Übermittelt vom Bundesministerium der Finanzen am 17. Januar 2006 gemäß § 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (BGBl. I 1993 S. 313 ff.).
Die Vorlage ist von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 15. Dezember 2005 dem Generalsekretär/Hohen Vertreter des Rates der Europäischen Union übermittelt worden.
Das Europäische Parlament und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss werden an den Beratungen beteiligt.
Hinweis: vgl.
Drucksache 361/04 (PDF) = AE-Nr. 041525
Begründung
1. Hintergrund
1.1. Vorgeschichte
1.1.1. Auf Ebene der Europäischen Union
Der Europäische Rat hat auf seiner Sitzung in Tampere am 15. und 16. Oktober 1999 in Bezug auf Unterhaltspflichten besondere gemeinsame Verfahrensregeln für eine vereinfachte und beschleunigte Beilegung von grenzüberschreitenden Streitfällen gefordert sowie die Abschaffung der Zwischenmaßnahmen, der für die Anerkennung und Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat als dem Vollstreckungsstaat ergangenen Entscheidung bislang noch erforderlich sind.
In dem am 30. November 2000 verabschiedeten Maßnahmenprogramm für die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen1 wird die Abschaffung des Exequaturverfahrens zugunsten von Unterhaltsgläubigern gefordert, für die bereits die Verordnung (EG) Nr. 044/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen gilt ("Brüssel I")2. In dem Programm wird überdies allgemein darauf hingewiesen, dass es "bisweilen erforderlich, sogar unerlässlich sein wird, auf europäischer Ebene eine Reihe von Verfahrensvorschriften festzulegen, die gemeinsame Mindestgarantien darstellen", ja die sogar "auf eine gewisse Harmonisierung der Verfahren ausgerichtet" sind. Vorgesehen sind flankierende Maßnahmen, die "auf eine verbesserte Wirksamkeit der Vollstreckung der im Ausland ergangenen gerichtlichen Entscheidungen im ersuchten Mitgliedstaat abstellen" und u. a. "die genaue Feststellung der Vermögenswerte eines Schuldners im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gestatten" oder mit denen der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung "im Rahmen einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden der Mitgliedstaaten durchgesetzt werden kann", einschließlich einer "Harmonisierung der Kollisionsnormen".
Die Gültigkeit dieses Programms wurde vom Europäischen Rat auf seiner Tagung im November 2004 mit der Annahme des "Haager Programms"3 bekräftigt, in dem es unter anderem heißt: "Die weitere Umsetzung des Maßnahmenprogramms für die gegenseitige Anerkennung muss daher für die kommenden Jahre eine Hauptpriorität sein, damit es bis 2011 abgeschlossen ist".
Am 2. und 3. Juni 2005 haben Rat und Kommission ein gemeinsames Aktionsprogramm aufgelegt, das das Haager Programm in konkrete Maßnahmen umsetzen soll und im Bereich der zivilrechtlichen Zusammenarbeit für 2005 die Annahme eines "Vorschlags zur Unterhaltspflicht" vorsieht4.
1.1.2. Auf internationaler Ebene
Die Haager Konferenz über Internationales Privatrecht5 hat ebenfalls Schritte unternommen, um die bestehenden Übereinkommen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht6 zu aktualisieren. Auf drei Sitzungen einer Sonderkommission im Mai 2003, Juni 2004 und April 2005 wurde an einem neuen Übereinkommen zur Unterhaltspflicht gearbeitet. Eine vierte Sitzung ist für Juni 2006 geplant als Vorbereitung auf eine eventuelle diplomatische Konferenz im Verlauf des ersten Halbjahrs 2007. Die Europäische Gemeinschaft ist aktiv an diesen Verhandlungen beteiligt.
Bei der Verknüpfung der Verhandlungen im Rahmen der Haager Konferenz mit den Arbeiten der Gemeinschaft muss nach möglichen Synergien zwischen den beiden Initiativen gesucht werden, die nicht im Widerspruch zueinander stehen, sondern sich ergänzen und durchaus kohärent sind, wie der Europäische Rat im Haager Programm betonte.
Die Gemeinschaft muss somit imstande sein, eine Strategie zu entwickeln, die mit den internationalen Bemühungen im Einklang steht, und gleichzeitig in ihrem Inneren seine Anstrengungen zur Verwirklichung eines echten Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts fortsetzen.
Die Haager Konferenz ist ein internationales Forum, das der Gemeinschaft Gelegenheit zur Zusammenarbeit mit Drittstaaten in Fragen des Zivilrechts gibt. Der Raum, den sie bietet, um Meinungen auszutauschen und zu erörtern, ist für die Arbeiten der Gemeinschaft eine Inspirationsquelle von unschätzbarem Wert. Es ist im Übrigen nicht ausgeschlossen, dass die Verhandlungen in Den Haag in bestimmten Bereichen Ergebnisse hervorbringen, die sich in der Europäischen Union umsetzen lassen.
Der höhere Grad der Integration zwischen den Mitgliedstaaten im Vergleich zu Drittländern sowie die hochgesteckten Ziele der Europäischen Union machen jedoch spezielle Lösungen auf europäischer Ebene erforderlich. Die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, die nicht nur umfassendere, in sich schlüssigere Kollisionsnormen in Fragen der Zuständigkeit und Anerkennung von Urteilen zu ihrer Verfügung haben, sondern auch ein funktionierendes europäisches justizielles Netz, kann sicherlich weiter gehen als die Zusammenarbeit mit Drittstaaten.
1.2. Ziele
Ziel des Vorschlags ist es, sämtliche Hindernisse auszuräumen, die heute noch der Beitreibung von Unterhaltsforderungen in der Europäischen Union im Wege stehen. Nicht behoben wird damit sicherlich die wirtschaftliche und soziale Unsicherheit, in der sich einige Unterhaltspflichtige befinden, weil sie beschäftigungslos und ohne regelmäßige Einkünfte sind und deshalb ihren Unterhaltspflichten nicht nachkommen können, aber er ermöglicht es zumindest, ein rechtliches Umfeld zu schaffen, das den legitimen Erwartungen der Unterhaltsberechtigten gerecht wird. Letztere müssen in die Lage versetzt werden, einfach, schnell und größtenteils unentgeltlich einen Vollstreckungstitel zu erwirken, der im europäischen Rechtsraum ohne weiteres geltend gemacht werden kann und die regelmäßige Zahlung des geschuldeten Unterhalts bewirkt.
Der neue Rechtsrahmen erfordert Maßnahmen, die sich nicht auf kleine verfahrenstechnische Retouchen beschränken dürfen. Vielmehr sind Maßnahmen in allen Bereichen gefragt, die für die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen relevant sind: internationale Zuständigkeit, anwendbares Recht, Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und Beseitigung von verfahrensrechtlichen Hindernissen. Die Antworten auf all diese Probleme müssen außerdem in einem einzigen Rechtsinstrument abgehandelt werden.
Geleitet werden muss dieses Vorhaben von den folgenden drei Forderungen: 1.2.1. Bürgernahe Regelung Angestrebt wird zunächst eine Vereinfachung der Verfahren zur Feststellung des Unterhaltsanspruchs. Die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in der Verordnung Brüssel I bieten dem Unterhaltsberechtigten bereits die Möglichkeit, bei einer zuständigen Stelle in seiner Nähe vorstellig zu werden, doch lassen sich noch weitere Verbesserungen erreichen und einige Unklarheiten beseitigen. Ist die Entscheidung erst einmal ergangen, muss dafür gesorgt werden, dass sie ohne weitere Formalitäten dieselbe Rechtskraft besitzt wie in dem Staat, in dem sie erlassen wurde. Damit wäre das Ziel, alle zwischengeschalteten Maßnahmen abzuschaffen, erreicht.
Generell muss der Unterhaltsberechtigte bei jedem Verfahrensschritt zur Beitreibung seiner Unterhaltsforderung die Hilfe und Unterstützung erhalten, an der es bisher noch mangelt. Die Einrichtung von Kooperationsstrukturen zwischen den Mitgliedstaaten soll hierzu einen Beitrag leisten. Dazu gehört beispielsweise die Möglichkeit, dass der Unterhaltsberechtigte auch noch im Stadium der eigentlichen Vollstreckung am Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts die notwendigen Schritt unternehmen kann, um beispielsweise Lohn- bzw. Gehalts- oder Kontenpfändungen zu erwirken, die Kooperationsmechanismen in Gang zu setzen oder Zugang zu Informationen zu erhalten, die die Lokalisierung des Unterhaltspflichtigen und die Feststellung seines Vermögens ermöglichen. Deshalb ist auch vorgesehen, das Recht auf Zugang zur Justiz dadurch stärker abzusichern, dass die Interessen des Unterhaltsberechtigten durch die Zentralen Behörden der Mitgliedstaaten vertreten werden können.
Um der Einfachheit willen muss schließlich der Vielfalt der Rechtsquellen in diesem Bereich ein Ende gesetzt werden; bisher gibt es nämlich in der Europäischen Union kein einheitliches, vollkommen harmonisiertes System der Annerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen.
Die Verordnung Brüssel I lässt nämlich laut Artikel 71 "Übereinkommen unberührt, "denen die Mitgliedstaaten angehören und die für besondere Rechtsgebiete die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung oder die Vollstreckung von Entscheidungen regeln." Im letzten Absatz eben dieses Artikels heißt es ferner: "Sind der Ursprungsmitgliedstaat und der ersuchte Mitgliedstaat Vertragsparteien eines Übereinkommens über ein besonderes Rechtsgebiet, welches die Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen regelt, so gelten diese Voraussetzungen." Die Unterhaltspflicht ist ein solches Rechtsgebiet; 17 von 25 Mitgliedstaaten haben das Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen unterzeichnet. Im Verhältnis dieser Mitgliedstaaten zueinander gelten somit die "Voraussetzungen" des Haager Übereinkommens von 1973, das vor der Verordnung Brüssel I abgeschlossen wurde.
In Artikel 26 dieses Übereinkommens heißt es jedoch, dass sich jeder Vertragsstaat das Recht vorbehalten kann, bestimmte Entscheidungen weder anzuerkennen noch für vollstreckbar zu erklären, namentlich Entscheidungen über Unterhaltsleistungen an Erwachsene oder zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten. Die Mitgliedstaaten, die das Übereinkommen von 1973 unterzeichnet haben7, haben größtenteils einen oder mehrere Vorbehalte auf der Grundlage dieser Bestimmung geltend gemacht. Das Ergebnis ist ein Sammelsurium unterschiedlicher Praktiken bei der Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen.
Diese Unterschiede sind Ausdruck einer von Land zu Land unterschiedlichen Auslegung allein schon des Begriffs des Unterhalts. Die Vorbehaltsklausel des Übereinkommens von 1973 führt dazu, dass von der Möglichkeit, diese Unterschiede deutlich zu machen, größtmöglicher Gebrauch gemacht wird. Dadurch kann die Anerkennung von Entscheidungen über bestimmte Unterhaltsleistungen mit einer Art "Generalklausel" abgeschmettert werden, die mit zwingenden Rechtsnormen (ordre public) begründet wird. Die "Ordre public" wird mit Hilfe eines Vorbehalts gegen das Übereinkommen von 1973 nicht mehr fallweise a posteriori , sondern generell a priori geltend gemacht.
Derartige Diskrepanzen sind in der Europäischen Union von jetzt an ausgeschlossen, da sich die Union auf höchster politischer Ebene für den "freien Verkehr" von Unterhaltsentscheidungen ausgesprochen hat. Sie bieten allerdings auch Anlass, darüber nachzudenken, wie den Bedenken derjenigen Mitgliedstaaten Rechnung getragen werden kann, die bisher einer uneingeschränkten Vollstreckbarkeit gewisse Grenzen setzen wollten.
1.2.2. Größere Rechtssicherheit
Die Harmonisierung der Kollisionsnormen hat vor allem den Vorteil, dass die Unterhaltsberechtigten in voller Kenntnis der Sachlage agieren können, ohne divergierenden nationalen Rechtssystemen ausgesetzt zu sein. Auf diese Weise wird eine gewisse "rechtliche Berechenbarkeit" gewährleistet.
Dank der Vorschriften über das anwendbare Recht trifft das zuständige Gericht eine Entscheidung anhand derjenigen materiellrechtlichen Vorschriften, die den engsten Bezug zu der Unterhaltssache haben. So werden außerdem größere Ungerechtigkeiten vermieden: ein Unterhaltsberechtigter kann eine seiner Situation angemessene Lösung erwarten, ohne Opfer unterschiedlicher Kollisionsnormen zu werden.
Die Kollisionsnorm flankiert und erleichtert somit die Abschaffung der "Zwischenmaßnahmen" im Stadium der Anerkennung: eine Entscheidung lässt sich weniger leicht anfechten, wenn sie auf der Grundlage eines Gesetzes ergangen ist, das auf harmonisierten Vorschriften beruht. .
Außerdem ermöglichen es die Vorschriften über das anwendbare Recht ganz konkret, unter bestimmten Umständen Unterhaltsansprüche abzuwehren, die auf einem nicht gemeinhin akzeptierten Unterhaltsverhältnis (z.B. zwischen Geschwistern) beruhen. Die Kollisionsnorm stellt somit in einem Raum, in dem Entscheidungen frei zirkulieren, eine Art "Auffangnetz" dar und räumt die Bedenken der Mitgliedstaaten aus, die den Begriff der Unterhaltspflicht eng auslegen.
Kollisionsnormen sind nicht dazu da, um bestehende Unterschiede aus der Welt zu schaffen. Es geht nicht darum, Anschauungen zu uniformisieren, denen ein bestimmtes gesellschaftliches, wirtschaftliches oder kulturelles Anliegen eines Landes zugrunde liegt, sondern darum, sicher zu sein, dass keine Entscheidung aufgrund eines Gesetzes ergangen ist, das keinen ausreichenden Bezug zu der jeweiligen familiären Situation besitzt.
1.2.3. Gewährleistung einer efektiven, regelmäßigen Unterhaltszahlung
Eine Besserung der derzeitigen Lage stellt sich auf Dauer nur dann ein, wenn die Unterhaltszahlungen auch tatsächlich geleistet werden. Der Unterhaltsberechtigte muss in die Lage versetzt werden, eine Entscheidung zu erwirken, die im gesamten Gebiet der Europäischen Union vollstreckbar ist, und anschließend in den Genuss eines einfachen, harmonisierten Vollstreckungssystems kommen. Hierzu ist dreierlei erforderlich: Erstens muss in jedem Fall automatisch eine vorläufige Vollstreckung aller Unterhaltsentscheidungen erfolgen. Zweitens müssen die Zwischenmaßnahmen abgeschafft werden, die bisher erforderlich waren, damit eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt und vollstreckt wurde. Und drittens müssen eine Reihe von Maßnahmen im Zusammenhang mit der eigentlichen Vollstreckung getroffen werden: Zugang zu Informationen, die über die Situation des Unterhaltspflichtigen Auskunft geben, Schaffung des rechtlichen Instrumentariums, um direkt auf Löhne und Gehälter bzw. Bankkonten zugreifen zu können und Verbesserung des Ranges von Unterhaltsansprüchen.
Die Verwirklichung der mit diesem Vorschlag verfolgten Ziele erfolgt unter uneingeschränkter Wahrung der von der Europäischen Union anerkannten Grundrechte. Zwischen den Ansprüchen des Unterhaltsberechtigten und den Rechten des Unterhaltspflichtigen muss ein ausgewogenes Verhältnis bestehen; letztere haben insbesondere Anspruch auf ein faires Verfahrens und auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten.
2. Anhörung Interessierter Kreise
Die Kommission hat eine Studie über die Beitreibung von Unterhaltsforderungen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Auftrag gegeben8.
Eine erste Sachverständigensitzung fand am 3. November 2003 statt. Dabei sollten die wichtigsten Aspekte herausgearbeitet werden, die in dem geplanten Grünbuch zur Unterhaltspflicht zur Diskussion gestellt werden sollten.
Das Grünbuch zu den Unterhaltspflichten wurde von der Kommission am 15. April 2004 angenommen9. Die ersten Reaktionen waren Gegenstand einer öffentlichen Anhörung, die am 2. Juni 2004 stattfand. Danach gingen noch weitere Stellungnahmen ein10.
Am 12. Mai 2005 fand eine zweite Sitzung mit Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten statt, auf der drei Vorentwürfe für Rechtsetzungsvorhaben vorgelegt wurden, die sich auf ein von den Kommissionsdienststellen ausgearbeitetes Arbeitsdokument stützten. Die Sitzung bot Gelegenheit, die gesamte Palette an Fragen zu erörtern, die sich im Zusammenhang mit der Unterhaltspflicht innerhalb der Europäischen Union stellen: anwendbares Recht, internationale Zuständigkeit, Anerkennung, Vollstreckbarkeit und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen, Harmonisierung bestimmter Verfahrensvorschriften, Zusammenarbeit zwischen den Zentralen Behörden, Zugang zur Information usw.
Die Teilnehmer dieser Sitzung wurden anschließend gebeten, der Kommission ihre schriftlichen Bemerkungen zu der Arbeitsunterlage mit den drei Vorentwürfen zu übermitteln.
Die Kommission nahm zudem eine Folgenabschätzung vor, die diesem Vorschlag als Anhang beigefügt ist. Zu diesem Zweck wurden die Beiträge der im Rahmen des Grünbuchs und in der Folge befragten Experten ausgewertet. Zur Debatte standen mehrere Optionen: Beibehaltung des status quo, Maßnahme ohne Gesetzeskraft sowie mehrere Arten von Rechtsetzungsinitiativen der Gemeinschaft. Die Untersuchung ergab, dass die Gemeinschaft, wenn sie die vielfältigen sowohl praktischen als auch juristischen Probleme der Unterhaltsberechtigten tatsächlich angehen will, eine Maßnahme größeren Zuschnitts ins Auge fassen muss, die das gesamte Spektrum möglicher Aktionsbereiche abdeckt.
3. Rechtliche Aspekte
3.1. Rechtsgrundlage
Das Gebiet, mit dem sich der vorliegende Vorschlag beschäftigt, fällt unter Artikel 65 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft; Rechtsgrundlage des vorliegenden Vorschlags ist Artikel 61 Buchstabe c EG-Vertrag.
Artikel 65 EG-Vertrag überträgt der Gemeinschaft Legislativbefugnisse im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitenden Bezügen, soweit dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist.
Die hier in Betracht gezogenen Maßnahmen lassen sich ausnahmslos den Maßnahmen zuordnen, die explizit in der - im Übrigen nicht erschöpfenden - Liste des Artikels 65 erwähnt werden: Kompetenzkonflikte, Kollision von Rechtsvorschriften, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und Beseitigung der Hindernisse für eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren durch Förderung der Vereinbarkeit der Verfahrensvorschriften.
Die Gemeinschaftsorgane verfügen bei der Entscheidung darüber, ob eine Maßnahme für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich ist, über einen Ermessensspielraum. Der vorliegende Vorschlag erleichtert das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes insofern, als die Schaffung neuer rechtlicher Rahmenbedingungen für eine wirksamere Beitreibung von Unterhaltsforderungen dazu beiträgt, Hindernisse im Bereich des freien Verkehrs von Personen zu beseitigen, die nach wie vor die Leidtragenden der fortdauernden nationalen Unterschiede bei der Beitreibung von Unterhaltszahlungen sind.
Damit Artikel 65 anwendbar ist, muss ein grenzüberschreitender Bezug gegeben sein. Der vorliegende Vorschlag enthält Maßnahmen, deren Ziel es ist, den Erhalt eines Vollstreckungstitels zu erleichtern und die Vollstreckung in Fällen zu erwirken, die allesamt eine grenzüberschreitende Komponente enthalten. Zuständigkeits- und Kollisionsnormen beziehen sich per definitionem auf internationale Sachverhalte, bei denen rechtliche Aspekte verschiedener Länder zum Tragen kommen. Die Bestimmungen über die Anerkennung und die Vollstreckbarkeit der Entscheidungen sollen bewirken, dass eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung automatisch in jedem anderen Mitgliedstaat vollstreckbar ist. Flankiert werden diesen Bestimmungen von einer auf das notwendige Mindestmaß beschränkten Harmonisierung einiger einzelstaatlicher Verfahrensvorschriften. Die vorgeschlagenen Vollstreckungsmaßnahmen sollen die Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung eines Mitgliedstaats in einem anderen Mitgliedstaat erleichtern. Die im Bereich der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs vorgesehenen Maßnahmen schließlich setzen die Beteiligung eines zweiten Mitgliedstaats voraus.
Die vorliegende Verordnung soll nach dem in Artikel 67 Absatz 2 EGV vorgesehenen Verfahren angenommen werden, wonach der Rat einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments beschließt. Die Kommission ist in der Tat der Auffassung, dass der vorliegende Vorschlag familienrechtliche Aspekte im Sinne von Artikel 67 Absatz 5 zweiter Gedankenstrich berührt.
Wegen des engen Bezugs zwischen Unterhaltspflicht und Familienrecht ist diese Interpretation aus rechtlicher Sicht zwingend; dennoch bleibt festzustellen, dass diese Zuordnung im Ergebnis nicht ganz befriedigend ist. Dabei wird nämlich die hybride Natur des Begriffs der Unterhaltspflicht nicht ausreichend berücksichtigt - obgleich familienrechtlich begründet, ist ihre Erfüllung wie jede Forderung finanzieller Natur.
Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat im Übrigen bisher den Standpunkt vertreten, dass die Unterhaltspflichten vom Bereich des Familienrechts abgekoppelt und unter die allgemeinen Bestimmungen über die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen fallen können. So schließt die Verordnung Brüssel I, die darin dem Brüsseler Übereinkommen vom 27. September 1968 folgt, das Familienrecht aus ihrem Anwendungsbereich aus, nicht aber die Unterhaltspflichten. Im Gegensatz dazu erfasst die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung ("neue Verordnung Brüssel II)11 einen wesentlichen Bereich des Familienrechts (Scheidung, elterliche Sorge), schließt aber Unterhaltspflichten aus. Die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen12 schließt wiederum Unterhaltsforderungen mit ein und wurde nach dem Mitentscheidungsverfahren erlassen. .
Bei der vorliegenden Verordnung liegen die Dinge anders: sie befasst sich ausschließlich mit den Unterhaltspflichten, die in den anderen genannten Rechtsinstrumenten nur am Rande erwähnt werden. Der Wortlaut des EG-Vertrags lässt daher für die Kommission nur die Feststellung zu, dass der vorliegende Vorschlag familienrechtliche Aspekte berührt und somit nicht dem Mitentscheidungsverfahren unterliegt.
Der erwähnte Nachteil, den eine solche Schlussfolgerung mit sich bringt, könnte jedoch vermieden werden, wenn der Rat beschließen würde, auf die Unterhaltspflichten das gemeine Recht anzuwenden. Gemäß Artikel 67 Absatz 2 zweiter Gedankenstrich des EG-Vertrags kann der Rat nämlich nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig beschließen, dass auf alle Bereiche, die unter den Dritten Teil Titel IV des EG-Vertrags fallen, oder Teile davon das Verfahren des Artikels 251 anzuwenden ist. Es ist folglich möglich, den Bereich der Unterhaltspflichten vom Einstimmigkeitserfordernis in das Mitentscheidungsverfahren zu überführen.
Die Kommission ersucht den Rat, einen Beschluss in diesem Sinne zu fassen; ein solcher Beschluss würde dem besonderen Wesen der Unterhaltspflichten gerecht werden und sich zudem in den gesetzlichen Rahmen einpassen, in dem die Gemeinschaft bisher in diesem Bereich tätig geworden ist.
3.2. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Subsidiaritätsprinzip
Die Ziele des vorliegenden Vorschlags lassen sich von den Mitgliedstaaten nicht im Alleingang verwirklichen. Wenn der Vorschlag nämlich zu einem besseren Funktionieren des Binnenmarktes betragen soll, dann müssen die Regelungen zur internationalen Zuständigkeit und die Kollisionsnormen wie auch die Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen einheitlich sein. Einzig und allein eine Maßnahme auf Gemeinschaftsebene kann die Gleichwertigkeit der anwendbaren Vorschriften gewährleisten, so wie dies schon früher der Fall war, zum Beispiel bei der Verordnung Brüssel I. Dasselbe gilt für die Bestimmungen über die Zusammenarbeit der Zentralen Behörden, die innerhalb der Europäischen Union in Bezug auf die zu leistende Amtshilfe denselben Verpflichtungen unterliegen müssen.
Der vorliegende Vorschlag ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ganz und gar vereinbar, da er sich auf das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Mindestmaß beschränkt. So sorgen beispielsweise die Kollisionsnormen dafür, dass keine Harmonisierung der materiellrechtlichen Bestimmungen erfolgt. Die Vorschriften über die Zuständigkeit in Unterhaltssachen und über die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidungen haben ihrerseits nur geringfügige Auswirkungen auf die innerstaatlichen verfahrensrechtlichen Bestimmungen.
Für die Wahl der Rechtsform (Verordnung) gibt es mehrere Gründe. So darf den Mitgliedstaaten kein Ermessensspielraum bleiben; weder bei der Festlegung der Vorschriften über die internationale Zuständigkeit, die ja die Rechtssicherheit der Bürger und Unternehmen gewährleisten sollen, noch bei den Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren, die in allen Mitgliedstaaten unmissverständlich und einheitlich sein müssen. Dasselbe gilt für die Kollisionsnormen. Der Vorschlag enthält nämlich einheitliche Vorschriften über das anwendbare Recht, die so präzise formuliert und eindeutig sind, dass sich eine Umsetzung in innerstaatliches Recht erübrigt. Besäßen die Mitgliedstaaten einen Ermessensspielraum bei der Umsetzung dieser Vorschriften, wäre die Rechtsunsicherheit wieder da, die mit diesem Vorschlag gerade beseitigt werden soll.
Im Bereich der Unterhaltspflicht ist vor allem Transparenz gefragt. Die in der Europäischen Gemeinschaft geltenden Vorschriften müssen ohne Umwege über ein innerstaatliches Recht, das den Gemeinschaftsrechtsakt inhaltlich umsetzt und dem Betroffenen sehr häufig fremd ist, sofort zugänglich sein und dieselbe Lesart ermöglichen. Die Rechtsform der Verordnung gibt dem Gerichtshof zudem die Möglichkeit, die einheitliche Anwendung der Bestimmungen in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten.
3.3. Position des Vereinigten Königreichs, Irlands und Dänemarks
Titel IV des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, der für den mit dieser Verordnung erfassten Bereich maßgebend ist, gilt nicht für das Vereinigte Königreich und Irland, es sei denn, diese Länder entscheiden sich gemäß dem Protokoll im Anhang zum EG-Vertrag für eine Beteiligung an den betreffenden Maßnahmen.
Titel IV des EG-Vertrags findet laut Protokoll auch auf Dänemark keine Anwendung.
Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten
Der Rat der Europäischen Union -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
insbesondere auf Artikel 61 Buchstabe c) und Artikel 67 Absatz 2,
auf Vorschlag der Kommission13,
nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments14,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 15,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Die Gemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, die Europäische Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zum schrittweisen Aufbau dieses Raums muss die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen erlassen.
(2) Bisher wurden in diesem Bereich unter anderem bereits folgende Maßnahmen erlassen: die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten16, die Verordnung (EG) Nr. 044/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen17, die Entscheidung (EG) 2001/470 des Rates vom 28. Mai 2001 zur Einrichtung eines Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen18, die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen19, die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/0020 sowie die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen21.
(3) Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung in Tampere am 15. und 16. Oktober 1999 ausdrücklich dafür plädiert, spezielle gemeinsame Verfahrensregeln für eine vereinfachte und beschleunigte Beilegung von grenzüberschreitenden Streitfällen insbesondere in Unterhaltsfragen aufzustellen. Eine weitere Forderung war die Abschaffung der "Zwischenmaßnahmen", die bisher erforderlich waren, damit eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt und vollstreckt wurde.
(4) Am 30. November 2000 wurde ein gemeinsames Programm der Kommission und des Rates über Maßnahmen zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen22 verabschiedet.
(5) Am 4. und 5. November 2004 nahm der Europäische Rat auf seiner Tagung in Brüssel ein neues Programm mit dem Titel "Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union" an.
(6) Am 2. und 3. Juni 2005 haben Rat und Kommission ein gemeinsames Aktionsprogramm verabschiedet, mit dem das Haager Programm in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden soll. Eine diese Maßnahmen betrifft die Annahme von Vorschlägen zur Unterhaltspflicht.
(7) Einer unterhaltsberechtigten Person muss es möglich sein, problemlos eine Entscheidung zu erwirken, die automatisch in jedem anderen Mitgliedstaat vollstreckbar ist und zudem leichter und schneller vollstreckt werden kann.
(8) Um dieses Ziel zu erreichen und sicherzustellen, dass die Bürger die einschlägigen Rechtsnormen besser geltend machen können, sollten sämtliche Maßnahmen, die erforderlich sind, damit Unterhaltsforderungen überall in der Gemeinschaft beigetrieben werden können, in einem einzigen Rechtsinstrument zusammengefasst werden. Die vorliegende Verordnung muss daher Kompetenzkonflikte regeln und Kollisionsnormen sowie Vorschriften zur Vollstreckbarkeit und Vollstreckung von im Ausland ergangenen Entscheidungen und zur behördlichen Zusammenarbeit enthalten.
(9) Der Anwendungsbereich der Verordnung muss sich auf sämtliche Unterhaltspflichten erstrecken, die sich aus einem Familienverhältnis oder Beziehungen, die ähnliche Wirkungen entfalten, ergeben. Damit soll die Gleichbehandlung aller Unterhaltsberechtigten sichergestellt werden.
(10) Die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit weichen geringfügig von den derzeit geltenden diesbezüglichen Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 044/2001 ab. Um die Interessen der Unterhaltsberechtigten bestmöglich zu schützen und eine ordentliche Rechtspflege innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu ermöglichen, müssen die betreffenden Vorschriften klarer formuliert werden und sämtliche Fälle erfassen, in denen ein hinreichend enger Bezug zwischen der Situation der Beteiligten und einem Mitgliedstaat besteht. So darf der Umstand, dass der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat hat, kein Grund mehr sein für den Ausschluss des Gemeinschaftsrechts, und eine Rückverweisung auf innerstaatliches Recht ist ebenfalls nicht mehr vorgesehen.
(11) Die Verfahrensbeteiligten sollen nach wie vor den Gerichtsstand einvernehmlich bestimmen können außer im Falle von Unterhaltszahlungen für ein minderjähriges Kind, das aufgrund seiner schwachen Position besonders schutzwürdig ist.
(12) Außerdem bedarf es eines eindeutigen und wirksamen Mechanismus, um Fragen der Rechtshängigkeit und Konnexität von Verfahren zu lösen.
(13) Die Kollisionsnormen gelten nur für die Unterhaltspflichten; sie bestimmen nicht, nach welchem Recht festgestellt wird, ob ein Familienverhältnis besteht, das eine Unterhaltspflicht begründet.
(14) Wie bei den internationalen Rechtsinstrumenten sollte nach wie vor das Recht des Landes Vorrang haben, in dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; an zweiter Stelle sollte jedoch das Recht des angerufenen Gerichts (lex fori) folgen, weil sich Streitfälle in diesem speziellen Bereich auf diese Weise häufig einfacher, schneller und kostengünstiger beilegen lassen.
(15) Lässt sich der Anspruch auf Unterhaltszahlungen weder auf die eine noch die andere vorgenannte Art durchsetzen, soll zudem die Möglichkeit bestehen, das Recht eines anderen Landes anzuwenden, zu dem die Unterhaltspflicht einen engen Bezug aufweist. Hierfür kommt insbesondere - aber keineswegs ausschließlich - das Land der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Verfahrensbeteiligten in Frage.
(16) Die Verfahrensbeteiligten sollen unter bestimmten Voraussetzungen das anwendbare Recht frei bestimmen können. Sie sollen somit die Möglichkeit erhalten, sich für die Zwecke eines Verfahrens für das Recht des angerufenen Gerichts zu entscheiden. Außerdem soll das anwendbare Recht im Voraus, d.h. bevor es überhaupt zu einem Rechtsstreit kommt, vertraglich festgelegt werden dürfen. Dies gilt für alle Unterhaltspflichten mit Ausnahme der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern oder unterstützungsbedürftigen Erwachsenen. Allerdings ist die Wahlfreiheit auf bestimmte Rechtsordnungen beschränkt. .
(17) Der Antragsgegner soll gegen die Anwendung des nach dieser Verordnung einschlägigen Rechts in den Fällen geschützt werden, in denen dem familiären Band, das den Erhalt der Unterhaltszahlung rechtfertigt, nicht einvernehmlich eine herausgehobene Stellung zuerkannt wird. Ein solcher Fall könnte vor allem bei Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten, bei Nachkommen im Verhältnis zu ihren Verwandten in aufsteigender Linie sowie nach Auflösung der Ehe gegebenen sein.
(18) Die in einem Mitgliedstaat ergangenen Unterhaltsentscheidungen sollten ohne weiteres Verfahren in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und dort vollstreckbar sein. Um alle Zwischenmaßnahmen auszuschalten, muss eine Mindestharmonisierung der Verfahrensregeln erfolgen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass in allen Mitgliedstaaten ein wirksamer Rechtsschutz nach denselben Vorschriften gewährt wird.
(19) Eine in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Unterhaltsentscheidung muss in jedem anderen Mitgliedstaat schnell und wirksam vollstreckt werden können. Im Interesse der Unterhaltsberechtigten soll es insbesondere möglich sein, dass die Unterhaltszahlungen direkt von den Löhnen oder Gehältern bzw. Bankkonten der Unterhaltspflichtigen einbehalten werden.
(20) Vollstreckbare öffentliche Urkunden und Vereinbarungen zwischen Parteien erhalten denselben Stellenwert wie Entscheidungen.
(21) Um die Beitreibung der Unterhaltszahlungen zu erleichtern, sollen in den Mitgliedstaaten Zentrale Behörden eingerichtet werden, die sowohl in allgemeinen Fragen als auch im Einzelfall zusammenarbeiten. Die Behörden sollen Informationen austauschen, um Unterhaltspflichtige ausfindig zu machen und deren Vermögenswerte und Einkünfte zu ermitteln, wobei sämtliche Anforderungen an den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr23 zu berücksichtigen sind.
(22) Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und den unter anderem in der Grundrechtscharta der Europäischen Union anerkannten Grundsätzen. Hierzu gehören insbesondere die uneingeschränkte Achtung des Privat- und Familienlebens, der Schutz personenbezogener Daten, die Achtung der Rechte des Kindes und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht entsprechend den Artikeln 7, 8, 24 und 47 der Charta.
(23) Gemäß Artikel 2 des Beschlusses 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse24 sollten die zur Durchführung der vorliegenden Verordnung erforderlichen Maßnahmen nach dem Beratungsverfahren des Artikels 3 des Beschlusses erlassen werden.
(24) Die vorliegende Verordnung tritt an die Stelle der zu einem früheren Zeitpunkt auf gleichem Gebiet angenommenen Rechtsinstrumente. Im Interesse einer Vereinheitlichung und Vereinfachung der geltenden Rechtsnormen muss sie außerdem Vorrang erhalten gegenüber anderen internationalen Rechtsinstrumenten, die im Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander anwendbar sind.
(25) Da die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahme - Schaffung eines Instrumentariums zur effektiven Beitreibung von Unterhaltsforderungen innerhalb der Europäischen Union - auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht hinreichend verwirklicht und daher besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 EG-Vertrag verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(26) Das Vereinigte Königreich und Irland haben gemäß Artikel 3 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und im Anhang zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten.
(27) Gemäß den Artikeln 1 und 2 des Protokolls über die Position Dänemarks im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die weder für Dänemark bindend noch auf diesen Mitgliedstaat anwendbar ist.
HAT folgende Verordnung erlassen:
Kapitel I
Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen
Artikel 1
Geltungsbereich
1. Diese Verordnung findet Anwendung auf Unterhaltspflichten, die sich aus einem Familienverhältnis ergeben oder aus Beziehungen, die nach einschlägigem Recht eine ähnliche Wirkung entfalten.
2. In dieser Verordnung bezeichnet der Begriff "Mitgliedstaat" alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks, des Vereinigten Königreichs und Irlands.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff
(1) "Gericht": jede in den Mitgliedstaaten für Unterhaltssachen zuständige Behörde,
(2) "Richter": Richter für Unterhaltssachen oder sonstige Amtsperson, deren Zuständigkeiten denen eines Richters entsprechen,
(3) "Entscheidung": jede von einem Gericht eines Mitgliedstaats in Unterhaltssachen erlassene Entscheidung ungeachtet der Bezeichnung wie Urteil, Beschluss, Verfügung oder Vollstreckungsbefehl, einschließlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Gerichtsdieners,
(4) "öffentliche Urkunde":
- a) ein Schriftstück, das als öffentliche Urkunde im Bereich der Unterhaltspflichten aufgesetzt oder aufgenommen wurde und dessen Echtheit
- i) sich auf die Unterschrift und den Inhalt der Urkunde bezieht und
- ii) von einer Behörde oder einer anderen vom Ursprungsmitgliedstaat hierzu ermächtigten Stelle festgestellt worden ist oder
- b) eine vor einer Verwaltungsbehörde geschlossene oder von ihr beurkundete Unterhaltsvereinbarung.
(5) "Ursprungsmitgliedstaat": den Mitgliedstaat, in dem die zu vollstreckende Entscheidung ergangen ist,
(6) "Vollstreckungsmitgliedstaat": den Mitgliedstaat, in dem die Entscheidung vollstreckt werden soll,
(7) "Erstgericht": das Gericht, das die zu vollstreckende Entscheidung erlassen hat,
(8) "Unterhaltsberechtigter" : jede natürliche Person, die Anspruch auf Unterhaltsleistungen hat oder geltend macht,
(9) "Unterhaltspflichtiger" : jede natürliche Person, die Unterhaltsleistungen schuldet oder gegenüber der Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden.
Kapitel II
Zuständigkeit
Artikel 3
Allgemeine Zuständigkeit
In den Mitgliedstaaten liegt die gerichtliche Zuständigkeit für Entscheidungen in Unterhaltssachen a) bei dem Gericht des Ortes, an dem der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder b) bei dem Gericht des Ortes, an dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder c) bei dem Gericht, bei dem die Zuständigkeit für eine Personenstandsklage liegt, wenn daneben auch ein Unterhaltsanspruch geltend gemacht wird, es sei denn, diese Zuständigkeit beruht einzig und allein auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien, oder d) bei dem Gericht, bei dem die Zuständigkeit für eine Sorgerechtsklage im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 liegt, wenn daneben auch ein Unterhaltsanspruch geltend gemacht wird.
Artikel 4
Gerichtsstandsvereinbarung
- 1. Sind die Parteien, von denen mindestens eine ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, überein gekommen, dass ein Gericht oder die Gerichte eines bestimmten Mitgliedstaates in einem bestehenden oder etwaigen künftigen Unterhaltsstreit entscheiden sollen, so liegt die Zuständigkeit bei dem Gericht bzw. den Gerichten dieses Mitgliedstaates. Sofern nichts Anderes bestimmt ist, handelt es sich dabei um eine ausschließliche Zuständigkeit.
- 2. Eine Gerichtsstandsvereinbarung bedarf der Schriftform. Das Schriftformerfordernis ist bei jeder Übermittlung auf elektronischem Weg erfüllt, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglicht.
- 3. Haben beide Vertragsparteien einer solchen Gerichtsstandsvereinbarung ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates, so sind die Gerichte der anderen Mitgliedstaaten nicht entscheidungsbefugt, es sei denn, das bzw. die bezeichneten Gerichte haben sich für unzuständig erklärt.
- 4. Dieser Artikel gilt nicht bei einem Unterhaltsstreit, der ein Kind von unter 18 Jahren betrifft.
Artikel 5
Durch Einlassung begründete Zuständigkeit
Sofern sich die Zuständigkeit eines Gerichts nicht bereits aus den Artikeln 3 und 4 dieser Verordnung ergibt, wird ein Gericht eines Mitgliedstaats zuständig, wenn sich der Antragsgegner vor ihm einlässt. Dies gilt nicht, wenn der Antragsgegner erscheint, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen, oder wenn aufgrund von Artikel 4 ein anderes Gericht die ausschließliche Zuständigkeit besitzt.
Artikel 6
Restzuständigkeit
Soweit sich aus den Artikeln 3 bis 5 keine Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats ergibt, sind folgende Gerichte zuständig:
- a) die Gerichte des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit sowohl der Unterhaltsberechtigte als auch der Unterhaltspflichtige besitzen, bzw.
- b) bei Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten oder ehemaligen Ehegatten die Gerichte des Mitgliedstaates, in dessen Hoheitsgebiet sich der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten befand, wenn dieser gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt weniger als ein Jahr vor Antragstellung noch Bestand hatte.
Artikel 7
Rechtshängigkeit
- 1. Wird wegen desselben Unterhaltsanspruchs bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten ein Antrag gestellt, so setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht.
- 2. Sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, erklärt sich das später angerufene Gericht zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig.
Artikel 8
Konnexität von Verfahren
- 1. Sind Verfahren, die miteinander im Zusammenhang stehen, bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten anhängig, so kann das später angerufene Gericht das Verfahren aussetzen.
- 2. Handelt es sich um Verfahren in erster Instanz, so kann sich das später angerufene Gericht auf Antrag einer Partei auch für unzuständig erklären, sofern das zuerst angerufene Gericht für die betreffenden Verfahren zuständig ist und die Verbindung der Verfahren nach seinem Recht zulässig ist.
- 3. Miteinander in Zusammenhang stehende Verfahren im Sinne dieses Artikels sind Verfahren, zwischen denen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten.
Artikel 9
Anrufung eines Gerichts
Für die Zwecke dieses Kapitels gilt ein Gericht als angerufen:
- a) sobald das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück bei Gericht eingereicht worden ist, vorausgesetzt, der Antragsteller hat es in der Folge nicht versäumt, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um die Zustellung des Schriftstücks an den Antragsgegner zu bewirken, oder
- b) für den Fall, dass die Zustellung an den Antragsgegner vor Einreichung des Schriftstücks bei Gericht zu erfolgen hat, sobald die für die Zustellung verantwortliche Stelle das Schriftstück erhalten hat, vorausgesetzt, der Antragsteller hat es in der Folge nicht versäumt, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um das Schriftstück bei Gericht einzureichen.
Artikel 10
Einstweilige und sichernde Maßnahmen
Die im Recht eines Mitgliedstaats vorgesehenen einstweiligen oder sichernden Maßnahmen können bei den Justizbehörden dieses Staates auch dann beantragt werden, wenn aufgrund dieser Verordnung für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen Mitgliedstaats zuständig ist.
Artikel 11
Prüfung der Zuständigkeit
Das Gericht eines Mitgliedstaats erklärt sich von Amts wegen für unzuständig, wenn es in einer Sache angerufen wird, für die es nach dieser Verordnung keine Zuständigkeit besitzt.
Kapitel III
Anwendbares Recht
Artikel 12
Keine Wirkung in Bezug auf das Familienverhältnis
Die Bestimmungen dieses Kapitels regeln lediglich das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht; das auf eines der Familienverhältnisse im Sinne von Artikel 1 anwendbare Recht bleibt hiervon unberührt.
Artikel 13
Grundlegende Bestimmungen
- 1. Für Unterhaltspflichten gilt das Recht des Landes, in dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
- 2. Das Recht des angerufenen Gerichts ist anwendbar, wenn a) der Unterhaltsberechtigte vom Unterhaltspflichtigen nach dem gemäß Absatz 1 anwendbaren Recht keinen Unterhaltsanspruch geltend machen kann oder b) der Unterhaltsberechtigte dies beantragt und es sich dabei um das Recht des Landes handelt, in dem der Unterhaltspflichtige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
- 3. Kann der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Unterhaltspflichtigen nach keiner der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsordnungen durchsetzen, weist aber die Unterhaltspflicht aufgrund der Gesamtumstände einen engen Bezug zu einem anderen Land auf, vor allem zum Land der gemeinsamen Staatsangehörigkeit des Unterhaltsberechtigten und des Unterhaltspflichtigen, dann ist das Recht des Landes, zu dem ein solcher enger Bezug besteht, anwendbar.
Artikel 14
Freie Rechtswahl
Unbeschadet der Bestimmungen in Artikel 13 steht es dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltspflichtigen frei,
- a) sich bei Antragstellung für die Zwecke des Verfahrens ausdrücklich oder auf sonstige unmissverständliche Weise für das Recht des angerufenen Gerichts zu entscheiden,
- b) jederzeit schriftlich das anwendbare Recht zu vereinbaren außer bei einer Unterhaltspflicht gegenüber Kindern unter 18 Jahren und Erwachsenen, deren Fähigkeiten so eingeschränkt sind, dass sie ihre Interessen nicht selbst vertreten können ("unterstützungsbedürftige Erwachsene"), wobei die Wahlfreiheit beschränkt ist auf
- (i) das Recht ihrer gemeinsamen Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Vereinbarung,
- (ii) das Recht des Landes, in dem sie ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben oder in dem der Unterhaltsberechtigte oder der Unterhaltspflichtige zum Zeitpunkt der Vereinbarung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
- (iii) das Recht, nach dem sich zum Zeitpunkt der Vereinbarung ihre vermögensrechtlichen Verhältnisse bestimmen, sofern es um die Unterhaltpflichten zwischen zwei Personen geht, die durch Ehe oder eine Gemeinschaft, die nach dem hierfür geltenden Recht eine ähnliche Wirkung entfaltet, verbunden sind oder waren.
Artikel 15
Nichtanwendbarkeit des nach dieser Verordnung geltenden Rechts auf Antrag des
Unterhaltspflichtigen
- 1. Außer bei Unterhaltspflichten gegenüber Kindern und unterstützungsbedürftigen Erwachsenen sowie zwischen Ehegatten und ehemaligen Ehegatten kann der Unterhaltspflichtige den Anspruch des Unterhaltsberechtigten ihm gegenüber nach dem Recht ihrer gemeinsamen Staatsangehörigkeit oder in Ermangelung einer solchen nach dem Recht bestreiten, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
- 2. Bei Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten oder ehemaligen Ehegatten kann der Unterhaltspflichtige den Anspruch des Unterhaltsberechtigten ihm gegenüber nach dem Recht des Landes bestreiten, zu dem die Eheschließung den engsten Bezug aufweist.
Artikel 16
Öffentliche Stellen
Eine öffentliche Stelle kann ihren Anspruch auf Erstattung von Leistungen an den Unterhaltsberechtigten nach dem Recht geltend machen, dem sie unterliegt.
Artikel 17
Wirkungsbereich des anwendbaren Rechts
- 1. Nach dem auf eine Unterhaltssache anwendbaren Recht bestimmen sich insbesondere:
- ( ) Vorliegen und Umfang der Ansprüche des Unterhaltsberechtigten und Anspruchsgegner,
- ( ) die Möglichkeiten einer rückwirkenden Geltendmachung der Unterhaltsforderungen,
- ( ) der Modus für die Berechung und Indexierung der Unterhaltsleistung,
- ( ) die Verjährungs- und Klagefristen,
- ( ) das Recht einer öffentlichen Stelle, die einem Unterhaltsberechtigten Unterhalt gezahlt hat, auf Erstattung ihrer Leistungen sowie die Grenzen der Leistungspflicht des Unterhaltspflichtigen.
- 2. Bei der Festsetzung der Höhe der Unterhaltsleistung muss unabhängig von den materiellrechtlichen Vorschriften des anwendbaren Rechts den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten sowie den finanziellen Möglichkeiten des Unterhaltspflichtigen Rechnung getragen werden.
Artikel 18
Anwendung des Rechts eines Drittstaates
Das nach dieser Verordnung maßgebliche Recht ist auch dann anzuwenden, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedstaats ist.
Artikel 19
Rückverweisung
- 1. Vorbehaltlich Absatz 2 sind bei Rückverweisung in dieser Verordnung auf das Recht eines Landes die geltenden Rechtsnormen dieses Landes unter Ausschluss der Vorschriften des internationalen Privatrechts gemeint.
- 2. Ist nach dieser Verordnung das Recht eines Drittstaates anwendbar und verweisen die Vorschriften des internationalen Privatrechts dieses Staates auf das Recht eines anderen Landes, wendet das angerufene Gericht sein innerstaatliches Recht an.
Artikel 20
Ordre public
Eine Bestimmung des nach dieser Verordnung bezeichneten Rechts ist nur dann nicht anwendbar, wenn diese Anwendung mit wesentlichen Grundsätzen des am Gerichtsstand maßgeblichen Rechts offensichtlich unvereinbar wäre. Die Anwendung einer Bestimmung des Rechts eines Mitgliedstaates kann hingegen nicht mit dieser Begründung versagt werden.
Artikel 21
Staaten ohne einheitliche Rechtsordnung
Umfasst ein Staat mehrere Gebietseinheiten, die jeweils ihre eigenen Rechtsnormen für Unterhaltspflichten haben, so gilt für die Bestimmung des nach dieser Verordnung anzuwendenden Rechts jede Gebietseinheit als Staat.
Kapitel IV
Gemeinsame Verfahrensvorschriften
Artikel 22
Zustellung
Artikel 23 Prüfung der Zulässigkeit
- 1. Lässt sich ein Antragsgegner, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates hat, in dem das Verfahren eingeleitet wurde, nicht zur Sache ein, setzt das zuständige Gericht das Verfahren so lange aus, bis festgestellt ist, ob es dem Antragsgegner möglich war, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück gemäß Artikel 22 zu empfangen bzw. ob alle hierfür erforderlichen Maßnahmen mit der nötigen Sorgfalt getroffen wurden.
- 2. Lässt sich ein Antragsgegner, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Drittstaates hat, nicht zur Sache ein, setzt das zuständige Gericht das Verfahren so lange aus, bis festgestellt ist, ob es dem Antragsgegner möglich war, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück so rechtzeitig zu empfangen, dass er sich verteidigen konnte, bzw. ob alle hierfür erforderlichen Maßnahmen mit der nötigen Sorgfalt getroffen wurden.
- 3. Fällt die Übermittlung des verfahrenseinleitenden oder eines gleichwertigen Schriftstücks unter das Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil - und Handelssachen, so gilt Artikel 15 dieses Übereinkommens.
Artikel 24
Entscheidung und Überprüfung
- 1. Hat sich der Antragsgegner nicht eingelassen und
- a) lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen, ob er das verfahrenseinleitende oder ein vergleichbares Schriftstück erhalten hat,
- b) haben ihn höhere Gewalt oder von ihm nicht zu vertretende außergewöhnliche Umstände daran gehindert, die Unterhaltsforderung zu bestreiten, kann eine Entscheidung ergehen, wobei der Antragsgegner jedoch das Recht hat, beim Erstgericht deren Überprüfung zu beantragen.
- 2. Die Frist für den Antrag auf Überprüfung der Entscheidung beginnt mit dem Tag, an dem der Antragsgegner nachweislich Kenntnis von der Entscheidung erhalten hat und in der Lage war, darauf zu reagieren, spätestens aber an dem Tag, an dem die zuständige Vollstreckungsbehörde den Antragsgegner von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt hat. Diese Frist beträgt mindestens 20 Tage.
- 3. Ein Überprüfungsantrag bewirkt die Aussetzung aller in einem Mitgliedstaat getroffenen Vollstreckungsmaßnahmen.
Kapitel V
Vollstreckbarkeit der Entscheidung
Artikel 25
Vollstreckbarkeit
Eine in einem Mitgliedstaat ergangene und dort vollstreckbare Entscheidung wird in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt und kann dort vollstreckt werden, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann.
Artikel 26
Vorläufige Vollstreckung
Eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung ist ungeachtet der Einlegung eines innerstaatlichen Rechtsbehelfs von Rechts wegen vollstreckbar. Eine Sicherheitsleistung darf nicht verlangt werden.
Kapitel VI
Vollstreckung
Artikel 27
Vollstreckungsverfahren
Vorbehaltlich der Bestimmungen dieser Verordnung werden in einem anderen Mitgliedstaat ergangene Entscheidungen nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats vollstreckt.
Artikel 28
Schriftstücke
Die Verfahrenspartei, die in einem Mitgliedstaat die Anerkennung und Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung beantragt, legt eine Ausfertigung der Entscheidung vor, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, sowie eine von der zuständigen Behörde bzw. Stelle unter Verwendung des Formblatts in Anlage I erstellte Kurzfassung.
Die zuständigen Behörden des Vollstreckungsmitgliedstaats dürfen keine Übersetzung verlangen.
Ist dem Antragsteller im Ursprungsmitgliedstaat ganz oder teilweise Prozesskostenhilfe oder Kosten- und Gebührenbefreiung gewährt worden, so genießt er im Vollstreckungsverfahren hinsichtlich der Prozesskostenhilfe oder der Kosten- und Gebührenbefreiung die günstigste Behandlung, die das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats vorsieht.
Artikel 30
Sicherheitsleistung und Hinterlegung
Von der Verfahrenspartei, die in einem Mitgliedstaat die Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung beantragt, darf weder aufgrund ihres Ausländerstatus noch wegen fehlenden Wohnsitzes oder Aufenthalts in dem betreffenden Land eine wie auch immer geartete Sicherheitsleistung oder Hinterlegung verlangt werden.
Artikel 31
Beglaubigung oder vergleichbare Formalität
Die in Artikel 28 bezeichneten Schriftstücke bedürfen weder der Beglaubigung noch einer vergleichbaren Formalität.
Artikel 32
Ausschluss einer Nachprüfung in der Sache
- 1. Eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung darf in einem anderen Mitgliedstaat während des Vollstreckungsverfahrens in der Sache selbst nicht nachgeprüft werden.
- 2. Die zuständige Behörde des Vollstreckungsmitgliedstaats kann jedoch von sich aus beschließen, die Vollstreckung der Entscheidung des Erstgerichts auf einen Teil der Unterhaltsforderung zu beschränken, wenn die vollständige Vollstreckung nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats einen Eingriff in den unpfändbaren Teil des Vermögens des Unterhaltspflichtigen zur Folge hätte.
Artikel 33
Verweigerung oder Aussetzung der Vollstreckung
Die Vollstreckung der Entscheidung des Erstgerichts kann nur in folgenden Fällen ganz oder teilweise ausgesetzt oder verweigert werden:
- a) Der Unterhaltspflichtige macht neue oder dem Erstgericht zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht bekannte Umstände geltend.
- b) Der Unterhaltspflichtige hat gemäß Artikel 24 eine Überprüfung der Entscheidung des Erstgerichts beantragt, deren Ergebnis noch aussteht.
- c) Der Unterhaltspflichtige hat seine Schuld bereits getilgt.
- d) Das Recht auf Vollstreckung der Entscheidung des Erstgerichts ist teilweise oder vollständig verjährt.
- e) Die Entscheidung des Erstgerichts ist mit einer im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangenen Entscheidung oder einer Entscheidung, die die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung im Vollstreckungsmitgliedstaat erfüllt, unvereinbar.
Artikel 34
Anordnung monatlicher Pfändungen
- 1. Auf Antrag des Unterhaltsberechtigten kann das Erstgericht eine automatische monatliche Pfändung anordnen, die an den Arbeitgeber des Unterhaltspflichtigen oder eine Bank in einem anderen Mitgliedstaat gerichtet ist, bei der der Unterhaltspflichtige ein Konto unterhält. Die Pfändungsanordnung ist im Vollstreckungsmitgliedstaat ebenso wie die Unterhaltsentscheidung gemäß den Artikeln 25 und 26 vollstreckbar.
- 2. Eine monatliche Pfändung kann nur angeordnet werden, wenn die Unterhaltsentscheidung dem Unterhaltspflichtigen auf eine der in Artikel 22 genannten Arten zugestellt wurde.
- 3. Für den Antrag und die Pfändungsanordnung sind Formblätter nach dem Muster in Anlage III dieser Verordnung zu verwenden.
- 4. Das Erstgericht bringt die Pfändungsanordnung folgenden Personen per Einschreiben mit Rückschein zur Kenntnis:
- a) dem Arbeitgeber des Unterhaltspflichtigen oder einer Bank, bei der der Unterhaltspflichtige ein Girokonto unterhält, sowie
- b) spätestens fünf Tage danach dem Unterhaltspflichtigen zusammen mit der Entscheidung des Erstgerichts und der Belehrung gemäß dem Muster in Anlage III a dieser Verordnung.
- 5. Unmittelbar nach Zustellung der Pfändungsanordnung nimmt der Empfänger die erste Pfändung vor. Erweist sich die Pfändung als vollkommen unmöglich, setzt er das Erstgericht spätestens binnen 30 Tagen nach Eingang der Anordnung oder nach der letzten Pfändung hiervon in Kenntnis.
- 6. Ein Unterhaltspflichtiger, gegen den eine Pfändungsanordnung ergangen ist, unterrichtet den Unterhaltsberechtigten und das Erstgericht über jeden Arbeitgeber- oder Kontowechsel.
Artikel 35
Anordnung einer vorübergehenden Kontensperrung
Artikel 36
Rang der Unterhaltsforderungen
Unterhaltsforderungen gehen allen anderen Forderungen gegen den Unterhaltspflichtigen vor einschließlich Forderungen aus Vollstreckungskosten.
Kapitel VII
Öffentliche Urkunden und Vereinbarungen
Artikel 37
Vollstreckbarkeit von öffentlichen Urkunden und Vereinbarungen
Öffentliche Urkunden, die in einem Mitgliedstaat aufgenommen und dort vollstreckbar sind, sowie in einem Mitgliedstaat vollstreckbare Vereinbarungen zwischen den Parteien sind ebenso wie Entscheidungen gemäß Artikel 25 anzuerkennen und vollstreckbar.
Artikel 38
Vollstreckung von öffentlichen Urkunden und Vereinbarungen
- 1. Kapitel VI gilt, soweit einschlägig, auch für die Anerkennung und Vollstreckung vollstreckbarer öffentlicher Urkunden und vollstreckbarer Vereinbarungen zwischen den Parteien. Die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem eine öffentliche Urkunde oder eine Vereinbarung zwischen den Parteien vollstreckbar ist, stellt auf Antrag eines Berechtigten unter Verwendung des Formblatts in Anlage II dieser Verordnung eine Kurzfassung der Urkunde oder Vereinbarung aus.
- 2. Ein Unterhaltsberechtigter, der von den Bestimmungen in Artikel 34 und 35 Gebrauch machen will, kann sich an das Gericht am Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts wenden.
Kapitel VIII
Zusammenarbeit
Artikel 39
Zentrale Behörden
- 1. Jeder Mitgliedstaat benennt eine oder mehrere Zentrale Behörden, die ihn bei der Anwendung dieser Verordnung unterstützen, und legt deren räumliche oder sachliche Zuständigkeiten fest.
- 2. Im Falle der Benennung mehrerer Zentraler Behörden ist die Information grundsätzlich direkt die jeweils zuständige Zentrale Behörde zu richten. Wurde die Information an eine nicht zuständige Zentrale Behörde gerichtet, leitet diese die Information an die zuständige Zentrale Behörde weiter und setzt den Absender hiervon in Kenntnis.
- 3. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung Folgendes mit:
- a) Namen und Anschriften der nach Maßgabe dieses Artikels benannten Zentralen Behörden einschließlich der vorhandenen technischen Einrichtungen zur Nachrichtenübermittlung,
- b) die Sprachen, in denen Informationen von den Zentralen Behörden entgegengenommen werden können.
Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission, sobald sich diese Angaben ändern. Die Angaben werden von der Kommission veröffentlicht.
Artikel 40
Allgemeine Aufgaben
Die Zentralen Behörden stellen Informationen über nationale Rechtsvorschriften und Verfahren auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten zur Verfügung und ergreifen Maßnahmen, um die Durchführung dieser Verordnung zu verbessern und die Zusammenarbeit untereinander zu stärken. Hierzu wird das mit der Entscheidung 2001/470/EG eingerichtete Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen genutzt.
Artikel 41
Zusammenarbeit in konkreten Fällen
Artikel 42
Arbeitsweise
Artikel 43
Zusammenkünfte
- 1. Um die Umsetzung dieser Verordnung zu erleichtern, finden regelmäßige Zusammenkünfte der Zentralen Behörden statt.
- 2. Die Einberufung dieser Zusammenkünfte erfolgt im Einklang mit der Entscheidung 2001/470/EG über die Einrichtung eines Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil - und Handelssachen.
Artikel 44
Informationszugang
- 1. Die Zentralen Behörden ermöglichen unter den in diesem Kapitel genannten Bedingungen den Zugang zu Informationen, die die Beitreibung der Unterhaltsforderungen erleichtern. Die Informationen dienen folgendem Zweck:
- a) Feststellung des Aufenthaltsortes des Unterhaltspflichtigen,
- b) Feststellung der Vermögensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen, vor allem Höhe und Art seiner Einkünfte,
- c) Ermittlung des Arbeitsgebers des Unterhaltspflichtigen,
- d) Feststellung der Bankverbindungen des Unterhaltspflichtigen.
- 2. Zur Klärung der in Absatz 1 genannten Sachverhalte sind mindestens Informationen von Behörden und Stellen nötig, die in den Mitgliedstaaten für folgende Bereiche zuständig sind:
- a) Steuern und Abgaben,
- b) soziale Sicherungssysteme, darunter auch Einziehung der Sozialabgaben von Arbeitgebern und Arbeitnehmern,
- c) Einwohnermelderegister,
- d) Eigentumsverzeichnisse,
- e) Kfz-Zulassungen,
- f) Zentralbanken.
- 3. Die Bereitstellung der in diesem Artikel genannten Informationen darf in einem Mitgliedstaat auf keinen Fall zur Erstellung neuer Verzeichnisse führen.
Artikel 45
Übermittlung der Informationen
- 1. Ein Unterhaltsberechtigter kann sich an die um Auskunft ersuchende Zentrale Behörde des Mitgliedstaats, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, über das Gericht am Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts wenden; dieses leitet seinen Antrag weiter, wenn es der Ansicht ist, dass der Antrag die Voraussetzungen dieser Verordnung erfüllt.
- 2. Für das Informationsgesuch, das eine Zentrale Behörde bei einer anderen Zentralen Behörde stellt, ist das Formblatt in Anlage V dieser Verordnung zu verwenden.
- 3. Ein Informationsgesuch gemäß Artikel 44 Absatz 1 Buchstabe a kann jederzeit gestellt werden. Auskünfte gemäß Artikel 44 Absatz 1 Buchstaben b), c) und d) dürfen erst eingeholt werden, wenn der Unterhaltsberechtigte eine Kurzfassung der Entscheidung nach Maßgabe von Artikel 28 oder Artikel 38 Absatz 1 vorlegen kann.
- 4. Neben dem in Absatz 1 bezeichneten Formblatt kann die um Auskunft ersuchte Zentrale Behörde von der ersuchenden Zentralen Behörde ergänzende Schriftstücke verlangen, wenn dies nötig ist, um eines der in Artikel 44 Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen.
- 5. Die ergänzenden Schriftstücke sind zu übersetzen, es sei denn, der ersuchte Mitgliedstaat verzichtet hierauf. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung mit, ob sie gemäß diesem Absatz die Vorlage einer Übersetzung verlangen.
Die Angaben werden von der Kommission veröffentlicht.
Wird das Informationsgesuch auf Betreiben eines Unterhaltsberechtigten gestellt, der ganz oder teilweise Prozesskostenhilfe erhalten hat, wird die Übersetzung von der ersuchenden Behörde angefertigt, ohne dass dem Unterhaltsberechtigten die Kosten in Rechnung gestellt werden.
- 6. Die Informationen werden von den ersuchten Behörden an die ersuchenden Behörden weitergeleitet. Kann die ersuchte Behörde die gewünschte Information nicht liefern, teilt sie dies der ersuchenden Behörde unter Angabe der Gründe mit.
Artikel 46
Verwendung der Informationen
- 1. Die ersuchende Zentrale Behörde, der eine Information übermittelt wird, leitet diese unverzüglich an das Gericht weiter, von dem sie das Informationsgesuch gemäß Artikel 45 Absatz 1 erhalten hat. Nach Weiterleitung an das Gericht vernichtet die ersuchende Zentrale Behörde die Information.
- 2. Eine gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung übermittelte Information darf ausschließlich von einem Gericht zu dem alleinigen Zweck der Beitreibung von Unerhaltsforderungen verwendet werden. Das Gericht kann die Information jedoch an die für die Zustellung eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Schriftstücks zuständigen Behörden oder an die Vollstreckungsbehörden weiterleiten, ohne sie gegenüber dem Unterhaltsberechtigten offen zu legen. Die genannten Behörden vernichten die Information sofort nach ihrer Verwendung.
- 3. Eine gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung übermittelte Information wird vom Gericht nur so lange wie für die Beitreibung einer Unterhaltsforderung nötig aufbewahrt. Die Aufbewahrungsfrist beträgt höchstens ein Jahr.
Artikel 47
Benachrichtigung des Unterhaltspflichtigen
Die um Auskunft ersuchte Zentrale Behörde unterrichtet den Unterhaltspflichtigen über
- a) die von ihr übermittelten Informationen und die Art ihrer Beschaffung,
- b) die Adressaten der Informationen,
- c) die Bedingungen, an die die Verwendung der Informationen aufgrund dieser Verordnung geknüpft ist,
- d) die Rechte und Rechtsmittel, über die der Unterhaltpflichtige gemäß den auf der Grundlage der Richtlinie 95/46/EG erlassenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften verfügt,
- e) Namen und Anschrift der Kontrollstelle, die in Anwendung der Richtlinie 95/46/EG sowohl in dem Mitgliedstaat der ersuchenden als auch dem Mitgliedstaat der ersuchten Zentralen Behörde eingerichtet wurde.
Dies gilt nicht, wenn die ersuchende Zentrale Behörde in ihrem Informationsgesuch nach Maßgabe von Artikel 45 Absatz 2 ausdrücklich darauf hinweist, dass eine Benachrichtigung des Unterhaltspflichtigen die Beitreibung der Unterhaltsforderung erschweren könnte; in diesem Fall unterlässt die ersuchte Zentrale Behörde die Benachrichtigung des Unterhaltspflichtigen für einen Zeitraum, der 60 Tage nicht überschreiten darf.
Kapitel IX
Allgemeine Vorschriften und Schlussbestimmungen
Artikel 48
Verhältnis zu anderen Rechtsinstrumenten der Gemeinschaft
- 1. Diese Verordnung tritt, was Unterhaltspflichten betrifft, an die Stelle der Verordnungen (EG) Nr. 044/2001 und (EG) Nr. 805/2004.
- 2. Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 gilt nicht für Unterhaltspflichten.
- 3. Vorbehaltlich Absatz 2 lässt die vorliegende Verordnung die Verordnungen (EG) Nr. 1348/2000 und (EG) Nr. 1206/2001 unberührt.
Artikel 49
Verhältnis zu sonstigen Rechtsinstrumenten
Diese Verordnung hat im Verhältnis der Mitgliedstaaten untereinander Vorrang vor Übereinkommen und Verträgen, die sich auf von dieser Verordnung geregelte Gebiete beziehen und von Mitgliedstaaten unterzeichnet wurden.
Artikel 50
Änderung der Anlagen
Jede Änderung der dieser Verordnung beigefügten Anlagen wird nach dem Verfahren gemäß Artikel 51 Absatz 2 beschlossen.
Artikel 51
Ausschuss
- 1. Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und in dem der Vertreter der Kommission den Vorsitz führt.
- 2. Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so ist das Beratungsverfahren gemäß Artikel 3 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 7 Absatz 3 anzuwenden.
Artikel 52
Übergangsbestimmung
- 1. Die Bestimmungen dieser Verordnung finden nur auf nach ihrem Inkrafttreten eingeleitete Verfahren, in Empfang genommene öffentliche Urkunden und geschlossene Vereinbarungen Anwendung.
- 2. Abweichend hiervon gilt:
- a) Die Artikel 12 bis 21 betreffend das anwendbare Recht finden auf ein bei Inkrafttreten dieser Verordnung anhängiges Verfahren Anwendung, wenn alle Verfahrensbeteiligten dies ausdrücklich wünschen oder auf sonstige Weise unmissverständlich zum Ausdruck bringen.
- b) Die Artikel 27 bis 36 betreffend die Vollstreckung finden auf Entscheidungen und öffentliche Urkunden Anwendung, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 044/2001 für vollstreckbar erklärt worden sind oder die Qualität eines europäischen Vollstreckungstitels im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 besitzen.
- c) Die Artikel 39 bis 47 betreffend die Zusammenarbeit finden auf jedes bei Inkrafttreten dieser Verordnung anhängige Verfahren Anwendung.
Artikel 53
Inkrafttreten
- 1. Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2008 in Kraft.
- 2. Sie gilt ab dem 1. Januar 2009 mit Ausnahme der Artikel 22 Absatz 3, 39 und 45 Absatz 5, die ab dem Inkrafttreten dieser Verordnung Anwendung finden.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Geschehen zu Brüssel
Im Namen des Rates
Der Präsident
Anhänge
.