umwelt-online: Europäisches Übereinkommen zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Wirbeltiere (2)

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Artspezifischer Teil

A. Artspezifische Leitlinien für Nagetiere

1. Einleitung

Mäuse

Die Labormaus stammt von der wilden Hausmaus (Mus musculus) ab, einem überwiegend nachtaktiven Wühl- und Klettertier, das zur Regulierung seiner Mikroumgebung, zum Schutz und für die Fortpflanzung Nester baut. Mäuse sind gute Kletterer. Sie überqueren nicht gerne offene Flächen, sondern bleiben lieber dicht an Wänden oder anderen Strukturen. Je nach Populationsdichte wurde ein breites Spektrum von gesellschaftlichen Verbänden beobachtet und bei fortpflanzungsaktiven Männchen ist ein intensives Revierverhalten festzustellen. Trächtige und säugende Weibchen können sich bei der Nestverteidigung als aggressiv erweisen. Da Mäuse, insbesondere Albinos, ein sehr schlechtes Sehvermögen haben, sind sie stark vom Geruchssinn abhängig und entwickeln Verhaltensmuster, bei denen sie ihre Umgebung mit Urinduftmarken versehen. Mäuse haben auch ein sehr feines Gehör und reagieren auf Ultraschall. Je nach Stammlinie bestehen beträchtliche Unterschiede bei Verhaltensäußerung und -intensität.

Ratten

Die Laborratte stammt von der wilden braunen Ratte (Rattus novegicus) ab und ist ein äußerst geselliges Tier. Ratten meiden offene Flächen und markieren ihr Revier mit Urin. Ihr Geruchs- und Hörsinn ist stark entwickelt und sie reagieren besonders empfindlich auf Ultraschall. Das Sehvermögen bei Tag ist schlecht, aber bei einigen pigmentierten Stammlinien ist das Sehvermögen bei Dämmerlicht ausreichend. Albinoratten meiden Bereiche mit Lichtstärken über 25 Lux. Während der Nachtstunden sind die Tiere aktiver. Jungtiere sind sehr neugierig und spielen gerne miteinander.

Wüstenrennmäuse

Die Wüstenrennmaus oder auch Mongolische Rennmaus (Meriones sp.) ist ein geselliges und überwiegend nachtaktives Tier, das jedoch im Labor auch bei Tageslicht aktiv ist. In der freien Wildbahn legen Wüstenrennmäuse zum Schutz vor Beutegreifern Baue mit Tunneleingängen an. Im Labor entwickeln sie oft ein stereotypes Grabeverhalten, wenn ihnen entsprechende Möglichkeiten nicht geboten werden.

Hamster

Die wilden Vorfahren (Mesocricetus sp.) des Laborhamsters sind weitgehend einzeln lebende Tiere. Das Hamsterweibchen ist größer und aggressiver als das Männchen und kann seinem Partner ernsthafte Verletzungen zufügen. Hamster legen oft einen Latrinenbereich innerhalb des Käfigs an und markieren Bereiche mit Sekret aus einer Flankendrüse. Weibchen reduzieren die Größe ihres eigenen Wurfes häufig selektiv durch Kannibalismus.

Meerschweinchen

Wilde Meerschweinchen (Cavia porcellus) sind gesellige, flinke Nagetiere, die selbst keine Baue anlegen, jedoch geschützt leben und von anderen Tieren angelegte Baue verwenden können. Ausgewachsene männliche Tiere können sich untereinander aggressiv verhalten, aber im Allgemeinen sind Aggressionen selten. Meerschweinchen neigen dazu, bei unerwarteten Geräuschen mitten in der Bewegung zu erstarren und können auf plötzliche, unerwartete Bewegungen mit panikartiger Flucht der gesamten Gruppe reagieren. Meerschweinchen reagieren äußerst empfindlich auf Umsetzungen; es kann vorkommen, dass sie danach für 30 Minuten oder mehr völlig regungslos verharren.

2. Das Umfeld und seine Überwachung

2.1 Belüftung

(Siehe Punkt 2.1 des Allgemeinen Teils)

2.2 Temperatur

Nagetiere sollten in einem Temperaturbereich von zwischen 20 °C und 24 °C gehalten werden. Die lokalen Temperaturen innerhalb von Nagetiergruppen in Haltungsbereichen mit festen Böden sind oft höher als die Raumtemperaturen. Selbst mit einer entsprechenden Belüftung können die Temperaturen in den Tierbereichen bis zu 6 °C über der Raumtemperatur liegen. Nestmaterial/Nestkästen geben den Tieren die Möglichkeit, ihr eigenes Mikroklima zu kontrollieren. Besondere Aufmerksamkeit sollte Temperaturen in Containment-Systemen und in Bereichen mit haarlosen Tieren zukommen.

2.3 Luftfeuchtigkeit

Die relative Luftfeuchtigkeit in Nagetiereinrichtungen sollte zwischen 45 und 65 % liegen. Von dieser Regel ausgenommen sind Wüstenrennmäuse, die bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 35 bis 55 % gehalten werden sollten.

2.4 Beleuchtung

Die Lichtstärke in Tieranlagen sollte niedrig sein. Alle Gestelle sollten schattenspendende Abdeckungen haben, um die Gefahr einer Netzhautdegenerierung zu verringern. Dies ist vor allem bei Albinos wichtig.

Eine Rotlichtphase mit Frequenzen, die von den Nagetieren unbemerkt bleiben, kann dem Personal während der Dunkelphase dazu dienen, die Nagetiere während ihrer aktiven Phase zu beobachten.

2.5 Lärm

Da Nagetiere sehr empfindlich auf Ultraschall reagieren und diesen für ihre Verständigung nutzen, ist es wichtig, dass von außen kommender Ultraschall auf ein Minimum reduziert wird. Ultraschall (> 20 kHz) kann von vielen üblichen Laborausrüstungen, z.B. auch von tropfenden Wasserhähnen, Handwagenrädern und Computer-Bildschirmen, erzeugt werden und ungewöhnliche Verhaltensmuster und Fortpflanzungszyklen hervorrufen. Es kann empfehlenswert sein, die akustische Umgebung über ein breites Frequenzspektrum und über längere Zeitabschnitte hinweg zu beobachten.

2.6 Alarmsysteme

(Siehe Punkt 2.6 des Allgemeinen Teils)

3. Gesundheit

(Siehe Punkt 4.1 und 4.4 des Allgemeinen Teils)

4. Unterbringung, Ausgestaltung und Pflege

4.1 Unterbringung

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(Stand: 06.07.2018)

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