A. Problem und Ziel
- Nach § 45a des Personenbeförderungsgesetzes und § 6a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes erhalten öffentliche Verkehrsunternehmen einen finanziellen Ausgleich für die Beförderung von Auszubildenden im öffentlichen Personennahverkehr.
- Während die Länder ausgleichspflichtig sind und damit in vollem Umfang die finanziellen Lasten zu tragen haben, liegt die Gesetzgebungskompetenz beim Bund. Einzelheiten des Ausgleichsverfahrens werden durch Rechtsverordnung des Bundesverkehrsministeriums geregelt, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
- Die Beibehaltung dieser Ausgleichsvorschriften ist nach den Maßstäben des Artikels 72 Abs. 2 des Grundgesetzes als Bundesrecht nicht mehr erforderlich und unter den Gesichtspunkten einer Zusammenführung von Ausgaben- und Aufgabenverantwortung auf Länderebene nach § 3 des Regionalisierungsgesetzes nicht mehr sinnvoll.
B. Lösung
- Der anliegende Gesetzentwurf erfolgt vor dem Hintergrund, dass die "Erforderlichkeit" einer bundesgesetzlichen Regelung nicht mehr gegeben ist. Gleichzeitig soll mit einer Zusammenführung von Ausgaben- und Aufgabenverantwortung auf Länderebene dem Normauftrag aus § 3 des Regionalisierungsgesetzes Rechnung getragen werden, der eine Zusammenführung der Zuständigkeiten für Planung, Organisation und Finanzierung im öffentlichen Personennahverkehr auf Länderebene vorsieht.
- Durch das Einfügen einer "Rückholklausel" in das Personenbeförderungsgesetz und in das Allgemeine Eisenbahngesetz soll den Ländern die Gesetzgebungskompetenz übertragen und insoweit die Möglichkeit eröffnet werden, eigene inhaltliche Regelungen an Stelle von Bundesrecht zu setzen. Eine Zusammenführung von Ausgabenverantwortung und Gesetzgebungsbefugnis auf Ebene der Länder würde neue und differenzierte Ausgestaltungsmöglichkeiten bei der Abgeltung von Ausgleichsansprüchen im Ausbildungsverkehr eröffnen, zum Beispiel über vertragliche Abgeltungsformen, die bislang gesetzlich nicht vorgesehen sind.
- Der Vorteil einer Rückholklausel liegt zudem darin begründet, dass die Länder selbst entscheiden können, ob, zu welchem Zeitpunkt und in welcher inhaltlichen Ausgestaltung sie von ihrer Gesetzgebungsbefugnis Gebrauch machen wollen. Den Ländern bleibt allerdings die Möglichkeit versperrt, die bundesrechtliche Ausgleichsregelung ersatzlos aufzuheben. Dies ist aber im Interesse der Aufrechterhaltung eines attraktiven ÖPNV ohnehin nicht gewollt.
C. Alternativen
D. Finanzielle Auswirkungen
- Unmittelbare Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte des Bundes, der Länder und Gemeinden ergeben sich nicht.
E. Kosten
Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes und des Allgemeinen Eisenbahngesetzes
Der Bundesrat hat in seiner 819. Sitzung am 10. Februar 2006 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Nach § 64 des Personenbeförderungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1990 (BGBl. I S. 1690), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender § 64a eingefügt:
" § 64a Ersetzung bundesrechtlicher Vorschriften durch Landesrecht
Die Länder können mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007 § 45a und § 57 Abs. 1 Nr. 9 sowie die Vorschriften, zu deren Erlass § 57 Abs. 1 Nr. 9 ermächtigt, durch Landesrecht ersetzen".
Artikel 2
Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes
Nach § 6g des nach Artikel 8 § 2 des Gesetzes vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378) fortgeltenden Allgemeinen Eisenbahngesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 930-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender § 6h eingefügt:
" § 6h Ersetzung bundesrechtlicher Vorschriften durch Landesrecht
Die Länder können mit Wirkung ab dem 1. Januar 2007 die Vorschriften der §§ 6a, 6c, 6e und 6f sowie die Vorschriften, zu deren Erlass § 6e ermächtigt, durch Landesrecht ersetzen".
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
§ 45a des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) und die §§ 6a bis 6g des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) in der alten, noch fortgeltenden Fassung (AEG a. F.) räumen den Verkehrsunternehmen, die Personen mit Zeitfahrausweisen des Ausbildungsverkehrs befördern, einen Ausgleichsanspruch für ihre Mindereinnahmen ein, wenn der Ertrag aus den für die Beförderung von derartigen Auszubildenden genehmigten Entgelten zur Deckung der Kosten nicht ausreicht.
Der Ausgleich ist von dem Land zu bezahlen, in dessen Gebiet der Verkehr betrieben wird. Die genannten Ausgleichsvorschriften wurden 1976 auf der Grundlage des Artikels 74 Nr. . 22 (Straßenverkehr) und 23 (Schienenbahnen, die nicht Bundesbahnen sind) des Grundgesetzes im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung in das Personenbeförderungsgesetz und das alte Allgemeine Eisenbahngesetz eingefügt.
Nach Artikel 72 Abs. 2 des Grundgesetzes hat der Bund im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung eine Gesetzgebungsbefugnis, wenn und soweit dies zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse oder zur Wahrung der Rechtsund Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist. Diese Gesetzgebungsbefugnis steht dem Bund nicht mehr zu, wenn die für eine bundesgesetzliche Regelung notwendige "Erforderlichkeit" entfällt.
Artikel 72 Abs. 3 des Grundgesetzes eröffnet insoweit dem Bundesgesetzgeber die Möglichkeit, den Ländern im Wege einer Ersetzungsermächtigung die Gesetzgebungsbefugnis zu übertragen. Diese Regelung gilt für Bundesgesetze, die nach dem 15. November 1994 auf der Grundlage des Artikels 72 des Grundgesetzes in der bis dahin geltenden Fassung erlassen wurden. Artikel 125a Abs. 2 des Grundgesetzes enthält eine vergleichbare Regelung für bis zum 15. November 1994 erlassene Bundesgesetze, zu denen die Ausgleichsregelungen nach § 45a PBefG und den §§ 6a bis 6g AEG a. F. zählen.
Die Beibehaltung dieser Ausgleichsvorschriften ist nach den Maßstäben des Artikels 72 Abs. 2 des Grundgesetzes als Bundesrecht nicht mehr erforderlich. Diese Bewertung wird insbesondere von folgenden Gründen getragen:
- - Im Zuge der Bahnreform im Jahre 1993 ist auch der Schienenpersonennahverkehr der Eisenbahnen des Bundes als Teil des Öffentlichen Personennahverkehrs und damit der öffentliche Personennahverkehr insgesamt als Aufgabe den Ländern zugeordnet worden. Nach § 3 Satz 1 des Regionalisierungsgesetzes ist anzustreben, die Zuständigkeiten für Planung, Organisation und Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs zusammenzuführen. In § 3 Satz 2 wird den Ländern aufgegeben, "das Nähere" zu regeln. Dieser Regelungsauftrag umfasst unter dem Aspekt "Finanzierung" auch die Ausgleichszahlungen für den Ausbildungsverkehr im Linienverkehr auf Straße und Schiene. Diese Ausgleichszahlungen werden in vollem Umfang von den Ländern finanziert. Vor diesem Hintergrund ist es folgerichtig und sachgerecht, den Ländern die Gesetzgebungsbefugnis für die Ausgleichsregelungen zu übertragen. Indem Aufgaben- und Ausgabenverantwortung auf Ebene der Länder zusammengeführt werden, wird der normative Auftrag aus § 3 Satz 1 des Regionalisierungsgesetzes erfüllt.
- - Hinzu kommt, dass für die Bundeseisenbahnen eine Ausgleichsregelung nicht mehr besteht und insoweit auch nicht mehr herangezogen werden kann zur Bejahung der "Erforderlichkeit" einer bundesgesetzlichen Regelungskompetenz für Ausgleichsbestimmungen im straßen- und schienengebundenen Personennahverkehr. Der der Deutschen Bundesbahn bzw. DB AG bis 1995 vom Bund gewährte Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Leistungen, der auch einen Ausgleich für preislich ermäßigte Zeitfahrausweise des Ausbildungsverkehrs beinhaltete ist in die Bedarfsermittlung der den Ländern zustehenden Regionalisierungsmittel eingeflossen. Einer eigenständigen Ausgleichsregelung für Ausbildungsverkehre bedurfte es im Regionalisierungsgesetz daher nicht.
- - Nach der ursprünglichen Fassung des § 45a PBefG bestand eine Ausgleichspflicht des Bundes gegenüber allen Busunternehmen im Eigentum des Bundes, die Auszubildende mit Zeitfahrausweisen beförderten, d.h. gegenüber dem Geschäftsbereich "Bahnbus" der damaligen Deutschen Bundesbahn und den zum 1. Januar 1977 neu gegründeten Regionalgesellschaften von Bahn und Post, deren Gründung den Anlass für die Einfügung des § 45a in das Personenbeförderungsgesetz gab. Diese Verpflichtung des Bundes aus § 45a Abs. 5 ist durch das Haushaltsbegleitgesetz 1991 aufgehoben worden, die Ausgleichsverpflichtung ging auf die Länder über. Damit ist auch ein wesentliches Motiv der bundesrechtlichen Regelung weggefallen, die seinerzeit an die Stelle der in einigen Ländern geltenden Ausgleichsregelungen getreten war. Mit diesem Gesetz soll den Ländern gemäß Artikel 125a Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes die Möglichkeit eröffnet werden, die bundesrechtlichen Regelungen aufzuheben und durch eigenes Landesrecht zu ersetzen ("Rückholklausel"). Den Ländern bleibt es freigestellt, ob, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Ausgestaltung sie von der eigenen Regelungskompetenz Gebrauch machen. Den Ländern bleibt allerdings die Möglichkeit versperrt, die bundesrechtlichen Vorschriften aufzuheben, ohne eigene inhaltliche Regelungen an Stelle der bundesrechtlichen Regelungen zu setzen.
B. Zu den einzelnen Vorschriften
Mit dem neuen § 64a wird die oben beschriebene Rückholklausel in das Personenbeförderungsgesetz eingefügt. Sie erfasst auch die auf der Grundlage der Ermächtigung in § 57 Abs. 1 Nr. 9 erlassene Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Straßenpersonenverkehr vom 2. August 1977(BGBl. I S. 1460). Um die Planungssicherheit für die Verkehrsunternehmen zu gewährleisten soll die Ersetzungsermächtigung ab dem 1. Januar 2007 gelten.
Zu Artikel 2 (Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes)
Mit dem neuen § 6h wird die oben beschriebene Rückholklausel in das Allgemeine Eisenbahngesetz a. F. eingefügt. Sie erfasst auch die auf der Grundlage der Ermächtigung in § 6e AEG a. F. erlassene Verordnung über den Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Leistungen im Eisenbahnverkehr vom 2. August 1977(BGBl. I S. 1465). Um die Planungssicherheit für die Verkehrsunternehmen zu gewährleisten soll die Ersetzungsermächtigung ab dem 1. Januar 2007 gelten.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
In der Vorschrift wird der Termin für das Inkrafttreten geregelt.