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Regelwerk

Wirkung hochfrequenter Felder auf das Genom: Genotoxizität und Genregulation
- Stellungnahme der Strahlenschutzkommission -

Vom 3. April 2007
(BAnz. Nr. 135a vom 24.07.2007 S. 1)


Verabschiedet in der 213. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 5./6. Dezember 2006

Ausgangslage und Vorgehensweise

Die Möglichkeit einer gesundheitsgefährdenden Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder (HF-Felder) wird kontrovers diskutiert. Durch die zunehmende Verbreitung von Technologien, die auf HF-Feldern beruhen, wie dem Mobilfunk, gewinnt diese Frage besondere Bedeutung. Von internationalen Gremien vorgeschlagene Expositionsgrenzwerte und darauf basierende nationale Bestimmungen dienen dem Zweck, wissenschaftlich nachgewiesene gesundheitliche Beeinträchtigungen auszuschließen. Diese Grenzwerte gründen auf wissenschaftlichen Untersuchungen der Wechselwirkungen biologischer Systeme mit HF-Feldern und werden regelmäßig überprüft. Die Strahlenschutzkommission (SSK) hat im Jahre 2001 eine ausführliche Bewertung der in diesem Zusammenhang relevanten wissenschaftlichen Literatur vorgenommen und eine Empfehlung zu "Grenzwerten und Vorsorgemaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor elektromagnetischen Feldern" veröffentlicht [SSK, 2001]. Gestützt auf die Unterscheidung zwischen "wissenschaftlichem Nachweis 1, "wissenschaftlich begründetem Verdacht 2 und "wissenschaftlichem Hinweis 3 kam die SSK 2001 zu dem Schluss, "dass auch nach Bewertung der neueren wissenschaftlichen Literatur keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse im Hinblick auf nachgewiesene Gesundheitsbeeinträchtigungen vorliegen, die Zweifel an der wissenschaftlichen Bewertung aufkommen lassen, die den Schutzkonzepten der ICNIRP bzw. der EU-Ratsempfehlung zugrunde liegt".

Seit 2001 ist eine Vielzahl von Publikationen erschienen, die eine neuerliche Bewertung durch die SSK notwendig gemacht hat. In einigen der Arbeiten wird über Beeinflussungen der genetischen Information durch HF-Felder auch unterhalb der geltenden Grenzwerte berichtet. Diese Publikationen haben starkes Medieninteresse gefunden und zur Beunruhigung in der Bevölkerung geführt, In der hier vorliegenden Stellungnahme wird der gegenwärtige Stand der Wissenschaft auf dem angesprochenen Gebiet erneut bewertet. Die Wertungen beruhen weitgehend auf einer kritischen Beurteilung der Literatur in wissenschaftlichen Fachzeitschriften mit Gutachterverfahren ("Peer Reviewed"). In Einzelfällen wurde aus Gründen der Aktualität von diesem Prinzip abgewichen und auch auf andere dokumentierte Quellen eingegangen. Dies betrifft die Forschungsberichte der REFLEX- und der PERFORM B-Studie, die erst teilweise wissenschaftlich publiziert sind.

Die vorliegende Stellungnahme bezieht sich auf die Frage, ob hochfrequente elektromagnetische Felder von Funkanwendungen, wie Rundfunk oder Mobilfunk, bei Feldstärken unterhalb der Grenzwerte Veränderungen im Genom und/oder der Genexpression (Genregulation) induzieren können. Es wurde die vorliegende wissenschaftliche Literatur berücksichtigt, wobei zur Bewertung älterer Arbeiten sowohl auf zusammenfassende wissenschaftliche Arbeiten als auch auf die Empfehlung der SSK aus dem Jahr 2001 zurückgegriffen wurde, in der Arbeiten zur Genotoxizität und Genexpression bis 2000 behandelt worden sind. Die damalige Bewertung lautete: "Es kann zusammenfassend festgestellt werden, dass die Untersuchungen zu krebsrelevanten Proteinen, Krebsentstehung und Krebspromotion ein sehr uneinheitliches Bild liefern. Inwieweit die einzelnen und nicht reproduzierten Hinweise eine Bedeutung für gesundheitliche Beeinflussungen haben, muss durch weitere Forschungen geklärt werden." Neuere Arbeiten zu diesem Fragenkomplex sind in der hier anhängenden wissenschaftlichen Begründung referiert und in den folgenden Themenblöcken zusammengefasst.

Expositionseinrichtungen

Die technische Weiterentwicklung von Expositionseinrichtungen und dosimetrischen Verfahren hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Die verbesserte dosimetrische Versuchsplanung hat im Vergleich zu früheren Experimenten zu besser definierten und homogeneren Expositionen im Präparat geführt. Die derzeit gebräuchlichen Expositionseinrichtungen für Versuche an Zellen sind meist Wellenleiter. Wellenleiter mit stellenden Wellen erlauben die Erzeugung von Feldstärken im Bereich der Grenzwerte mit geringem technischen Aufwand. Die Verbesserungen haben das Artefaktrisiko verringert, sodass die meisten neueren Untersuchungen unter besser kontrollierten und reproduzierbareren Feldverhältnissen ausgeführt wurden.

Genotoxizität

Für die Untersuchung biologischer Effekte auf zellulärer Ebene wird neben den klassischen zytogenetischen Techniken, wie Bestimmungen der Chromosomenaberrationen und von Mikrokernen, zunehmend auch das Verfahren des "Comet-Assays" eingesetzt, das allerdings wesentlich empfindlicher für Artefakte ist. Einige Mutationstests, die in der Toxikologie etabliert sind, werden jedoch zur Testung der Wirkung von HF-Feldern kaum eingesetzt. Generell ist auch bei neueren Arbeiten die fehlende Stringenz bei der Versuchsplanung zu beanstanden, bei keinem Untersuchungsobjekt sind alle in der Toxikologie üblichen (und dort auch vorgeschriebenen) Verfahren eingesetzt worden.

Eine Gesamtbewertung der Arbeiten zur Induktion von DNA-Schäden durch HF-Felder ist wegen der Vielzahl der verwendeten Untersuchungsobjekte und -methoden erschwert. In den meisten Studien wurden keine genotoxischen Effekte gefunden. Die wenigen positiven Befunde sind zum Teil widersprüchlich und fügen sich nicht zu einem systematischen Gesamtbild. Auf Grund dieser unklaren wissenschaftlichen Hinweise kommt unabhängigen Replikationsversuchen eine besondere Bedeutung zu. Diese sind allerdings nur in wenigen Fällen durchgeführt worden. Wo dies geschah, konnten die ursprünglichen positiven Befunde nicht bestätigt werden. Es kann somit festgestellt werden, dass ein wissenschaftlich begründeter Verdacht für eine DNA-Schädigung durch HF-Felder nicht vorliegt.

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