Der Bundesrat hat in seiner 808. Sitzung am 18. Februar 2005 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet,
- - grundsätzlich zu prüfen, wie die Problematik der massenhaften Durchsetzung gleichartiger Ansprüche in sachgerechter Weise bewältigt werden kann;
- - zu prüfen, wie die von dem Gesetzentwurf verfolgten Ziele "Rechtsschutzverbesserung zu Gunsten der Kapitalanleger" einerseits und "Justizentlastung" andererseits in ausgewogener Weise verwirklicht werden können.
Begründung
Das Anliegen des Gesetzentwurfs, die Effizienz des Kapitalmarktes und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutschland durch Verbesserung des effektiven Rechtsschutzes des einzelnen Kapitalanlegers zu steigern, wird grundsätzlich geteilt. Die Umsetzung dieses Anliegens durch den Gesetzentwurf lässt allerdings die Interessen der Länder und der Allgemeinheit weit gehend außer Betracht.
Der Gesetzentwurf verfolgt das Ziel, die Stellung geschädigter Kapitalanleger in Schadensersatzprozessen durch Einführung kollektiver Rechtsschutzformen zu verbessern und steht damit im Kontext der Bestrebungen der Bundesregierung zur Verbesserung des Anlegerschutzes. Dabei schlägt der Gesetzentwurf die Führung von Musterverfahren in einer Form vor, die bislang im deutschen Zivilprozessrecht nicht vorgesehen ist und auch nur geschädigten Kapitalanlegern zur Verfügung stehen soll. Neben der Gewährung effektiven Rechtsschutzes für den einzelnen Kapitalanleger soll mit dem Gesetzentwurf außerdem eine Entlastung der Justiz erreicht werden.
- - Das rechtspolitische Ziel, den Rechtsschutz bei so genannten "Streuschäden", die eine Vielzahl von Geschädigten getroffen haben, sowohl für die Betroffenen als auch für die Gerichte rationeller zu gestalten, ist grundsätzlich zu unterstützen. Die Gesamtproblematik einer massenhaften Durchsetzung gleichartiger Ansprüche erscheint allerdings von dem Gesetzentwurf noch nicht hinreichend durchdrungen.
Bereits die Prämisse, es sei einer Vielzahl in gleicher Weise Geschädigter nicht möglich, ihre Interessen zum Zweck der gemeinsamen Rechtsverfolgung zu koordinieren, ist angesichts der modernen Kommunikationsmöglichkeiten zu bezweifeln. Der gewählte Lösungsansatz orientiert sich an dem Ziel, eine für alle Betroffenen formell verbindliche Entscheidung über die "Musterfrage" herbeizuführen. Dieses Ziel wird nicht erreicht, denn eine Bindung der Prozessgerichte soll nur in den Fällen bestehen, in denen diese das Verfahren ausgesetzt haben und damit die Beiladung des jeweiligen Klägers zum Musterverfahren erreicht wird. Die Bindung tritt nicht ein, wenn ein Prozessgericht nicht erkennt, dass das bei ihm anhängige Verfahren im Sinne des Musterverfahrens einschlägig ist. Sie wird auch dort nicht erreicht, wo eine einschlägige Klage erst nach dem Abschluss des Musterverfahrens erhoben wird. Die bloße Annäherung an das vorgestellte Ziel einer Wirkung "für und gegen alle Betroffenen" wird mit erheblichem öffentlichen Aufwand einerseits und einer bedenklichen Beschneidung der Parteiherrschaft andererseits erkauft. Denn gegenüber den einmal (auch ohne eigenes Zutun) beigeladenen Klägern der Ausgangsverfahren soll die Bindungswirkung (im Sinne materieller Rechtskraft) auch dann bestehen, wenn sie ihre Klage gemäß § 8 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KapMuG-E zurückgenommen haben, also in diesem Ausgangsverfahren keine Entscheidung mehr ergeht. Kläger, die mit der auch ohne ihren Antrag möglichen Beiladung in das Musterverfahren gezwungen worden sind, müssen "bei der Stange bleiben", wenn sie verhindern wollen, dass eine für sie verbindliche Entscheidung ohne ihre prozessuale Beteiligung ergeht.
- - Zudem erscheint die Vorzugsbehandlung von Kapitalanlegern, die durch eine freiwillig eingegangene Vermögensspekulation einen Schaden erlitten haben, rechtspolitisch fragwürdig. Will man die prozessuale Stellung nur einer Personengruppe verbessern, so sollte die Auswahl des begünstigten Personenkreises nach dem Kriterium der wirtschaftlichen und rechtlichen Schutzbedürftigkeit erfolgen. Unter diesem Blickwinkel ist nicht zu erkennen, warum die Gruppe der Kapitalanleger beispielsweise derjenigen, die durch deliktisches Handeln geschädigt wurden, vorgehen soll.
- - Das weitere in der Entwurfsbegründung genannte Ziel einer Entlastung der Justiz kann mit der Einführung des im Entwurf vorgesehenen Musterverfahrens nicht erreicht werden. Dem Entwurf mangelt es an hinreichenden Kompensationen für die mit dem erstrebten Anstieg der Verfahrenszahlen verbundenen Belastungen. Werden solche Kompensationen nicht geschaffen, müsste in dem Entwurf klar zum Ausdruck gebracht werden, dass der
Gesetzgeber für die beabsichtigte Vorzugsbehandlung von Kapitalanlegern eine Mehrbelastung der Justiz in Kauf nimmt.
Ist die in der Entwurfsbegründung aufgestellte Prämisse, dass die prozessuale Geltendmachung dem einzelnen Anleger durch die hohen Prozessrisiken und -kosten bislang schwer gemacht werde, zutreffend, so wird die Einführung eines Musterverfahrens künftig zu einer Zunahme von Schadensersatzklagen führen, womit eine Mehrbelastung der Justiz verbunden ist. Der Zunahme der Verfahrenszahl steht auch keine Entlastung durch die Einführung des Musterverfahrens gegenüber. Der denkbare Gewinn an personellen Ressourcen bei den Prozessgerichten, der nach der Vorstellung des Entwurfs durch die Verfahrensbündelung eintreten soll, wird voraussichtlich wieder aufgezehrt und möglicherweise weit übertroffen durch die erforderliche Koordinierung und Verwaltung der dem Musterverfahren zu Grunde liegenden Rechtsstreitigkeiten und die Organisation des Musterverfahrens selbst, die zu einem Mehraufwand auf allen Ebenen (Richter, Serviceeinheiten) und einer entsprechenden Kostenbelastung führen werden. Das wirft erneut die Frage auf, wie eine auf die Gerichte zukommende Mehrbelastung zu Gunsten gerade der Kapitalanleger (und zu Lasten anderer Rechtsschutzsuchender) zu rechtfertigen ist.
Der zu erwartende Anstieg der Zahl der Verfahren wäre nur vertretbar, wenn der Gesetzentwurf die damit verbundene Mehrbelastung der Justiz durch sinnvolle Verfahrensvereinfachungen kompensieren würde. Dies ist bislang nicht der Fall. Insbesondere könnte daran gedacht werden, die nach dem Gesetzentwurf den Gerichten aufgebürdete Koordinierung der einzelnen Beteiligten diesen in gewissem Umfang selbst zu überlassen. Zudem werden nicht alle Möglichkeiten, die das elektronische Kommunikationsmedium des Klageregisters bietet, ausgeschöpft. Zur Entlastung der Gerichte könnte es auch beitragen, wenn die jeweiligen Schriftsätze der Beigeladenen dort veröffentlicht werden würden, damit die übrigen Beigeladenen davon Kenntnis erhalten und daraufhin bereits Vorgetragenes nicht noch einmal vorbringen.
Nach dem Vorschlag des Entwurfs soll im Rahmen des Musterentscheids ein Auslagenvorschuss nicht erhoben werden. Die dort Beteiligten sollen nach Abschluss des Verfahrens nur anteilig für die dadurch entstandenen gerichtlichen Auslagen herangezogen werden. Diese Verminderung des Prozesskostenrisikos soll erklärtermaßen die einzelnen Anleger zur gerichtlichen Verfolgung ihrer Ansprüche ermuntern. Demzufolge hätte die Staatskasse in erheblichem Umfang zur Verfolgung von Individualansprüchen ohne Rücksicht auf die individuelle Bedürftigkeit des begünstigten Personenkreises in Vorlage zu treten.
Dieses Ergebnis stünde in Widerspruch zu dem allgemein gültigen Grundsatz der Abhängigkeit öffentlicher Sozialleistungen von der individuellen Bedürftigkeit und letztlich auch zum Gleichbehandlungsgrundsatz. Die hier zu erwartenden Kostenlasten für den Justizfiskus (u.U. Auslagen für Sachverständige in vielfacher Millionenhöhe) würden - soweit sie bei einzelnen Verfahrensbeteiligten nicht beigetrieben werden können - von Gesetzes wegen endgültig der Staatskasse zur Last fallen, und zwar auch dann, wenn die Voraussetzungen der Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht vorliegen. Dies erschiene rechts-, sozial- und ordnungspolitisch unannehmbar, insbesondere angesichts der angespannten Haushaltslage der Länder und der dringenden Kostensenkungsbemühungen etwa im Bereich der Prozesskostenhilfe oder bei den Betreuervergütungen.
Deshalb sollte unter umfassender Einbeziehung der Fachkreise nach Lösungen gesucht werden, mit denen das Ziel einer Verbesserung des Rechtsschutzes für geschädigte Kapitalanleger ebenso wie in anderen Fällen massenhafter Schädigungen unter Beachtung prozessualer und ordnungspolitischer Grundsätze zweckmäßiger erreicht werden kann.
2. Zu Artikel 1
(KapMuG),
Artikel 2
(Änderung der ZPO)
Der Bundesrat bittet zu prüfen, ob die Entlastung von Verfahrensaufwand, der Justiz und der Geschädigten nicht durch eine allgemeine Regelung eines Musterverfahrens in der Zivilprozessordnung bewirkt werden kann.
Begründung
Großschäden mit einer Vielzahl von tausenden Geschädigten können auch in anderen Bereichen außerhalb der Kapitalmärkte auftreten. Beispiele können schädliche Produkte mit Ansprüchen nach dem Produkthaftungsgesetz oder Großunfälle von Industrieanlagen sein. Deshalb besteht auch in diesen Bereichen ein Bedarf für eine Musterverfahrensregelung. Eine allgemeine Regelung von Musterverfahren in der ZPO würde einer Zersplitterung des Prozessrechts entgegenwirken und wäre deshalb ein Beitrag zur Rechtsvereinfachung.
3. Zu Artikel 1 (§ 1 Abs. 2 Satz 2, § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4, § 4 Abs. 1 Satz 4, Abs. Satz 2 Nr. 3, § 6 Satz 1 Nr. 3 KapMuG)
Der Bundesrat bittet, den in den vorgenannten Bestimmungen verwendeten Begriff "Feststellungsziel" unter dem Gesichtspunkt der Rechtsklarheit zu überprüfen.
Begründung
- a) Der Entwurf verwendet die Formulierung "Feststellungsziel" an mehreren für den Verfahrensgang maßgeblichen Stellen. Die Bedeutung des Begriffs ist jedoch nicht hinreichend klar.
Der Antragsteller hat in seinem Musterfeststellungsantrag das entscheidungserhebliche Feststellungsziel unter Angabe der öffentlichen Kapitalmarktinformation, der geltend gemachten Streitpunkte und der Beweismittel darzustellen (§ 1 Abs. 2 Satz 2 KapMuG-E). Der Beschluss des Prozessgerichts zur Bekanntmachung des Musterfeststellungsantrags im Klageregister hat das mit dem Antrag verfolgte Feststellungsziel zu enthalten (§ 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KapMuG-E). Musterfeststellungsanträge verschiedener Antragsteller erfüllen die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KapMuG-E für die Durchführung eines Musterverfahrens erforderliche Voraussetzung der "Gleichgerichtetheit", wenn ihr Feststellungsziel und das zu Grunde liegende Ereignis identisch sind (§ 4 Abs. 1 Satz 4 KapMuG-E). Das Prozessgericht hat in seinen Beschluss zur Herbeiführung eines Musterentscheids des Oberlandesgerichts über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer anspruchsbegründenden oder anspruchsausschließenden Voraussetzung oder eine Rechtsfrage außer einer Sachverhaltsschilderung, den Schriftsätzen der zehn Rechtsstreite sowie einer Begründung zur Gleichgerichtetheit der zehn Musterfeststellungsanträge auch das entscheidungserhebliche Feststellungsziel unter Angabe der Kapitalmarktinformation, der geltend gemachten Streitpunkte und der Beweismittel aufzunehmen (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 KapMuG-E). Das Oberlandesgericht hat im Klageregister das Feststellungsziel des Musterverfahrens bekannt zu machen (§ 6 Satz 1 Nr. 3 KapMuG-E).
Was mit dem Begriff "Feststellungsziel" gemeint ist, wird im Regelungstext des Entwurfs nicht definiert. Auch die Begründung gibt hierüber nicht in der für die Rechtsanwendung erforderlichen Deutlichkeit Aufschluss.
In der Entwurfsbegründung (S. 46 und 49) wird lediglich angemerkt, dass es sich, wenn die Richtigkeit eines bestimmten Börsenprospekts von einem Kapitalanleger im Hinblick auf eine unrichtige Darstellung des Immobilienvermögens und von einem anderen Anleger im Hinblick auf die darauf beruhende Risikobewertung angegriffen wird, in beiden Fällen um dasselbe Feststellungsziel mit verschiedenen Streitpunkten handelt. Dieser Hinweis lässt es als möglich erscheinen, dass nach der Intention des Entwurfs in dem gebildeten Beispiel die von beiden Anlegern gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 KapMuG-E begehrte Feststellung des Vorliegens einer anspruchsbegründenden Voraussetzung des § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG, nämlich dass im Prospekt "wesentliche Angaben unrichtig" sind, das "Feststellungsziel" im Sinne des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes sein soll, während die von den Antragstellern zur konkreten Ausfüllung des abstrakten gesetzlichen Tatbestandes vorgetragenen unterschiedlichen Tatsachen (Unrichtigkeit der Prospektangabe zum Immobilienvermögen, Unrichtigkeit der Risikobewertung) vom Feststellungsziel zu unterscheidende "Streitpunkte" sind. In diese Richtung deuten auch Ausführungen in einem wissenschaftlichen Beitrag eines Mitarbeiters im Bundesministerium der Justiz, wonach bei der börsenrechtlichen Prospekthaftung "feststellungsfähig ... die Unrichtigkeit des Prospekts" ist, während verschiedene unrichtige Prospektangaben "nur verschiedene Streitpunkte" sind und der Umstand, dass verschiedene Kapitalanleger die Unrichtigkeit desselben
Prospekts aus unterschiedlichen Prospektangaben herleiten, "nicht zu verschiedenen Feststellungszielen" führt (vgl. Reuschle, WM 2004, 2334 <2337 Fußn. 28>).
Falls im Sinne dieser Hinweise mit dem Begriff "Feststellungsziel" ausschließlich das - abstrakte - gesetzliche Tatbestandsmerkmal gemeint ist, dessen Feststellung im Musterverfahren von mehreren Antragstellern betrieben wird, müsste das Prozessgericht gemäß § 4 Abs. 1 KapMuG-E ein Musterverfahren stets einleiten, wenn in den zehn dafür maßgeblichen Musterfeststellungsanträgen in Bezug auf denselben Börsenprospekt gleichgerichtet die Feststellung erstrebt wird, dass "wesentliche Angaben unrichtig" sind. Auf eine Gleichgerichtetheit der Sachverhalte, aus denen die Unrichtigkeit des Prospekts in den verschiedenen Musterfeststellungsanträgen hergeleitet wird, käme es demgegenüber nicht an, weil es sich hierbei nicht um eine Frage der Identität des "Feststellungsziels" i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 4 KapMuG-E, sondern lediglich um dasselbe Feststellungsziel betreffende unterschiedliche "Streitpunkte" handelte.
Ein Musterverfahren wäre demgemäß auch dann einzuleiten, wenn in den zehn Musterfeststellungsanträgen die "Unrichtigkeit des Börsenprospekts" jeweils hinsichtlich einer anderen Prospektangabe behauptet und mit jeweils darauf bezogenem Sachvortrag und allein darauf ausgerichteten Beweisantritten geltend gemacht wird. Die unterschiedlichen Rügen könnten beispielsweise u. a. betreffen: Angaben über das Kapital des Emittenten (vgl. § 19 BörsZulV), die Geschäftstätigkeit des Emittenten (vgl. § 20 BörsZulV), die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Emittenten (vgl. § 21 BörsZulV), die Rechnungslegung des Emittenten (vgl. § 22 BörsZulV), Beteiligungsunternehmen (vgl. § 24 BörsZulV), Verbindlichkeiten des Emittenten (vgl. § 27 BörsZulV), den jüngsten Geschäftsgang und die Geschäftsaussichten des Emittenten (vgl. § 29 BörsZulV).
Ein Musterverfahren wäre ebenfalls durchzuführen, wenn mit mehreren Musterfeststellungsanträgen die Feststellung der Unrichtigkeit derselben Prospektangabe verfolgt wird, die hierzu geltend gemachten Gründe aber völlig verschieden sind. So kann beispielsweise zur Unrichtigkeit einer Prospektangabe hinsichtlich des Immobilienbesitzes mit jeweils unterschiedlichen Argumentationen, unterschiedlichen Tatsachenbehauptungen und unterschiedlichen Beweisantritten geltend gemacht werden, dass die angeblich im Ausland belegenen Immobilien überhaupt nicht existieren, dass sie zwar existieren aber nach dem maßgeblichen ausländischen Recht nicht im Eigentum des Emittenten stehen, dass es sich nicht um regelmäßig voll ausgebuchte, moderne neue Feriensiedlungen, sondern um hochgradig sanierungsbedürftige und weit gehend leerstehende Mietskasernen handelt oder dass die Bewertung des Immobilienbesitzes weit überhöht sei (vgl. Reuschle, a.a.O., Fußn. 30).
Ob der Begriff "Feststellungsziel" auf der Grundlage der Entwurfsbegründung im vorstehenden Sinne zu verstehen ist oder ob ihm etwa nach der Intention des Entwurfs eine nicht so weit reichende Bedeutung beigemessen werden soll, bedarf angesichts der Tragweite dieser Frage einer eindeutigen Klarstellung im weiteren Gesetzgebungsverfahren. Es kann weder den Gerichten noch den Verfahrensbeteiligten zugemutet werden, auf der Grundlage einer äußerst knappen und wenig von Dogmatik geprägten Anmerkung in der Entwurfsbegründung herausfinden zu müssen, worin die Inhalte und Unterschiede der der Rechtsanwendungspraxis bislang nicht geläufigen Begriffe "Feststellungsziel" und "Streitpunkte" bestehen.
- b) Falls der Begriff "Feststellungsziel" in dem vorstehend für möglich gehaltenen weitreichenden Sinne zu verstehen sein sollte, knüpfen sich daran Fragen, zu denen dem Entwurf eindeutige Antworten nicht entnommen werden können.
- aa) Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 KapMuG-E bestimmt das Oberlandesgericht den Musterkläger aus den Klägern bei dem Gericht, das den Musterentscheid einholt. Nach der Begründung (S. 55) kommt es weder darauf an, dass der Musterkläger selbst einen Musterfeststellungsantrag gestellt hat, noch, dass er seiner Ernennung zustimmt.
Geht man davon aus, dass die in den zehn Musterfeststellungsanträgen vorgetragenen - möglicherweise sehr unterschiedlichen - Tatsachenbehauptungen und Beweisantritte, die das den Musterentscheid einholende Prozessgericht gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 KapMuG-E als "geltend gemachte Streitpunkte und ... Beweismittel" in den Vorlagebeschluss aufzunehmen hat, Verfahrensgegenstand des Musterverfahrens vor dem Oberlandesgericht sind, so fragt sich, ob vom Musterkläger verlangt werden kann, in Musterverfahren nicht nur den Klagegrund seines eigenen Prozesses, sondern auch Argumentationen, Tatsachenbehauptungen und Beweisantritte der neun anderen Musterverfahrens-Antragsteller sowie einer möglicherweise sehr großen Zahl von Beigeladenen (§ 12 KapMuG-E) zu vertreten. Diese Frage stellt sich vor allem, wenn der fremde Sachvortrag zum Vorbringen des Musterklägers in Widerspruch steht (z.B. die Auslandsimmobilien existieren nicht; sie existieren zwar, sind aber im Prospekt überbewertet), wenn der Musterkläger eine fremde Argumentation für wenig aussichtsreich hält und deshalb das Risiko einer hierzu erforderlichen besonders kostspieligen Beweisaufnahme scheut oder wenn er nicht zum Kreis der Musterfeststellungs-Antragsteller gehört und seinen eigenen Prozessvortrag im Verfahrensgegenstand des Musterverfahrens nicht wieder findet.
Mit welcher Rechtfertigung und mit welchen prozessualen Mitteln ein Musterkläger in solchen Fällen gegen seinen Willen dazu veranlasst werden kann, im Musterverfahren auch fremde "Streitpunkte" zu vertreten, bedarf im weiteren Gesetzgebungsverfahren der Klarstellung.
- bb) Geht man davon aus, dass der Verfahrensgegenstand eines Musterverfahrens in Gestalt von "Streitpunkten" sehr unterschiedliche Argumentationslinien mit jeweils zugeordneten unterschiedlichen Tatsachenbehauptungen und Beweisantritten umfassen kann (vgl. vorstehend aa)), so fragt sich, ob das Oberlandesgericht im Musterverfahren über sämtliche Streitpunkte entscheiden muss oder ob es das Musterverfahren abschließen kann, sobald es in Bezug auf einen der Streitpunkte zum Ergebnis gekommen ist, dass die gesetzliche Anspruchsvoraussetzung,
auf deren Feststellung das Musterverfahren abzielt, jedenfalls auf der Grundlage dieses Streitpunkts erfüllt ist. Bei dem in der Entwurfsbegründung (S. 46 und 49) gebildeten Beispiel der von mehreren Anlegern angegriffenen Richtigkeit eines Börsenprospekts würde die Frage lauten, ob das Oberlandesgericht das Musterverfahren abschließen kann, wenn es zu der Überzeugung gelangt ist, dass in dem Prospekt wesentliche Angaben hinsichtlich der Darstellung des Immobilienvermögens i.S. von § 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG "unrichtig" sind oder ob es auch noch allen anderen Prospektangaben nachgehen muss, deren Unrichtigkeit im Rahmen anderer Streitpunkte geltend gemacht wird (z.B. zu Verbindlichkeiten des Emittenten vgl. § 27 BörsZulV und zu Beteiligungsunternehmen vgl. § 24 BörsZulV).
Für eine Pflicht des Oberlandesgerichts zur umfassenden Entscheidung über sämtliche Streitpunkte könnte sprechen, dass nur dann die zehn Musterfeststellungs-Antragsteller sowie andere Kläger in nach § 7 Abs. 1 KapMuG-E ausgesetzten Parallelprozessen eine mit ihrem jeweiligen Klagevorbringen korrespondierende Musterentscheidung erhalten. Gegen ein dahin gehendes Verständnis des Entwurfs lässt sich einwenden, dass dann das Musterverfahren außerordentlich zeitaufwändig und durch eine Vielzahl unterschiedlichster und teurer Beweisaufnahmen auch extrem kostspielig werden kann.
Wie das Oberlandesgericht nach der Intention des Entwurfs in diesen Fällen verfahren soll, ist nicht erkennbar. Die Frage bedarf im weiteren Gesetzgebungsverfahren der Klarstellung.
- cc) Gemäß § 7 Abs. 1 KapMuG-E hat ein Prozessgericht nach der Veröffentlichung des Musterverfahrens im Klageregister den bei ihm geführten Rechtsstreit auszusetzen, wenn "dessen Entscheidung von der im Musterverfahren zu treffenden Feststellung abhängt".
Es fragt sich, ob mit der "im Musterverfahren zu treffenden Feststellung" lediglich das abstrakte Feststellungsziel (vgl. oben a)) des Musterverfahrens gemeint ist. In diesem Fall müssten alle Parallelprozesse ausgesetzt werden, in denen das Vorliegen eines mit dem Feststellungsziel des Musterverfahrens identischen gesetzlichen Tatbestandmerkmals entscheidungserheblich ist. Auf die Frage, ob die vom Kläger hierzu im Prozess vorgetragenen Tatsachenbehauptungen mit "Streitpunkten" des Musterverfahrens übereinstimmen, käme es dann nicht an. Gegen eine dahin gehende Deutung des Entwurfs spricht indes der zivilprozessuale Beibringungsgrundsatz. Danach darf das Prozessgericht Tatsachen, die nicht von einer Partei vorgetragen sind, bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigen (vgl. BGH, WM 1977, 402 <404>; Thomas-Putzo, ZPO, 26. Aufl. 2004, Einl. I Rnr. 2). Würde etwa im Musterentscheid des Oberlandesgerichts eine Unrichtigkeit des Börsenprospekts hinsichtlich der Angaben über Beteiligungsunternehmen (vgl. § 24 BörsZulV) festgestellt, dürfte das Prozessgericht auf der Grundlage des Beibringungsgrundsatzes diese Feststellung nicht verwerten, wenn die bei ihm anhängige Klage auf Unrichtigkeit des Prospekts bei der Darstellung des jüngsten Geschäftsgangs (§ 29 BörsZulV) gestützt wird. Selbst wenn man die Auffassung verträte, dass mit der Bindungswirkung des Musterentscheids nach § 16 Abs. 1 KapMuG-E der Beibringungsgrundsatz außer Kraft gesetzt werden soll, ergäbe sich im vorstehenden Beispielsfall aus einer Übertragung der Feststellungen des Musterentscheides zu den unrichtigen Ausgaben über Beteiligungsunternehmen auf den Parallelprozess für dessen Entscheidung kein Nutzen. Denn der Klagevortrag zu den übrigen Anspruchsvoraussetzungen, wie etwa zur Kausalität und zum Verschulden, wäre ausschließlich auf die behauptete Unrichtigkeit der Prospektangaben zum jüngsten Geschäftsgang des Emittenten ausgerichtet und deshalb mit dem Ergebnis des Musterverfahrens nicht kompatibel. Eine Aussetzung eines Parallelprozesses hätte daher in den vorgenannten Fällen wohl keinen Sinn.
Falls der Entwurf mit der "im Musterverfahren zu treffenden Feststellung" außer dem Feststellungsziel des Musterverfahrens auch dessen "Streitpunkte" meint, hätte das Prozessgericht sein Verfahren nur auszusetzen, wenn auch der entscheidungserhebliche prozessuale Sachvortrag des Klägers mit dem einen "Streitpunkt" bildenden Tatsachenstoff des Musterverfahrens übereinstimmt. Es fragt sich, ob eine solche Identität in der Rechtswirklichkeit häufig anzutreffen sein wird. Im Übrigen stellt sich die Frage, ob der Parallelprozess auch ausgesetzt werden muss, wenn die Übereinstimmung nur partiell besteht, der Kläger z.B. eine Unrichtigkeit des Börsenprospekts zusätzlich auch noch aus anderen Gründen herleitet, die von den Streitpunkten des Musterverfahrens nicht umfasst werden. Offen erscheint ferner, ob das Prozessgericht eine Aussetzung nach § 7 Abs. 1 KapMuG-E wieder aufheben muss, wenn sich der ursprünglich mit dem Klagevorbringen übereinstimmende Streitpunkt des Musterverfahrens nachträglich durch ergänzenden Sachvortrag des Musterklägers oder eines Beigeladenen (§ 12 KapMuG-E) wesentlich verändert.
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Prozess nach § 7 Abs. 1 KapMuG-E auszusetzen ist, kann eine sehr große Zahl von Verfahren betreffen. Eine zweifelsfreie Klärung im weiteren Gesetzgebungsverfahren erscheint unabdingbar.
- dd) Gemäß § 16 Abs. 1 KapMuG-E bindet der Musterentscheid die Prozessgerichte "deren Entscheidung von der im Musterverfahren getroffenen Feststellung abhängt".
Die Frage, was mit der "im Musterverfahren getroffenen Feststellung" gemeint ist, stellt sich hier ebenso wie bei der vergleichbaren Formulierung in § 7 Abs. 1 KapMuG-E (vgl. vorstehend cc)). Auch insoweit ist eine Klarstellung geboten.
- ee) Gemäß der in Artikel 4 Nr. 9 Buchstabe a und h vorgesehenen Änderung der Anlage 1 zum GKG sollen die im erstinstanzlichen Musterverfahren entstandenen Auslagen anteilig in den betroffenen Hauptsacheverfahren erhoben werden.
Geht man davon aus, dass alle zu einem Feststellungsziel in den Vorlagebeschluss aufgenommenen "Streitpunkte und Beweismittel" (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 KapMuG-E) ungeachtet inhaltlicher Verschiedenheiten Gegenstand des Musterverfahrens vor dem Oberlandesgericht sind (vgl. oben aa)), so fragt sich, ob ein Kläger eines Parallelverfahrens anteilig auch diejenigen Auslagen (z.B. Sachverständigenkosten) tragen muss, die im Musterverfahren zur Klärung von "Streitpunkten" entstanden sind, die er in seinem Prozess nicht geltend gemacht hat. Ferner fragt sich, mit welcher Rechtfertigung er sich an Kosten von Beweiserhebungen beteiligen muss, die er von vornherein für aussichtslos hielt und deshalb in seinem Prozess nicht beantragt hat.
Eine Antwort auch hierauf kann dem Entwurf nicht entnommen werden.
4. Zu Artikel 1 (§ 2 Abs. 5 Satz 2 - neu - KapMuG)
In Artikel 1 § 2 ist dem Absatz 5 folgender Satz anzufügen:
- Unberührt von dieser Löschung bleiben Musterentscheide, die nach ihrer Rechtskraft im Klageregister einzutragen sind.
Begründung
Ist ein Musterverfahren rechtskräftig abgeschlossen, dann sieht § 2 Abs. 5 KapMuG-E die Löschung der im Klageregister gespeicherten Daten nach rechtskräftigem Abschluss des Musterverfahrens vor. Für Kläger, die zeitlich später, aber vor Ablauf der Verjährungsfrist vorgehen wollen, ist dann nicht mehr erkennbar, dass in der gleichen Sache bereits ein Musterverfahren entschieden wurde. Deshalb muss der Musterfeststellungsbeschluss in vollem Wortlaut im Klageregister bekannt gemacht werden.
Andernfalls ist es möglich, dass ein neues Musterverfahren vor einem anderen OLG beantragt und zugelassen wird. Die Folge kann nicht nur eine der Entscheidung des ersten Musterverfahrens widersprechende Entscheidung sein, sondern auch ein erneuter umfangreicher prozessualer Aufwand, wie z.B. Erstellung neuer Gutachten etc.
Um die Unzulässigkeit nachfolgender Musterfeststellungsanträge gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KapMuG-E für alle Beteiligten deutlich erkennbar zu machen, sind deshalb Musterentscheide im Klageregister bekannt zu machen und von der Löschungsverpflichtung auszunehmen.
5. Zu Artikel 1 ( § 2 Abs. 5 KapMuG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie den erstinstanzlichen Gerichten auch nach rechtskräftigem Abschluss des Musterverfahrens ein Zugriff auf die im Klageregister gespeicherten Daten ermöglicht werden kann.
Begründung
Der Entwurf sieht in § 2 Abs. 5 KapMuG-E die endgültige Löschung der im Klageregister gespeicherten Daten nach Abweisung des Musterverfahrensantrages oder rechtskräftigem Abschluss des Musterverfahrens vor. Damit stehen diese Daten auch nicht mehr für die bei den Landgerichten in den Ausgangsverfahren durchzuführende Kostenentscheidung und Kostenfestsetzung zur Verfügung. Die Kostenentscheidung und Kostenfestsetzung soll jedoch auch die Kosten des Musterverfahrens vor dem Oberlandesgericht umfassen, § 17 KapMuG-E.
Selbst soweit alle Ausgangsverfahren bei demselben Gericht geführt werden sollten, wäre es hilfreich, wenn dem Gericht eine bereits bestehende Datei aller Verfahrensbeteiligten zur Verfügung stünde.
Schwieriger ist es jedoch, falls das Verfahren ein Unternehmen mit Sitz im Ausland betrifft und daher unterschiedliche Gerichtsstände im Inland eröffnet sind. Wenn die Verfahren daher bei verschiedenen Gerichten geführt werden, würde die Ermittlung einer Kostenquote und die Kostenfestsetzung völlig unmöglich, wenn nicht an einer zentralen Stelle die Daten aller Musterverfahrensbeteiligten und die Höhe ihrer Verfahrensbeteiligung abrufbar sind.
Selbst wenn aus Datenschutzgründen die Daten aus dem Klageregister nach Abschluss des Verfahrens nicht mehr zugänglich gemacht werden, muss ein interner Zugriff der Gerichte weiterhin möglich bleiben.
6. Zu Artikel 1
( § 4 KapMuG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob es zum Schutz der Emittenten vor unnötigen, langwierigen und kostenintensiven Verfahren geboten ist, gegen den Vorlagebeschluss des Prozessgerichts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KapMuG-E) die sofortige Beschwerde nach den §§ 567 ff. ZPO vorzusehen.
Begründung
Gegen den Beschluss des Prozessgerichts, ein Musterverfahren einzuleiten (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KapMuG-E), ist kein Rechtsmittel vorgesehen. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 KapMuG-E). § 15 Abs. 1 Satz 3 KapMuG-E sieht vor, dass die - gegen den Musterbescheid gerichtete - Rechtsbeschwerde nicht darauf gestützt werden kann, dass das Prozessgericht nach § 4 Abs. 1 KapMuG-E zu Unrecht einen Musterentscheid eingeholt hat.
Da gegen den Beschluss des Prozessgerichts über die Einleitung eines Musterverfahrens kein Rechtsmittel vorgesehen ist, besteht die Gefahr, dass Emittenten mit unnötigen, langwierigen und kostenintensiven Verfahren überzogen werden, obwohl von vornherein absehbar ist, dass die Verfahren keine Erfolgsaussicht haben. Die Möglichkeit, dass es zu solchen ohne rechtliche Überprüfung eingeleiteten Verfahren kommen kann, kann sich nachteilig auf den Kapitalmarkt auswirken.
Es sollte daher geprüft werden, ob gegen den Vorlagebeschluss des Prozessgerichts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KapMuG-E) die sofortige Beschwerde nach den §§ 567 ff. ZPO vorzusehen ist. Durch dieses Rechtsmittel könnte ein verfahrensfehlerhaft eingeleitetes und womöglich überflüssiges Musterverfahren unterbunden werden.
7. Zu Artikel 1
(§§ 8 und 12 KapMuG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die mit dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz verfolgten Ziele, insbesondere die Bündelungs- und Beschleunigungswirkungen, angesichts der Ausgestaltung des Musterverfahrens als Massenverfahren überhaupt erreicht werden können. Möglicherweise wäre das Modell einer freiwilligen gemeinschaftlichen Vertretung in Anlehnung an das Vertreterverfahren des Umwandlungsrechts zielführender (§§ 26, 206 UmwG).
Begründung
Beteiligte des Musterverfahrens sind neben dem Musterkläger und dem Musterbeklagten auch die Beigeladenen (§ 8 Abs. 1 KapMuG-E). Beigeladene sind berechtigt, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen und Prozesshandlungen vorzunehmen (§ 12 Halbsatz 2 KapMuG-E). Angesichts einer potenziell unüberschaubaren Anzahl von Beteiligten kommt dem Musterverfahren der Charakter eines Massenverfahrens zu. Die angestrebten Vorteile einer Bündelungs- und Beschleunigungswirkung könnten leer laufen und die im Rahmen einer Gesamtabwägung mit dem Musterverfahren verbundenen Nachteile für die Emittenten nicht mehr aufwiegen.
8. Zu Artikel 1
(§ 9 Abs. 1 Satz 2, Abs. 1a - neu - KapMuG),
Artikel 4 Nr. 5
(§ 17 Abs. 5 - neu - GKG)
- a) Artikel 1 § 9 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Absatz 1 Satz 2 ist die Angabe ", 379" zu streichen.
- bb) Nach Absatz 1 ist folgender Absatz 1a einzufügen:
(1a) § 379 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass der Vorschuss von dem Musterkläger und den Beigeladenen nach dem Grad ihrer Beteiligung zu leisten ist, auch wenn der Beigeladene erst später am Verfahren beteiligt wird. Zahlt ein Beteiligter den Vorschuss nicht innerhalb der vom Gericht bestimmten Frist, scheidet er aus dem Musterverfahren aus. Der von ihm geführte Rechtsstreit ist fortzusetzen. Dessen Aussetzung gemäß § 148 der Zivilprozessordnung wegen Vorgreiflichkeit des Musterverfahrens ist unstatthaft. Der Vorschussanteil des ausgeschiedenen Beteiligten ist von den anderen Beteiligten entsprechend dem Grad ihrer Beteiligung zu übernehmen.
- b) Artikel 4 Nr. 5 ist wie folgt zu fassen:
"5. Dem § 17 wird folgender Absatz 5 angefügt:
(5) In Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz haben der Musterkläger und die Beigeladenen den Vorschuss nach dem Grad ihrer Beteiligung am Verfahren zu zahlen, soweit einer von ihnen die Vornahme der Handlung beantragt hat. Tritt ein Beteiligter erst im Laufe des Verfahrens hinzu, hat er den auf ihn entfallenden Anteil zu entrichten." "
Begründung
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass § 379 ZPO in Musterverfahren keine Anwendung findet. Damit ist vorgesehen, dass die Durchführung des Musterverfahrens nicht von der Zahlung eines Auslagenvorschusses, insbesondere für Sachverständige, abhängig gemacht wird.
Dieser Regelung wird ausdrücklich widersprochen. Durch den Wegfall des Auslagenvorschusses für in der Regel kostspielige Sachverständigengutachten wird das Kostenrisiko für das Musterverfahren auf die Justizkassen verlagert. In Anbetracht der angespannten Haushaltslage und der immensen Höhe der anfallenden Sachverständigenkosten können die Justizkassen diese Belastung nicht tragen. Schon die Vorfinanzierung der Kosten für einen langen Zeitraum wird zu Problemen führen, erst recht aber das Risiko, die vorfinanzierten Kosten nicht oder nur schleppend zurückerstattet zu bekommen.
Die Personengruppe der Kapitalanleger bedarf nicht der besonderen wirtschaftlichen Fürsorge der Allgemeinheit und ist nicht so schützenswert, als dass hier eine finanzielle Bevorzugung auf Kosten der Allgemeinheit eingeführt werden muss. Angesichts des zunehmenden Kostendrucks in vielen anderen Bereichen der Justiz und der deswegen anzustrebenden Einsparungen etwa im Bereich der Prozesskosten- und Beratungshilfe gibt es keine sozial- und ordnungspolitische Rechtfertigung dafür, dass die Staatskasse in erheblichem Umfang zur Verfolgung der Ansprüche eines bestimmten Personenkreises und ohne Rücksicht auf dessen individuelle Bedürftigkeit in Vorlage tritt und letztlich auf die Heranziehung weiterer Antragsschuldner für den Gesamtbetrag der Kosten verzichten soll, soweit die anteilige Kostenforderung nicht beigetrieben werden kann. Hier wird auch in politischer Hinsicht eine "Gerechtigkeitslücke" offenbar.
Zudem ist nicht einzusehen, weshalb im Fall der Beweislast des Beklagten, bei dem es sich in der Regel um ein Unternehmen handelt, auch diesem dieses Privileg zukommen soll.
Vorgesehen ist die anteilige Belastung der Beteiligten mit dem Auslagenvorschuss. Dies mildert die Belastung der Einzelnen erheblich ab. Die Anteile bestimmen sich dabei gemäß der Grundregel des § 17 Satz 3 KapMuG-E nach dem Verhältnis der Höhe des von dem jeweiligen Kläger geltend gemachten Anspruchs, soweit dieser Gegenstand des Musterverfahrens ist, zu der Gesamthöhe des von dem Musterkläger und den Beigeladenen des Musterverfahrens in den Prozessverfahren geltend gemachten Ansprüchen, soweit diese Gegenstand des Musterverfahrens sind.
Die Gefährdung des gesamten Musterverfahrens durch die Nichtzahlung eines einzelnen Auslagenvorschusses wird dadurch vermieden, dass die Nichtzahlung des Vorschusses mit prozessualen Sanktionen verbunden wird. Der Beigeladene wird in Folge der Nichtzahlung nach Fristablauf von dem Musterverfahren ausgeschlossen. Das von ihm betriebene streitige Verfahren wird fortgeführt, ohne dass dieses wegen Vorgreiflichkeit des Musterverfahrens gemäß § 148 ZPO wieder ausgesetzt werden darf. Die übriggebliebenen Beteiligten auf Klägerseite haben den ausgefallenen Vorschussanteil wiederum anteilig aufzubringen. Auch diese Inanspruchnahme stellt keine unzumutbare Belastung dar. In der Regel sind die Musterkläger und Beigeladenen nicht von vorneherein finanziell so schwach, dass sie diesen Anteil nicht erbringen könnten. Die anteilsmäßige Verteilung verhindert Überlastungen des Einzelnen. Die Gefahr, dass letztlich nur der Kläger oder ganz wenige Beteiligte übrigbleiben, ist durch die vorgeschlagene Sanktionierung des Ausscheidens als sehr gering anzusehen.
Auch ein erst im Laufe des Verfahrens hinzukommender Beteiligter soll einen Vorschussanteil leisten, um zu vermeiden, dass "Trittbrettfahrer" sich dem Verfahren anschließen, wenn die Kosten bereits getragen sind. Ein eventueller Überschuss an Auslagenvorschüssen ist dann bei der Schlussabrechnung zu berücksichtigen.
Die vorgeschlagene Ergänzung in § 17 Abs. 5 GKG-E korrespondiert mit den Grundregelungen in § 9 Abs. 2 KapMuG-E. Artikel 4 Nr. 5 des Gesetzentwurfs wird entsprechend angepasst. Im Grundsatz gilt die Vorschusspflicht auch für die KapMuG-Verfahren, allerdings mit den Besonderheiten, die in dem neuen Absatz 5 aufgezeigt werden.
9. Zu Artikel 1
(§ 9 Abs. 1 Satz 3, § 14 Abs. 1 Satz 2 KapMuG)
In Artikel 1 sind § 9 Abs. 1 Satz 3 und § 14 Abs. 1 Satz 2 zu streichen.
Begründung
§ 9 Abs. 1 Satz 3 und § 14 Abs. 1 Satz 2 KapMuG-E sehen vor, dass die Beigeladenen nicht im Rubrum benannt werden müssen, um somit eine schlankere Aktenführung zu ermöglichen. Die bloße Auflistung der Beigeladenen in den Entscheidungen dürfte mit Blick auf die moderne Bürotechnik keinen großen Aufwand verursachen. Sie kann andererseits aber für Klarheit sowohl im Hinblick auf mögliche Rechtsbeschwerden als auch auf die in § 16 KapMuG-E geregelte Bindungswirkung sorgen, da diese ohne die Benennung der Beigeladenen im Rubrum des Musterentscheids nicht ohne Weiteres feststellbar ist.
10. Zu Artikel 1
( § 10 Satz 3 KapMuG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie die Schriftsätze der Beigeladenen den übrigen Prozessbeteiligten in geeigneter Weise über ein elektronisches Kommunikationsmedium, beispielsweise das elektronische Klageregister, bekannt gemacht werden können.
Begründung
Nach § 10 Satz 3 KapMuG-E werden die Schriftsätze der Beigeladenen den übrigen Beigeladenen nicht mitgeteilt. Es ist bereits zweifelhaft, ob dies nicht den Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt. Die Bestimmung ist aber auch nicht prozessökonomisch. Der Verfahrensaufwand der Gerichte kann nur dann in Grenzen gehalten werden, wenn zwischen den Beteiligten eine Kommunikation stattfindet und der eine Beigeladene Kenntnis von den Inhalten der Schriftsätze der anderen Beigeladenen erhält, ohne dass dies vom Gericht im Einzelnen koordiniert werden muss. Soweit die Beigeladenen nicht über den Vortrag der anderen informiert sind, werden sie stets versucht sein, selbst ihren Vortrag umfassend zu gestalten und das Gericht mit umfangreichen Schriftsätzen zu belasten. Deshalb sollte überlegt werden, die Schriftsätze der Beigeladenen über ein elektronisches Kommunikationsmedium, beispielsweise das elektronische Klageregister, bekannt zu machen. Etwaigen datenschutzrechtlichen Bedenken kann durch einen beschränkten Lesezugriff Rechnung getragen werden.
11. Zu Artikel 1
(§ 14 Abs. 3 Satz 2 KapMuG)
In Artikel 1 § 14 Abs. 3 Satz 2 sind der abschließende Punkt durch ein Komma zu ersetzen und folgende Wörter anzufügen:
- sofern dem Vergleich nicht alle Beteiligten (§ 8 Abs. 1) zustimmen.
Begründung
§ 14 Abs. 3 Satz 2 KapMuG-E liegt nach seiner Begründung (S. 65) der Gedanke zu Grunde, dass der Musterkläger nicht zu Lasten der Beigeladenen über das Feststellungsziel disponieren können soll; der Ausschluss eines Vergleichs soll die Parteien aber nicht hindern, nach Beendigung des Musterverfahrens den Rechtsstreit durch einen Vergleich beizulegen. In Weiterentwicklung dieser Ratio ist es dann aber konsequent und der Prozessökonomie dienlich, den Abschluss eines Vergleichs ausnahmsweise bereits im Musterverfahren zuzulassen, wenn alle Beteiligten (Musterkläger, Musterbeklagter, Beigeladene) dem Vergleich zustimmen.
12. Zu Artikel 2 Nr. 2 ( § 32b ZPO),
Artikel 7 (§ 13 Abs. 2 VerkProspG),
Artikel 8 ( § 48 BörsG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob statt der in § 32b Abs. 1 ZPO-E vorgesehenen ausschließlichen örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts am Sitz des betroffenen Emittenten oder der Zielgesellschaft eine an den Sitz der jeweiligen Börse bzw. der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht anknüpfende ausschließliche örtliche Zuständigkeit vorgesehen werden kann.
Begründung
Soweit mit § 32b ZPO-E für Klagen im Zusammenhang mit falschen, irreführenden oder unterlassenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen ein ausschließlicher Gerichtsstand in dem Bezirk, in dem der betroffene Emittent oder die Zielgesellschaft ihren Sitz hat, geschaffen werden soll, begegnet dies Bedenken.
Nach gegenwärtiger Rechtslage ist zum einen für Börsenprospektklagen ausschließlich das Landgericht im Bezirk derjenigen Börse zuständig, deren Zulassungsstelle den Prospekt gebilligt oder im Fall des § 44 Abs. 4 BörsG den Emittenten von der Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts befreit hat (vgl. § 48 BörsG). Entsprechendes gilt nach § 13 Abs. 2 Satz 1 VerkProspG, wonach dasjenige Landgericht ausschließlich zuständig ist, in dessen Bezirk die Börse ihren Sitz hat, bei deren Zulassungsstelle oder Zulassungsausschuss die Billigung des Verkaufsprospekts beantragt worden ist. Durch § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VerkProspG wird zudem eine ausschließliche Zuständigkeit für dasjenige Landgericht normiert, in dessen Bezirk die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ihren Sitz hat, sofern für das in Anspruch genommene Unternehmen eine Zulassung zur amtlichen Notierung oder zum geregelten Markt nicht beantragt worden ist.
Ein maßgeblicher Grund für die in dieser Weise erfolgte Konzentration der landgerichtlichen Zuständigkeit lag seinerzeit in der Vermeidung von Mehrfachzuständigkeiten z.B. in denjenigen Fällen, in denen Wertpapiere an mehreren Börsen eingeführt werden (vgl. BR-Drs. 605/97 , S. 81). Dieses Argument beansprucht weiterhin Geltung.
Darüber hinaus bietet sich die Beibehaltung der bestehenden Zuständigkeitskonzentrationen auch unter dem Aspekt der engen Bezüge der kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten zur Börsennotierung bzw. auch zu der Aufsichtsfunktion durch die BaFin an. Zu berücksichtigen ist ferner die Bündelung bzw. Ausnutzung von einschlägigem wirtschaftsrechtlichem Sachverstand an wenigen Standorten, die gegenüber der vorgeschlagenen, zu ausgeprägt dezentralen Zuständigkeiten führenden Anknüpfung an den Sitz des jeweiligen Emittenten bzw. der jeweiligen Zielgesellschaft für die Erledigung der Verfahren vorteilhaft sein kann (vgl. auch Sessler, in: WM 2004, S. 2344 ff. <2346>).
Da auch die in § 32b Abs. 2 ZPO-E vorgesehene Konzentrationsermächtigung in den Fällen länderübergreifender Sachverhalte kein ausreichendes Korrektiv darstellt, sollte für das Musterklageverfahren einer Regelung der Vorzug gegeben werden, die sich an § 48 BörsG sowie § 13 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VerkProspG orientiert.
13. Zu Artikel 2a - neu -
(§ 30 - neu - EGZPO)
Nach Artikel 2 ist folgender Artikel 2a einzufügen:
"Artikel 2a
Änderung der Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung
Dem Gesetz betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch ..., wird folgender § 30 angefügt:
" § 30
Für das Gesetz zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren vom ... (BGBl. I S. ...) gilt folgende Übergangsvorschrift:
Auf Verfahren, die nach dem ... (einsetzen: letzter Tag vor dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren) anhängig werden, findet § 32b der Zivilprozessordnung keine Anwendung, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits bei einem anderen Gericht mindestens zehn Verfahren gegen denselben Beklagten anhängig sind und die Voraussetzungen für ein Musterverfahren sowohl bei den bereits anhängigen wie auch dem neu anhängig werdenden Verfahren vorliegen. In den Verfahren nach Satz 1 richtet sich die Zuständigkeit der Gerichte nach den bisher geltenden Vorschriften." "
Begründung
In den Fällen, in welchen bereits einige Verfahren wegen einer Kapitalmarkt-Fehlinformation anhängig und gleichzeitig weitere Verfahren mit gleichgerichteten Begehren noch zu erwarten sind, würde das sofortige Inkrafttreten des KapMuG auch für den Gerichtsstand des § 32b ZPO dazu führen, dass mehrere Musterverfahrensanträge zu gleichgerichteten Fragen bei verschiedenen Oberlandesgerichten anhängig gemacht werden können. Die bereits anhängigen Verfahren werden nach der bisherigen Regelung etwa bei dem Gericht am Sitz der Börse geführt, die hinzukommenden Verfahren aber am Sitz des Unternehmens.
Die mögliche Zuständigkeit mehrerer Oberlandesgerichte für gleichgerichtete Musterverfahrensanträge widerspricht dem Zweck des Gesetzes, eine Verfahrenskanalisation und eine einheitliche Entscheidung der Musterfrage zu erreichen.
14. Zu Artikel 9
(Inkrafttreten, Außerkrafttreten)
Artikel 9 ist wie folgt zu fassen:
"Artikel 9
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Artikel 1 § 2 Abs. 6, § 4 Abs. 4 und § 9 Abs. 3 und 4 sowie Artikel 2 Nr. 2 § 32b Abs. 2 treten am Tag nach der Verkündung in Kraft; im Übrigen tritt dieses Gesetz am ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2010 außer Kraft; für Verfahren, in denen ein Musterfeststellungsantrag vor dem 1. Januar 2011 eingereicht wurde, findet das Gesetz in der vor dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung weiterhin Anwendung."
Begründung
Zu Satz 1:
Das Inkrafttreten der beiden Konzentrationsermächtigungen sollte zeitlich vorgezogen werden, um den Ländern Gelegenheit zu geben, bereits frühzeitig von den Ermächtigungen Gebrauch machen zu können. Ein entsprechendes Bedürfnis besteht für die Verordnungsermächtigungen in § 2 Abs. 6 KapMuG-E zur Gestaltung des Klageregisters und Festlegung weiterer Einzelheiten hierzu sowie in § 9 Abs. 3 und 4 KapMuG-E betreffend die Regelung von Einzelheiten für ein elektronisch geführtes Musterverfahren. Es erscheint erforderlich, auch diese Vorschriften bereits am Tag nach der Verkündung, das Gesetz im Übrigen aber erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten zu lassen.
Zu Satz 2:
Das Kapitalanleger-Musterverfahren stellt für das deutsche Zivilprozessrecht eine einschneidende Neuerung dar. Das Gesetz sollte daher auf fünf Jahre befristet werden, um während dieser Zeit seine Praxistauglichkeit überprüfen zu können. Sollte sich ergeben, dass das Gesetz in der gerichtlichen Praxis mehr Arbeit verursacht als es den Gläubigern Nutzen bringt oder für die Landeshaushalte unter Berücksichtigung der Interessen der Gemeinschaft der Steuerzahler einerseits und der Interessen der geschädigten Kapitalanleger andererseits nicht zu rechtfertigende Ausgaben mit sich bringt, sollte es mit Ablauf der vorgeschlagenen Frist kraft Gesetzes außer Kraft treten, ohne dass hierzu ein Gesetzgebungsakt erforderlich ist. Vielmehr wäre der Gesetzgeber - wie auch bei anderen gesetzlichen Neuregelungen (z.B. §§ 52a und 137k UrhG) - aufgerufen, durch einen bewussten Akt der Gesetzgebung die Anwendbarkeit der Vorschrift zu verlängern oder deren Befristung aufzuheben.