Der Bundesrat hat in seiner 966. Sitzung am 23. März 2018 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst
Anlage
Entschließung des Bundesrates - Die Situation der Pflege durch Pflegepersonaluntergrenzen spürbar verbessern
Begründung:
Zum 1. Januar 2019 werden Personaluntergrenzen für alle pflegesensitiven Bereiche in den Krankenhäusern eingeführt. Das SGB V verpflichtet den Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Deutsche Krankenhausgesellschaft unter Beteiligung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung die Umsetzung dieser gesetzlichen Vorgabe in einer Vereinbarung zu konkretisieren.
Angesichts der Überlastung des Pflegepersonals in den Krankenhäusern, die sowohl die Patientenversorgung beeinträchtigt als auch zur Abwanderung des Fachpersonals aus den Pflegeberufen führt, ist die Einführung von Personaluntergrenzen ein überfälliger Schritt. Damit er Wirkung erzielt, muss die Vereinbarung der Vertragsparteien auf Bundesebene Personalschlüssel zugrunde legen, die die Erbringung guter Pflegequalität ermöglichen und das Pflegepersonal entlasten. Die Nichteinhaltung der Pausenzeiten, Doppelschichten und Überstunden müssen auch in der Urlaubszeit oder bei Erkrankungen des Personals der Vergangenheit angehören. Eine Vereinbarung, die diesen Vorgaben nicht entspricht, muss vom Bundesministerium für Gesundheit durch eine eigene Regelung ersetzt werden.
§ 137i SGB V überlässt die Festlegung pflegesensitiver Bereiche den Vertragsparteien. Das darf nicht dazu führen, dass nur ein kleiner Ausschnitt der Krankenhausabteilungen erfasst wird. Ansonsten droht, dass Personal aus nicht vom Personalschlüssel erfassten Bereichen abgezogen wird. Die Personalschlüssel müssen deswegen umfassend gelten. Des Weiteren ist auszuschließen, dass der Personalschlüssel auf anderem Wege - etwa durch zeitliche Beschränkungen oder die Erfüllung des Personalschlüssels durch Auszubildende oder Hilfskräfte - ausgehebelt wird. Insbesondere ist darüber hinaus wichtig, dass der Personalschlüssel ausreichend hoch ist für eine bedarfsgerechte Versorgung. Denn die Personalschlüssel sollen nicht nur Untergrenzen sein, sondern eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung ermöglichen. Hierfür ist wichtig, dass er die Relation Pflegepersonal zu Patientinnen und Patienten ausreichend abbildet.
Die Einführung von Pflegepersonalschlüsseln wird dazu führen, dass die Krankenhäuser mehr Personal einstellen müssen. Es muss ihnen ermöglicht werden, die Kosten für das Pflegepersonal in Gänze aus ihren Entgelten zu refinanzieren. Höhere Kosten für Pflegepersonal dürfen nicht zu Einsparungen in anderen Bereichen des Krankenhauses führen.
Eine Geburt wird belastender und risikoreicher je mehr Gebärende eine Hebamme gleichzeitig betreuen muss. Hebammen verlassen den Beruf, weil sie die Situation im Kreißsaal, in dem sie häufig mehrere Geburten zur selben Zeit betreuen sollen, nicht mehr verantworten können. Ein gravierender Mangel an klinisch tätigen Hebammen und die zusätzliche Belastung der noch in den Krankenhäusern tätigen Hebammen ist das Resultat dieser Überforderung. Daher muss auch für diesen Bereich eine angemessene Personalmindestbesetzung verbindlich festgelegt werden.
Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass auch für die stationären Pflegeeinrichtungen bundesweit die gleichen Personalschlüssel gelten. Dies entspannt die Arbeitssituation und stellt sicher, dass unter den Bedingungen einer generalistischen Ausbildung stationäre Pflegeeinrichtungen nicht einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Krankenhäusern haben, wenn es um die Personalausstattung geht.
Bei unveränderten Pflegeversicherungsleistungen treffen die finanziellen Folgen einer Personalverbesserung alleine die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen. Um dem entgegenzuwirken, sind die Leistungen der Pflegeversicherung an die Personalentwicklung anzupassen.
Bereits heute gibt es einen Fachkräftemangel in der Pflege. Allein durch die Einführung von Personaluntergrenzen wird daher die Situation in der Pflege nicht verbessert werden können. Daher muss die Einführung von verpflichtenden Personaluntergrenzen durch weitere Maßnahmen begleitet werden, um zum einen negative Folgen für die Versorgungssituation zu verhindern und zum anderen mehr Fachkräfte für die Pflege zu gewinnen. Verpflichtende Personaluntergrenzen können - auch wenn das Personal vollständig refinanziert wird - sehr schnell negative Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit haben, wenn weiterhin nicht ausreichend Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.