Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 100840 - vom 27. Januar 2010.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung vom 14. - 17. Dezember 2009 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, auf alle Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen und die dazugehörigen Fakultativprotokolle, auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und die beiden dazugehörigen Fakultativprotokolle, sowie auf die Charta der Vereinten Nationen und insbesondere die Artikel 1 und 25 sowie Kapitel VII Artikel 39 und 41,
- - unter Hinweis auf die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ("Europäische Menschenrechtskonvention") und die dazugehörigen Protokolle, sowie auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ("Charta"), insbesondere Titel VI der Charta - Justizielle Rechte -, der am 1. Dezember 2009 in Kraft getreten ist,
- - unter Hinweis auf die einschlägigen Bestimmungen des Vertrags von Lissabon, durch den der Vertrag über die Europäische Union (EUV) und der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) geändert wird, insbesondere auf die Artikel 75, 215 und 275 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), sowie auf die Bestimmungen über die demokratischen Grundsätze in Titel II des EUV,
- - unter Hinweis auf die bisher geltenden einschlägigen Bestimmungen des EUV (Artikel 3, 6, 11, 13, 19, 21, 29 und 39) und des EGV (Artikel 60, 133, 296, 297, 301 und 308),
- - unter Hinweis auf die einschlägigen Texte des Rates zu dieser Thematik1,
- - in Kenntnis des Gemeinsamen Standpunkts 2001/930/GASP des Rates über die Bekämpfung des Terrorismus2 und des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP des Rates über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus1, beide vom 27. Dezember 2001, und der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 des Rates vom 27. Dezember 2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus2,
- - in Kenntnis des Gemeinsamen Standpunkts 2002/402/GASP des Rates betreffend restriktive Maßnahmen gegen Osama bin Laden, Mitglieder der Al-Qaida-Organisation und die Taliban sowie andere mit ihnen verbündete Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen3 und der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen4, beide vom 27. Mai 2002, und des Vorschlags der Kommission sowie des Texts des Rates dazu5,
- - in Kenntnis des Gemeinsamen Standpunkts 2009/138/EG des Rates vom 16. Februar 2009 über restriktive Maßnahmen gegen Somalia6, des entsprechenden Kommissionsvorschlags7 sowie des Gemeinsamen Standpunkts 2004/161/GASP des Rates vom 19. Februar 2004 zur Verlängerung der restriktiven Maßnahmen gegen Simbabwe8, geändert durch den Gemeinsamen Standpunkt 2008/632/GASP vom 31. Juli 20089, und des entsprechenden Kommissionsvorschlags10,
- - unter Hinweis auf seine bisherigen Entschließungen zu diesem Thema und besonders seine Entschließung vom 4. September 2008 zur Evaluierung der EU-Sanktionen als Teil der Aktionen und Maßnahmen der Europäischen Union im Bereich der Menschenrechte11,
- - unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Rechtsfragen und Menschenrechte der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 16. November 2007 zum Thema "Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und die schwarzen Listen der Europäischen Union" und auf das Addendum zu diesem Bericht vom 22. Januar 2008,
- - in Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, insbesondere seines Urteils vom 3. September 2008 in den verbundenen Rechtssachen C-402/05 P und C-415/05 P, Kadi und Al Barakaat International Foundation gegen Rat und Kommission12,
- - nach Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten vom 28. Juli 2009 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 zur Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen,
- - unter Hinweis auf das Schreiben der Vorsitzenden seines Entwicklungsausschusses vom 12. November 2009 an den Vorsitzenden seines Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und innere Angelegenheiten,
- - in Kenntnis der Anfragen vom 16. November 2009 an die Kommission und den Rat zu restriktiven Maßnahmen (O-0135/2009 - B7-0233/2009, O-0136/2009 - B7-0234/2009),
- - unter Hinweis auf die von seinem Rechtsausschuss in der Sitzung vom 3. Dezember 2009 vertretenen Standpunkte bezüglich der Rechtsgrundlagen für die Vorschläge zu den Texten über Osama bin Laden, das Al-Qaida-Netzwerk und die Taliban, Somalia und Simbabwe gemäß dem Vertrag von Lissabon,
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 und Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Achtung der Menschenrechte zu den Werten gehört, auf die die Union gegründet ist (Artikel 2 EUV), was sich auch in ihren Außenmaßnahmen widerspiegelt, da sich die Union nach Artikel 21 Absatz 1 EUV "bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene von den Grundsätzen leiten (lässt), die für ihre eigene Entstehung, Entwicklung und Erweiterung maßgebend waren und denen sie auch weltweit zu stärkerer Geltung verhelfen will: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschenwürde, der Grundsatz der Gleichheit und der Grundsatz der Solidarität sowie die Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts",
B. in der Erwägung, dass die Europäische Union entschlossen ist, den Terrorismus in allen seinen Dimensionen zu bekämpfen, unabhängig davon, ob er innerhalb oder außerhalb der Grenzen der Europäischen Union entsteht oder agiert, wobei sie, indem sie sich unterschiedlicher Instrumente und Mittel bedient, innerhalb der durch das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Grundrechte vorgegebenen klaren Grenzen tätig wird; in der Erwägung, dass mit äußerster Sorgfalt vorgegangen werden muss, um zu garantieren, dass in diesem speziellen Bereich die Grundrechte uneingeschränkt geachtet werden und dass alle Maßnahmen, die zur Bekämpfung des Terrorismus ergriffen werden, verhältnismäßig, angemessen und wirksam sind,
C. in der Erwägung, dass zu den Maßnahmen, die die Union zur Erreichung der vorstehend genannten Ziele, darunter die Bekämpfung des Terrorismus, einsetzt, auch (aber nicht nur) restriktive Maßnahmen (Sanktionen) gegen die Regierungen von Drittstaaten, natürliche oder juristische Personen, Gruppierungen und nichtstaatliche Einheiten gehören; in der Erwägung, dass weiterhin fraglich ist, ob die Vereinten Nationen und die Europäische Union ausreichende Nachweise dafür erbringen können, dass solche Maßnahmen erfolgreich zur Eindämmung der Finanzierung von terroristischen Handlungen beitragen, und in dem Bewusstsein, dass diese Maßnahmen die Glaubwürdigkeit des Engagements der Europäischen Union und der Vereinten Nationen für die Grundrechte erheblich beeinträchtigt haben,
D. in der Erwägung, dass die Bezeichnungen "Sanktionen" und "restriktive Maßnahmen" in dieser Entschließung, wie in der Europäischen Union üblich, synonym verwendet werden1; in der Erwägung, dass dem Rat zufolge Sanktionen gezielt so verhängt werden sollten, dass die größtmögliche Wirkung auf diejenigen erzielt wird, deren Verhalten es zu beeinflussen gilt; dabei sollten durch die gezielte Ausrichtung der Maßnahmen negative humanitäre Auswirkungen und die Gefahr unbeabsichtigter Folgen für Personen, gegen die sie sich nicht richten, sowie mögliche negative Auswirkungen für Nachbarländer so gering wie möglich gehalten werden,
E. in der Erwägung, dass nach Artikel 215 Absatz 2 EUV, sofern "() ein nach Titel V Kapitel 2 des Vertrags über die Europäische Union erlassener Beschluss dies vor(sieht), () der Rat nach dem Verfahren des Absatzes 1 restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen sowie Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten erlassen (kann)" und gemäß Artikel 75 Absatz 1 AEUV, "sofern dies notwendig ist, um die Ziele des Artikels 67 in Bezug auf die Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und damit verbundener Aktivitäten zu verwirklichen, () das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen einen Rahmen für Verwaltungsmaßnahmen in Bezug auf Kapitalbewegungen und Zahlungen (schaffen), wozu das Einfrieren von Geldern, finanziellen Vermögenswerten oder wirtschaftlichen Erträgen gehören kann, deren Eigentümer oder Besitzer natürliche oder juristische Personen, Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten sind",
F. in der Erwägung, dass nach Artikel 275 Unterabsatz 2 AEUV "der Gerichtshof () jedoch zuständig (ist) für (...) die unter den Voraussetzungen des Artikels 263 Absatz 4 dieses Vertrags erhobenen Klagen im Zusammenhang mit der Überwachung der Rechtmäßigkeit von Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage von Titel V Kapitel 2 des Vertrags über die Europäische Union erlassen hat",
G. in der Erwägung, dass das Europäische Parlament und der Rat nach Artikel 16 Absatz 2 AEUV aufgerufen sind, einen klaren und verlässlichen Rahmen für den Datenschutz zu schaffen mit Vorschriften "über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, und über den freien Datenverkehr"; in der Erwägung, dass nach diesem Artikel "die Einhaltung dieser Vorschriften () von unabhängigen Behörden überwacht (wird)", in der Erwägung, dass dies bedeutet, dass die oben genannten Vorschriften auch für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe der Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik gelten; in der Erwägung, dass Artikel 39 EUV (in Kapitel 2 mit dem Titel "Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik") als eine Abweichung von Artikel 16 AEUV zu interpretieren ist, wonach "der Rat einen Beschluss zur Festlegung von Vorschriften über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich dieses Kapitels fallen, und über den freien Datenverkehr (erlässt)"; in der Erwägung, dass wie in Artikel 16 Absatz 2 AEUV auch hier gewährleistet sein muss, dass "die Einhaltung dieser Vorschriften () von unabhängigen Behörden überwacht (wird)",
H. in der Erwägung, dass der Gerichtshof in der oben genannten Rechtssache Kadi und Al Barakaat International Foundation gegen Rat und Kommission die Verordnung (EG) Nr. 881/2002 für nichtig erklärte, soweit sie Yassin Abdullah Kadi und die Al Barakaat International Foundation betraf, und befand, dass, wenn eine Behörde in der Gemeinschaft beschließt, die Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen einer Person oder Organisation gemäß der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 einzufrieren, sie die Gründe für ihren Beschluss der betroffenen Person oder Organisation mitteilen muss, so dass diese ihr Recht auf Verteidigung, insbesondere ihren Anspruch auf rechtliches Gehör sowie ihr Recht auf eine gerichtliche Überprüfung wahrnehmen kann, und dass die betreffenden Personen und Organisationen, da sie nicht über die gegen sie vorliegenden Beweise informiert waren, auch nicht in der Lage waren, ihre Rechte im Hinblick auf diese Beweismittel unter angemessenen Bedingungen vor einem Gericht der Gemeinschaft zu verteidigen,
I. in der Erwägung, dass die Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften deutlich macht, dass die Kontrolle der Rechtmäßigkeit umso wichtiger ist, als sie die einzige Verfahrensgarantie ist, die gewährleistet, dass eine ausgewogene Abwägung zwischen dem Erfordernis, den internationalen Terrorismus zu bekämpfen, und dem Schutz der Grundrechte vorgenommen wird1; in der Erwägung, dass durch frühere Beschlüsse des Gerichts erster Instanz (verbundene Rechtssachen T-110/03, T-150/03 und T-405/03, Sison gegen Rat2) drei aufeinander folgende Beschlüsse des Rates bestätigt wurden, den Rechtsanwälten von José Maria Sison den Zugang zu den Dokumenten zu verwehren, die dem Beschluss des Rates zugrunde liegen, ihn in die Liste der Personen aufzunehmen, gegen die bestimmte restriktive Maßnahmen gemäß Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 ergriffen werden,
J. in der Erwägung, dass Untersuchungen zufolge die Sicherstellung von Vermögensgegenständen in den nationalen Systemen eine befristete Maßnahme ist, die von der richterlichen Entscheidung über die Beteiligung einer Person an einer Straftat abhängt, diese Sanktionen auf Ebene der Vereinten Nationen und der Europäischen Union jedoch nicht als befristete Maßnahmen in Erwartung einer richterlichen Entscheidung, sondern de facto als Alternativen zu richterlichen Entscheidungen anzusehen sind3,
K. in der Erwägung, dass die Resolution S/RES/1822 (2008) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen verschiedene Verbesserungen gebracht hat, wie beispielsweise: die Verpflichtung, die Begründungen für die Aufnahme von Personen in die Liste auf der Website des Sanktionsausschusses zu veröffentlichen; die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, im Einklang mit ihren nationalen Rechtsvorschriften und Verfahren alle in Frage kommenden Maßnahmen zu ergreifen, um die in die Liste aufgenommene Person oder Organisation innerhalb einer angemessenen Frist über die Aufnahme in die Liste zu benachrichtigen bzw. zu informieren und dieser Benachrichtigung eine Kopie des öffentlich zugänglichen Teils des Schriftsatzes und andere sachdienliche Informationen beizufügen; die Einrichtung einer Anlaufstelle, an die Personen, die in eine "schwarze Liste" aufgenommen wurden, Beschwerden richten können1; eine vollständige Überprüfung aller Namen auf der konsolidierten Liste,
L. in der Erwägung, dass es immer noch keine internationale rechtliche Regelung zur Kontrolle/Überprüfung der Richtigkeit der Informationen, die die Grundlage für die Aufnahme in die Liste des Sanktionsausschusses der Vereinten Nationen bilden, oder die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der angenommenen Maßnahmen gibt; in der Erwägung, dass betroffene Einzelpersonen auf Ebene der Vereinten Nationen nach wie vor kein Recht auf Zugang zu einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde haben2, Notwendigkeit eines konsequenten und transparenten Vorgehens und einer angemessenen Beteiligung des Parlaments
- 1. hält es für wichtig, über die Schaffung eines allgemeinen Regelungsrahmens für alle von der Europäischen Union gegen natürliche oder juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen verhängten gezielten Sanktionen nachzudenken, der die Achtung der Grundrechte derjenigen gewährleistet, gegen die die Sanktionen gerichtet sind;
- 2. vertritt die Ansicht, dass auf dem speziellen Gebiet der zur Terrorismusbekämpfung verhängten Santionen die Unterscheidung zwischen "externen" und "internen" Bedrohungen in der Praxis schwer zu rechtfertigen ist, zumal solche Sanktionen auch die Rechte der EU-Bürger und in der Europäischen Union ansässigen Personen gemäß der Charta3 berühren könnten; vertritt die Ansicht, dass ein Rechtsrahmen auf der Grundlage von Artikel 75 EUV für Maßnahmen in Bezug auf Kapitalbewegungen und Zahlungen geschaffen werden sollte, wozu das Einfrieren von Geldern, finanziellen Vermögenswerten oder wirtschaftlichen Erträgen gehören kann, deren Besitzer oder Eigentümer natürliche oder juristische Personen, Gruppen oder nichtstaatliche Einheiten sind, einschließlich (wie auch sein Rechtsausschuss festgestellt hat) restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen; ein solches Vorgehen würde eine ausreichende demokratische Rechenschaftspflicht durch die Einbeziehung des Parlaments im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens (ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens) gewährleisten; vertritt ferner die Ansicht, dass für eine angemessene Beteiligung der nationalen Parlamente gesorgt werden sollte;
- 3. vertritt die Ansicht, dass in Bezug auf das künftige Vorgehen, etwa betreffend restriktive Maßnahmen gegenüber Simbabwe und bestimmte spezifische restriktive Maßnahmen gegen bestimmte natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgrund der Lage in Somalia, die gemäß Artikel 215 Absatz 2 AEUV ergriffen werden, die Möglichkeit einer fakultativen Konsultation des Parlaments erwogen werden sollte (im Sinne der "Feierlichen Deklaration zur Europäischen Union", die der Europäische Rat am 19. Juni 1983 in Stuttgart abgegeben hat, wonach die Stellungnahme des Parlaments zu internationalen Angelegenheiten auch in Fällen eingeholt werden kann, in denen in den Verträgen keine Konsultation vorgesehen ist); ein solches Vorgehen wäre mit dem Geist des Vertrags von Lissabon und der bisherigen (beratenden) Funktion des Parlaments auf diesem Gebiet vereinbar;
- 4. fordert erneut eine eingehende, jährlich vorzunehmende Bewertung der Bestimmungen über die Verhängung restriktiver Maßnahmen und ihrer Wirksamkeit und gleichzeitig eine angemessene und rechtzeitige Unterrichtung des Parlaments in solchen Angelegenheiten; hält es für erforderlich, stets eindeutige Bezugsnormen für Sanktionen festzulegen;
- 5. fordert die Kommission auf, ein Netz unabhängiger Sachverständiger aufzubauen, deren Aufgabe es wäre, dem Rat die in der jeweiligen Situation geeignetsten restriktiven Maßnahmen vorzuschlagen, regelmäßig über Änderungen der Situation im Lichte der Referenzkriterien und verfolgten Ziele zu berichten und gegebenenfalls vorzuschlagen, wie Sanktionen wirksamer durchgesetzt werden können; vertritt die Ansicht, dass die Schaffung eines solchen Netzes größere Transparenz gewährleisten würde, allgemein der Qualität der Debatte über die Sanktionen förderlich wäre und die Anwendung und kontinuierliche Kontrolle von Sanktionen in spezifischen Fällen stärken würde;
- 6. stellt fest, dass Nichtregierungsorganisationen mit ihrer Tätigkeit einen wichtigen Beitrag zu Entwicklung, Demokratie und Menschenrechten leisten und dass es nützlich sein könnte, sie zu den Maßnahmen der Europäischen Union auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung zu konsultieren, um wertvolle Informationen über die diesbezügliche Situation zu erhalten; stellt ferner fest, dass repressive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus die Verfolgung ihrer Ziele in den Bereichen Entwicklung, Demokratie und Menschenrechte nicht behindern sollten;
- 7. betont, dass sich die folgenden Anmerkungen unter anderem auf den Inhalt der Vorschläge beziehen, die die Kommission nach dem bisherigen Rechtsrahmen vorgelegt hat und die nun auch im Hinblick auf den durch den Vertrag von Lissabon geschaffenen Rechtsrahmen überholt sind; stellt fest, dass jeder Hinweis auf den Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse1 als hinfällig zu betrachten ist;
Zu restriktiven Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen
- 8. stellt fest, dass es das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen bestimmter Personen, Gruppen und Organisationen als geeignetes Mittel angesehen hat, um seiner Verpflichtung zur Bekämpfung des Terrorismus bei gleichzeitiger Achtung der Menschenrechte nachzukommen; betont, dass die Anwendung solcher Maßnahmen unter Berücksichtigung der äußerst gravierenden Folgen, die die Aufnahme in eine "schwarze Liste" für die betroffenen Personen oder Organisationen hat, jederzeit mit strengen und angemessenen Schutzvorkehrungen und Garantien einhergehen muss; stellt fest, dass in Zusammenhang mit restriktiven Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, Artikel 75 AEUV Anwendung findet;
- 9. verweist auf die Notwendigkeit einer eingehenden Reflexion über die erheblichen strafrechtlichen Auswirkungen von Anti-Terrorismus-Sanktionen und die Notwendigkeit, auf nationaler Ebene ausreichende Möglichkeiten für Rechtsbehelfe gegen solche "schwarzen Listen" zu schaffen;
- 10. weist darauf hin, dass die Verfahren für die Aufnahme in und die Streichung von einer "schwarzen Liste" (Listing und Delisting) im Rahmen der Sanktionssysteme der Vereinten Nationen und der Europäischen Union streng kritisiert wurden, da sie keinen ausreichenden Schutz der Grundrechte (sowohl Verfahrensrechte als auch materielle Rechte) und keine ausreichende Rechtssicherheit gewährleisten; begrüßt deshalb die kürzlich auf EU-Ebene ergriffenen Initiativen zur Behebung der genannten Mängel; bedauert jedoch, dass insbesondere der Rat nur wenig Bereitschaft erkennen lässt, dafür zu sorgen, dass die Grundrechte der betroffenen Personen und Organisationen im Rahmen der geänderten Verordnung (EG) Nr. 881/2002 geschützt werden;
- 11. hält es in Zusammenhang mit den geforderten "Begründungen" für fraglich, ob der Vorschlag der Kommission und der Ratstext dem Urteil in der genannten Rechtssache Kadi und Al Barakaat International Foundation gegen Rat und Kommission nachkommen, was die Verpflichtung, die Gründe mitzuteilen, die in diesen Fällen für die Aufnahme einer Person oder Organisation in die Liste ausschlaggebend sind, und besonders das Recht der betroffenen Personen und Organisationen betrifft, über die gegen sie vorliegenden Beweise informiert zu werden;
- 12. betont, dass sich Beweise in vielen Fällen hauptsächlich auf Informationen stützen, die von Nachrichtendiensten geliefert werden, deren Tätigkeit möglicherweise besonderen einzelstaatlichen Vorschriften unterliegt; bekräftigt seinen Standpunkt von 2008, dass Exekutivprivilegien nicht die uneingeschränkte Wahrnehmung des Rechts auf ein faires Verfahren verhindern oder im Fall von Verstößen gegen das Völkerrecht zu Straflosigkeit führen dürfen; fordert in diesem Zusammenhang alle nationalen Parlamente auf, die Handlungen ihrer Regierungen einer lückenlosen Kontrolle zu unterziehen, und drängt auf die vollständige und rasche Verwirklichung eines europäischen Rechtsrahmens auf der Grundlage von Artikel 15 AEUV; bekräftigt die Notwendigkeit, das Parlament an der Arbeit der bereits bestehenden Konferenz der Kontrollausschüsse für die Geheimdienste der Mitgliedstaaten zu beteiligen;
- 13. fordert eine umfassende und baldige Bewertung der Wirksamkeit der Regelungen der Europäischen Union und der Vereinten Nationen für Sanktionen gegen mutmaßliche Terroristen; stellt darüber hinaus mit Sorge fest, dass gegen mutmaßliche Terroristen gerichtete Sanktionen offenbar nachteilige Auswirkungen auf die Bemühungen zur Konfliktbeilegung und Entwicklung in vielen Regionen hatten, und fordert nachdrücklich, diesem Aspekt bei der Bewertung der Regelungen Rechnung zu tragen;
- 14. hält es für notwendig, dass umgehend auf Verbesserungen der Listing- und Delistingverfahren hingearbeitet wird und dass die Mitgliedstaaten außerdem ihre internen Verfahren für die Durchsetzung gezielter Sanktionen verbessern, wie in dem oben genannten Bericht und Addendum des Ausschusses für Rechtsfragen und Menschenrechte der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vorgeschlagen;
Zu bestimmten restriktiven Maßnahmen gegenüber Simbabwe und zu bestimmten spezifischen restriktiven Maßnahmen gegen bestimmte natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgrund der Lage in Somalia
- 15. vertritt die Ansicht, dass die mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2008/632/GASP des Rates und dem nachfolgenden Vorschlag (für eine Verordnung) verfolgte Absicht, die restriktiven Maßnahmen gegen Personen und Organisationen, die für Menschenrechtsverletzungen in Simbabwe verantwortlich sind, über die Regierung hinaus auszudehnen, ebenso zu begrüßen ist wie die Angleichung der einschlägigen Rechtsvorschriften an die jüngsten Entscheidungen des Gerichtshofs zu dem Grundrecht von Personen und Organisationen, gegen die restriktive Maßnahmen verhängt wurden, auf ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren;
- 16. vertritt ferner die Ansicht, dass eine sorgfältige Beobachtung des Geschehens notwendig ist, um beurteilen zu können, ob die Tatbestände, aufgrund deren die restriktiven Maßnahmen beschlossen wurden, weiterhin gegeben sind, und um herauszufinden, wie die restriktiven Maßnahmen gegebenenfalls mit glaubwürdigen Anreizen kombiniert werden können, um Demokratie und Menschenrechte in Simbabwe zu fördern;
- 17. begrüßt und unterstützt die Bestimmungen, die sicherstellen, dass die Europäische Union ihren internationalen Verpflichtungen in Bezug auf die unverzügliche Durchsetzung gezielter Sanktionen nachkommt, die von den Vereinten Nationen beschlossen wurden und sich gegen Personen und Einrichtungen richten, die nachweislich an Handlungen beteiligt sind oder Handlungen unterstützen, die den Frieden, die Sicherheit oder die Stabilität in Somalia bedrohen, die gegen das Waffenembargo verstoßen oder die Lieferung humanitärer Hilfe behindert haben;
- 18. hält es jedoch, wie bereits festgestellt, für fraglich, ob die von der Kommission vorgeschlagenen Texte hinsichtlich der Informationen, die Personen oder Organisationen über die Gründe für ihre Aufnahme in die Liste und über ihre gesetzlichen Rechte erteilt werden müssen, im Lichte des Urteils in der Rechtssache Kadi und Al Barakaat International Foundation gegen Rat und Kommission ausreichend sind;
- 19. stellt fest, dass, wie sein Rechtsausschuss betont hat, Artikel 215 AEUV auf die fraglichen Maßnahmen Anwendung finden würde, dafür jedoch eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein sollten: so sollten sich die Maßnahmen beispielsweise auf einen Vorschlag der Vizepräsidentin der Kommission/Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik stützen, und die Kommission muss die notwendigen Bestimmungen für Rechtsgarantien aufnehmen;
- 20. vertritt die Ansicht, dass Artikel 291 AEUV für die Annahme von Durchführungsmaßnahmen herangezogen werden sollte, wenn Artikel 215 AEUV als Rechtsgrundlage für zukünftige Vorschläge herangezogen wird;
Zu Fragen des Datenschutzes
- 21. begrüßt die neuen Bestimmungen im Vorschlag der Kommission zu dem Al Qaida betreffenden Text, verweist jedoch auf die Anmerkungen des Europäischen Datenschutzbeauftragten zum Schutz personenbezogener Daten, besonders im Hinblick auf die Klärung der Ausnahmen von den Datenschutzprinzipien, die notwendig sein könnten, und das Recht auf Zugang zu Verschlusssachen; stellt fest, dass diese Vorbehalte des Europäischen Datenschutzbeauftragten entsprechend bei allen drei Vorschlägen der Kommission geltend gemacht werden könnten; bedauert, dass im Text des Rates der klare Hinweis in Artikel 7e Absatz 5 auf die Datenschutzrechte gemäß Verordnung (EG) Nr. 045/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr1 gestrichen wird, die nur in Artikel 7d Absatz 1 Erwähnung finden;
- 22. weist darauf hin, dass bei der möglichen Übermittlung von Daten an Drittländer und internationale Organisationen Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 045/2001 einzuhalten ist, damit diese Daten angemessen geschützt werden; gegebenenfalls müssten diesbezügliche Bestimmungen in den Vorschlag aufgenommen und Vereinbarungen mit den Vereinten Nationen getroffen werden; stellt fest, dass der Vorschlag die Haftung im Falle einer rechtswidrigen Verarbeitung oder Veröffentlichung von personenbezogenen Daten nicht berührt;
- 23. betont, dass die Benachrichtigung der betroffenen Personen und Organisationen, wie vom Europäischen Gerichtshof gefordert, so umfassend wie möglich sein sollte, und dass geklärt werden sollte, welche Informationen über in die Liste aufgenommene natürliche Personen in den entsprechenden Anhängen erscheinen dürfen2;
- 24. stellt fest, dass unabhängige Datenschutzbehörden eine wichtige Rolle bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit "schwarzen Listen" mutmaßlicher Terroristen und damit eine quasirichterliche Funktion ausüben können, die die Kontrollfunktion der Justizbehörden wirksam ergänzen könnte3;
- 25. hält es für überaus wichtig, so rasch wie möglich einen allgemeinen Rechtsrahmen zum Datenschutz gemäß Artikel 16 AEUV anzunehmen und außerdem spezifische Vorschriften zu erlassen, wie sie in Artikel 39 EUV vorgesehen sind;
- 26. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie den Generalsekretären der Vereinten Nationen und des Europarates zu übermitteln.
- 1 Vermerk der Gruppe der Referenten für Außenbeziehungen vom 22. Januar 2004 zur Überwachung und Bewertung von restriktiven Maßnahmen (Sanktionen) im Rahmen der GASP - Einrichtung einer Gruppe "Sanktionen" innerhalb der Gruppe der Referenten für Außenbeziehungen (RELEX/Sanktionen) (05603/2004); Vermerk des Sekretariats vom 7. Juni 2004 zu den Grundprinzipien der Anwendung restriktiver Maßnahmen (Sanktionen) (10198/1/2004); Vermerk des Sekretariats vom 2. Dezember 2005 zu den Leitlinien zur Umsetzung und Bewertung restriktiver Maßnahmen (Sanktionen) im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU (15114/2005); Vermerk des Sekretariats vom 9. Juli 2007 zu restriktiven Maßnahmen/bewährten Praktiken der EU zur wirksamen Umsetzung restriktiver Maßnahmen (11679/2007) und Vermerk der Gruppe der Referenten für Außenbeziehungen vom 24. April 2008 zu restriktiven Maßnahmen (Sanktionen) - Aktualisierung der bewährten Praktiken der EU (08666/1/2008).
- 2 ABl. L 344 vom 28.12.2001, S. 90.
- 1 ABl. L 344 vom 28.12.2001, S. 93.
- 2 ABl. L 344 vom 28.12.2001, S. 70.
- 3 ABl. L 139 vom 29.5.2002, S. 4.
- 4 ABl. L 139 vom 29.5.2002, S. 9.
- 5 KOM (2009) 0187 und Ratsdokument 12883/2009.
- 6 ABl. L 46 vom 17.2.2009, S. 73.
- 7 KOM (2009) 0393.
- 8 ABl. L 50 vom 20.2.2004, S. 66.
- 9 ABl. L 205 vom 1.8.2008, S. 53.
- 10 KOM (2009) 0395.
- 11 P6_TA(2008)0405.
- 12 Slg. 2008, I-6351.
- 1 Zu den verschiedene Arten von restriktiven Maßnahmen gehören beispielsweise Waffenembargos, Handelssanktionen, finanzielle/wirtschaftliche Sanktionen, das Einfrieren von Vermögenswerten, Flugverbote, Einreisebeschränkungen, diplomatische Sanktionen, Boykotte von Sport- und Kulturveranstaltungen sowie die Aussetzung der Zusammenarbeit mit Drittländern.
- 1 Rechtssache T-228/02, Organisation des Modjahedines du peuple d"Iran gegen Rat der Europäischen Union, Slg. 2006, II-4665, Randnr.155.
- 2 Slg. 2005, II-1429.
- 3 I. Cameron "Respecting Human Rights and Fundamental Freedoms and EU/UN Sanctions: State of Play", Oktober 2008, Referat für Außenpolitik, Generaldirektion für externe Politikbereiche der Union, S. 21.
- 1 Nur als Vermittlungsstelle für Beschwerden.
- 2 Ibid Cameron, S. 37.
- 3 Ibid Cameron, S. 16-17.
- 1 ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.
- 1 ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.
- 2 Der Text könnte beispielsweise folgende Formulierung enthalten: "Anhang (...) umfasst lediglich die Informationen, die für die Überprüfung der Identität der aufgeführten natürlichen Personen erforderlich sind, keinesfalls jedoch mehr als die Angaben unter Buchstaben a bis (...)".
- 3 Siehe H. Hijmans und A. Scirocco, "Shortcomings in EU Data Protection in the Third and Second Pillars. Can the Lisbon Treaty be expected to help?", Common Market Law Review 2009, S. 1512.