BMU- / LAGa Hinweise und Erläuterungen zu Anhang 17 Abwasserverordnung:
- Herstellung keramischer Erzeugnisse -
Stand: April 2003
1 Anwendungsbereich
Dieser Anhang gilt für Abwasser, dessen Schadstofffracht im Wesentlichen aus der gewerblichen Herstellung keramischer Erzeugnisse stammt.
Dieser Anhang gilt nicht für Abwasser aus indirekten Kühlsystemen, aus der Betriebswasseraufbereitung sowie für sanitäres Abwasser.
Von insgesamt 680 Betrieben stellten 1998 375 Werke feinkeramische und 305 Werke grobkeramische Produkte her. Die Mehrzahl der Betriebe sind Indirekteinleiter.
2 Abwasseranfall und Abwasserbehandlung
2.1 Herkunft, Menge und Beschaffenheit des Rohabwassers
2.1.1 Herstellungs- und Verarbeitungsverfahren
Unter Keramik versteht man Werkstoffe bzw. Produkte, die aus anorganischen, nichtmetallischen Pulvern oder Massen geformt und durch thermische Behandlung verfestigt werden. Keramische Erzeugnisse mit einer Korngröße bis zu 0,2 mm zählt man zur Feinkeramik. Grobkeramische Massen haben ein breiteres Körnungsband und können Korngrößen bis zu 5 mm aufweisen. Die einzelnen keramischen Erzeugnisse/Produktgruppen sind in Abbildung 1 dargestellt.
Folgende Produktgruppen werden unterschieden:
Feinkeramik
Baukeramik, Feinsteinzeug, Fliesen, Kacheln für Kachelöfen, Porzellan (Geschirr und Zierkeramik), Sanitärkeramik, technische Keramik (z.B. Hochspannungsisolatoren, Piezokeramik), Schleifwerkzeug sowie Ton- und Töpferwaren.
Abbildung 1: Keramische Erzeugnisse und ihre Unterscheidung nach Produktgruppen
Grobkeramik
Ziegel, Grobsteinzeug, feuerfeste grobkeramische Erzeugnisse und Spaltplatten.
Zur Herstellung feinkeramischer Erzeugnisse werden Mischungen aus Ton, Kaolin, Quarz, Feldspat und anderen mineralischen Rohstoffen z.B. durch Zerkleinern, Sieben und Mischen hergestellt. Die Rohstoffe werden im trockenen oder feuchten Zustand bzw. als wässrige Suspension aufbereitet. Soweit ein Grob- oder Vorzerkleinern notwendig ist, wird dies mit Brechern, Schnitzlern, Kollergängen oder Tonhobeln durchgeführt. Für das Feinzerkleinern der Rohstoffe werden Trockenmahl-, Nassmahlmischanlagen oder Dispergieranlagen eingesetzt. Formgebungsverfahren sind Pressen, plastisches Formen und Gießen. Pressmassen werden mit Hilfe von Pressen zu den gewünschten Gegenständen geformt. Beim plastischen Formen wird die Masse im allgemeinen mit offenen oder geschlossenen Werkzeugen unter Einwirkung von Druck und/oder Wärme verarbeitet, meist stranggepresst. Beim Gießen wird die flüssige Masse (Schlicker) in Formen gegossen. Nach einer entsprechenden Verfestigungszeit wird der Formling entnommen.
Zum Trocknen der Formlinge werden Durchlauf- oder Kammertrockner eingesetzt, die unter anderem mit der Abwärme der Brennöfen beheizt werden. Die Trocknungstemperaturen liegen in der Regel unter 100 °C.
Nach dem Trocknen werden die Rohlinge (Scherben) mit Brennunterlagen mit oder ohne Brennwagen den Brennaggregaten zugeführt. Zum Brennen werden kontinuierlich betriebene Brennaggregate wie Rollenöfen und - untergeordnet - Tunnelöfen (vor allem in der Porzellanindustrie) oder periodisch betriebene wie z.B. Kammeröfen eingesetzt. Die Brenntemperaturen liegen je nach Art des Brenngutes über 1000 °C bis etwa 145 °C, maximal bei 1700 °C.
Feinkeramische Erzeugnisse werden meist dekoriert. Unter dem Begriff Dekorieren versteht man das Schmücken keramischer Erzeugnisse mittels weißer oder farbiger Glasuren, Unter- und Aufglasurmalerei, Sieb- und Stahldruck, Schiebebilder und Handmalerei, im weiteren Sinne auch plastische Gestaltung mit unterschiedlichen Mitteln.
Glasuren sind farblose, getrübte oder gefärbte glasige Überzüge auf keramischen Erzeugnissen in einer Schichtdicke von 0,1 - 1 mm. Für Glasuren werden als Rohstoffe vor allem Quarz, Feldspat, Kreide und Kaolin sowie Glasurfritten und Metallpigmente verwendet. Bei Frittenglasuren ist ein Teil der Ausgangsstoffe (Versatz) gefrittet, d. h. vorgeschmolzen. Dabei werden wasserlösliche und zum Teil giftige Stoffe (z.B. Soda, Borax, Bleiverbindungen) silikatisch gebunden und damit weitestgehend in eine wasserunlösliche und ungiftige Form überführt. Bleihaltige Glasuren zeichnen sich durch niedrige Schmelztemperaturen, geringe Viskosität und im Allgemeinen durch hohen Glanz aus. Der Bleianteil wirkt als Flussmittel und ist wasserunlöslich. Die Glasur wird auf den rohen, getrockneten Scherben oder nach einem ersten Brand, dem sogenannten Glühbrand, aufgetragen und eingebrannt.
Engobe ist ein dünner weißer oder gefärbter Masseüberzug, der auf den getrockneten oder geglühten keramischen Gegenstand z.B. durch Tauchen, Begießen oder Spritzen gleichmäßig aufgebracht wird. Dabei muss die Schwindung der Engobe mit der des Grundscherbens übereinstimmen. Das Aufbringen von Glasur oder Engobe geschieht in der Regel nach dem Trocknen, bei einigen Erzeugnissen auch auf den frischen oder gebrannten Formling, oder während des Brandes (Salzglasur). Kunststoffbeschichtungen werden nur nach dem Brennen aufgebracht. Abbildung 2 veranschaulicht die Herstellung eines feinkeramischen Erzeugnisses.
Abbildung 2: Schema für die Herstellung von feinkeramischen Erzeugnissen (Porzellan)
Als Rohstoffe für grobkeramische Erzeugnisse dienen vorwiegend Tone oder tonähnliche Mineralien wie Tonschiefer, Lehm, Mergel. Für feuerfeste Erzeugnisse werden natürliche Rohstoffe wie Quarzit, Dolomit, Magnesit oder künstliche Ausgangsstoffe wie Sinterkor und, Siliziumkarbid verwendet. Dabei müssen die Ausgangsstoffe um so reiner sein, je höher die Einsatztemperatur ist.
Definierte Grobstrukturen erreicht man durch Zugabe von Sägemehl, Kunststoffen, Naphthalin oder anderen organischen Blähmitteln.
(Stand: 09.05.2023)
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