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Regelwerk

Zur regulatorischen Bewertung von pflanzenschutzrechtlich nicht als relevant bewerteten Metaboliten im Rohwasser für die Trinkwassergewinnung und im Trinkwasser

Stellungnahme der Trinkwasserkommission des Bundesministeriums für Gesundheit beim Umweltbundesamt 1

(Bundesgesundheitsbl. Nr. 4 April 2007)



A Umwelthygienischer Hintergrund

Im Rahmen der (guten) landwirtschaftlichen Praxis gemäß Pflanzenschutzgesetz ( PflSchG) gelangen die Wirk- und Hilfsstoffe von Pflanzenschutzmitteln (PSM) absichtlich in ihre Zielkompartimente (Pflanzen, Tiere, Oberboden) und entfalten dort den damit beabsichtigten Nutzen. Mitunter gelangen sie unabsichtlich auch in Nichtzielkompartimente (Gewässer, Unterboden, Grundwasser, Rohwasser), sind dort jedoch dementsprechend nutzlos und können für diese Kompartimente gegebenenfalls ein Risiko bedeuten. Im Folgenden ist die1sbezüglich nur noch von den Wirkstoffen und ihren Abbauprodukten die Rede.

Aus Sicht des Risikomanagements sollte zwischen den absichtlichen und unabsichtlichen Folgebelastungen der Ausbringung von PSM-Wirkstoffen in praktischer und begrifflicher Hinsicht unterschieden werden. Dies ist analog in anderen Regelungsbereichen längst gängige Praxis. Ein am Nutzen-/Risiko-Verhältnis orientiertes Risikomanagement hat Wirkstoffe und deren Rückstände auf der einen Seite sowie die (Umwelt)kontaminanten aus Wirkstoffen von PSM auf der andern Seite unterschiedlich zu bewerten:

Aus dieser Sicht ist es gute regulatorische Praxis, den Höchst- oder Grenzwert für einen Stoff je nachdem, ob er am Ort (im Kompartiment)seines Nachweises als Rückstand oder als Kontaminante zu bewerten ist, in unterschiedlicher Höhe zwischen den Extremwerten "Null" und "gesundheitlich (vorübergehend) duldbar"2 festzulegen. Aus umwelthygienischer und hier insbesondere trinkwasserhygienischer Sicht ist diese differenzierte Bewertung nicht widersprüchlich, sondern regulatorisch stimmig.

Dieser Sicht wird hier die Praxis der Bewertung von PSM-Abbauprodukten beider Zulassung von PSM (s. Abschnitt B) und bei ihrem Auftreten im Trinkwasser(s. Abschnitt C) gegenübergestellt. Aus der Gegenüberstellung ergeben sich zwecks Harmonisierung beider Sichtweisen die Vorschläge DI-DV der Trinkwasserkommission des Bundesministeriums für Gesundheit beim Umweltbundesamt.

B Die Situation im Zulassungsrecht für PSM

Abbauprodukte aus PSM, die in Anteilen von 10 % (mitunter auch 5%) und mehr aus einem PSM-Wirkstoff entstehen, werden in den Zielkompartimenten (Pflanze, Tier, Oberboden) pflanzenschutzrechtlich untergliedert in relevante und nicht als relevant bewertete Metabolite (vgl. A).

"Rückstände" statt "Metabolite" wäre in diesem Zusammenhangjedoch die sprachlich bessere Bezeichnung, weil sie auf die Beziehung zwischender absichtlichen Ausbringung und Nutzung von PSM und der hierfür adäquaten Nutzen-Risiko-Abschätzung zum Schutz der Zielkompartimente verweist.

Die Kriterien zur pflanzenschutzrechtlich wirksamen Unterscheidung relevanter von als nicht relevant bewerteten Rückständen/Metaboliten im Grundwasser wurden für den deutschen Zulassungsbereich von Michalskiet al. (2004) 3 detailliert beschrieben. Relevante Rückstände/Metaboliten besitzen demgemäß relevante toxische und/oder pestizide (Rest-)Eigenschaften. Nicht als relevant bewertete Rückstände/Metaboliten besitzen solche Eigenschaften nicht mehr.

Die Zulassung von PSM mit Wirkstoffen, aus denen relevante Rückstände/ Metaboliten entstehen, orientiert sich im Pflanzenschutzrecht am Grenzwert der TrinkwV 2001 für Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte (PSMBP). Pflanzenschutzmitteln mit solchen Wirkstoffen, deren relevante Rückstände/Metaboliten laut Modell-Prognose und Lysimeterstudie das Grundwasser in Konzentrationen > 0,1 μ g/1 erreichen könnten 3, wird die Zulassung versagt.

Modellprognosen oder Lysimeterstudien dagegen, die den Eintritt von als nicht relevant bewerteten Metaboliten/ Rückständen in Konzentrationen von 0,1 μ g/l oder mehr ins Grundwasser für reale Anwendungsbedingungen voraussagen, führen im Zulassungsverfahren nicht dazu, dass einem PSM, das den betreffenden Wirkstoff enthält, die Zulassung versagt wird.

Folgerung B. Pflanzenschutzrechtlich nicht als relevant bewertete Rückstände/ Metaboliten, die aus PSM-Wirkstoffen entstehen können, unterliegen in einem Rohwasser für die Trinkwassergewinnung aus pflanzenschutzrechtlicher Sicht nicht dem PSMBP-Grenzwert der TrinkwV 2001 .

C Die Situation aus trinkwasserhygienischer Sicht

Die aktuelle pflanzenschutzrechtliche Zulassungspraxis hat schon dazugeführt und wird weiterhin dazu führen, dass Rückstände/Metaboliten von Wirkstoffen aus PSM, die pflanzenschutzrechtlich für Grundwasser und/oder die menschliche Gesundheit nicht als "relevant" bewertet wurden 3, ein Roh-/Trinkwasser in Konzentrationen weit oberhalb des PSMBP-Grenzwertes der TrinkwV 2001 erreichen.

Die Trinkwasserkommission erinnert demgegenüber daran, dass gemäß Michalski et al. (2004)

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