A. Problem und Ziel
Bürgerschaftliches Engagement ist eine wesentliche Säule unserer Gesellschaft. Was in Deutschland Tag für Tag etwa auf den Gebieten Soziales, Kultur oder Sport geleistet wird, wäre ohne den selbstlosen Einsatz von Millionen sich ehrenamtlich engagierender Menschen nicht möglich. Angesichts der knapper werdenden Mittel in den staatlichen Haushalten und der damit notwendigerweise verbundenen Konzentration des Staates auf seine Kernaufgaben wird die Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements in Zukunft weiter zunehmen. Es gilt deshalb, die gesetzlichen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sich noch mehr Menschen als bisher dafür entscheiden, Verantwortung zu übernehmen und sich ehrenamtlich für das Gemeinwohl einzusetzen. Ein Haftungsrecht, das darauf Rücksicht nimmt, dass etwaige Risiken im Gemeinwohlinteresse übernommen werden, gehört dazu ebenso wie der Abbau überflüssiger bürokratischer Hürden.
Ein großer Teil ehrenamtlicher Arbeit wird in Vereinen geleistet. Der Entwurf verfolgt daher den Zweck, die genannten Ziele für den Bereich der Vereine umzusetzen.
B. Lösung
Der Entwurf sieht im Bürgerlichen Gesetzbuch eine Beschränkung der Haftung ehrenamtlich tätiger Vereinsmitglieder gegenüber dem Verein auf die Fälle der grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Schadensverursachung vor. Entsteht dervom Vereinsmitglied weder grob fahrlässig noch vorsätzlich verursachte - Schaden einem Dritten, so soll das ehrenamtlich tätige Vereinsmitglied dem Dritten gegenüber zwar weiterhin haften, selbst aber vom Verein Freistellung verlangen können.
Durch eine Änderung der Abgabenordnung sollen die steuerrechtlichen Haftungsrisiken für ehrenamtliche Vorstandsmitglieder gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Vereine entschärft werden. Ehrenamtliche Vorstandsmitglieder, die nach der internen schriftlich gefassten - Zuständigkeitsabgrenzung für die Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten des Vereins nicht zuständig sind, sollen künftig für die Verletzung dieser Pflichten grundsätzlich auch im Außenverhältnis nicht haften.
Um überflüssige Bürokratie abzubauen, sieht der Entwurf weiter vor, dass Erklärungen zum Vereinsregister künftig auch vom Amtsgericht öffentlich beglaubigt werden können. Anders als bisher muss der Vereinsvorstand in diesen Fällen damit nicht mehr zu Notar und Amtsgericht, sondern erhält beim Amtsgericht alles aus einer Hand.
C. Alternativen
Beibehaltung der derzeitigen, unbefriedigenden Rechtslage.
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte können durch die Begrenzung der Steuerhaftung nach § 69 der Abgabenordnung für ehrenamtlich tätige Vereinsvorstände entstehen. Diese Mehrbelastungen, deren Ausmaß angesichts des Fehlens diesbezüglicher statistischer Erhebungen nicht quantifizierbar ist, sind im Hinblick auf die Entlastung ehrenamtlich Engagierter und die damit verbundene Förderung des bürgerschaftlichen Engagements gerechtfertigt.
2. Vollzugsaufwand
Für den Bund entsteht kein erhöhter Vollzugsaufwand. Soweit Erklärungen zum Vereinsregister künftig auch von den Amtsgerichten öffentlich beglaubigt werden können, wird ein Mehraufwand bei den Ländern durch zusätzliche Gebühreneinnahmen ausgeglichen werden.
E. Sonstige Kosten
Durch die vorgesehene interne Haftungsbegrenzung beziehungsweise Haftungsfreistellung des ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieds können den Vereinen in den entsprechenden Fällen zusätzliche Kosten dadurch entstehen, dass sie Schäden nicht ersetzt erhalten beziehungsweise an Dritte ohne Regressmöglichkeit Schadensersatz leisten müssen. Da die Voraussetzungen für Haftungsbegrenzung und Haftungsfreistellung eng gefasst sind, sich Haftungsbegrenzungen und Freistellungsansprüche bereits heute aus vielen Vereinssatzungen sowie mit gewissen Einschränkungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung entnehmen lassen, sind die zu erwartenden Mehrbelastungen für die Vereine eher gering.
Auswirkungen des Gesetzes auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.
F. Bürokratiekosten
Für Wirtschaft, Bürger und Verwaltung werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder abgeschafft.
Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg, Saarland
Entwurf eines Gesetzes zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit im Verein
Staatsministerium Baden-Württemberg Stuttgart, den 1. Februar 2011
Der Staatssekretär
An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
die Regierungen der Länder Baden-Württemberg und Saarland haben beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten Entwurf eines Gesetzes zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit im Verein mit dem Ziel zuzuleiten, die Einbringung gemäß Artikel 76 Absatz 1 Grundgesetz beim Deutschen Bundestag zu beschließen.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 879. Sitzung des Bundesrates am 11. Februar 2011 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Hubert Wicker
Entwurf eines Gesetz zur Förderung ehrenamtlicher Tätigkeit im Verein
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs
Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, ber. S. 2909 und BGBl. 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 27 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
Nach der Angabe zu § 31a wird folgende Angabe eingefügt:
" § 31b Haftung von Vereinsmitgliedern"
2. Nach § 31a wird folgender § 31b eingefügt:
" § 31b Haftung von Vereinsmitgliedern
- (1) Ein Vereinsmitglied, das unentgeltlich tätig ist oder für seine Tätigkeit eine Vergütung erhält, die 500 Euro jährlich nicht übersteigt, haftet dem Verein für einen bei Durchführung der satzungsmäßigen Aufgaben verursachten Schaden nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.
- (2) Ist ein Vereinsmitglied nach Absatz 1 einem anderen zum Ersatz eines bei Durchführung der satzungsmäßigen Aufgaben verursachten Schadens verpflichtet, so kann es von dem Verein die Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wurde."
Artikel 2
Änderung des Beurkundungsgesetzes
Dem § 62 Absatz 1 des Beurkundungsgesetzes vom 28. August 1969 (BGBl. I S. 1513), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2255) geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:
"Außerdem sind sie zuständig, Erklärungen zum Vereinsregister öffentlich zu beglaubigen."
Artikel 3
Änderung der Kostenordnung
In § 55a der Kostenordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 361-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2255) geändert worden ist, wird nach der Angabe " § 62 Abs. 1" die Angabe "Satz 1" eingefügt.
Die Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866, ber. 2003 I S. 61), die zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1768) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Dem § 34 Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
"Für ein Mitglied des Vorstandes eines nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreiten Vereins, das unentgeltlich tätig ist oder eine Vergütung erhält, die 500 Euro jährlich nicht übersteigt, gilt dies nicht, wenn das Mitglied nach vorweg schriftlich festgelegter Aufgabenverteilung für die Erfüllung steuerlicher Pflichten nicht verantwortlich ist."
2. § 69 wird wie folgt geändert:
- a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.
- b) Dem neuen Absatz 1 wird folgender Absatz 2 angefügt:
(2) Vorstandsmitglieder eines nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des Körperschaftsteuergesetzes steuerbefreiten Vereins, die gemäß § 34 Absatz 1 Satz 3 keine Steuerpflichten zu erfüllen haben, haften, soweit sie Kenntnis von der Pflichtverletzung im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 haben und es vorsätzlich unterlassen, geeignete Maßnahmen zu ihrer Abwendung zu ergreifen."
Artikel 5
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeiner Teil
Bürgerschaftliches Engagement ist eine wesentliche Voraussetzung des solidarischen Zusammenlebens in unserer Gesellschaft. Ein großer Teil des bürgerschaftlichen Engagements wird dabei in und von Vereinen geleistet, die sich im sozialen, kulturellen oder sportlichen Bereich betätigen. Die Menschen, die sich in diesen Vereinen uneigennützig für das Wohl anderer einsetzen, vor ungerechtfertigten und abschreckenden Haftungsrisiken besser als bisher zu schützen und zudem bürokratische Hindernisse für die Arbeit im Verein abzubauen, ist Ziel dieses Gesetzes. Die vorgeschlagenen Änderungen beziehen sich dabei im Wesentlichen auf das Bürgerliche Gesetzbuch, das Beurkundungsgesetz und die Abgabenordnung.
Mit den das Bürgerliche Gesetzbuch betreffenden Vorschlägen soll die Haftung ehrenamtlich tätiger Vereinsmitglieder gegenüber dem Verein für einen in Wahrnehmung der satzungsmäßigen Aufgaben verursachten Schaden künftig auf die Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit beschränkt werden. Für den Fall, dass sich ein ehrenamtlich tätiges Vereinsmitglied einem Dritten gegenüber schadensersatzpflichtig macht, wird ein Freistellungsanspruch gegenüber dem Verein begründet. Haftungsbegrenzung beziehungsweise Freistellungsanspruch finden dabei ihre Rechtfertigung in der Tatsache, dass die Übernahme der mit der Wahrnehmung satzungsmäßiger Aufgaben verbundenen Risiken in aller Regel im Vereinsinteresse liegt und aus altruistischen Motiven erfolgt.
Die die Abgabenordnung betreffenden Vorschläge sollen die steuerrechtlichen Pflichten und die damit verbundenen Haftungsrisiken für ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder eines gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Vereins beschränken. Ist das Vorstandsmitglied nach der schriftlich festgelegten Aufgabenverteilung für die Erfüllung steuerrechtlicher Pflichten des Vereins nicht verantwortlich, so soll dies grundsätzlich auch im Außenverhältnis gelten und das unzuständige ehrenamtliche
Vorstandsmitglied grundsätzlich für die von den zuständigen
Vorstandsmitgliedern begangenen Pflichtverletzungen nicht haften. Auch insoweit erscheint es erforderlich, sich letztlich selbstlos für das Gemeinwohl engagierende Menschen vor unkalkulierbaren Haftungsrisiken zu schützen.
Mit der zum Zwecke des Abbaus überflüssiger Bürokratie vorgeschlagenen Änderung des Beurkundungsgesetzes soll schließlich erreicht werden, dass Erklärungen zum Vereinsregister künftig nicht mehr nur vom Notar, sondern auch vom Amtsgericht öffentlich beglaubigt werden können. Anders als bisher muss der Vereinsvorstand in diesen Fällen damit nicht mehr zu Notar und Amtsgericht, sondern erhält beim Amtsgericht alles aus einer Hand.
B. Im Einzelnen
Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)
Es handelt sich um eine durch die Einfügung des § 31b bedingte Folgeänderung.
Zu Nummer 2 (Einfügung des § 31b)
Eine ausdrückliche gesetzliche Haftungserleichterung für ehrenamtlich tätige Vereinsmitglieder existiert bislang nicht. Von der Rechtsprechung wird allerdings jedenfalls im Verhältnis des unentgeltlich tätigen Mitglieds zum Verein der im Arbeitsrecht entwickelte Grundsatz der Risikozurechnung bei Tätigkeit in fremdem Interesse herangezogen. Danach hat ein Verein seine Mitglieder von der Haftung ganz oder teilweise freizustellen, wenn sich bei der Durchführung der satzungsmäßigen Aufgaben eine damit typischerweise verbundene Gefahr verwirklicht hat und dem Mitglied weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Dezember 2004 - II ZR 17/03, Juris Teilziffer 10). Die Freistellungspflicht ist dabei nicht unbeschränkt. Vielmehr verbleibt je nach den Umständen des Einzelfalles ein Teil der Verantwortung bei dem Mitglied (vergleiche Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Dezember 2004 - II ZR 17/03, Juris Teilziffer 22). Tritt der Schaden beim Verein selbst ein, folgt aus diesen
Grundsätzen statt eines Freistellungsanspruchs eine entsprechende Beschränkung der Haftung des Vereinsmitglieds gegenüber dem Verein.
Im Verhältnis zum Verein bietet die Anwendung dieser Grundsätze jedenfalls den unentgeltlich tätigen Vereinsmitgliedern einen gewissen Schutz vor Haftungsrisiken. Dieser Schutz ist allerdings nicht ausreichend, um zu einer gerechten Verteilung etwaiger Schäden zwischen dem Verein einerseits und ehrenamtlich tätigen Vereinsmitgliedern andererseits zu gelangen und bei den Vereinsmitgliedern berechtigte Vorbehalte gegen die ehrenamtliche Übernahme von verantwortungsvollen Aufgaben im Verein zu beseitigen. So erscheinen insbesondere der Verbleib eines Teils der Verantwortung beim Mitglied in Fällen der einfachen Fahrlässigkeit, aber auch die Beschränkung der Haftungserleichterung auf mit der Erledigung satzungsmäßiger Aufgaben typischerweise verbundene Gefahren korrekturbedürftig. Es ist nicht gerechtfertigt, dem aus altruistischen Motiven im Vereinsinteresse tätig werdenden Vereinsmitglied die Verantwortung für Gefahren ganz oder teilweise aufzubürden, solange er nicht zumindest grob fahrlässig handelt. Zudem führen das Abstellen auf eine "typischerweise" mit der Aufgabe verbundene Gefahr für das Eingreifen der Haftungserleichterung überhaupt und das Abstellen auf die noch unbestimmteren "Umstände des Einzelfalles" für den Umfang der Haftungserleichterung dazu, dass das jeweilige Vereinsmitglied im Voraus kaum zuverlässig einschätzen kann, welchen konkreten Haftungsrisiken es sich mit der Durchführung einer satzungsmäßigen Aufgabe aussetzt.
§ 31b begrenzt deshalb die Haftung des ehrenamtlich bei Durchführung der satzungsmäßigen Aufgaben tätigen Vereinsmitglieds auf die Fälle der grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Schadensverursachung (Absatz 1) und begründet für diese Fälle einen Freistellungsanspruch gegen den Verein, wenn der Schaden nicht dem Verein, sondern einem Dritten entstanden ist (Absatz 2). § 31b ist in Aufbau und Begrifflichkeiten an § 31a angelehnt. Mit den "satzungsmäßigen Aufgaben" wird eine in der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Bezug auf die Haftung eines Vereinsmitglieds gebräuchliche Begrifflichkeit aufgegriffen (vergleiche Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Dezember 2004 - II ZR 17/03, Juris Teilziffer 10; Bundesgerichtshof, Urteil vom 5. Dezember 1983 - II ZR 252/82, BGHZ 89, 153, 158).
Die Regelung ist insoweit zwingend, als von ihr durch Satzung nicht zum Nachteil der Mitglieder abgewichen werden kann.
§ 31b Absatz 1
Mit dieser in Aufbau und Begrifflichkeit an § 31a Absatz 1 Satz 1 angelehnten Vorschrift wird die Haftung des ehrenamtlichen Vereinsmitglieds dem Verein gegenüber beschränkt. Auf eine weitergehende, der Regelung des § 31a Absatz 1 Satz 2 entsprechende Haftungsbeschränkung auch gegenüber anderen Vereinsmitgliedern wurde verzichtet. Ziel des Gesetzes ist, die haftungsrechtliche Stellung des ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieds dem Verein gegenüber zu stärken, nicht aber, die haftungsrechtliche Position geschädigter Vereinsmitglieder zu schwächen. Schädigt ein ehrenamtlich tätiges Vereinsmitglied ein anderes Vereinsmitglied, so greift § 31b Absatz 1 nicht. Ist das ehrenamtlich tätige Vereinsmitglied dem anderen Vereinsmitglied zum Schadensersatz verpflichtet, so besteht gegebenenfalls ein Freistellungsanspruch gemäß § 31b Absatz 2.
§ 31b Absatz 2
Die Vorschrift begründet einen Freistellungsanspruch des ehrenamtlich tätigen Vereinsmitglieds gegenüber dem Verein. "Anderer" im Sinne dieser Vorschrift ist auch ein Mitglied des Vereins.
Zu Artikel 2 (Änderung des Beurkundungsgesetzes)
Die Führung des Vereinsregisters ist nach § 55 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Amtsgerichten übertragen. Anmeldungen zum Vereinsregister sind nach § 77 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mittels öffentlich beglaubigter Erklärung zu bewirken. § 129 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmt für die öffentliche Beglaubigung, dass die Erklärung schriftlich abzufassen und die Unterschrift des Erklärenden von einem Notar zu beglaubigen ist.
§ 63 erlaubt den Ländern, durch Gesetz die Zuständigkeit für die öffentliche Beglaubigung von Abschriften oder Unterschriften anderen Personen oder Stellen zu übertragen. Die Ermächtigung beinhaltet nach ganz überwiegender Auffassung indes nicht die Möglichkeit, durch Landesgesetz gerichtliche Beglaubigungsbefugnisse zu begründen (Armbrüster/Preuss/Renner, Beurkundungsgesetz, 5. Auflage 2009, § 63 Randziffer 3; Lerch, Beurkundungsgesetz, 4. Auflage 2011, § 63 Randziffer 2; Mayer in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Neubearbeitung 2005, Art 141 EGBGB Randziffer 34; Winkler, Beurkundungsgesetz, 16. Auflage 2008, § 63 Randziffer 2).
Durch die Ergänzung des § 62 Absatz 1 soll erreicht werden, dass die mit der Anmeldung zum Vereinsregister verbundenen Förmlichkeiten, nämlich die öffentliche Beglaubigung der an die registerführende Stelle zu richtenden Erklärung, auch vor den Amtsgerichten erledigt werden können. Der neue § 62 Absatz 1 Satz 2 verfolgt damit eine etwas andere Lösung als § 1945 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Eine Regelung des Inhalts, Erklärungen auch zur Niederschrift des Registergerichts zuzulassen, käme im Rahmen ihrer Reichweite der Wiedereinführung des § 128 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit alter Fassung gleich, der durch das Beurkundungsgesetz aufgehoben wurde. Die Gründe für diese Aufhebung - Entlastung der Gerichte, zweckmäßige Verteilung der Rechtspflegeaufgaben (Bundesrats-Drucksache 297/68 Seiten 24 und 25) -, die im Übrigen die besondere Situation in Fällen des § 1945 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausdrücklich in den Blick nahmen, sind weiterhin gewichtig. Sie vermögen allerdings die Vorzüge nicht aufzuwiegen, die für den Vorstand und die Liquidatoren von Vereinen durch die Möglichkeit geschaffen werden, zur Anmeldung in das Vereinsregister bestimmte Erklärungen auch durch die das Vereinsregister führenden Amtsgerichte öffentlich beglaubigen zu lassen. Sie haben sich künftig nur noch an eine Stelle zu wenden und erhalten im Falle einer Anmeldung zum Vereinsregister "alles aus einer Hand".
Die für die öffentliche Beglaubigung zu entrichtenden Gebühren richten sich nach § 45 der Kostenordnung.
Zu Artikel 3 (Änderung der Kostenordnung)
Mittels der Ergänzung des § 55a wird klargestellt, dass für die öffentliche Beglaubigung von Erklärungen zum Vereinsregister Gebühren auch bei den Amtsgerichten erhoben werden können.
Die Abgabenordnung enthält in § 69 in Verbindung mit § 34 Absatz 1 Satz 1 eine den Vereinsvorstand persönlich und unbeschränkt treffende Haftung für den Fall, dass steuerrechtliche Ansprüche gegen den Verein infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der dem Vorstand auferlegten steuerlichen Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Die Pflichten, die das Steuerrecht in diesem Zusammenhang den vertretungsberechtigten Organen auferlegt, sind vielschichtig. Sie können sich sowohl aus der Abgabenordnung als auch aus den Einzelsteuergesetzen ergeben.
Zu nennen sind in diesem Zusammenhang neben der Steuererklärungs- und Steueranmeldungspflicht etwa aus der Abgabenordnung die Steuerentrichtungspflicht nach § 34 Absatz 1 Satz 2, die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach §§ 140 und folgende sowie aus dem Einkommensteuergesetz die Pflicht zur Einbehaltung, Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer nach § 38 Absatz 3, § 41a Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes.
Soweit es sich bei dem Vereinsvorstand um ein Kollegialorgan handelt, kann das Vorhandensein eines für die steuerlichen Angelegenheiten zuständigen Organmitglieds oder Bevollmächtigten grundsätzlich die Verantwortung der übrigen Vereinsmitglieder nach innen und außen einschränken. Allerdings treffen den Gesamtvorstand in diesem Fall Überwachungspflichten, die ihn zum Eingreifen veranlassen müssen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der den Verein treffenden steuerlichen Pflichten nicht mehr gewährleistet ist (Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. März 2003 - VII R 46/02, NJW-RR 2003, Seiten 1117, 1118 und 1119.). Eine solche Überwachungspflicht besteht für alle Vorstandsmitglieder unabhängig von der Ehrenamtlichkeit ihrer Tätigkeit insbesondere in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise des Vereins, in denen die Erfüllung von Verbindlichkeiten nicht mehr gewährleistet ist. Kommt das Vorstandsmitglied dieser Überwachungspflicht (zumindest) grob fahrlässig nicht nach, so haftet es nach § 69 der Abgabenordnung. Grobe Fahrlässigkeit kann dabei auf der Grundlage höchstrichterlicher Rechtsprechung etwa schon dann vorliegen, wenn es ein Vorstandsmitglied bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Krise unterlässt, die vollständige Übertragung der in den Lohnjournalen enthaltenen Aufzeichnungen in die Lohnsteueranmeldungen in geeigneter und ausreichender Weise zu überprüfen (Bundesfinanzhof, Urteil vom 13. März 2003 - VII R 46/02, NJW-RR 2003, Seiten 1117, 1119).
Diese nicht unerheblichen Haftungsrisiken sind für ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder eines gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienenden Vereins, die oftmals ihre Freizeit opfern, um sich für andere zu engagieren, nicht zumutbar. Daher ist auch in diesem Zusammenhang eine Haftungsbegrenzung für ehrenamtlich Tätige geboten.
Zu Nummer 1
Mit der Einfügung des neuen Satzes 3 in § 34 Absatz 1 soll erreicht werden, dass bei klarer, schriftlich fixierter Aufgabentrennung die steuerlichen Pflichten des ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitglieds auch nach außen rechtssicher auf die für die Erfüllung dieser Pflichten Verantwortlichen beschränkt werden können. Mit der Beschränkung der Haftungserleichterung auf Vorstandsmitglieder, die unentgeltlich tätig sind oder deren jährliche Vergütung 500.- Euro nicht übersteigt, orientiert sich die Vorschrift an § 31a des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie an § 31b des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung dieses Gesetzentwurfs.
Zu Nummer 2
Personen, die auch nach außen keine steuerlichen Pflichten des Vereins zu erfüllen haben, können für die Verletzung dieser Pflichten grundsätzlich auch nicht haftbar gemacht werden. Anders als nach bisheriger Rechtslage, nach der bereits die grob fahrlässige Verletzung einer Überwachungspflicht haftungsbegründend wirken kann, soll das ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglied, in dessen Zuständigkeit die Erfüllung der steuerlichen Pflichten nicht fällt, nur dann haften, wenn es von der Pflichtverletzung positiv Kenntnis hat und es vorsätzlich unterlässt, die zur Abwendung der Pflichtverletzung erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Damit ist sichergestellt, dass das ehrenamtlich tätige, für die Erfüllung steuerlicher Pflichten des Vereins unzuständige Vorstandsmitglied nur dann haftet, wenn es nicht nur das Versagen des zuständigen Vorstandsmitglieds, sondern auch seine eigene Handlungsmöglichkeit kennt.
Die Finanzbehörden haben diese haftungsbegründenden Merkmale nachzuweisen. Die Steuerhaftung nach § 71 der Abgabenordnung - Haftung des Steuerhinterziehers bleibt von dieser Haftungsbeschränkung unberührt.
Zu Artikel 5
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.