Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird an den Beratungen beteiligt.
Hinweis: vgl.
Drucksache 655/08 (PDF) = AE-Nr. 080638
Brüssel, den 6.2.2015
COM (2015) 45 final
2015/0028 (COD)
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 über den Handel mit Robbenerzeugnissen (Text von Bedeutung für den EWR)
Begründung
1. Kontext des Vorschlags
Die Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über den Handel mit Robbenerzeugnissen (im Folgenden die "Grundverordnung") enthält ein allgemeines Verbot des Inverkehrbringens dieser Erzeugnisse auf dem Markt der Union. Die Grundverordnung sieht eine Ausnahme vom allgemeinen Verbot für Robbenerzeugnisse vor, die aus einer Jagd stammen, die von Inuit und anderen indigenen Gemeinschaften traditionsgemäß betrieben wird und zu deren Lebensunterhalt beiträgt (im Folgenden die "IG-Ausnahme"). Sie sieht auch Ausnahmen für die Einfuhr von Robbenerzeugnissen vor, die von Robben stammen, welche zu dem alleinigen Zweck der nachhaltigen Bewirtschaftung der Meeresressourcen auf nicht gewinnorientierter Basis und nicht für kommerzielle Zwecke gejagt werden (im Folgenden die "BMR-Ausnahme"), sowie für Einfuhren, die gelegentlich erfolgen und ausschließlich aus Waren bestehen, die zum persönlichen Gebrauch von Reisenden oder ihrer Familien bestimmt sind. Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 737/2010 der Kommission vom 10. August 2010 enthält die Durchführungsbestimmungen zu der Grundverordnung (im Folgenden die "Durchführungsverordnung").
Beide Rechtsakte (im Folgenden die "EU-Robbenregelung") wurden von Kanada und Norwegen bei der Welthandelsorganisation (WTO) in der Streitsache EG - Maßnahmen zum Verbot der Einfuhr und Vermarktung von Robbenerzeugnissen (DS 400 und DS 401) angefochten. Am 18. Juni 2014 nahm das WTO-Streitbeilegungsgremium (DSB) die Berichte des Panels und des Berufungsgremiums an. Während in den WTO-Berichten der Schluss gezogen wurde, dass das Verbot von Robbenprodukten grundsätzlich durch moralische Bedenken hinsichtlich des Wohlergehens der Robben gerechtfertigt werden kann, nahmen sie Anstoß an den beiden Ausnahmeregelungen, der IG-Ausnahme und der BMR-Ausnahme. Die BMR-Ausnahme sei nicht gerechtfertigt, da ein möglicher Unterschied zwischen der kommerziellen Jagd und der BMR-Jagd (in kleinem Maßstab, nicht gewinnorientiert) nicht ausreiche, um die Abgrenzung zu begründen. In Bezug auf die IG-Ausnahme, die zwar grundsätzlich eine legitime Unterscheidung darstelle, urteilte das Berufungsgremium, dass einige Aspekte ihrer Ausgestaltung und Anwendung auf "willkürliche und ungerechtfertigte Diskriminierung" hinausliefen.
Am 10. Juli 2014 teilte die Europäische Union dem DSB mit, dass sie beabsichtigt, die Empfehlungen und Entscheidungen des DSB in diesem Streitfall in Übereinstimmung mit ihren WTO-Verpflichtungen umzusetzen.
Am 5. September 2014 kamen die Europäische Union, Kanada und Norwegen überein, dass der angemessene Zeitraum für die Umsetzung der Empfehlungen und Entscheidungen des DSB 16 Monate betragen würde. Dementsprechend endet der angemessene Zeitraum am 18. Oktober 2015.
Zweck dieses Legislativvorschlags ist die Umsetzung der Empfehlungen und Entscheidungen des DSB im Hinblick auf die Grundverordnung. Er schafft außerdem die Rechtsgrundlage für die Anpassung der Verordnung (EU) Nr. 737/2010 an die genannten Entscheidungen. Die Bedenken hinsichtlich der BMR-Ausnahme werden durch Streichung dieser Ausnahme aus der Grundverordnung aus der Welt geschafft. Auf die Bedenken bezüglich der Gestaltung und Anwendung der IG-Ausnahme wird durch die Änderung der Ausnahme eingegangen, insbesondere durch ihre Verknüpfung mit dem Tierschutz und die Einführung einer Obergrenze für das Inverkehrbringen von Robbenerzeugnissen, wenn der Umfang der Bejagung oder andere Umstände darauf hindeuten, dass die Jagd in erster Linie für gewerbliche Zwecke durchgeführt wird. Außerdem arbeiten Sachverständige der Kommission mit Experten aus Kanada zusammen, um das notwendige Bescheinigungsverfahren einzurichten, das es den kanadischen Inuit ermöglicht, von der Ausnahmeregelung für Inuit-Gemeinschaften im Rahmen der EU-Robbenregelung Gebrauch zu machen.
Ferner ist es erforderlich, diese Initiative zu nutzen, um die Bezugnahme auf das Regelungsverfahren mit Kontrolle in der Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 mit Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in Einklang zu bringen. Angesichts des engen Zeitrahmens für die Einhaltung der WTO-Entscheidungen und um eine schnelle Annahme des Vorschlags durch den Gesetzgeber zu ermöglichen, hat die Kommission in diesen Vorschlag ausnahmsweise eine vom Parlament im Rahmen des Vorschlags COM (2013)451 vorgeschlagene Änderung in Bezug auf die Dauer der Befugnisübertragung aufgenommen (dieser Vorschlag betraf ebenfalls die Anpassung der Verordnung 1007/2009).
2. Ergebnisse der Konsultationen der interessierten Kreise und der Folgenabschätzungen
Es wurde keine Folgenabschätzung durchgeführt, da diese Maßnahme keine neue politische Initiative darstellt, sondern erforderlich ist, um die derzeitigen EU-Rechtsvorschriften in Einklang mit der WTO-Entscheidung zu bringen und somit die internationalen Verpflichtungen der Union zu erfüllen. Die mit diesem Vorschlag eingeführten begrenzten Änderungen machten im Vergleich zur Folgenabschätzung vor der Verabschiedung der Grundverordnung im Jahr 2009 keine neue Folgenabschätzung erforderlich.
3. Rechtliche Aspekte
- Rechtsgrundlage
Die Rechtsgrundlage dieses Vorschlags ist Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) als Rechtsgrundlage der Grundverordnung, die durch den vorliegenden Vorschlag geändert wird. Gemäß Artikel 114 AEUV erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses die Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben. Die Grundverordnung wurde mit dem Ziel erlassen, Hemmnisse für das Funktionieren des Binnenmarktes durch unterschiedliche nationale Maßnahmen zur Regelung des Handels mit Robbenerzeugnissen zu beseitigen.
- Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip
Die Grundverordnung kann nur durch eine Änderung im Hinblick auf die umstrittenen Teile in Einklang mit den Empfehlungen und Entscheidungen des WTO-Streitbeilegungsgremiums gebracht werden. Der Vorschlag beschränkt sich auf das, was nötig ist, um die Vereinbarkeit der umstrittenen Maßnahme mit der WTO zu erreichen.
- Wahl des Instruments
Vorgeschlagenes Instrument: Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates
Andere Instrumente wären nicht angemessen, da eine Verordnung nur durch einen entsprechenden Rechtsakt, d.h. durch eine Verordnung geändert werden kann.
4. Auswirkungen auf den Haushalt
Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Haushalt der Europäischen Union.
5. FAKULTATIVE Angaben
Entfällt.
2015/0028 (COD)
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 über den Handel mit Robbenerzeugnissen (Text von Bedeutung für den EWR)
Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses1, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1) Die Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates2 wurde mit dem Ziel erlassen, durch unterschiedliche nationale Maßnahmen zur Regelung des Handels mit Robbenerzeugnissen entstandene Hemmnisse für das Funktionieren des Binnenmarktes zu beseitigen. Diese Maßnahmen wurden erlassen als Reaktion auf moralische Bedenken der Öffentlichkeit hinsichtlich der Tierschutzaspekte des Tötens von Robben und der möglichen Präsenz von Erzeugnissen auf dem Markt, die von Tieren stammen, welche unter Zufügung von übermäßig starken Schmerzen, Qualen, Angst und anderen Formen von Leiden getötet wurden. Diese Bedenken wurden durch wissenschaftliche Erkenntnisse belegt, dass unter den besonderen Bedingungen der Robbenjagd eine humane Tötung nicht wirklich konsequent und wirksam durchgeführt werden kann. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde mit der Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 ein allgemeines Verbot des Inverkehrbringens von Robbenerzeugnissen eingeführt.
- (2) Gleichzeitig ist die Robbenjagd fester Bestandteil der Kultur und der Identität der Inuit und anderer indigener Gemeinschaften und trägt wesentlich zu deren Lebensunterhalt bei. Aus diesen Gründen führt die von den Inuit und anderen indigenen Gemeinschaften traditionell betriebene Robbenjagd nicht zu den selben moralischen Bedenken wie die in erster Linie für kommerzielle Zwecke betriebene Jagd. Außerdem wird allgemein anerkannt, dass die grundlegenden und sozialen Interessen von Inuit und anderen indigenen Gemeinschaften im Einklang mit der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte indigener Völker und anderen einschlägigen internationalen Übereinkünften nicht beeinträchtigt werden sollten. Aus diesen Gründen ermöglicht die Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 im Rahmen einer Ausnahme das Inverkehrbringen von Robbenerzeugnissen aus einer Jagd, die von Inuit und anderen indigenen Gemeinschaften traditionsgemäß betrieben wird und zu deren Lebensunterhalt beiträgt.
- (3) Eine wirklich humane Tötungsmethode kann bei der von Inuit und anderen indigenen Gemeinschaften betriebenen Jagd wie auch bei anderen Robbenjagden nicht wirksam und konsequent angewandt werden. Dennoch ist es in Anbetracht des mit der Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 verfolgten Ziels angebracht, das Inverkehrbringen auf dem Unionsmarkt von Erzeugnissen aus einer von Inuit und anderen indigenen Gemeinschaften betriebenen Jagd davon abhängig zu machen, dass diese in einer Weise durchgeführt wird, die Schmerzen, Qualen, Angst und andere Formen des Leidens der erlegten Tiere soweit wie möglich reduziert, wobei gleichzeitig die traditionelle Lebensweise und die Existenzsicherung der Inuit und anderer indigener Gemeinschaften berücksichtigt werden sollten. Die Ausnahmeregelung für Robbenerzeugnisse aus einer Jagd, die von Inuit und anderen indigenen Gemeinschaften betrieben wird, sollte auf eine Jagd beschränkt werden, die einen Beitrag zur Existenzsicherung dieser Gemeinschaften leistet und daher nicht in erster Linie für kommerzielle Zwecke durchgeführt wird. Die Kommission sollte daher ermächtigt werden, erforderlichenfalls die Menge der im Rahmen dieser Ausnahmeregelung auf den Markt gebrachten Robbenerzeugnisse zu beschränken, um zu verhindern, dass die Ausnahmeregelung für Erzeugnisse aus der hauptsächlich für kommerzielle Zwecke durchgeführten Robbenjagd angewandt wird.
- (4) Die Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 sieht ferner ausnahmsweise das Inverkehrbringen von Robbenerzeugnissen vor, wenn die Bejagung zu dem alleinigen Zweck der nachhaltigen Bewirtschaftung der Meeresressourcen betrieben wird. In Anerkennung der Bedeutung, die der Jagd zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Meeresressourcen zukommt, kann es in der Praxis jedoch schwierig sein, diese Form der Jagd von der großumfänglichen Robbenjagd für hauptsächlich kommerzielle Zwecke zu unterscheiden. Dies kann zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der betreffenden Robbenerzeugnisse führen. Daher sollte diese Ausnahmeregelung nicht länger vorgesehen werden. Dies berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten zur Regelung der Robbenjagd für die Zwecke der Bewirtschaftung der Meeresressourcen.
- (5) Um Durchführungsbestimmungen für das Inverkehrbringen von Robbenerzeugnissen zu erlassen, sollte der Kommission die Befugnis zum Erlass von Rechtsakten gemäß Artikel 290 des Vertrags übertragen werden. Besonders wichtig ist, dass die Kommission angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.
- (6) Die Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 sollte daher entsprechend geändert werden - Haben folgende Verordnung Erlassen:
Artikel 1
Die Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 wird wie folgt geändert:
- (1) Artikel 3 erhält folgende Fassung:
"Artikel 3
Bedingungen für das Inverkehrbringen
- (2) Folgender Artikel 4a wird eingefügt:
"Artikel 4a
Ausübung der Befugnisübertragung
- 1. Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.
- 2. Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 3 wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab [Datum des Inkrafttretens dieser Verordnung einfügen] übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.
- 3. Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 3 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.
- 4. Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.
- 5. Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 3 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert."(3) Artikel 5 wird gestrichen.
Artikel 2
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Brüssel am [...]
Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates
Der Präsident Der Präsident/Die Präsidentin
- 1. ABl. C [...] vom [...], S. [...].
- 2. Verordnung (EG) Nr. 1007/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über den Handel mit Robbenerzeugnissen (ABl. L 286 vom 31.10.2009, S. 36).