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Regelwerk, Wasser

Silikon-Übergangsempfehlung
Übergangsempfehlung zur vorläufigen trinkwasserhygienischen Beurteilung von Silikonen im Kontakt mit Trinkwasser

Stand: 10. Oktober 2022
(Quelle: Umweltbundesamt)



Version 4
Änderungen:
1. Übergangsregelung von Prüfzeugnissen zur Konformitätsbestätigung
2. Ergänzung der analytischen Methoden für extrahierbare und flüchtige Anteile

1 Vorbemerkungen

Die KTW-Leitlinie wurde mit der verbindlichen Gültigkeit der Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser ( KTW-BWGL) am 21. März 2021 zurückgezogen. Die Bewertungsgrundlage enthält derzeit aber noch keine Regelungen für Silikone.

Diese Übergangsempfehlung gilt ersatzweise für Silikone im Kontakt mit Trinkwasser und kann zur trinkwasserhygienischen Beurteilung von Silikonen im Kontakt mit Trinkwasser angewendet werden.

Die Übergangsempfehlung ist noch keine Bewertungsgrundlage im Sinne der Trinkwasserverordnung ( TrinkwV). Daher ist diese rechtlich nicht verbindlich. Sie stellt den derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik hinsichtlich der trinkwasserhygienischen Anforderungen an Silikone im Kontakt mit Trinkwasser dar.

Es ist geplant, die trinkwasserhygienischen Anforderungen dieser Übergangsempfehlung in die KTW-BWGL zu überführen.

Nach § 17 Absatz 5 TrinkwV wird vermutet, dass Produkte und Verfahren die Anforderungen des § 17 TrinkwV erfüllen, wenn dies von einem für den Trinkwasserbereich akkreditierten Zertifizierer durch ein Zertifikat bestätigt wurde. Werden Zertifikate aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder aus der Türkei zur Konformitätsbewertung und Bestätigung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit herangezogen, so müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

2 Anwendungsbereich

Diese Übergangsempfehlung gilt für Silikone, Beschichtungen auf Silikonbasis, spritzbare Silikondichtstoffe und sonstige silikonbasierte Produkte (z.B. silikonbasierte Vergussmassen) im Kontakt mit Trinkwasser.

3 Informationen zu Silikonen

Silikone für den Einsatz im Trinkwasserbereich bestehen aus reaktiven Silikonpolymeren, Füllstoffen, Vernetzern, Katalysatoren und gegebenenfalls Inhibitoren, unreaktiven Silikonpolymeren als Weichmacher, Farbmitteln oder Haftvermittlern. Die Vernetzung der reaktiven Polymere zum Silikonelastomer kann radikalisch über Peroxide, additionsvernetzend mittels Platinkatalysatoren oder über Kondensation erfolgen. Je nach Technologie lassen sich HTV (Hochtemperatur-Vulkanisation) und RTV (Raumtemperatur-Vulkanisation) unterscheiden. Bei der RTV wird zwischen RTV-1 (einkomponentig) und RTV-2 (zweikomponentig) typen unterschieden. Eine Sonderstellung nimmt noch die Produktklasse der LSR-Typen (LSR = Liquid Silicone Rubber) ein, die von der Technologie her ähnlich aufgebaut sind wie die additionsvernetzenden RTV-2 typen, jedoch bei hoher Temperatur vulkanisiert (vernetzt) werden. Allen typen gemeinsam ist, dass sich bei der Vulkanisation (Vernetzung) ein weitmaschiges, elastisches Netzwerk mit stabilen Silizium-Sauerstoff-Ketten (Siloxanstruktur) ausbildet.

Bei Schläuchen, Ausrüstungsgegenständen und vorgeformten Dichtungen (keine Verklebungen) aus Silikon handelt es sich zumeist um Silikone, die bei hoher Temperatur vernetzt werden, also HTV- oder LSR-Typen.

Spritzbare Silikondichtstoffe sind Silikonformulierungen vom RTV-1 Typ. Die Vernetzung (Vulkanisation) erfolgt in diesem Fall üblicherweise bei Raumtemperatur unter Einwirkung von Luftfeuchtigkeit.

Je nach Typ des Vernetzers wird im Wesentlichen zwischen sauren (Essigsäure) und neutralen (Alkohol, Oxim) typen unterschieden.

4 Aufnahme neuer Stoffe in die Positivliste

Das UBa bewertet die Ausgangsstoffe zur Herstellung von organischen Materialien auf Antrag eines Herstellers oder Verbandes (Antragsteller). Das Antragsverfahren ist in der Geschäftsordnung des Umweltbundesamtes zum Führen der Positivlisten der Ausgangsstoffe von organischen Materialien im Kontakt mit Trinkwasser1 geregelt.

Die Bewertung erfolgt nach den Prinzipien der EFSa für die Bewertung von Lebensmittelkontaktmaterialien. Diese sind im "Note for Guidance"2 beschrieben.

Für die Bewertung der Ausgangsstoffe werden nicht nur die Reinsubstanzen sondern auch die Verunreinigungen sowie mögliche Reaktions- und Abbauprodukte betrachtet.

Für die Bewertung der Ausgangsstoffe ist eine Migrationsprüfung durchzuführen, um Aussagen zu einem möglichen Stoffübergang in das Trinkwasser zu erhalten. Diese sollte möglichst nach den Prüfbedingungen der Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien durchgeführt werden. Außerdem ist anstelle der Globalmigration der Parameter "TOC" (Total Organic Carbon) entsprechend den Prüfvorgaben der aufgeführten Bewertungsgrundlage zu ermitteln.

Ausgehend von der ermittelten Migration hat der Antragsteller für die Bewertung der Migrationsstoffe von Trinkwasserkontaktmaterialien folgende toxikologische Untersuchungen vorzulegen:

Die entsprechend erforderlichen Studien sind im "Note for Guidance"2 benannt.

Darüber hinaus hat der Antragsteller zusätzliche toxikologische Untersuchungen, die neben den geforderten Studien vorliegen, mit einer Quellenangabe zu benennen.

Bei der Beantragung bereits toxikologisch bewerteter Stoffe (z.B. durch die EFSA) sind die Vorgaben entsprechend der Punkte 1 bis 4 ausreichend.

5 Anforderungen an Silikone

Silikone im Kontakt mit Trinkwasser müssen für ihren Verwendungszweck geeignet sein. Die Anforderungen des technischen Regelwerks gelten unabhängig von dieser Empfehlung.

5.1 Positivliste für die Herstellung der Silikone

Alle zur Herstellung der Silikone eingesetzten Stoffe müssen toxikologisch bewertet und in der Positivliste entsprechend ihrer technologischen Funktion gelistet sein.

Für bestimmte Substanzen, die nicht in den unten aufgeführten Positivlisten aufgeführt sind, kann die Regelung entsprechend 5.2.2 der Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser herangezogen werden, sofern die dort festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

Die bei der Herstellung von Silikonen im Kontakt mit Trinkwasser verwendeten Stoffe müssen über eine technische Qualität und Reinheit verfügen, die für die geplante und vorhergesehene Verwendung der Silikone geeignet ist.

Neben der Positivliste der BfR-Empfehlung XV. Silikone3 und der 4MSI-Positivliste (Core und Combined List)4 kann die folgende ergänzende Positivliste für Silikone verwendet werden.

Tabelle 1: Ergänzende Positivliste für Silikone

Polymere Ausgangsstoffe

Ref.-Nr. CAS-Nr. Substanz MTCtapin µg/l sonstige Beschränkungen
Bisher kein Eintrag

Sonstige Ausgangsstoffe (z.B. Co-Monomere)

Ref.-Nr. CAS-Nr. Substanz MTCtapin µg/l sonstige Beschränkungen
12786 919-30-2 3-Aminopropyltriethoxysilane 2,5
14450/1 - Rizinusölfettsäuren, dehydriert**
26320 2768-02-7 Vinyltrimethoxysilane 2,5
26305 78-08-0 Vinyltriethoxysilane 2,5
21498 2530-85-0 [3-(Methacryloxy) propyl]trimethoxysilane 2,5
Peroxide entsprechend BfR-Empfehlung XV. 0,1
37520 2634-33-5 1,2-benzisothiazol-3(2H)-on 25 Nur zur topfkonservierung
43760 26172-55-4 5-chlor-2-methyl-2H- isothiazol-3-on 0,5 Nur zur topfkonservierung,
53600 60-00-4 Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA)** 60
66930 68554-70-1 Methylsilsesquioxan Methyltrimethoxysilane < 1 mg/kg
Methylsilsesquioxane
76721 63148-62-9 Polydimethylsiloxan
MW > 6800 Da
Viskosität > 100 cSt
80160 37349-34-1 Polyglycerol-5-stearat**
86285 Siliziumdioxid, silyliert Bei synthetischem amorphem Siliziumdioxid, silyliert: Primärpartikel von 1 nm - 100 nm, aggregiert zu 0,1 µm - 1 ¼m, die Agglomerate von 0,3 ¼m bis MillimetergrÆße bilden können
95870 Weizenprotein
1313-59-3 Natriumoxid
7631-86-9 Siliziumdioxid Bei synthetischem amorphem Siliziumdioxid: Primärpartikel von

1 nm - 100 nm, aggregiert zu 0,1 µm - 1 ¼m, die Agglomerate von 0,3 ¼m bis MillimetergrÆße bilden können

7782-99-2 Schweflige Säure* 500 bezogen auf SO2

Füllstoffe

Ref.-Nr. CAS-Nr. Substanz MTCtap in µg/l sonstige Beschränkungen
Füllstoffe entsprechend VO (EU.) Nr. 10/2011 und Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser ( KTW-BWGL) Reinheitsanforderungen entsprechend 5.4.2 der KTW-BWGL

Farbmittel

Ref.-Nr. CAS-Nr. Substanz MTCtap in µg/l sonstige Beschränkungen
Farbmittel entsprechend 5.4.3. Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser ( KTW-BWGL) Reinheitsanforderungen entsprechend 5.4.3 der KTW-BWGL

Lösungsmittel

Ref.-Nr. CAS-Nr. Substanz MTCtap in µg/l sonstige Beschränkungen
53255 100-41-4 Ethylbenzen 30
48030 112-34-5 Diethylenglykolmonobutylether (DEGBE) 150 Als Summe für (di)ethylenglykol,monoalkyl (C1,C2,C4,C6) ether und 2- Ethoxyethylacetat
53765 111-76-2 Ethylenglykolmonobutyl ether
18115 /57520 31566-31-1 Glycerol Monostearat
66655 78-93-3 Methylethylketon** 250
66725 108-10-1 Methylisobutylketon** 250
93540 108-88-3 Toluen** 60
26945
95945
1330-20-7 Xylen* 50

Hilfsstoffe zur Polymerisation

Ref.-Nr. CAS-Nr. Substanz MTCtap in µg/l sonstige Beschränkungen
7681-65-4 Kupfer (I) iodid 50 für Iod

200 für Kupfer

5.2 Grundanforderungen für Silikone

Es gelten die Prüfwerte der KTW-Bewertungsgrundlage (vgl. 5.3 der KTW-BWGL).

5.3 Zusatzanforderungen für Silikone

Es gelten die in der Tabelle 2 für Silikone festgelegten Zusatzanforderungen, dabei ist 5.4 sowie der risikobasierte Ansatz der KTW-Bewertungsgrundlage ( 5.1) zu beachten.

Tabelle 2: Zusatzanforderungen für Silikone

Stoffe/Stoffgruppen Anforderung Analysenmethode
Silikonöle Reinheitsanforderungen bezüglich der aufgeführten Ausgangsstoffe5, Beachtung der Mengenbegrenzung bezüglich der Rezeptur und Migrationsbeschränkungen
Silikonharze
Silikonelastomere
Silikonelastomere flüchtige Anteile 0,5 % bezogen auf das Silikon 61. Mitteilung6, HS-GC/MS7
extrahierbare Anteile 0,5 % Bezogen auf das Silikon 61. Mitteilung8, GC-MS-Screening9

5.4 Rezepturspezifische Einzelstoffanforderungen für Silikone

Alle Stoffe mit einer Begrenzung in einer der Positivlisten, die im Produkt enthalten sein können, müssen hinsichtlich ihrer Migration nach 5.5 der KTW-Bewertungsgrundlage untersucht werden, dabei ist der risikobasierte Ansatz ( 5.1 der KTW-Bewertungsgrundlage) zu beachten). Die in der Prüfung ermittelte Konzentration wird verwendet, um die maximal am Wasserhahn zu erwartende Konzentration ctap(vgl. 6.3.3 der KTW-BWGL) zu berechnen.

5.5 Anforderungen an die Prüfung zur Vermehrung von Mikroorganismen

Es gelten die Anforderungen des Kapitels 5.6 entsprechend der KTW-Bewertungsgrundlage wobei für die Silikone die Anforderung

M1: Alle Werte d (0,05 + 0,02) ml/800 cm2

festgelegt wird.

6 Prüfung

Es gelten die Vorgaben des Kapitels 6 entsprechend der KTW-Bewertungsgrundlage.

Mit der Prüfung ist zu zeigen, dass die Prüfwerte der Grund- und Zusatzanforderungen sowie die rezepturabhängigen Einzelstoffanforderungen und der Anforderungen an die Prüfung zur Vermehrung von Mikroorganismen eingehalten werden.

7 Konformitätsbestätigung

Die Konformitätsbestätigung der trinkwasserhygienischen Eignung von Silikonen kann entsprechend der Empfehlung "Konformitätsbestätigung der trinkwasserhygienischen Eignung von Produkten" erfolgen.

Aktuell gültige Prüfzeugnisse, die auf Basis der bisherigen Veröffentlichungen der "Übergangsempfehlung zur vorläufigen trinkwasserhygienischen Beurteilung von Silikonen im Kontakt mit Trinkwasser (Silikon-Übergangsempfehlung)" erstellt wurden, können noch entsprechend ihrer Gültigkeit, längstens bis zum 28. Februar 2025, zum Nachweis der trinkwasserhygienischen Eignung verwendet werden. Eine Verlängerung dieser Prüfzeugnisse ist längstens bis zum 28. Februar 2025 möglich, da zu diesem Datum die Elastomerleitlinie zurückgezogen wird.

1) https://www.umweltbundesamt.de/dokument/geschaeftsordnung-des-umweltbundesamtes-fuehren-der

2) https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/rn-21

3) https://www.bfr.bund.de/cm/343/XV-Silicone.pdf

4) https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/trinkwasser/trinkwasser-verteilen/anerkennung-harmonisierung-4ms-initiative

5) Die Einhaltung der Reinheitsanforderungen der verwendeten Stoffe kann durch eine Konformitätserklärung des Lieferanten bestätigt werden.

6) Bundesgesundheitsblatt 46 (2003) 362

7) KOCH, Andreas: Gaschromatographische Verfahren zum Nachweis der Freisetzung von Inhaltsstoffen aus Polymermaterialien im Trinkwasserkontakt. 1. Aufl. Osnabrück: Der Andere Verlag, 2004 -ISBN 3-89959-225-5

8) Bundesgesundheitsblatt 46 (2003) 362

9) DIN EN 15768

ENDE

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