu erläutern, sollte so geändert werden, dass nicht die Erwartung erweckt wird, der Kreditgeber müsste seine interne Preiskalkulation offen legen. Dies ist gleichfalls in Artikel 9 Abs. 2 Buchstabe e zu berücksichtigen, nach dessen Wortlaut alle in die Berechnung dieses Zinses einfließenden Finanzdaten und Annahmen anzugeben sind.
Zu Artikel 5 Abs. 2 Buchstabe g
Die Regelung sieht vor, dass dem Darlehensnehmer sämtliche Kosten, die an andere Personen als den Kreditnehmer oder den Kreditvermittler zu entrichten sind, bekannt gegeben werden müssen. Die Regelung ist auf etwas Unmögliches gerichtet, denn Kreditgeber haben regelmäßig keine Kenntnis davon, welche Kosten einem Verbraucher - etwa von einem Notar oder Finanzbehörden - in Rechnung gestellt werden.
Zu Artikel 5 Abs. 2 Buchstabe i und Artikel 9 Buchstabe j
Die Regelung, dem Darlehensnehmer "Verzugszinsen" und "Nichterfüllungskosten" bekannt zu geben, kann in Bezug auf die Höhe der Kosten nicht erfüllt werden und sollte daher gestrichen werden. Welcher Schaden dem Kreditgeber dadurch entstehen könnte, dass der Darlehensnehmer seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt, lässt sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht angeben. Die Zahlungsansprüche richten sich unter anderem danach, über welchen Zeitraum und in welcher Höhe der Darlehensnehmer seinen vertraglichen Rückzahlungsverpflichtungen zukünftig nicht nachkommt und - insbesondere bei variabel verzinslichen Krediten - welcher Vertragszins zu dem Zeitpunkt gelten wird, zu dem der Darlehensnehmer seine vertraglichen Verpflichtungen ganz oder teilweise nicht mehr erfüllt. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses könnte allenfalls der dann geltende Verzugszinssatz benannt werden. Dem Grunde nach sind für Kosten bei Vertragsstörungen Allgemeine Geschäftsbedingungen maßgeblich, die Verbraucher nicht unangemessen benachteiligen dürfen. Insofern ist der Verbraucher rechtlich geschützt.
Ebenso sollte die inhaltlich identische Regelung in Artikel 9 Buchstabe j gestrichen werden.
Zu Artikel 5 Abs. 2 Buchstabe l und Artikel 9 Buchstaben
Die Angabe der Kosten einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens ist einem Kreditgeber zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unmöglich. Allenfalls könnte die Berechnungsmethode angegeben werden, wenn sie fester Vertragsinhalt ist. Der vom Darlehensnehmer im Falle einer vorzeitigen Rückführung der Darlehensvaluta zu begleichende Betrag hängt maßgeblich von der Höhe des Vertragszinssatzes und dem Zinsniveau zum Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung der Darlehensvaluta ab. Die zukünftige Entwicklung des Zinsniveaus und damit auch die Höhe der Entschädigung sind bei Vertragsschluss ungewiss. Die Vorschriften sollten daher gestrichen werden.
Zu Artikel 5 Abs. 5
- 20. Der geänderte Richtlinienvorschlag sieht vor, dass der Kreditgeber nicht nur zur Erteilung der vorvertraglichen Informationen verpflichtet ist, sondern dem Verbraucher auch angemessene Erläuterungen zum angebotenen Kreditvertrag zu geben hat. Eine generelle Erläuterungspflicht trägt der Eigenverantwortlichkeit des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers, auf den es hier ankommt, nicht angemessen Rechnung. Darüber, welche Erläuterungen der Verbraucher zu den bereits erhaltenen vorvertraglichen Informationen benötigt, sollte der Verbraucher selbst und nicht der Gesetzgeber entscheiden. Der Kreditgeber sollte daher nur auf entsprechende Anforderung des Verbrauchers zu zusätzlicher Erläuterung verpflichtet sein. Eine solche Einschränkung scheint von dem den Mitgliedstaaten in Satz 2 eingeräumten Gestaltungsspielraum nicht gedeckt zu sein.
Zu Artikel 6 und Artikel 9
- 21. Der Erwägungsgrund des Vorschlags, für Überziehungsfazilitäten nur einige wenige vertragliche Informationspflichten gelten zulassen, ist nicht verwirklicht worden. Die Regelungen bedürfen daher einer Änderung im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 Buchstabe e der geltenden Verbraucherkreditrichtlinie, damit auch in Zukunft einfach und unbürokratisch Valuta mit Hilfe des auf einem Girokonto eingeräumten Überziehungskredits zur Verfügung gestellt werden können. Anderenfalls stände der Aufwand außer Verhältnis zu dem meist kurzfristigen Kreditbedarf auf dem Girokonto, zumal der Kreditgeber für solche Überziehungen bonitätsabhängige Höchstgrenzen individuell festlegt. Das in Deutschland übliche und kostengünstige Lastschriftverfahren sollte nicht erschwert werden.
Ausnahmen
Zu Artikel 7
- 22. Der Bundesrat begrüßt, dass Lieferanten und Dienstleister, die nur in untergeordneter Funktion als Kreditvermittler beteiligt sind, von den Pflichten zur vorvertraglichen Information befreit werden. Im Anschluss an seinen Beschluss vom 29. November 2002 (BR-Drucksache 756/02(Beschluss) , Ziffer 7) erscheint es dem Bundesrat aber nicht sinnvoll, diesen Anbieterkreis der Regulierung nach Artikel 19 zu unterwerfen.
Vertragliche Informationen
Zu Artikel 9 Abs. 1
- 23. Es bestehen weiterhin erhebliche Bedenken gegen den in Absatz 1 vorgesehenen Verzicht auf die Schriftform. Die mit der Schriftform verbundene Warnfunktion ist für den Verbraucher von besonderer Bedeutung. Insbesondere bei Vertragsangeboten im Internet kann das Unterzeichnen und postalische Versenden des ausgedruckten Vertragsentwurfs den Verbraucher vor übereilten Entscheidungen schützen. Hierauf sollte gerade im Hinblick auf die Vielzahl der Privatinsolvenzen nicht verzichtet werden.
Unbefristete Kreditverträge und langfristige Verträge
Zu Artikel 12 Abs. 2
- 24. Der geänderte Vorschlag sieht vor, dass der Kreditgeber dem Kreditnehmer das Recht auf Inanspruchnahme des Kredits auf Grund eines unbefristeten Vertrags ohne Vorankündigung entziehen kann. Dies kann eine erhebliche Belastung des Verbrauchers zur Folge haben, wenn er sich bei seiner Finanzplanung auf die Zusage des Kreditgebers verlässt und diese ohne weitere Bedingungen entzogen werden kann. Diese Schwierigkeiten werden vermieden, wenn die fristlose Kündigung des Kreditvertrags vor Leistung des Darlehensbetrags nur beim Vorliegen wichtiger Gründe möglich ist, wie es § 490 Abs. 1 BGB vorsieht.
Widerrufsrecht
Zu Artikel 13 Abs. 5 Buchstabe b
- 25. Das Verhältnis zu anderen Widerrufsrechten kommt in Absatz 5 Buchstabe b nicht eindeutig zum Ausdruck. Es wird vorgeschlagen, die Eingangsformulierung dergestalt zu ändern, dass Artikel 13 Abs. 1 bis 4 nicht für diejenigen Kreditverträge gilt, die auf Grund der unter Artikel 13 Abs. 5 Buchstabe b (i) bis (iii) genannten Bestimmungen widerrufen wurden. Damit würde die Vorschrift an den Wortlaut von Artikel 6 Abs. 7 der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher vom 22. September 2002 (ABl. L 271/16 (PDF) ) angeglichen.
Vorzeitige Rückzahlung
Zu Artikel 15
- 26. Die Regelung in Artikel 15 Abs. 1, wonach der Verbraucher jederzeit berechtigt ist, den Darlehensvertrag ganz oder teilweise zurückzuzahlen, hätte zur Folge, dass ein Kündigungsausschluss in Zukunft nicht mehr wirksam vereinbart werden könnte. Festzinskredite würden damit auf jeden Fall teurer bzw. die Bereitschaft der Kreditinstitute, sich durch Festzinskredite, die in der Regel entsprechend refinanziert werden müssen, wirtschaftlich länger zu binden, würde sinken. Das Kündigungsrecht wird deshalb zu vermehrten Verbraucherkrediten mit variabler Verzinsung führen, was für den Verbraucher bei steigendem Zinsniveau eine zusätzliche Belastung bringt.
- 27. Hinsichtlich Kreditverträgen mit einer Zinsbindung unter einem Jahr ist kein Grund ersichtlich, der es rechtfertigen würde, dass der Kreditgeber auf die Vorfälligkeitsentschädigung verzichten muss. Eine derartige Regelung würde leichtfertige Darlehensnehmer privilegieren. Sie würde zur Verteuerung der Darlehen führen und sich letztlich zum Nachteil vertragstreuer Verbraucher auswirken.
Forderungsabtretung
Zu Artikel 16
Überschreiten des Gesamtkreditbetrags
Zu Artikel 17 Abs. 2
- 29. Der Bundesrat erkennt an, dass die Verpflichtung zur Umschuldung nach mehr als dreimonatiger wesentlicher Überschreitung des Gesamtkreditbetrags dazu beitragen könnte, der zunehmenden Verbraucherverschuldung entgegenzuwirken.
Es erscheint hingegen vorzugswürdig, von einer solchen obligatorischen Verpflichtung abzusehen und vielmehr eine Regelung zu finden, die die Eigenverantwortlichkeit der Vertragsparteien stärker berücksichtigt.
Harmonisierung, gegenseitige Anerkennung
Zu Artikel 21 Abs. 1
- 30. Der Bundesrat begrüßt, dass nur noch bestimmte Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf Verbraucherkreditverträge angeglichen werden sollen und den Mitgliedstaaten in bestimmten Bereichen ein Gestaltungsspielraum eingeräumt werden soll.
Allerdings bestehen die vom Bundesrat in Bezug auf den Geltungsbereich geltend gemachten Bedenken (Verbraucherbegriff, Existenzgründungsdarlehen) fort (vgl. BR-Drucksache 756/02(Beschluss) , Ziffer 38).
Zu Artikel 21 Abs. 2
- 31. Für eine Verbesserung der Rahmenbedingungen des Verbraucherkreditrechts im europäischen Binnenmarkt ist der Regelungsansatz nicht geeignet. Es bleibt unklar, wie Mindestharmonisierung, Unabdingbarkeit von Vorschriften der Richtlinie und gegenseitige Anerkennung von Vorschriften in der Praxis funktionieren sollen und wie zugleich das geltende Übereinkommen von Rom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Beachtung finden kann. Nach Artikel 5 des Übereinkommens ist grundsätzlich das Recht des Staates maßgeblich, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die vertragliche freie Rechtswahl darf nach dem Übereinkommen nicht dazu führen, dass der Verbraucher den Schutz verliert, der durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts des Staates, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, gewährleistet ist. Die vorgeschlagene Bestimmung über die Anerkennung soll jedoch bewirken, dass ein Kreditgeber, der in einem anderen Mitgliedstaat tätig wird, nur die rechtlichen Anforderungen seines Herkunftslandes erfüllen muss. Die Regelung des Artikels 21 Abs. 2 ist sowohl für Verbraucher als auch Kreditgeber nachteilig und zu kompliziert. Es ist zu befürchten, dass die divergierenden Regelungen zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen werden, die das Funktionieren des Binnenmarkts nicht fördern, sondern belasten.
- 32. Auf das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung sollte verzichtet werden, zumal die Kommission zunächst eine Änderung des Übereinkommens von Rom im Zusammenhang mit einem Vorschlag für eine Hypothekarrichtlinie prüfen will. (bei Annahme entfällt Ziffer 33)
- 33. Der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung in den im Einzelnen in Artikel 21 Abs. 2 vorgesehenen Bereichen begegnet Bedenken.
- 34. Dass ein Kreditgeber, der in einem anderen Mitgliedstaat als seinem Herkunftsland tätig wird, nur die rechtlichen Anforderungen seines Herkunftsstaates, nicht aber die gegebenenfalls strengeren Anforderungen des anderen Staates erfüllen muss, wenn dadurch der freie Dienstleistungsverkehr eingeschränkt würde, bringt die ganz erhebliche Gefahr der Wettbewerbsverzerrung mit sich.
Der deutsche Kreditgeber wird sich auf dem internationalen Markt auf Grund der unter Umständen strengeren Vorgaben nicht behaupten können und läuft zudem Gefahr, auf dem innerdeutschen Markt von Kreditgebern aus anderen Mitgliedstaaten mit geringerem Schutzniveau verdrängt zu werden. Das Schutzniveau des deutschen Verbrauchers wird herabgesenkt.
Übergangsmaßnahmen
Zu Artikel 26 Abs. 2
- 35. Durch die Kosten, die Kreditinstituten entstehen würden, wenn innerhalb von zwei Jahren in den Mitgliedstaaten der EU Hundert Millionen unbefristet abgeschlossene Verträge angepasst werden müssten, würde die Zielrichtung der Richtlinie verfehlt. Auf die Regelung sollte verzichtet werden, weil die Kosten zu hoch wären und dies zum Nachteil des Verbrauchers geriete. Die Kreditwirtschaft beziffert die Kosten anhand von Plausibilitätsberechnungen auf insgesamt mehrere Milliarden Euro.
- *) Erster Beschluss des Bundesrates vom 29. November 2002, BR-Drucksache 756/02(Beschluss) Wiederaufnahme der Beratungen gemäß § 45i Abs. 1 GO BR (jetzt: EU, R, Wi)