Regelwerk, Allgemeines, Wirtschaft

Thüringer Verwaltungsvorschrift zur Vergabe öffentlicher Aufträge
- Thüringen -

Vom 16. September 2014
(ThürStAnz. Nr. 41 vom 13.10.2014 S. 1299; 14.04.2014 S. 763 15; 02.12.2019 S. 2206 19; 02.04.2020 S. 613 20; 27.10.2020 S. 1431 20a; 22.09.2021 S. 1705aufgehoben)



Zur aktuellen Fassung

Vorbemerkung

Mit der nachstehenden Verwaltungsvorschrift werden die bislang geltende Richtlinie zur Vergabe öffentlicher Aufträge (Thüringer Staatsanzeiger 2010 S. 919), die Vergabe-Mittelstandsrichtlinie (Thüringer Staatsanzeiger 2011 S. 36) und die Richtlinie über die Zubenennung von Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Thüringer Staatsanzeiger 2006 S. 489) abgelöst. Diese Verwaltungsvorschrift nimmt zugleich den Inhalt des Rundschreibens des TMWAT vom 11. April 2011, Az. 3295/1-25-427 zur Einführung des Thüringer Vergabegesetzes ( ThürVgG) auf.

Es wird darauf hingewiesen, dass das Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie (TMWAT) Formblätter zum ThürVgG erstellt hat. Die aktuellen Fassungen dieser Formblätter sind auf der Internetseite des TMWAT unter ---> "Wirtschaft und Wirtschaftsförderung" ---> "Wirtschaftsverwaltung" ---> "öffentliches Auftragswesen" abrufbar.

1 § 1 ThürVgG - Sachlicher Anwendungsbereich

1.1 Geltungsbereich

§ 1 regelt den sachlichen Anwendungsbereich des ThürVgG. Der Begriff des öffentlichen Auftrags knüpft unmittelbar an § 99 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ( GWB) an.

1.1.1 Oberhalb und unterhalb der Schwellenwerte

(1) Das ThürVgG gilt für Aufträge oberhalb wie unterhalb der vergaberechtlichen Schwellenwerte der Richtlinien der Europäischen Union, sofern die in § 1 Abs. 1 ThürVgG genannten Anwendungswertgrenzen überschritten werden.

(2) Daher ist bei Überschreiten der Anwendungswertgrenzen von

sowohl im Ober- als auch im Unterschwellenbereich neben den Vergabe- und Vertragsordnungen (siehe hierzu § 1 Abs. 2 ThürVgG) das ThürVgG zu beachten, sofern im Oberschwellenbereich die Bundesgesetze oder die EU-Richtlinien nichts Abweichendes regeln.

(3) Für den gesamten Unterschwellenbereich wird die jeweils geltende Fassung der Vergabe- und Vertragsordnungen durch § 1 Abs. 2 S. 1 ThürVgG dynamisch für anwendbar erklärt.

(4) Die Bundesregierung setzt die Abschnitte 2 und 3 der Vergabe- und Vertragsordnungen durch Änderung der Vergabeverordnung ( VgV) in Kraft. Dieser Zeitpunkt ist in Thüringen auch für Abschnitt 1 maßgeblich. Das heißt, etwaige Änderungen des Abschnittes 1 der Vergabeordnungen werden (erst dann) in Thüringen automatisch in Kraft gesetzt, wenn Neuregelungen zu den Abschnitten 2 und 3 in Kraft treten.

(5) Bis zum Überschreiten der Anwendungswertgrenzen des ThürVgG sind nur die Vorgaben der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen ( VOL) und der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen ( VOB), mit Ausnahme der jeweiligen Abschnitte zum Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG [VOB/a Abschnitt 2 (EG VOB/A) bzw. VOL/a Abschnitt 2 (EG VOL/A)], in der jeweils geltenden Fassung zu beachten (vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 ThürVgG).

(6) Darüber hinaus sind bis zum Überschreiten der Anwendungswertgrenzen des ThürVgG neben der jeweiligen Vergabe- und Vertragsordnung (mit Ausnahme des jeweiligen Abschnitts 2 der VOB/A bzw. VOL/A) lediglich die Punkte 1 (Sachlicher Anwendungsbereich) und 2 (Persönlicher Anwendungsbereich) dieser Verwaltungsvorschrift anzuwenden.

(7) Für die Vergabe von freiberuflichen Leistungen (z.B. Architekten- und Ingenieurleistungen) findet aufgrund der Festlegungen des § 1 Abs. 2 ThürVgG (Beschränkung auf Anwendbarkeit der VOB und VOL) das Thüringer Vergabegesetz im Unterschwellenbereich keine Anwendung. Sie können daher grundsätzlich freihändig vergeben werden, wobei die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu beachten sind (siehe insbesondere § 55 ThürLHO). Es wird jedoch empfohlen, in Anlehnung an die Bestimmungen der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen ( VOF) einen Leistungswettbewerb mit mindestens drei Bewerbern durchzuführen.

(8) Im Hinblick auf die Vergabe von freiberuflichen Leistungen im Unterschwellenbereich wird auf die Beachtung der Richtlinie des TFM zum wirtschaftlichen Einsatz von Haushaltsmitteln für die Vergabe von Gutachten, Studien, Forschungsaufträgen und ähnlichen Werkverträgen vom 06.02.2001 (ThürStAnz 2001 S. 444 - 445) in der jeweils geltenden Fassung hingewiesen.

(9) Im Oberschwellenbereich jedoch ist das Thüringer Vergabegesetz für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen nach der VOF anzuwenden.

(10) Darüber hinaus findet das Thüringer Vergabegesetz keine Anwendung im Bereich der Vergabeverordnung für Verteidigung und Sicherheit ( VSVgV).

1.1.2 Schätzung der Auftragswerte

(1) § 1 Abs. 1 S. 2 ThürVgG erstreckt zur Schätzung der Auftragswerte die für den Oberschwellenbereich geltende Definition des § 3 der Vergabeverordnung (VgV) auch auf den Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte. Für die Schätzung des Auftragswertes sind die Absätze 1 - 9 des § 3 VgV heranzuziehen.

(2) Die Schätzung der Auftragswerte erfolgt ohne Umsatzsteuer.

(3) Bei Bauaufträgen ist bei der Schätzung des Auftragswertes der Gesamtauftragswert (Summe aller Aufträge für eine bauliche Anlage) zu Grunde zu legen.

(4) Neben § 3 Abs. 1 VgV ist im Geltungsbereich des ThürVgG also insbesondere § 3 Abs. 5 VgV zu beachten. Danach ist neben dem Auftragswert der Bauaufträge der geschätzte Wert aller Lieferleistungen zu berücksichtigen, die für die Ausführung der Bauleistung erforderlich sind und vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt werden.

(5) Bei Dienstleistungen gilt die geschätzte Gesamtvergütung im Sinne des § 3 Abs. 1 VgV für die Schätzung des Auftragswertes.

(6) Bei Lieferaufträgen sind Lose zur Schätzung des Auftragswertes nur dann zusammenzurechnen, wenn sie gleichartige Lieferungen betreffen (§ 3 Abs. 7 Satz 2 VgV).

1.1.3 EU-Vergaberecht

Die Vergaberegelungen nach dem EU-Vergaberecht bleiben unberührt.

1.2 Weitere Vorschriften

(1) Bei der Durchführung von Bauaufgaben des Bundes und des Landes haben die Dienststellen der Landesverwaltung sowie die landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Wertung anhand des Vergabehandbuchs für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes im Zuständigkeitsbereich der Finanzbauverwaltung - VHB - oder anhand des Handbuchs für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brücken- bau - HVa - StB - in ihrer jeweils geltenden Fassung vorzunehmen. Kommunalen Auftraggebern wird eine sinngemäße Anwendung der Vergabehandbücher empfohlen. Bei Vergaben von Liefer- und gewerblichen Dienstleistungen nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil a ( VOL/A) sollte entsprechend verfahren werden.

(2) Bei der Vergabe von IT-Dienstleistungen wird empfohlen, die Ergänzenden Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen des Bundes (EVB-IT) anzuwenden.

1.2.1 VOB/VOL

(1) § 1 Abs. 2 ThürVgG enthält dynamische Verweisungen zur Anwendung der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen ( VOL) und der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen ( VOB) im Unterschwellenbereich. Im Oberschwellenbereich gelten diese Vergabe- und Vertragsordnungen unmittelbar durch die Vergabeverordnung des Bundes in der Fassung vom 11. Februar 2003 (BGBl. I S. 169) in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Im Unterschwellenbereich gehen die Bestimmungen des ThürVgG im Kollisionsfall denen der Vergabe- und Vertragsordnungen als lex specialis vor.

(3) Im Oberschwellenbereich gehen im Kollisionsfall die Bestimmungen des GWB und der Vergabe- und Vertragsordnungen denen des ThürVgG vor.

1.2.2 Festlegungen des zuständigen Ministeriums

§ 1 Abs. 2 S. 2 ThürVgG räumt dem für Angelegenheiten im öffentlichen Auftragswesen zuständigen Ministerium die Befugnis ein, Grenzen für Auftragswerte (im Folgenden: Wertgrenzen) festzulegen, bis zu deren Erreichen eine Auftragsvergabe im Wege einer Beschränkten Ausschreibung oder einer Freihändigen Vergabe nach den Vergabe- und Vertragsordnungen zulässig ist.

Daher werden folgende Festlegungen getroffen:

1.2.2.1 Wertgrenzen für Beschränkte Ausschreibung und Freihändige Vergabe bei Bauleistungen 15 20 20a

(1) Bei Bauleistungen ist ohne weitere Einzelbegründung

zulässig.

Die Regelungen der Absätze 2 bis 7 der Nr. 1.2.2.1 sind zu beachten. 1.2.2.2 Wertgrenzen für Beschränkte Ausschreibung und Freihändige Vergabe bei Liefer- und Dienstleistungen 15 20 20a

(1) Bei Liefer- und gewerblichen Dienstleistungen ist ohne weitere Einzelbegründung

zulässig.

Die Regelungen der Absätze 2 bis 7 der Nr. 1.2.2.2 sind zu beachten (2) Bei der Vergabe entsprechender Aufträge sind der Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Mittelbewirtschaftung sowie eine mittelstandsfreundliche Vergabe zu beachten.

(3) Es ist auf den jeweiligen geschätzten Auftragswert abzustellen. Eine Addition findet nur im Hinblick auf gleichartige Liefer- und gewerbliche Dienstleistungsaufträge statt.

(4) Bei einer Freihändigen Vergabe sollen grundsätzlich drei Vergleichsangebote von unterschiedlichen Anbietern eingeholt werden. Auf die Einholung bindender Angebote kann bis zu einem geschätzten Auftragswert von 20.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) verzichtet werden, wenn auf andere Weise mit hinreichender Sicherheit Preise ermittelt werden können, wie sie einem bindenden Angebot zu Grunde gelegt werden [d. h. Offerten (= Preisangebote) aus aktuellen Katalogen und Werbung]. Auch in diesem Fall sind grundsätzlich drei Vergleichspreise von unterschiedlichen Anbietern zu ermitteln.

(5) In jedem Fall sind sowohl die schriftlich eingereichten Angebote als auch die Art und die Grundlage der sonstigen Ermittlung von Preisen aktenkundig zu machen.

(6) Auch bei Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben ist auf einen fairen Wettbewerb durch Gewährleistung der Transparenz zu achten.

(7) Um eine Umgehung des grundsätzlichen Vorrangs der Öffentlichen Ausschreibung zu vermeiden, kommt eine Anwendung der vorgenannten Vergabeverfahren nur in Betracht, wenn der Gesamtauftragswert (Summe aller gleichartigen Liefer- und Dienstleistungsaufträge) die genannten Wertgrenzen nicht übersteigt. Bei einer Aufteilung in mehrere Lose, für die jeweils ein gesonderter Auftrag vergeben wird, müssen bei der Schätzung alle Lose berücksichtigt werden.

1.2.2.3 Weitere zulässige Vergabeverfahren

(1) Die Möglichkeit einer Beschränkten Ausschreibung oder Freihändigen Vergabe oberhalb der unter 1.2.2.1 und 1.2.2.2 genannten Wertgrenzen bei entsprechender Begründung im Einzelfall nach § 3 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 bzw. § 3 Abs. 4 oder § 3 Abs. 5 VOB/A, Abschnitt 1 sowie § 3 Abs. 3 bzw. § 3 Abs. 4 oder § 3 Abs. 5 VOL/a Abschnitt 1 bleibt unberührt.

(2) Liefer- und gewerbliche Dienstleistungsaufträge mit einem voraussichtlichen (Gesamt-) Auftragswert bis 500 EUR (ohne Umsatzsteuer) dürfen direkt vergeben werden.

2 § 2 ThürVgG - Persönlicher Anwendungsbereich

2.1 Adressaten gemäß § 2 Abs. 1 ThürVgG

Soweit diese Verwaltungsvorschrift auch unterhalb der Anwendungswertgrenzen des ThürVgG greift, entspricht ihr persönlicher Anwendungsbereich dem des § 2 ThürVgG (Vgl. Punkte 2. 1.1 bis 2.3).

2.1.1 Landesbehörden, Kommunen, Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des Öffentlichen Rechts

(1) Adressaten des Thüringer Vergabegesetzes sind zunächst die Landesbehörden und die Kommunen. Des Weiteren gilt das Gesetz für sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, für die § 55 der Thüringer Landeshaushaltsordnung (ThürLHO) oder § 31 der Thüringer Gemeindehaushaltsverordnung (ThürGemHV) bzw. § 24 der Thüringer Gemeindehaushaltsverordnung Doppik ( ThürGemHV-Doppik) Anwendung findet.

(2) § 55 ThürLHO findet Anwendung auf Landesbehörden und gem. § 105 ThürLHO entsprechende Anwendung für Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen, soweit nicht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. Mit der vorgenannten Aufsicht sind sowohl die Rechts- als auch die Fachaufsicht gemeint.

(3) Daher ist auch auf die Industrie- und Handelskammern (vgl. §§ 3, 11 IHK-G) und die Handwerkskammern (vgl. §§ 90, 115 HwO) das ThürVgG anwendbar.

(4) Über die in § 2 Abs. 2 ThürVgG genannten kommunalen Auftraggeber hinaus gilt § 31 ThürGemHV auch für kommunale Eigenbetriebe (§ 9 Thüringer Eigenbetriebsverordnung).

(5) Gemäß § 3 Abs. 5 Thüringer Stiftungsgesetz (ThürStiftG) werden kommunale Stiftungen des bürgerlichen oder des öffentlichen Rechts von einer Gemeinde, einem Landkreis, einem Zweckverband oder einer Verwaltungsgemeinschaft nach den für diese jeweils geltenden kommunalrechtlichen Bestimmungen verwaltet. Dementsprechend gilt § 31 ThürGemHV auch für kommunale Stiftungen gemäß § 88a ThürGemHV i. V. m. der jeweiligen Bestimmung der Körperschaft i. V. m. § 3 Abs. 5 ThürStiftG.

(6) Das ThürVgG gilt auch für öffentliche Aufträge im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung (LG Erfurt v. 13.06.2014, Az. 1 S 276/13).

(7) Soweit für eine Maßnahme besondere Finanzierungsformen (z.B. Leasing, Forfaitierung) erwogen werden, sollen die Vergabestellen ihren Einfluss auf Vergabeverfahren auch eines privaten Auftraggebers sicherstellen, z.B. durch die Auflage,

2.1.2 Zuwendungsempfänger

Die Regelungen des ThürVgG gelten nach § 2 Abs. 1 S. 2 ThürVgG für Zuwendungsempfänger nur, soweit sie im Zuwendungsbescheid hierzu verpflichtet werden. Die geltenden, vom Thüringer Finanzministerium herausgegebenen Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen (ANBest) enthalten derzeit folgende Vorgaben: Die Zuwendungsempfänger, für die die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) oder die Allgemeinen Nebenbestimmungen zur institutionellen Förderung (ANBest-I) gelten, haben bei der Vergabe von Aufträgen bei Bauleistungen den Abschnitt 1 der VOB/a und bei der Vergabe von Lieferungen und Dienstleistungen den Abschnitt 1 der VOL/a anzuwenden, wenn die Zuwendung oder der Gesamtbetrag mehrerer Zuwendungen mehr als 50.000 EUR beträgt.

2.2 Adressaten gemäß § 2 Abs. 2 ThürVgG

Gemeinden, Landkreise, Verwaltungsgemeinschaften und Zweckverbände wurden bereits durch Abs. 1 erfasst, werden hier aber der Klarheit halber erneut genannt. § 2 Abs. 2 ThürVgG wurde durch Artikel 7 des Gesetzes vom 23. Juli 2013 (GVBl. S. 194, 202) geändert. Neu eingefügt wurden die (kommunalen) Anstalten und die gemeinsamen kommunalen Anstalten.

2.3 Adressaten gemäß § 2 Abs. 3 ThürVgG

(1) Juristische Personen des Privatrechts, welche die Voraussetzungen des § 98 Nr. 2 GWB erfüllen, hatten bisher im Oberschwellenbereich das GWB, die VgV sowie die VOB/A, die VOL/A und die VOF zu beachten.

(2) § 2 Abs. 3 ThürVgG verpflichtet auch diese Auftraggeber nunmehr zur Anwendung des ThürVgG unabhängig von den EU-Schwellenwerten und zur Anwendung der Vergabe- und Vertragsordnungen ( VOB/A und VOL/A) auch im Unterschwellenbereich, sofern die in § 1 Abs. 1 ThürVgG genannten Anwendungswertgrenzen überschritten werden.

(3) Das grundsätzliche Anknüpfen an § 98 Nr. 2 GWB grenzt den Kreis der öffentlichen Unternehmen, die an die Regelungen des Thüringer Vergabegesetzes gebunden werden, auf diejenigen ein, die im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art erfüllen.

(4) Kommunale Unternehmen, die der Definition des § 98 Nr. 2 GWB unterfallen und gleichzeitig Sektorenauftraggeber nach der SektVO sind, sind nur in Ausübung ihrer Sektorentätigkeit von der Anwendung des ThürVgG und der Vergabe- und Vertragsordnungen ( VOB/A und VOL/A) befreit. Für alle Aufträge, die sie außerhalb ihrer Sektorentätigkeit vergeben, muss nach § 2 Abs. 3 ThürVgG das ThürVgG und damit die VOL/A und VOB/A angewendet werden. Dies gilt auch für Aufträge, deren Auftragswert die Schwellenwerte des § 1 Abs. 2 SektVO i. V. m. Art. 16 und 69 der Richtlinie 2004/17/EG 1 erreicht.

(5) Bei sog."Mischaufträgen" ist der überwiegende Anteil des Auftragswerts maßgebend. Ist zweifelhaft, ob eine Vergabe im Zusammenhang mit Sektorentätigkeiten steht, so haben die Auftraggeber die Vergabe- und Vertragsordnungen anzuwenden.

3 § 3 ThürVgG - Mittelstandsförderung

3.1 Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen

§ 3 Abs. 1 ThürVgG enthält die Verpflichtung, kleine und mittlere Unternehmen bei Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben in angemessenem Umfang zur Angebotsabgabe aufzufordern.

3.1.1 Begriffsbestimmungen

Unter die kleinen und mittleren Unternehmen fallen auch die so genannten Kleinstunternehmen.

Die Definitionen sind angelehnt an Artikel 2 des Anhangs zur Empfehlung 2003/361 /EG (Amtsblatt der EU L 124/36 vom 20. Mai 2003).

3.1.2 Berücksichtigung von kleinen und mittleren Unternehmen, kleinen Büroorganisationen und Berufsanfängern

(1) Bei Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben sind regelmäßig auch kleine und mittlere Unternehmen in angemessenem Umfang zur Angebotsabgabe aufzufordern. Auf das Zubenennungsverfahren durch die Industrie- und Handelskammer Erfurt (vgl. Vor 7.1) wird hingewiesen.

(2) Der Wechsel im Bewerberkreis im Sinne von § 6 Abs. 2 VOB/a ist zu berücksichtigen. Auch bei ausreichender Zahl bekannter Bewerber soll neuen Bewerbern Gelegenheit zur erstmaligen Teilnahme gegeben werden.

(3) Aus § 3 Abs. 1 ThürVgG darf jedoch nicht herausgelesen werden, dass im Unterschwellenbereich die Beschränkte Ausschreibung oder die Freihändige Vergabe ohne weiteres zulässig sei. Auch im Anwendungsbereich des ThürVgG ist die Öffentliche Ausschreibung vorrangig anzuwenden (vgl. § 3 Abs. 2 VOL/A; § 3 Abs. 2 VOB/A). Lediglich in den Fällen der Ziffer 1.2.2 darf ohne weitere Einzelbegründung eine Beschränkte Ausschreibung oder eine Freihändige Vergabe als Vergabeart gewählt werden. In allen anderen Fällen ist in der Dokumentation des Vergabeverfahrens unter Nennung des entsprechenden Ausnahmetatbestandes zu begründen, weshalb ein anderes Verfahren als die Öffentliche Ausschreibung gewählt wurde.

3.2 Vorrang der Teil- und Fachlosvergabe, sonstige Wirkung des § 3 Abs. 2 ThürVgG

(1) Mit der Regelung des § 3 Abs. 2 ThürVgG wird die Einbeziehung kleiner und mittlerer Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nochmals betont. Die Bestimmung nimmt auch Bezug auf die Pflicht zur Teilung der Leistung in Fach- und Teillose gemäß § 97 Abs. 3 S. 1 GWB, § 5 Abs. 2 S. 1 VOB/A, § 5 Abs. 2 S. 1 EG VOB/a sowie § 2 Abs. 2 S. 1 VOL/A, § 2 Abs. 2 S. 1 EG VOL/A.

(2) § 3 Abs. 2 ThürVgG ist so zu verstehen, dass kleine und mittlere Unternehmen einen Zugang zu Vergabeverfahren haben sollen und so auch die Chance erhalten, beim Zuschlag berücksichtigt werden zu können. Die Bevorzugung eines Unternehmens beim Zuschlag aufgrund des Umstandes, dass es ein kleines oder mittleres Unternehmen ist, wäre unzulässig.

3.3 Bekanntmachungen, Landesvergabeplattform

(1) Alle staatlichen Auftraggeber sind nunmehr nach § 3 Abs. 3 ThürVgG verpflichtet, die Ausschreibung eines öffentlichen Auftrages zusätzlich zur Bekanntmachung im Staatsanzeiger 2 in elektronischer Form auf der zentralen Landesvergabeplattform, abrufbar unter www.serviceportal.thueringen.de ---> "Ausschreibungen Thüringen" bekannt zu machen. Die Landesvergabeplattform wurde vom Thüringer Finanzministerium eingerichtet und ist seit dem 01.02.2011 in Betrieb. Nachfragen hierzu können an die geschulten Ansprechpartner in den jeweiligen Ressorts gerichtet werden.

(2) Sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts im Sinne des § 2 Abs. 1 ThürVgG und kommunale Auftraggeber im Sinne des § 2 Abs. 2 ThürVgG können die Landesvergabeplattform für ihre Bekanntmachungen nutzen, sind dazu aber nicht verpflichtet. Die Nutzung der Thüringer Landesvergabeplattform für kommunale Auftraggeber wird jedoch empfohlen.

(3) Den Vergabestellen der Landesverwaltung werden sowohl die Einrichtung als auch der Betrieb der Mandanten zur Nutzung der Thüringer Vergabeplattform kostenfrei zur Verfügung gestellt. Ansonsten betragen die Kosten pro Veröffentlichung derzeit pauschal 50 EUR.

(4) Private Maßnahmeträger (z.B. Zuwendungsempfänger und Unternehmen i. S. v. § 98 Nr. 2 GWB) können aufgrund der Vereinbarungen des Thüringer Finanzministeriums mit dem Bundesministerium des Inneren die Thüringer Vergabeplattform jedochnicht zur Veröffentlichung ihrer Ausschreibungen nutzen.

(5) Für Unternehmen ist die Einsichtnahme des Bekanntmachungstextes kostenfrei. Dies gilt auch für das Herunter- laden der Vergabeunterlagen, hierfür ist allerdings eine einmalige, kostenfreie Onlineregistrierung notwendig.

(6) Auf die Vorabinformationspflicht nach § 19 Abs. 5 VOB/a über beabsichtigte Beschränkte Ausschreibungen ab einem voraussichtlichen Auftragswert von 25.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) wird hingewiesen. Auch auf die Informationspflicht der Auftraggeber nach Zuschlagserteilung gemäß § 20 Abs. 3 VOB/a über jeden mittels Beschränkter Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb ab einem Auftragswert von 25.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) und Freihändiger Vergabe ab einem Auftragswert von 15.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) vergebenen Auftrag wird hingewiesen. Ebenfalls wird auf die Informationspflicht nach § 19 Abs. 2 VOL/a hingewiesen, wonach Auftraggeber jeden mittels Beschränkter Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb und Freihändiger Vergabe ohne Teilnahmewettbewerb vergebenen Auftrag ab einem Auftragswert von 25.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) zu veröffentlichen haben. Bei europaweiten Ausschreibungen haben die Vergabestellen im Amtsblatt der EU über jeden vergebenen Auftrag zu informieren, § 23 EG VOL/A, § 18 Abs. 2 und 3 EG VOB/A.

4 § 4 ThürVgG - Berücksichtigung ökologischer und sozialer Kriterien

§ 4 ThürVgG stellt in Anlehnung an § 97 Abs. 4 S. 2 GWB auch für den Unterschwellenbereich klar, dass ökologische und soziale Kriterien (vergleiche §§ 5, 6, 10, 11, 13 ThürVgG) auf allen Stufen des Vergabeverfahrens von der Vergabestelle den Bietern vorgegeben werden können, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit der Auftragsleistung stehen und in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen angegeben sind. Dies gilt insbesondere auch für die Förderung von Innovation, Umweltverträglichkeit und Energieeinsparung.

5 § 5 ThürVgG - Definition des Auftragsgegenstandes

(1) Es wird klargestellt, dass das in § 97 Abs. 5 GWB und den einschlägigen Regelungen in der VOB/A und der VOL/A statuierte Prinzip der Erteilung des Zuschlags auf das wirtschaftlichste Angebot auch dann zu beachten ist, wenn der Auftraggeber mit der Vergabe besondere ökologische bzw. soziale Ziele verbinden will.

(2) Darüber hinaus wird durch die Bezugnahme auf das Unionsrecht in § 5 Halbsatz 3 ThürVgG hervorgehoben, dass das Prinzip der diskriminierungsfreien Ausschreibung auch bei Aufträgen mit Binnenmarktbezug im Unterschwellenbereich gilt.

6 § 6 ThürVgG - Technische Spezifikation des Auftrages

Das Erfordernis der produktneutralen Ausschreibung ergibt sich aus den Vergabe- und Vertragsordnungen (§ 7 Abs. 8 VOB/A, § 7 Abs. 8 EG VOB/A, § 7 Abs. 4 VOL/A, § 8 Abs. 7 EG VOL/A).

6.1 Beschreibung von Umweltanforderungen

(1) Sofern der Auftraggeber Umweltaspekte bei der Vergabe berücksichtigen möchte, kann er entsprechende Umweltanforderungen im Rahmen der Leistungsbeschreibung, der Benennung von technischen Spezifikationen sowie bei der Festlegung von Zuschlagskriterien bestimmen. Hierbei sollen besonders die Lebenszykluskosten und die Energieeffizienz berücksichtigt werden.

(2) Durch die Beschreibung der Leistung, wie beispielsweise als "Strom aus erneuerbaren Energiequellen", "Ökostrom" oder "Recycling-Papier", können dem Auftragnehmer auch mittelbar bestimmte Produktionsverfahren bei der Ausführung des Auftrags vorgegeben werden.

(3) Bei der umweltverträglichen Beschaffung kann auf Umweltgütezeichen zurückgegriffen werden, sofern diese die in der Regelung näher dargelegten Voraussetzungen erfüllen. Der Nachweis der Erfüllung der technischen Vorgaben durch andere geeignete Beweismittel wird dadurch nicht ausgeschlossen.

6.2 Nebenangebote

Nebenangebote können bei Beschaffungen zur Förderung von Innovation und Umweltverträglichkeit beitragen. Um Nebenangebote berücksichtigen zu können, müssen allerdings folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Vorbemerkung zu 7 Allgemeine Hinweise zum Vergabeverfahren

Vor 7.1 Auftragsberatungsstellen und Zubenennung

Vor 7.1.1 Auftragsberatungsstellen

(1) Beratungsstellen für das Öffentliche Auftragswesen in Thüringen sind die Thüringer Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern. Sie haben im Gesamtinteresse einer freien Wirtschaft die angemessene Beteiligung der Unternehmen aus Industrie, Handel und Handwerk des Freistaats Thüringen an öffentlichen Aufträgen zu fördern.

(2) Die zentrale Stelle für die Zubenennung der Auftragsberatung Thüringen ist die Industrie- und Handelskammer Erfurt (IHK Erfurt). Die IHK Erfurt koordiniert die Zubenennung mit den Auftragsberatungsstellen der anderen Länder.

Vor 7.1.2 Nutzungspflicht/Nutzungsmöglichkeit

(1) Die Auftraggeber informieren soweit möglich und zweckmäßig die IHK Erfurt über vorgesehene Teilnahmewettbewerbe im Rahmen Beschränkter Ausschreibungen und Freihändiger Vergaben nach der VOL/A, damit die IHK Erfurt unter Einschaltung der anderen Thüringer Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern geeignete Unternehmen darüber unterrichten kann.

(2) Bei Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben nach der VOL/A ist die Industrie- und Handelskammer Erfurt (IHK Erfurt, www.erfurt.ihk.de) als Auftragsberatungsstelle aufzufordern, innerhalb der vom Auftraggeber vorgesehenen Frist geeignete Unternehmen zu benennen, die der Auftraggeber zur Abgabe eines Angebots auffordern kann. Dies gilt nicht, wenn die Einschaltung im Einzelfall nach Art und Umfang der geforderten Leistungen unmöglich oder unzweckmäßig ist bzw. der Auftragswert weniger als 5.000 EUR beträgt. Darüber hinaus kann bei Aufträgen mit einem geschätzten Auftragswert unter 20.000 EUR von der Einschaltung abgesehen werden.

(3) Den Gemeinden, Landkreisen und kommunalen Körperschaften wird die Einschaltung der IHK Erfurt zur Zubenennung empfohlen.

(4) Für die öffentlichen Auftraggeber erfolgt die Zubenennung kostenfrei.

Vor 7.1.3 Zubenennung

(1) Bei der Zubenennung hat die Auftragsberatungsstelle auf eine angemessene Beteiligung kleiner und mittlerer Unternehmen (vgl. § 3 ThürVgG), auf die Berücksichtigung der durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften bevorzugten Bewerber, auf regionale Streuung im Freistaat Thüringen und auf einen Wechsel des Bewerberkreises zu achten.

(2) Die IHK Erfurt darf nur fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Bewerber benennen. Die Firmenvorschläge dürfen nicht von der Zugehörigkeit der Firmen zu Organisationen oder zu Verbänden der gewerblichen Wirtschaft abhängig gemacht werden. Die IHK Erfurt darf keine Aufschlüsse geben über Vorgänge, die nach der Natur der Sache Vertraulichkeit oder Geheimhaltung erfordern.

(3) Für das Zubenennungsverfahren führt die IHK Erfurt federführend für die drei Thüringer Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern eine so genannte Bieterdatenbank. Die Datenbank enthält Unternehmen aller Branchen und Größenklassen mit Firmensitz bzw. Betriebsstätte in Thüringen, die bei Freihändigen Vergaben und Beschränkten Ausschreibungen zubenannt werden möchten. Der Benennungsvorgang beginnt mit der Anfrage durch die Vergabestelle, in der der Beschaffungsgegenstand bzw. die Leistungsbeschreibung, Fristen für die Benennung sowie weitere ausschreibungs- relevante Daten dargestellt werden. Die IHK Erfurt ermittelt auf der Grundlage dieser Angaben die geeigneten Unternehmen aus der Bieterdatenbank und kontaktiert diese im Vorfeld der Benennung. Wenn vom öffentlichen Auftraggeber gewünscht, wird auch eine bundesweite Recherche unter Einbeziehung der Auftragsberatungsstellen anderer Bundesländer durchgeführt. Der öffentliche Auftraggeber erhält schließlich von der IHK Erfurt eine Liste der Unternehmen, die ein Angebot zu der konkreten Ausschreibung abgeben möchten.

Vor 7.2 Vorbereitung von Ausschreibungen

Vor 7.2.1 Getrennte Vergabe von Planungs- und Ausführungsleistungen

Der Auftraggeber hat sicherzustellen, dass durch die Teilnahme von Unternehmen, die ihn bereits vor Einleitung des Vergabeverfahrens mit der Planung und/oder Ausarbeitung der Ausschreibungsunterlagen beraten oder sonstig unterstützt haben (sog. Vorbefassung), der Wettbewerb nicht verfälscht wird vgl. § 6 Abs. 6 VOL/A, § 6 Abs. 7 EG VOL/A, § 6 Abs. 7 EG VOB/A.

Vor 7.2.2 Kosten der Abgabe/Übersendung von Vergabeunterlagen und Fristen im Verfahren

(1) Für die Abgabe/Übersendung der Vergabeunterlagen darf bei Öffentlichen Ausschreibungen, nicht jedoch bei Beschränkten Ausschreibungen und Freihändigen Vergaben, ein Entgelt gefordert werden. Die Höhe des Entgelts darf die Selbstkosten des Auftraggebers für die Vervielfältigung der Unterlagen und die Portokosten nicht überschreiten (§ 8 Abs. 7 VOB/A, § 8 Abs. 7 EG VOB/A, § 8 Abs. 2 VOL/A, § 9 Abs. 3 EG VOL/A).

(2) Für die Erarbeitung und Einreichung der Angebote sowie für die Ausführung durch die Bieter/Bewerber hat die Vergabestelle ausreichende Fristen festzulegen. Für die Erarbeitung und Einreichung des Angebots wird keine Entschädigung gewährt. Verlangt jedoch der Auftraggeber, dass der Bewerber Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, Berechnungen oder andere vergleichbare Unterlagen ausarbeitet, so ist einheitlich für alle Bieter in der Ausschreibung eine angemessene Entschädigung festzusetzen (§ 8 Abs. 8 VOB/A, § 8 Abs. 8 EG VOB/A).

7 § 7 ThürVgG - Auswahl der Bieter

Öffentliche Aufträge sind vorbehaltlich weiter gehender Bundes- oder Landesgesetze nur an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmen zu vergeben. Zum Wettbewerb um öffentliche Aufträge dürfen nur solche Bewerber/Bieter zugelassen werden, die Leistungen der ausgeschriebenen Art gewerbsmäßig ausführen und die die gewerbe- und handwerksrechtlichen Voraussetzungen für die Ausführung der Leistungen besitzen.

7.1 Eignungsnachweise

(1) Im Rahmen von § 7 Abs. 1 ThürVgG sind die einschlägigen Bestimmungen der VOB/A, EG VOB/A bzw. VOL/A, EG VOL/A anzuwenden.

(2) In geeigneten Fällen kann die Vergabestelle gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 S. 3 und 4 VOB/A, § 6 Abs. 3 VOL/a statt der behördlichen Nachweise Eigenerklärungen des Bewerbers bzw. Bieters zulassen.

7.2 Präqualifikation von Unternehmen

(1) § 7 Abs. 2 ThürVgG eröffnet die Möglichkeit, die in § 6 Abs. 4 VOL/A, § 7 Abs. 4 EG VOL/a und § 6 Abs. 3 Nr. 2 VOB/A, § 6 Abs. 3 EG VOB/a zugelassenen Präqualifizierungsnachweise auch im Unterschwellenbereich zu nutzen.

(2) § 7 Abs. 2 ThürVgG stellt durch seinen Wortlaut klar, dass es dem Bewerber/Bieter obliegt, den Nachweis seiner Eignung mittels einer gültigen Bescheinigung eines Präqualifizierungsverfahrens zu erbringen oder den Weg über Einzelnachweise zu wählen. Sofern der Bewerber/Bieter den Nachweis mittels Präqualifizierung wählt, sind demzufolge gültige Präqualifizierungsnachweise der im Folgenden genannten Stellen durch die Auftraggeber, in gleicher Weise wie Einzelnachweise ohne Einschränkungen als Nachweise für unternehmensbezogene Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Gesetzestreue zu akzeptieren.

(3) Bereits im Rahmen des Präqualifizierungsverfahrens nachgewiesene Eigenschaften eines Bieters sind nicht nochmals durch Einzelnachweise belegen zu lassen.

(4) Die Präqualifizierungsdatenbank für den Liefer- und Dienstleistungsbereich (PQ-VOL) wird von den Thüringer Industrie- und Handelskammern und den Thüringer Handwerkskammern gemeinsam mit der Auftragsberatungsstelle Sachsen-Anhalt geführt. Anträge zur Aufnahme in das System können interessierte Unternehmen bei den Thüringer Industrie- und Handelskammern stellen (https://www.pq-vol.de).

(5) Auf der Internetseite https://www.pq-vol.de/ ist unter dem Link "Liste der Eignungsnachweise" einsehbar, welche Einzelnachweise zur Eignung des Bieters von der Präqualifizierung im VOL-Bereich abgedeckt werden.

(6) Für den Bereich der Bauleistungen ist die allgemein zu-gängliche Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen e.V. (Präqualifikationsverzeichnis) unter http://www.pq-verein.de/ abrufbar.

(7) Die im VOB-Bereich erfassten Einzelnachweise können Anlage 1 der Leitlinie des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung für die Durchführung eines PQ-Verfahrens in der jeweils geltenden Fassung, abrufbar auf der Internetseite des BMVI (www.bmvi.de) unter dem Suchbegriff "Präqualifizierung von Bauunternehmen", entnommen werden.

(8) Die Gültigkeit der Präqualifikation ergibt sich aus dem aktuellen Internetauszug.

(9) Die PQ-Datenbanken enthalten alle Unternehmen, die von Auftragsberatungsstellen oder Industrie- und Handelskammern bzw. von Präqualifizierungsstellen auf ihre Eignung (Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit) überprüft worden sind. Öffentliche Auftraggeber haben nach einmaliger Registrierung kostenfrei die Möglichkeit, die vorgelagerte und auftragsunabhängige Zertifizierung von Eignungsnachweisen präqualifizierter Unternehmen einzusehen. Auf diese Weise soll der Aufwand für Auftraggeber und Auftragnehmer sowie insbesondere der Ausschluss von Angeboten aufgrund formaler Fehler (fehlende Eignungs-nachweise) reduziert werden.

(10) Ist ein Bieter oder Bewerber in das Präqualifikationsverzeichnis eingetragen, können weiterhin zusätzliche, auf den konkreten Auftrag bezogene, Eignungsnachweise verlangt werden. Das Präqualifikationsverzeichnis enthält keine durch landesrechtliche Vorschriften (z.B. Landesvergabegesetz) statuierten zusätzlichen Eignungsnachweise.

(11) Da die Teilnahme an dem Präqualifizierungssystem freiwillig ist, bleibt ein Nachweis der Eignung durch Einzelnachweise und Erklärungen durch die Bieter und Bewerber weiterhin möglich.

(12) In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die VOB/A und die VOL/A das Nachfordern von Nachweisen und Erklärungen zulassen (§ 16 Abs. 2 VOL/A, § 19 Abs. 2 EG VOL/A) bzw. vorgeben (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A, § 16 Abs. 1 Nr. 3 EG VOB/A). Auch § 15 Abs. 1 ThürVgG (Wertungsausschluss) ermöglicht eine Nachforderung von Nachweisen und Erklärungen.

(13) Gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 2 S. 5 EG VOB/a sind im Oberschwellenbereich auch Eintragungen in gleichwertige Verzeichnisse anderer Mitgliedsstaaten der Europäischen Union als Nachweise zugelassen.

7.3 Ausschluss ungeeigneter Bewerber, Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung, Einhaltung von Mindestbedingungen

(1) Öffentliche Auftraggeber können gemäß § 7 Abs. 3 ThürVgG solche Unternehmen von der Auftragsvergabe ausschließen, die eine der in § 7 Abs. 3 ThürVgG genannten Varianten erfüllen. Dabei ist zu beachten, dass im Rahmen arbeitnehmerschützender Vorschriften auch die richter-rechtliche Ausgestaltung des Arbeitnehmerdatenschutzes zu berücksichtigen ist.

(2) Um sicherzustellen, dass die Ermessensentscheidung des § 7 Abs. 3 ThürVgG durch die Vergabestelle ordnungsgemäß ausgeübt wird, sollte dem Bieter bzw. Bewerber vor der Entscheidung in der Regel Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.

7.3.1 Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung, Einhaltung von Mindestbedingungen

(1) Bei Bewerbern/Bietern, die die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 21 (Ausschluss von öffentlichen Aufträgen) Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz ( SchwarzArbG) oder § 21 (Ausschluss von öffentlichen Aufträgen) Arbeitnehmer-Entsendegesetz ( AEntG) in der jeweils geltenden Fassung erfüllen, wird vermutet, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne von § 6 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. g VOB/A, § 6 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. g oder § 6 Abs. 5 Buchst. c VOL/A, § 6 Abs. 6 Buchst. c) EG VOL/a nicht besitzen.

(2) Das Gleiche gilt auch schon vor Durchführung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens, wenn im Einzelfall angesichts der Beweislage kein vernünftiger Zweifel an einer schwerwiegenden Verfehlung besteht (vgl. §§ 21 Abs. 1 S. 2 AEntG und 21 Abs. 1 S. 2 Schwarz ArbG).

(3) In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Abfrage im Sinne der §§ 21 Abs. 1 S. 3 Schwarz ArbG, 21 Abs. 2 AEntG bei der Zollverwaltung des Bundes hingewiesen. Des Weiteren kann als Erkenntnisquelle das Gewerbezentralregister genutzt werden. Näheres hierzu findet sich unter www.bundesjustizamt.de "Bürgerdienste" ---> "Gewerbezentralregister" ---> "Auskünfte zur Vorbereitung vergaberechtlicher Entscheidungen (Ausschreibungen)".

7.3.2 Sonstige Ausschlussgründe

Neben den in § 7 Abs. 3 ThürVgG genannten Ausschlusstatbeständen bleiben die Ausschlussgründe der §§ 16 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A, 16 Abs. 1 Nr. 2 EG VOB/a bzw. 6 Abs. 5 VOL/A, 6 Abs. 6 EG VOL/a unberührt.

8 § 8 ThürVgG - Erteilung des Zuschlags

(1) Der Zuschlag ist nach § 8 Satz 1 und 2 ThürVgG auf das unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot zu erteilen, wobei der niedrigste Angebotspreis allein nicht entscheidend ist.

(2) Das wirtschaftlichste Angebot ist bei Leistungen das- jenige Angebot, bei dem das günstigste Verhältnis zwischen der gewünschten Leistung und dem angebotenen Preis erzielt wird. Maßgebend sind alle auftragsbezogenen Kriterien (z.B. Lieferfrist bzw. Ausführungsdauer, Betriebskosten, Rentabilität, Qualität, Ästhetik und Zweckmäßigkeit, technischer Wert, Kundendienst und Technische Hilfe, Zusagen hinsichtlich der Ersatzteile, Versorgungssicherheit). Durch § 8 Satz 2 ThürVgG wird nochmals klargestellt, dass eine schematische Zuschlagserteilung an den billigsten Bieter unzulässig ist. Der Preis ist nur dann entscheidend, wenn die angebotenen Leistungen nach Art und Umfang gleich und deren Preise angemessen sind.

(3) Hervorzuheben ist, dass nur die Wertungskriterien zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots herangezogen werden dürfen, die zuvor in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen festgelegt worden sind.

(4) Sollen gem. § 8 Satz 4 ThürVgG Umweltkriterien als Zuschlagskriterien bei der Zuschlagserteilung berücksichtigt werden, so ist Folgendes zu beachten: Aufgrund des Transparenzgebots, welches unmittelbar aus EU-Recht folgt und gemäß § 8 Satz 4 Nr. 4 ThürVgG zu beachten ist, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Umweltkriterien, welche als Zuschlagskriterien beachtet werden sollen, stets in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots ausdrücklich zu nennen sind. Eine Nennung lediglich im Leistungsverzeichnis genügt insofern nicht, da dort genannte Umweltkriterien technische Spezifikationen (vgl. § 7 Abs. 7 VOB/A) darstellen und als solche nicht als Zuschlagskriterien gewertet werden können. Zudem wäre eine eindeutige Information über sämtliche entscheidungs-relevanten Zuschlagskriterien nicht mehr gewährleistet, da der Bieter/Bewerber Zuschlagskriterien, die in die Wertung einfließen, unmissverständlich, eindeutig und von Anfang an erkennen können muss. Insofern ist der § 8 Satz 4 Nr. 2 ThürVgG im Lichte des Transparenzgebotes wie vorgenannt auszulegen.

9 § 9 ThürVgG - Bedingungen für die Ausführung des Auftrags

§ 9 ThürVgG stellt klar, dass Auftraggeber auch außerhalb der Zuschlagskriterien bestimmte Anforderungen an die Ausführung des Auftrages in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen vorsehen können, sofern diese keine versteckten technischen Spezifikationen, Auswahl- oder Zuschlagskriterien darstellen.

10 § 10 ThürVgG - Tariftreue und Entgeltgleichheit

(1) § 10 ThürVgG stellt klar, dass Auftraggeber bereits bei der Angebotsabgabe auf Mindestentgeltvorgaben und Arbeitsbedingungen achten und sich die Bewerber zur Einhaltung dieser Vorgaben verpflichten müssen.

(2) Damit soll den Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten kleiner und mittlerer Unternehmen durch Lohndumping begegnet und ein Beitrag zu Sicherung von Arbeitsplätzen, eines ausreichenden sozialen Schutzes und eines angemessenen Einkommensniveaus geleistet werden. Ungerechtfertigte Belastungen der sozialen Sicherungssysteme werden darüber hinaus eingeschränkt.

10.1 Tariftreue bei an das AEntG gebundenen Bau- und Dienstleistungen, andere Mindestentgelte

(1) Mit § 10 Abs. 1 ThürVgG wurde eine spezifische gesetzliche Grundlage für die Verpflichtung der Auftragnehmer zur Abgabe einer Erklärung über die Beachtung der Mindestentgelte und Arbeitsbedingungen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und anderer gesetzlicher Bestimmungen über Mindestentgelte geschaffen.

(2) Andere gesetzliche Mindestlöhne können auch ohne Tarifregelungen statuiert werden.

(3) Ferner wird durch die Bezugnahme auf § 5 Nr. 3 AEntG in § 10 Abs. 1 S. 2 ThürVgG klargestellt, dass auch die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen an eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien im Zusammenhang mit Urlaubsansprüchen nach § 5 Nr. 2 AEntG Inhalt allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge sein können und daher zu berücksichtigen sind.

(4) Geltende für allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge können auf der Internetseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, www.bmas.de ---> "Arbeitsrecht" ---> "Tarifverträge" eingesehen werden.

(5) Die in Thüringen geltenden Tarifverträge können erfragt werden beim:

Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie
Referat Arbeits- und Tarifrecht
Max-Reger-Str. 4 - 8
99096 Erfurt

bzw. Montag - Donnerstag 13:00 Uhr bis 16:00 Uhr
Telefon: 0361 3797967
Telefax: 0361 37978955
E-Mail: tarifregister@tmwat.thueringen.de.

(6) Zum Nachweis der Tariftreue steht das Formblatt EVB - Tariftreue und Entgeltgleichheit, abrufbar auf der Internetseite des TMWAT (http://www.thueringen.de/th6/tmwat) ---> "Wirtschaft und Wirtschaftsförderung" ---> "Wirtschaftsverwaltung" ---> "öffentliches Auftragswesen", zur Verfügung.

(7) Im Hinblick auf das Formblatt zur Tariftreue wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei den im Formblatt durch Unterschrift zu bestätigenden Vorgaben um ergänzende Vertragsbedingungen handelt. Das heißt, dass die Bieter mittels ihrer Unterschrift eine Willenserklärung über zwingend einzuhaltende Nebenpflichten abgeben. Demzufolge kann das Formblatt bzw. die Unterschrift auf dem Formblatt nicht nach Angebotsabgabe durch die Vergabestelle nachgefordert werden.

(8) Die Unterschrift des Bieters auf diesem Formblatt ist also zwingend notwendig. Fehlt die Unterschrift, ist das gesamte Angebot vom Vergabeverfahren auszuschließen.

(9) Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vergabestelle das Vergabehandbuch des Bundes (VHB Bund) anwendet und in Formblatt Nr. 213 bzw. Nr. 613 im Rahmen der Auflistung der Anlagen das Formblatt zu Tariftreue und Entgeltgleichheit ausdrücklich aufführt. Auch in den Formblättern Nrn. 211/211 VS/211 EU bzw. Nr. 611 ist auf das Formblatt EVB - Tariftreue und Entgeltgleichheit unter dem jeweiligen Punkt Anlagen C) (Anlagen, "die, soweit erforderlich, aus-gefüllt mit dem Angebot einzureichen sind") hinzuweisen. Dann wird das Fehlen der Unterschrift des Bieters auf dem Formblatt EVB - Tariftreue und Entgeltgleichheit durch die Unterschrift des Bieters auf dem Formblatt Nr. 213 bzw. Nr. 613 geheilt. Diese Heilungsmöglichkeit besteht jedoch nicht, wenn es der Bieter vollständig unterlässt, das Formblatt EVB - Tariftreue und Entgeltgleichheit seinem Angebot beizufügen.

(10) Bei der Vergabe von Liefer- oder Dienstleistungen kann die Vergabestelle in Anlehnung an die Formblätter Nr. 213 bzw. Nr. 613 und Nrn. 211/211 VS/211 EU bzw. Nr. 611 des VHB Bund eigene Formblätter erstellen und verwenden. Sofern diese eigenen Formblätter inhaltlich angepasst an die Vergabe von Liefer- oder Dienstleistungen dieselben Angaben enthalten wie die genannten Formblätter des VHB Bund, gilt die vorgenannte Heilungsmöglichkeit entsprechend.

(11) Im Rahmen der e-Vergabe ersetzt die fortgeschrittene elektronische Signatur unter Beachtung der Anforderungen der Vergabestelle oder die qualifizierte elektronische Signatur gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 VOB/A, § 13 Abs. 1 S. 2 HS. 2 VOL/a sämtliche Unterschriften, also auch diejenige auf dem Formblatt EVB - Tariftreue und Entgeltgleichheit.

10.2 Tariftreue im ÖPNV

(1) Mit § 10 Abs. 2 ThürVgG sollen öffentliche Auftraggeber und Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs verpflichtet werden, Aufträge nur an Unternehmen zu vergeben, die sich verpflichten, ihren Arbeitnehmern bei der Ausführung dieser Leistungen mindestens die am Ort der Leistungsausführung einschlägigen Lohn- und Gehaltstarife zum tarifvertraglich vorgesehenen Zeitpunkt zu zahlen und dies auch von ihren Nachunternehmern zu verlangen.

(2) Die nach § 10 Abs. 2 ThürVgG zu berücksichtigenden Lohn- und Gehaltstarife bei Auftragsvergaben für Dienstleistungen der allgemein zugänglichen Beförderung von Personen im öffentlichen Personennahverkehr werden im Thüringer Staatsanzeiger veröffentlicht.

(3) Sogenannte Freigestellte Schülerverkehre und sonstige Sonderbeförderungen von Schülergruppen im Auftrag des Schulträgers (z.B. Ausflugsfahrten, Exkursionen, Sportfeste) sind kein öffentlicher Personennahverkehr im Sinne des § 10 Abs. 2 ThürVgG. Bei der öffentlichen Auftragsvergabe in diesen Fällen findet § 10 Abs. 2 ThürVgG daher keine Anwendung.

10.3 Entgeltgleichheit

(1) Nach § 10 Abs. 3 ThürVgG ist darüber hinaus auch die Einhaltung der Entgeltgleichheit schriftlich zu versichern.

(2) Ungleichheiten in der Entlohnung innerhalb eines Unternehmens können in unterschiedlichen tarifvertraglichen Regelungen (beispielsweise Unterschiede in den örtlich geltenden Tarifverträgen) begründet sein.

(3) Hierzu steht ebenfalls das o. g. Formblatt EVB - Tariftreue und Entgeltgleichheit, abrufbar auf der Internetseite des TMWAT (http://www.thueringen.de/th6/tmwat) ---> "Wirtschaft und Wirtschaftsförderung" ---> "Wirtschaftsverwaltung" ---> "öffentliches Auftragswesen", zur Verfügung.

11 § 11 ThürVgG - ILo-Kernarbeitsnormen

(1) Aufgrund der Mitgliedschaft Deutschlands in der Inter-nationalen Arbeitsorganisation, einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen, sind auch die Bundesländer verpflichtet, die im Rahmen der Kernarbeitsnormen der Inter-nationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgelegten Mindeststandards einzuhalten, zu fördern und zu verwirklichen.

(2) Dies betrifft insbesondere die Vereinigungsfreiheit und die effektive Anerkennung des Rechts zu Kollektivverhandlungen; die Beseitigung aller Formen von Zwangs- oder Pflichtarbeit; die effektive Abschaffung der Kinderarbeit und die Beseitigung der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.

(3) In Deutschland agierende Unternehmen, die diese Grundprinzipien und Rechte bewusst missachten, dürfen aufgrund fehlender Zuverlässigkeit keine öffentlichen Aufträge erhalten.

(4) Die Beachtung der "ILO-Kernarbeitsnormen" wird im Stadium der Vertragsausführung als Ergänzende Vertragsbedingung zu einer vertraglichen Nebenpflicht des Auftragnehmers.

(5) Für die von den Auftragnehmern bei der Angebotsabgabe nach § 11 ThürVgG abzugebende Erklärung zur Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen steht das Formblatt EVB-ILO, abrufbar auf der Internetseite des TMWAT (http://www.thueringen.de/th6/tmwat) --> "Wirtschaft und Wirtschaftsförderung" --> "Wirtschaftsverwaltung" --> "öffentliches Auftragswesen", zur Verfügung.

(6) Wie zu § 10 ThürVgG wird auch im Rahmen von § 11 ThürVgG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem auszufüllenden und zu unterschreibenden Formblatt zu den ILO-Kernarbeitsnormen um ergänzende Vertragsbedingungen handelt (vgl. 10.1 Abs. 7).

(7) Daraus folgt, dass das Nichtausfüllen des Formblattes zu den ILO-Kernarbeitsnormen oder das Fehlen der Unterschrift des Bieters auf dem Formblatt oder das Nichtbeilegen des Formblattes dazu führt, dass das gesamte Angebot vom Vergabeverfahren auszuschließen ist.

(8) Sofern die Vergabestelle das Vergabehandbuch des Bundes anwendet und in Formblatt Nr. 213 bzw. Nr. 613 im Rahmen der Auflistung der Anlagen sowie in den Formblättern Nrn. 211, 211 VS bzw. 211 EU bzw. Nr. 611 das Formblatt zu den ILO-Kernarbeitsnormen ausdrücklich aufführt, kann die fehlende Unterschrift, nicht aber das Versäumen des Ausfüllens oder des Beilegens des Formblattes zu den ILO-Kernarbeitsnormen, mittels der Unterschrift auf dem Formblatt Nr. 213 bzw. Nr. 613 geheilt werden.

(9) Diese Heilungsmöglichkeit gilt entsprechend, sofern die Vergabestelle bei der Vergabe von Liefer- oder Dienstleistungen eigene Formblätter erstellt und verwendet, die inhaltlich angepasst an die Vergabe von Liefer- oder Dienstleistungen dieselben Angaben enthalten wie die o.g. Formblätter des VHB Bund (vgl. dazu 10.1 Abs. 10).

(10) Im Rahmen der e-Vergabe ersetzt die fortgeschrittene elektronische Signatur unter Beachtung der Anforderungen der Vergabestelle oder die qualifizierte elektronische Signatur gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 VOB/A, § 13 Abs. 1 S. 2 HS. 2 VOL/a sämtliche Unterschriften, also auch diejenige auf dem Formblatt EVB - ILO.

12 § 12 ThürVgG - Nachunternehmereinsatz

(1) Während § 12 Abs. 1 ThürVgG regelt, unter welchen Voraussetzungen Bau- und Dienstleistungen auf Nachunternehmer übertragen werden dürfen, regelt § 12 Abs. 2 ThürVgG welche Voraussetzungen die Nachunternehmer erfüllen müssen. Dabei hat allerdings der Auftragnehmer darauf zu achten, dass der Nachunternehmer diese Pflichten erfüllt.

(2) § 12 Abs. 3 ThürVgG ermöglicht eine nachträgliche Beauftragung von Nachunternehmern. § 12 Abs. 4 ThürVgG enthält schließlich vertraglich festzulegende Pflichten des Auftragnehmers im Falle von Nachunternehmereinsatz.

12.1 Zustimmung des Auftraggebers

(1) Die Vergabebestimmungen gehen grundsätzlich davon aus, dass der Auftragnehmer die Leistungen im eigenen Betrieb auszuführen hat (Eigenleistungsverpflichtung). Daher darf er Leistungen in der Regel erst mit vorheriger Zustimmung des Auftraggebers an Nachunternehmer übertragen.

(2) Um aufgrund einer sachgemäßen Prüfung von Geeignetheit und Zuverlässigkeit eines Nachunternehmers über die Zulassung seines Einsatzes entscheiden zu können, darf die Vergabestelle vom Bieter vor der Zuschlagserteilung die Benennung von Name und Sitz der einzusetzenden Nachunternehmer verlangen. Insofern sind die Bieter zur Auskunft bis spätestens zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung verpflichtet. Im Falle der nachträglichen Einschaltung eines Nachunternehmers greift § 12 Abs. 3 ThürVgG.

(3) Diese Zustimmung ist jedoch nicht notwendig bei Leistungen, auf die der Betrieb des Auftragnehmers nicht eingerichtet ist (vgl. § 4 Abs. 8 VOB/B; § 4 Abs. 3 Nr. 4 VOL/B).

12.2 Einbeziehen des/der Nachunternehmer in die Pflichten des Auftragnehmers

(1) Die Bestimmung des § 12 Abs. 2 ThürVgG stellt sicher, dass auch dann, wenn Nachunternehmer eingeschaltet werden, zentrale Anliegen des Gesetzes von diesen zu beachten sind. Einerseits bedarf die Einschaltung oder der Wechsel eines Nachunternehmers grundsätzlich der Zustimmung des öffentlichen Auftraggebers [Ausnahme: wenn eine Leistung vergeben wird, auf die der Betrieb des Auftragnehmers nicht eingestellt ist (siehe § 12 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 2 ThürVgG)], zum anderen sind auf den Nachunternehmer die Pflichten zur Beachtung der Tariftreue und Entgeltgleichheit und der ILO-Kernarbeitsnormen zu übertragen. Hierfür stehen die Formblätter "Nachunternehmererklärung zur Tariftreue und Entgeltgleichheit" sowie "Nachunternehmererklärung zur Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen", abrufbar auf der Internetseite des TMWAT (http://www.thueringen.de/th6/tmwat) --> "Wirtschaft und Wirtschaftsförderung" --> "Wirtschaftsverwaltung" --> "öffentliches Auftragswesen", zur Verfügung.

(2) Im Gegensatz zu § 17 ThürVgG sieht § 12 Abs. 2 ThürVgG eine Durchführung der Kontrolle durch den Auftragnehmer bei den Nachunternehmern obligatorisch vor. Dies ist dahingehend zu verstehen, dass die Erklärungen nach §§ 10 und 11 ThürVgG von den Nachunternehmern zu verlangen sind und diese zugleich zu verpflichten sind, die Verpflichtungen nach § 17 Abs. 2 ThürVgG zu beachten.

(3) Es ist nicht ohne weiteres erforderlich, dass der (Haupt-) Auftragnehmer eine Kontrolle nach § 17 ThürVgG bei dem Nachunternehmer durchführt; hat er jedoch aufgrund von Tatsachen Zweifel, ob der Nachunternehmer seinen Verpflichtungen nach § 17 ThürVgG nachkommt, hat er eine entsprechende Kontrolle durchzuführen.

(4) Tatsachen im vorgenannten Sinne können insbesondere sein:

12.3 Nachträglicher Einsatz eines Nachunternehmers

§ 12 Abs. 3 ThürVgG betrifft die nachträgliche Beauftragung bzw. den Wechsel des Nachunternehmers. Auch in diesem Falle gelten die in § 12 ThürVgG und alle unter 12. dieser Verwaltungsvorschrift gemachten Vorgaben.

12.4 Vertragliche Pflichten des Auftragnehmers bei Weitergabe von Leistungen an Nachunternehmer

(1) Zusätzlich zu den in § 12 Abs. 4 Nrn. 1 - 4 ThürVgG genannten vertraglichen Pflichten ist im Falle des Nachunternehmereinsatzes aufgrund des § 12 Abs. 2 ThürVgG in den Vergabeunterlagen festzulegen, dass der Bieter bzw. Auftragnehmer

(2) Es wird ausdrücklich auf das Formblatt "Ergänzende Vertragsbedingungen zu §§ 12, 15, 17, 18 ThürVgG", abrufbar auf der Internetseite des TMWAT (http://www.thueringen.de/ th6/tmwat) --> "Wirtschaft und Wirtschaftsförderung" --> "Wirtschaftsverwaltung" --> "öffentliches Auftragswesen", hingewiesen, bei dem nunmehr ebenfalls eine Unterschrift notwendig ist. Das unter 10.1 Abs. 7 - 11 im Hinblick auf das Fehlen der Unterschrift bzw. des gesamten Formblattes sowie zur Heilungsmöglichkeit und e-Vergabe Gesagte gilt entsprechend.

13 § 13 ThürVgG - Berufliche Erstausbildung und Chancengleichheit von Frauen und Männern

Bei gleichwertigen Angeboten können gem. § 13 ThürVgG in der beruflichen Erstausbildung engagierte oder solche Unternehmen bevorzugt berücksichtigt werden, die die Chancengleichheit von Frauen und Männern fördern. Voraussetzung ist jedoch, dass auf diese Anforderungen in der Bekanntmachung oder in den Vergabeunterlagen hingewiesen wird.

13.1 Berufliche Erstausbildung

(1) Wegen der Regeln des Europäischen Binnenmarkts sind dabei die in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie in anderen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums und weiteren Government Procurement Agreement-Staaten sowie der Schweiz etablierten Ausbildungssysteme zu beachten, wobei nicht-duale Berufsausbildungen anderer Staaten nicht diskriminiert werden dürfen.

(2) Nach primärem und sekundärem Europäischen Recht darf sich das Ausbildungskriterium nicht auf den Ort der zu erbringenden Leistung beschränken, sondern muss den Gegebenheiten des Herkunftsstaats Rechnung tragen. Die Regelungen sind in jedem Einzelfall in der Ausschreibung vorzugeben, damit sie bei der Prüfung und Wertung rechts-wirksam berücksichtigt werden können.

13.2 Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen

(1) Als solche Maßnahmen kommen in Betracht z.B. die Erarbeitung und Umsetzung von Zielvorgaben zur Erhöhung des Anteils von Frauen oder Männern in allen Funktionsebenen des Unternehmens, die Vergabe von Ausbildungsplätzen zu gleichen Teilen an Mädchen und Jungen, der Einsatz flexibler Arbeitszeitgestaltung, nach Beendigung der Elternzeit die Bereitstellung des früheren Arbeitsplatzes oder eines gleichwertigen Arbeitsplatzes unter Bedingungen, die für die Beschäftigten nicht weniger günstig sind, die Bereitstellung betrieblicher oder ortsnaher Kinderbetreuung oder bei unvermeidbarem Personalabbau die Vermeidung einer überproportionalen Verringerung des Anteils von Frauen oder Männern an der Gesamtbeschäftigtenzahl. Die in Betracht kommenden Maßnahmen sind in der Ausschreibung jeweils anzugeben.

(2) Stellt der Auftraggeber in einem Vergabeverfahren oberhalb des Schwellenwertes gemäß § 100 GWB gleichstellungsfördernde Bedingungen auf, kommt § 97 Abs. 4 S. 2 GWB zur Anwendung. Danach können u. a. zusätzliche soziale Anforderungen an den Auftragnehmer gestellt werden, wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen, sich somit auf die Ausführung des Auftrags beziehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. So kann z.B. die Beschäftigung von Frauen und Männern zu gleichen Teilen bei der Auftragsausführung verlangt werden, ggf. bezogen auf die Projektleitung, sofern diese aus mehreren Personen besteht oder differenziert nach unterschiedlichen Mitarbeitergruppen bei den Ausführungskräften.

13.3 Gleichwertigkeit von Angeboten i. S. d. § 13 Abs. 3 ThürVgG

Angebote sind dann gleichwertig i. S. d. § 13 Abs. 3 ThürVgG, wenn ihre Angebotspreise übereinstimmen.

14 § 14 ThürVgG - Wertung unangemessen niedriger Angebote

(1) Leistungen dürfen nur zu angemessenen Preisen vergeben werden (§ 2 Abs. 1 VOB/A, § 2 Abs. 1 Nr. 1 EG VOB/A, § 2 Abs. 1 VOL/A, § 2 Abs. 1 EG VOL/A). Auf Angebote mit einem unangemessen hohen oder einem unangemessen niedrigen Preis darf der Zuschlag nach den einschlägigen Regelungen der Vergabe- und Vertragsordnungen nicht erteilt werden (§ 16 Abs. 6 Nr. 1 VOB/A, § 16 Abs. 6 Nr. 1 EG VOB/A, § 16 Abs. 6 VOL/A, § 19 Abs. 6 EG VOL/A). Die Vergabebestimmungen sind insoweit vom Grundsatz des Interessenausgleichs der Marktpartner, Auftraggeber und Auftragnehmer getragen. Der Auftraggeber soll insbesondere vor Fällen geschützt werden, in denen durch Dumpingangebote entweder qualitativ schlechtere Leistungen erbracht werden oder in unberechtigte Nachforderungen ausgewichen wird. Geschützt werden sollen auch die Bieter, die aufgrund einer ordnungsgemäßen Kalkulation ihre Preise berechnen. Nur durch die Vergabe zu angemessenen Preisen kann eine leistungsfähige Wirtschaft und damit ein ausreichender Wettbewerb, der wiederum die Vergabe zu angemessenen Preisen sicherstellt, gewährleistet werden.

(2) Wenn und soweit die Regelungen des ThürVgG von denen der Vergabe- und Vertragsordnungen abweichen, gilt das unter 1.2.1 Abs. 2 und 3 Gesagte entsprechend.

14.1 Überprüfung unangemessen niedriger Angebote

(1) § 14 Abs. 1 ThürVgG statuiert über die vorgenannten Überprüfungspflichten der Vergabe- und Vertragsordnungen hinaus die Pflicht des Auftraggebers, ungewöhnlich niedrige Angebote stets zu überprüfen.

(2) Liegen darüber hinaus die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 ThürVgG vor, hat der Auftraggeber die Kalkulation des Angebots vom Auftragnehmer anzufordern und im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit der Kosten zu überprüfen.

(3) Die Regelungen des § 16 Abs. 6 VOL/A, § 19 Abs. 6 EG VOL/a und des § 16 Abs. 6 VOB/A, § 16 Abs. 6 EG VOB/A, mit der Pflicht des Auftraggebers zur Prüfung unangemessener Angebote bleiben unberührt, d. h., die Prüfung nach § 14 ThürVgG ist eigenständig gegenüber der Prüfung nach § 16 Abs. 6 VOL/A, § 19 Abs. 6 EG VOL/a und des § 16 Abs. 6 VOB/A, § 16 Abs. 6 EG VOB/A.

(4) Sofern zu wenige oder gar keine Vergleichsangebote vorliegen, gilt folgende Faustregel: Weicht das vorliegende Angebot von der eigenen Angebotskalkulation der Vergabestelle um mindestens zehn Prozent ab, wird das Vorliegen eines unangemessen niedrigen Angebots widerleglich vermutet. Daher wird auch in diesen Fällen eine Überprüfung nach § 14 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 und 3 ThürVgG empfohlen.

14.2 Überprüfung bei mindestens 10 % Abweichung

(1) § 14 Abs. 2 S. 1 ThürVgG legt die Grenze, ab der die Vergabestelle zu prüfen hat, ob es sich um ein unangemessen niedriges Angebot handelt, bei mindestens zehn Prozent Abweichung zum nächst teureren Angebot fest.

(2) Den Vergabestellen bleibt es gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 ThürVgG unbenommen, in begründeten Fällen ungewöhnlich niedriger Angebote eine solche Überprüfung durchzuführen, obwohl weniger als 10 % Abweichung zum nächst teureren Angebot vorliegt.

(4) Ein geeignetes Hilfsmittel zur Prüfung der Angemessenheit des Angebotspreises sind bei Bauleistungen die einheitlichen Formblätter Preis (EFB-Preis), die bei Zweifeln an der Angemessenheit der Angebotspreise gesondert auszuwerten sind. Dabei sind die Einzelansätze zu vergleichen und objekt- und betriebsbezogen zu untersuchen. Die Lohnkosten sind insbesondere darauf zu prüfen, ob der Mittellohn sowie die Zuschläge für lohngebundene und lohnabhängige Kosten sich im Rahmen der tarifvertraglichen Vereinbarungen und der gesetzlichen Verpflichtungen halten. Bieter, die gegen allgemeinverbindliche Tarifverträge oder gesetzliche Verpflichtungen verstoßen, handeln rechtswidrig. Entsprechende Angebote begründen die Vermutung, dass der Bieter nicht in der Lage sein wird, seine Leistung vertragsgerecht zu erbringen. Solche Bieter sind als ungeeignet aus der Wertung auszuschließen.

(5) Ist die Angemessenheit auch nach der Auswertung der EFB-Preis nicht zu beurteilen, muss vom Bieter eine schriftliche Aufklärung der Preise verlangt werden. Die Kalkulation ist anzufordern.

(6) Die Prüfung der Angemessenheit der Angebotspreise und die Ergebnisse sind in der Dokumentation zum Vergabe- verfahren zu dokumentieren.

15 § 15 ThürVgG - Wertungsausschluss

(1) Aufgrund von § 15 Abs. 1 ThürVgG in Verbindung mit den Vergabe- und Vertragsordnungen können die Vergabestellen Bieter von der Wertung ausschließen, sofern diese die in den Nrn. 1 - 3 genannten Nachweise nicht bzw. nicht rechtzeitig vorlegen.

(2) Im Hinblick auf § 15 Abs. 1 Nr. 2 ThürVgG ist darauf hinzuweisen, dass diese Vorschrift im Lichte der in 10.1 und 11. dieser Verwaltungsvorschrift zu §§ 10 und 11 des ThürVgG gemachten Aussagen auszulegen ist. D. h. die Vergabestelle ist hinsichtlich ihres durch § 15 Abs. 1 ThürVgG eröffneten Ermessens insoweit gebunden, als eine Nachforderung von Formularen zu Ergänzenden Vertragsbedingungen nicht möglich ist.

(3) Sonstige Nachweise oder Erklärungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 3 sind zum Beispiel solche im Sinne der §§ 6 Abs. 3 Nr. 2 a - i VOB/A, 12 Abs. 2 Buchst. 1 VOL/A.

(4) § 15 Abs. 2 ThürVgG dehnt den Anwendungsbereich des Abs. 1 auf die Fälle aus, in denen ein Nachunternehmer ein-gesetzt wird. Der Nachunternehmer hat gem. § 15 Abs. 2 S. 1 ThürVgG vor Auftragserteilung zwingend die Nachweise und Erklärungen entsprechend § 15 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 ThürVgG vorzulegen. Ob zudem sonstige Nachweise gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 ThürVgG erforderlich sind, ist anhand des konkreten Einzelfalls zu beurteilen.

Gemäß § 15 Abs. 2 S. 2 ThürVgG gilt dies auch im Falle der Nachunternehmerbenennung nach Auftragserteilung.

Für die Erklärungen nach § 15 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2 ThürVgG stehen die Formblätter "Nachunternehmererklärung zur Tariftreue und Entgeltgleichheit" und "Nachunternehmererklärung zur Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen" auf der Internetseite des TMWAT (http://www.thueringen.de/th6/tmwat) ---> "Wirtschaft und Wirtschaftsförderung" ---> "Wirtschaftsverwaltung" ---> "öffentliches Auftragswesen" zur Verfügung. Die Kontrolle der ordnungsgemäßen Abgabe (vollständiges Ausfüllen durch die und Unterschrift der Nachunternehmer) dieser Nachunternehmerformblätter obliegt gem. § 12 Abs. 2 ThürVgG dem Bieter bzw. Auftragnehmer. Für eine eventuell notwendige Nachforderung der Formblätter gelten die allgemeinen Bestimmungen der §§ 16 VOB/A, 16 VOB/a EG, 16 VOL/A, 19 VOL/a EG.

(5) Wenn und soweit die Regelungen des ThürVgG von denen der Vergabe- und Vertragsordnungen abweichen, gilt das unter 1.2.1 Abs. 2 und 3 Gesagte entsprechend.

(6) Es wird ausdrücklich auf das Formblatt "Ergänzende Vertragsbedingungen zu §§ 12, 15, 17, 18 ThürVgG", abrufbar auf der Internetseite des TMWAT (http://www.thueringen.de/th6/tmwat) ---> "Wirtschaft und Wirtschaftsförderung" ---> "Wirtschaftsverwaltung" ---> "öffentliches Auftragswesen", hingewiesen. Dieses Formblatt ist ebenfalls zu unterschreiben.Das unter 10.1 Abs. 7 - 11 im Hinblick auf das Fehlen der Unterschrift bzw. des gesamten Formblattes sowie zur Heilungsmöglichkeit und e-Vergabe Gesagte gilt entsprechend.

16 § 16 ThürVgG - Sicherheitsleistung bei Bauleistungen

(1) § 16 Abs. 1 ThürVgG schafft als "Soll-Bestimmung" Raum für eine sachgerechte, die Umstände des Einzelfalls berücksichtigende Entscheidung über die Notwendigkeit einer Sicherheitsleistung bei der Vergabe von Bauleistungen.

(2) Sicherheitsleistungen sollen regelmäßig erst ab einem Auftragswert von 250.000,- EUR verlangt werden.

(3) Die §§ 9 Abs. 7 S. 2 und 3, Abs. 8 VOB/A, 9 Abs. 7, 8 EG VOB/a sind neben § 16 Abs. 1 ThürVgG anzuwenden.

(4) Bei der Entscheidung über den Verzicht auf Sicherheitsleistung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob vergleichbare Bauleistungen wiederholt vertragsgemäß erbracht wurden und dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die anstehende Bauleistung nicht vertragsgemäß erbracht wird. Auch wenn ein Bedürfnis nach Sicherheit dem Grunde nach besteht, ist in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen, inwieweit die Sicherheit der Höhe nach beschränkt werden kann. Die vorzeitige Rückgabe der Sicherheit nach § 9 Abs. 8 VOB/A, § 9 Abs. 8 EG VOB/a kommt insbesondere dann in Betracht, wenn auf Grund der Art der Leistung - z.B. herkömmliche bewährte Bauweise - künftig auftretende Mängel nach Ablauf eines Teils der Frist typischerweise nicht zu erwarten sind.

(5) Bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen sind §§ 9 Abs. 4 VOL/A, 11 Abs. 4 EG VOL/a anzuwenden.

17 § 17 ThürVgG - Kontrollen

(1) § 17 eröffnet dem Auftraggeber hinsichtlich der Einhaltung der Vergabevoraussetzungen Prüfungs- und Kontrollmöglichkeiten.

(2) Besteht der begründete Verdacht, dass die Vergabevoraussetzungen nicht beachtet worden sind, ist der öffentliche Auftraggeber gehalten, Kontrollen durchzuführen, indem Einsicht in die Entgeltabrechnungen des Auftragnehmers und der Nachunternehmer sowie die Unterlagen über die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 ThürVgG oder die mit Nachunternehmern abgeschlossenen Werkverträge genommen wird. Darüber hinausgehende Kontrollrechte bestehen nicht.

(3) Ein begründeter Verdacht liegt vor, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Auftragnehmer oder sein Nachunternehmer seinen aufgrund Gesetzes auferlegten Verpflichtungen nicht nachkommt. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn Situationen analog der unter 12.2 Abs. 4 genannten Regelbeispiele auftreten oder dem Auftraggeber ähnliche Umstände zugetragen oder anderweitig bekannt werden.

(4) Um die Kontrollrechte wirksam ausüben zu können, hat der Auftraggeber bei jeder Auftragsvergabe mit dem Auftragnehmer vertraglich zu vereinbaren, dass ihm auf Verlangen die Entgeltabrechnungen des Auftragnehmers und der Nachunternehmer sowie die Unterlagen über die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ThürVgG und die zwischen Auftragnehmer und Nachunternehmer abgeschlossenen Werkverträge vorgelegt werden.

(5) Da hiermit Datenschutzbestimmungen zu Gunsten der Beschäftigten berührt werden, ist der Auftragnehmer (Arbeitgeber) vertraglich zu verpflichten, seine Beschäftigten auf die Möglichkeit der Vornahme solcher Stichprobenkontrollen hinzuweisen (datenschutzrechtliches Gebot der Transparenz).

(6) Es wird ausdrücklich auf das Formblatt "Ergänzende Vertragsbedingungen zu §§ 12, 15, 17, 18 ThürVgG", abrufbar auf der Internetseite des TMWAT (http://www.thueringen.de/th6/tmwat) --> "Wirtschaft und Wirtschaftsförderung" --> "Wirtschaftsverwaltung" --> "öffentliches Auftragswesen", hingewiesen, bei dem nunmehr ebenfalls eine Unterschrift notwendig ist. Das unter 10.1 Abs. 7 - 11 im Hinblick auf das Fehlen der Unterschrift bzw. des gesamten Formblattes sowie zur Heilungsmöglichkeit und e-Vergabe Gesagte gilt entsprechend.

18 § 18 ThürVgG - Sanktionen

Zusammenarbeit mit der Landeskartellbehörde

(1) Um wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen zu bekämpfen (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 VOB/A, § 2 Abs. 1 Nr. 2 EG VOB/A) und um Schäden für die öffentliche Hand abzuwenden, ist eine enge Zusammenarbeit der Vergabestellen mit der Landeskartellbehörde, Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie, Max-Reger-Straße 4 - 8, 99096 Erfurt, sowie den Strafverfolgungsbehörden erforderlich.

(2) Die Vergabestellen und alle anderen Stellen, die an Vergabeverfahren beteiligt sind, werden deshalb gebeten, Anfangsverdachtskenntnisse von wettbewerbsbeschränkenden Absprachen unverzüglich den zuständigen Stellen mitzuteilen.

(3) In der Mitteilung sind der vorgesehene Zuschlagstermin und die Gründe für den Verdacht eines Wettbewerbsverstoßes anzugeben. Auf besondere Anforderung sind den zuständigen Stellen die für die Beurteilung der Wettbewerbsbeschränkung maßgebenden Ausschreibungsunterlagen auszuhändigen.

(4) Darüber hinaus wird den staatlichen Zuwendungsgebern empfohlen, in ihren Zuwendungsbedingungen eine Klausel aufzunehmen, wonach öffentlich-rechtliche Zuwendungsempfänger verpflichtet werden, vermutetes oder bekanntgewordenes wettbewerbsbeschränkendes Verhalten, insbesondere Absprachen, bei den zuständigen Stellen anzuzeigen.

18.1 Vertragsstrafe

(1) Gemäß § 18 Abs. 1 ThürVgG ist im Rahmen der Auftragsvergabe eine vertragliche Vereinbarung über eine Vertragsstrafe von bis zu fünf Prozent des Auftragswerts bei schuldhaften Verstößen gegen §§ 10, 11, 12 und 17 Abs. 2 ThürVgG zu vereinbaren. Diese Vertragsstrafe wird auch auf Verstöße von Nachunternehmern erstreckt, soweit der Auftragnehmer diese kannte oder kennen musste.

(2) Bei der Bemessung der Vertragsstrafe ist die geltende Rechtsprechung 3 zu beachten, welche die Obergrenze für Vertragsstrafen bei 5 % des Auftragswertes festlegt. Diese Obergrenze ist insbesondere auch einzuhalten, wenn die prozentual festgelegten Vertragsstrafen aufgrund mehrerer Verstöße des Auftragnehmers addiert werden müssen. Eine über die 5 %-Regel hinausgehende Vertragsstrafe ist unwirksam. Es wird daher empfohlen, eine Vertragsstrafe zu vereinbaren, die eine Addition im Falle mehrerer Verstöße zulässt. Sofern aufgrund der Anzahl der Verstöße dennoch eine Vertragsstrafe über 5 % zustande käme, sollte diese in Ansehung der geltenden Rechtsprechung bei 5 % des Auftragswertes gedeckelt werden.

18.2 Fristlose Kündigung des Vertrages

§ 18 Abs. 2 ThürVgG statuiert die Pflicht, für den Auftraggeber ein Recht zur fristlosen Kündigung bei schuldhafter Nichterfüllung der in §§ 10 und 11 ThürVgG genannten Anforderungen bzw. bei Verstößen gegen die aus §§ 12 und 17 Abs. 2 ThürVgG resultierenden Pflichten durch den Auftragnehmer bzw. dessen Nachunternehmer vertraglich zu vereinbaren.

18.3 Ausschluss von der öffentlichen Auftragsvergabe

(1) Die in § 18 Abs. 3 ThürVgG genannte Auftragssperre aufgrund Verstoßes gegen die §§ 10, 11, 12 und 17 Abs. 2 ThürVgG stellt eine "Soll-Vorschrift" dar. D. h. nach einem Verstoß gegen die aufgeführten Pflichten hat der Auftraggeber nach vorheriger Anhörung des betroffenen Unternehmens und im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden, ob und wie lange das Unternehmen oder sein Nachunternehmer von der Vergabe öffentlicher Aufträge auszuschließen ist. Eine Sperre kann maximal 3 Jahre umfassen.

(2) Der Verstoß gegen die genannten Pflichten muss nach objektiven Kriterien beweisbar sein. Reine Mutmaßungen und vage Vermutungen reichen zur Begründung einer Auftragssperre nicht aus.

(3) In Anlehnung an die Gesetzesbegründung zum ThürVgG (DS 5/1500 des Thüringer Landtags zu § 22) erfolgt eine Sperre nur durch und mit Wirkung für die jeweilige Vergabe- stelle. D. h. eine Sperre gilt nicht automatisch für alle Auftraggeber oder Vergabestellen. Allerdings können auch andere Auftraggeber bzw. ein Auftraggeber für all seine Vergabestellen bei erheblichen Verstößen die betreffenden Unternehmen wegen erwiesener Unzuverlässigkeit von selbst sperren. Der Auftraggeber kann hierfür in den Bewerbungsbedingungen nach Auftragssperren anderer Vergabestellen fragen.

(4) Dem ausgeschlossenen Unternehmen wird mit § 18 Abs. 3 S. 3 ThürVgG die Möglichkeit gegeben, nach Beseitigung des Ausschlussgrundes, allerdings frühestens sechs Monate nach dem Ausschluss, wieder eine Zulassung für Vergabeverfahren zu beantragen.

18.4 Geltendmachung weiterer Vertragsstrafen oder sonstiger Ansprüche

(1) In § 18 Abs. 4 ThürVgG ist geregelt, dass die Sanktionen unabhängig voneinander und von anderen Sperren sowie sonstigen vertraglichen Sanktionen bestehen.

(2) Insbesondere bestehen auch die bereits unter 7.3.1 beschriebenen Verfahren zur Sanktionierung von festgestellten Verstößen gegen das SchwarzArbG und gegen das AEntG neben der Verhängung einer Auftragssperre nach § 18 Abs. 3 ThürVgG.

(3) Es wird ausdrücklich auf das Formblatt "Ergänzende Vertragsbedingungen zu §§ 12, 15, 17, 18 ThürVgG", abrufbar auf der Internetseite des TMWAT (http://www.thueringen.de/th6/tmwat) --> "Wirtschaft und Wirtschaftsförderung" --> "Wirtschaftsverwaltung" --> "öffentliches Auftragswesen", hingewiesen, bei dem nunmehr ebenfalls eine Unterschrift notwendig ist. Das unter 10.1 Abs. 7 - 11 im Hinblick auf das Fehlen der Unterschrift bzw. des gesamten Formblattes sowie zur Heilungsmöglichkeit und e-Vergabe Gesagte gilt entsprechend.

19 § 19 ThürVgG - Information der Bieter, Nachprüfung des Vergabeverfahrens unterhalb der Schwellenwerte

19.1 Information der Bieter bei Nichtberücksichtigung

(1) § 19 Abs. 1 ThürVgG sieht einen Informationsanspruch der nicht berücksichtigten Bieter im Unterschwellenbereich vor, allerdings erst ab Übersteigen der in § 19 Abs. 4 ThürVgG genannten Gesamtauftragswerte [150.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) bei Bauleistungen, 50.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) bei Liefer- und Dienstleistungen]. Die nicht berücksichtigten Bieter sind demzufolge über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll und die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots zu informieren. Diese Information kann schriftlich oder in Textform erfolgen. Sie muss spätestens 7 Kalendertage vor dem Vertragsabschluss vom Auftraggeber abgegeben werden.

(2) Aus Gründen der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG in Zusammenschau mit § 19 Abs. 2 S. 1 ThürVgG hat der Auftraggeber den nicht berücksichtigten Bietern im Rahmen dieser Information auch den frühestmöglichen Termin des Vertragsschlusses mitzuteilen.

(3) Aus denselben Gründen wird angeregt, die nicht berücksichtigten Bieter auf das Formerfordernis der Beanstandung gem. § 19 Abs. 2 S. 1 ThürVgG, vgl. 19.2 Abs. 3 dieser Verwaltungsvorschrift, hinzuweisen.

(4) Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass eine Beanstandung auch nach Ablauf der 7-Tage-Frist des § 19 Abs. 1 S. 2 ThürVgG zulässig ist, wenn der Zuschlag noch nicht erteilt wurde.

(5) Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Vergabe- stelle gemäß § 21 VOB/A, § 21 EG VOB/a bereits in der Bekanntmachung und in den Vergabeunterlagen auf die Möglichkeit der Beanstandung der beabsichtigten Vergabeentscheidung bei der Vergabestelle sowie auf das in § 19 Abs. 2 ThürVgG beschriebene Verfahren im Falle der Nichtabhilfe und die Kostenfolge nach § 19 Abs. 5 ThürVgG hinzuweisen hat.

(6) Im Anwendungsbereich von § 19 Abs. 1 ThürVgG (vgl. § 19 Abs. 4 ThürVgG) geht diese Bestimmung dem § 19 Abs. 1 VOL/a und dem § 19 Abs. 1 VOB/a vor. Das heißt, dass die Information nach § 19 Abs. 1 ThürVgG die Information nach § 19 Abs. 1 VOL/a und § 19 Abs. 1 und 2 VOB/a ersetzt.

(7) Im Oberschwellenbereich hingegen sind § 22 Abs. 1 EG VOL/a und § 19 Abs. 2 EG VOB/a anzuwenden. Zwar sehen diese Normen z.B. längere Fristen als § 19 ThürVgG vor, aufgrund des grundsätzlichen Vorrangs des Bundesrechts im Oberschwellenbereich sind diese Normen aber hier uneingeschränkt anzuwenden. Hiernach sind nicht berücksichtigten Bietern oder Bewerbern auf Verlangen innerhalb von 15 Tagen nach Eingang ihres Antrages in Textform die Gründe für die Nichtberücksichtigung, Name, Merkmale sowie Vorteile des erfolgreichen Bieters mitzu- teilen.

(8) Zudem wird auf die Informationspflicht der Auftraggeber nach § 19 Abs. 2 VOL/a hingewiesen, wonach sie auf Internetportalen oder ihren Internetseiten für die Dauer von drei Monaten über jeden vergebenen Auftrag ab einem Auftragswert von 25.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) nach Beschränkten Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb und Freihändigen Vergaben ohne Teilnahmewettbewerb und die hierbei zu veröffentlichenden Angaben hinzuweisen haben.

(9) Auch sind die Informationspflicht der Auftraggeber nach Zuschlagserteilung und die hierbei zu veröffentlichenden Angaben nach § 20 Abs. 3 VOB/a zu beachten, wenn bei Beschränkten Ausschreibungen ohne Teilnahmewettbewerb der Gesamtauftragswert 25.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) und Freihändigen Vergaben der Gesamtauftragswert 15.000 EUR (ohne Umsatzsteuer) übersteigt.

19.2 Beanstandung von Vergabeverfahren

(1) § 19 Abs. 2 ThürVgG regelt den Verfahrensablauf bei Beanstandung eines Vergabeverfahrens durch den Bieter.

(2) Um den widerstreitenden Interessen der Vergabestellen und zu beauftragenden Unternehmen an einer schnellen Entscheidung und einer sofortigen Ausführung der Maßnahme einerseits und andererseits dem Interesse des erfolg-losen Bieters, der Schaffung vollendeter Tatsachen durch die Zuschlagserteilung zuvorzukommen, gerecht zu werden, statuiert § 19 Abs. 2 ThürVgG verhältnismäßig kurze Fristen. Er hemmt für die Zeit der Überprüfung (maximal 14 Kalendertage ab Unterrichtung der Vergabekammer durch Übersendung der vollständigen Vergabeakten) aber auch den Fortgang des Vergabeverfahrens.

(3) In Anlehnung an die einschlägige Rechtsprechung 4 zu § 108 GWB kann eine Beanstandung des Bieters entgegen dem Wortlaut von § 19 Abs. 2 S. 1 ThürVgG nicht allein deshalb als formwidrig zurückgewiesen werden, wenn sie zwar nicht in Schrift- dafür aber in Textform erhoben wurde. Insofern genügt es, wenn, auf Veranlassung des Absenders durch den Einsatz technischer Hilfsmittel beim Empfänger eine körperliche Urkunde hergestellt wird, deren geistiger Urheber nicht zweifelhaft ist und bei der es sich ersichtlich nicht um einen Entwurf handelt.

(4) Es wird darauf hingewiesen, dass der in § 19 Abs. 2 ThürVgG enthaltene Ausdruck "vor Ablauf der Frist" auch den Zeitraum erfasst, in dem die in § 19 Abs. 1 ThürVgG genannte 7-Tage-Frist noch nicht zu laufen begonnen hat. Das heißt ein Bieter kann Beanstandungen des Vergabeverfahrens noch bevor ihn die Information über seine Nichtberücksichtigung erreicht, also während der gesamten Dauer des Vergabeverfahrens, erheben. Allerdings ist hierzu die Bietereigenschaft notwendig, Bewerber dürfen das Ver- gabeverfahren nicht beanstanden.

(5) Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass die Frist i. S. d. § 19 Abs. 2 ThürVgG die in § 19 Abs. 1 S. 2 ThürVgG statuierte 7-Tage-Frist meint. Insofern wird auf das unter 19.1 Gesagte verwiesen.

19.3 Nachprüfungsbehörde

(1) Auf der Grundlage der Thüringer Vergabekammerverordnung wurde im Thüringer Landesverwaltungsamt eine Vergabekammer eingerichtet. Nach § 14 Abs. 1 VgV, § 12 Abs. 5 SektVO, § 18 Abs. 3 Nr. 4 VSVgV ist bei europaweiten Ausschreibungen in der Vergabebekanntmachung und den Vergabeunterlagen die Anschrift der Vergabekammer anzugeben, der die Nachprüfung obliegt.

(2) Sitz der Vergabekammer ist das
Thüringer Landesverwaltungsamt
Weimarplatz 4
99423 Weimar.

19.4 Überprüfungswertgrenzen

(1) Sowohl der Informationsanspruch nichtberücksichtigter Bieter gem. § 19 Abs. 1 ThürVgG als auch die Beanstandungsmöglichkeit gem. § 19 Abs. 2 ThürVgG bestehen erst ab dem Überschreiten der Wertgrenzen in Höhe von 150.000 EUR bei Bauleistungen und 50.000 EUR bei Liefer- und Dienstleistungen.

(2) Die Möglichkeit einer rechtsaufsichtlichen Beschwerde von nicht berücksichtigten Bietern gegen Vergabeentscheidungen unterhalb der genannten Auftragswerte bleibt unberührt.

19.5 Kosten des Nachprüfungsverfahrens

(1) Gemäß § 19 Abs. 5 ThürVgG hat der unterlegene Bieter Gebühren und Auslagen nach Maßgabe des Thüringer Verwaltungskostengesetzes bei Tätigwerden der Nachprüfungsbehörde zu tragen, sofern die Nachprüfung nicht ergibt, dass der Bieter seine Beanstandung zu Recht vor-gebracht hat. Die Höhe der Gebühr bestimmt die Nachprüfungsbehörde, wobei sie den personellen wie sachlichen Aufwand in das Verhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung des Nachprüfungsgegenstandes setzt, aber den Rahmen von mindestens 100 EUR bis maximal 1.000 EUR einhalten soll.

(2) Bereits in der Bekanntmachung ist ein kurzer Hinweis auf die Möglichkeit der Beanstandung der beabsichtigten Vergabeentscheidung beim Auftraggeber und das Verfahren nach § 19 Abs. 2 ThürVgG sowie die Kostenfolge nach § 19 Abs. 5 ThürVgG aufzunehmen.

(3) Es wird darauf hingewiesen, dass das Formblatt zu § 19 ThürVgG den Vergabeunterlagen beizufügen ist.

20 § 20 ThürVgG - Evaluation des ThürVgG

Zur Durchführung der in § 20 ThürVgG gesetzlich vorgeschriebenen Evaluierung wird eine umfassende Datenerfassung durch die gemäß § 2 ThürVgG verpflichteten Vergabestellen erforderlich sein.

21 Inkrafttreten, Außerkrafttreten 19 20 20a

Die Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2024 außer Kraft. Abweichend von Satz 1 treten Nummer 1.2.2.1 Abs. 1a und Nummer 1.2.2.2 Abs. 1a mit Ablauf des 31. Dezember 2021 außer Kraft.

______
1) Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. Nr. L 134 vom 30.04.2004 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1177/2009 der Kommission der Europäischen Gemeinschaft vom 30. November 2009 (ABl. Nr. L 314 vom 01.12.2009 S. 64).

2) Verpflichtend aufgrund des Beschlusses III. 1. der 135. Kabinettsitzung vom 20.07.1993, wodurch der Staatsanzeiger als Veröffentlichungsblatt für Öffentliche Ausschreibungen und Teilnahmewettbewerbe bestimmt wurde.

3) Vgl. BGH vom 23.01.2003, VII ZR 210/0 1.

4) Vgl. BGHZ 144, 160; OLG München v. 11.09.2003 - 2 Ws 880/03 - NJW 2003, 3429.

ENDE

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